Schon bei den ersten Schritten erzeugt das Spiel mächtig Stimmung: Die stürmische See lässt euer Sichtfeld leicht schwanken, während ihr durch schummrige Korridore schleicht und in die Atmosphäre des verlassenen Luxusliners eintaucht. Nachdem Jill eine verlorene Handfeuerwaffe aufhebt, nur um festzustellen, dass die Hand des Besitzers sich noch daran klammert, erhebt sich hinter euch eine leichenblasse Gestalt zuckend aus den Schatten. Eine wunderbare Hommage an das Intro des Erstlingswerks, welche für sich schon nahezu herausschreit: »Back to the roots!«, und gleichzeitig ein perfekter Auftakt für die Dinge ist, die da kommen mögen.
Und ihr könnt euch in der Tat auf einiges gefasst machen. Man mag Resident Evil 4 so manches vorwerfen. Hauptsächlich, dass es das Gameplay vollkommen veränderte und den Fokus mehr auf Action legte. Jedoch gehören die bleichen „Regenerators“ zu den gruseligsten Gegnertypen, welche die Serie hervorgebracht hat. Und an diesen lehnen sich die „Ooze“ an, die sich unserem Helden in Revelations am häufigsten in den Weg stellen. Natürlich gibt es auch ein Wiedersehen mit altbekannten BOW‘s, doch halten die „Ooze“ den Spieler bei der Stange. Abwechslung entsteht hier durch die Flexibilität der Mutationen: Viele unterschiedliche Variationen machen euch das Leben zu Hölle. Noch nicht einmal im Wasser seid ihr in Sicherheit, denn offensichtlich können sich diese widerlichen Viecher selbst mit Haien paaren.
Doch selbst das Schiff lässt kaum Langeweile aufkommen. Ihr durchstreift rostige Frachträume, rustikale Wohnquartiere, Maschinenräume, Promenadendecke und gar prunkvolle Ballsäle und ein Kasino. Dennoch könnt ihr nicht allein mit Waffengewalt euer Vorankommen sichern, sondern werdet serientypisch ebenso mit Rätseln konfrontiert. Dieser Aspekt erreicht jedoch nicht mehr die Tiefe der frühen Titel. Doch das ist durchaus als gewollt zu betrachten: Der Gesamteindruck lässt erkennen, dass Capcom hier auf das portable Spielgeschehen hinausgearbeitet hat. Das spiegelt sich auch in der episodischen Erzählweise wider. Dennoch schafft es Revelations, nicht in Kurzweiligkeit abzudriften und macht den perfekten Spagat zwischen „On the Go“- und füllender Abendunterhaltung.
Fans der Serie können sich über die Rückkehr verschiedener Schlüssel freuen, die es den Protagonisten im Verlauf des Abenteuers ermöglichen, in neue, bisher unbekannte Bereiche des Passagierliners vorzudringen. Man möchte fast meinen, dass George Trevor, Erbauer von Spencers Villa, eine Umschulung zum Schiffsbauer machte. Auch die Inventartruhen aus dem alten Herrenhaus feiern ein Wiedersehen, wobei ihre Funktion ein wenig abgeändert wurde. Revelations zwängt euch kein unnötig komplexes Micromanagement eines Inventars auf. Ihr könnt eine begrenzte Anzahl von Feuer- und Hilfswaffen wie Messer und Granaten, Munition und Heil-Items tragen. Alles andere verschwindet in euren Taschen, bis es benötigt wird. Die Truhen dienen daher als Ablageplatz für überschüssige Waffen und als provisorische Werkbank zur Aufrüstung selbiger mit Hilfe von Upgrade-Kits.
Wem der Singleplayer irgendwann keinen Spaß mehr bietet, kann sich am Raid-Modus erfreuen - einer leicht abgewandelten Form des bekannten Mercenary-Modus. Dieser lässt sich alleine oder kooperativ bestreiten. Letzteres ist lokal, sowie online möglich. Ich rechne es Capcom hoch an, dass der Multiplayer-Aspekt des Spiels nicht in die Hauptkampagne gezwungen wurde. So hatten die Programmierer bei der Gestaltung weniger Ambitionen, euren Partner zu einem „lebensnotwendigen“ Element zu befördern. Wie wir es von Resident Evil 5 kennen, kann dies für Einzelspieler nur in Frust enden, wenn euer Überleben von einer künstlichen Intelligenz abhängt. In Resident Evil: Revelations tut die KI das, worin sie am besten ist: Euch Deckung geben! Sie steht nicht im Wege und schnappt eurem verblutenden Protagonisten keine Heilkräuter vor der Nase weg. Na also, es geht doch!
Capcom hat hier ein ambitioniertes Projekt geschaffen, welches in beinahe allen Punkten überzeugen kann. Und das gilt nicht zuletzt in visueller Hinsicht! Fast schon zu perfekt für das, was wir dem Handheld zumuten möchten, finden sich dennoch einige Schönheitsfehler: Neue Umgebungen laden dynamisch beim Öffnen von Türen und sorgen gelegentlich für kleine Ruckler. Sind größere Areale auf dem Weg vom Modul in den Hauptspeicher des 3DS, wird dies meist durch einen Fahrstuhl oder Ähnliches versteckt. Gute Idee, jedoch stockt das Spiel in solchen Fällen arg. Auf die Soundkulisse wirkt sich das glücklicherweise nicht aus, trübt aber die Atmosphäre. Zudem fällt in den vielen ingame Dialogsequenzen auf, dass eure Charaktere über keinerlei Lippenanimationen verfügen. Mit einer technischen Limitation lässt sich dieses Manko beim besten Willen nicht erklären.
Nun macht ihr mit dem Accessoire definitiv nichts verkehrt. Es bietet eine bequeme Art zu spielen und liefert außerdem einen Steuerungstypus, der den jüngsten Konsolen-Inkarnationen der Reihe nicht unähnlich ist. Zudem ermöglicht euch Revelations es erstmals, zu feuern, während ihr euren Charakter bewegt! Dafür ist jedoch nicht zwingend das Circle Pad Pro erforderlich. Aus vier Steuerungsvariationen könnt ihr wählen, wovon eine die Aufgabe des zweiten Schiebepads auf die A, B, X und Y Tasten auslagert. Tatsächlich stellt dies eine sehr gut spielbare Steuerungsart dar. Sie verlegt zwar aufgrund Tastenmangels das Waffenwechseln komplett auf das Touchpad, bietet dennoch eine echte Alternative für all diejenigen, die das Circle Pad nicht besitzen oder es nicht wollen. Dadurch dass die Sensitivität des Schiebepads sich zudem nur in drei Stufen regulieren lässt (langsam, normal, schnell), geht im Vergleich nicht wirklich Genauigkeit verloren. Im Gegenteil: Nach einigen Tests kam ich damit subjektiv besser klar.
Abgesehen von kleinen Schönheitsfehlern lassen sich für Resident Evil - Revelations nur gute Worte finden. Sie haben es nicht nur geschafft, einen grundsoliden Titel der Reihe zu schaffen, sondern auch eine beengende und gruselige Atmosphäre auf einen Handheld gezaubert; etwas, was wir nach den jüngsten Hauptteilen der Serie verloren glaubten.
Selbst nach einigen Trailern, die ich anfangs von Resident Evil - Revelations sah, war ich nicht überzeugt. Nach Teil 5 mit seiner grottenschlechten Partner KI und widersinnigem Inventar-Management war die Serie für mich fast gestorben. Zudem konnte ich mir kaum vorstellen, dass ein Handheld eine düstere und packende Atmosphäre erzeugen könne. Doch wurde ich glücklicherweise eines Besseren belehrt und ich sehe in diesem Titel einen der besten, die die Reihe bis zum heutigen Tag zu bieten hat.