Startet ihr Empire: Total War zum ersten Mal, erreicht ihr nach allerhand Logos schließlich ein erfreulich übersichtliches Startmenü: Von hier aus lässt sich ein kurzes Tutorial in der Land- und Seekriegsführung starten (empfehlenswert), außerdem lässt ein kurzer Skirmish zwischendurch oder gleich die große Kampagne starten, wie man sie aus den Vorgängern kennt. Auch ein Multiplayermodus über LAN / Internet darf natürlich nicht fehlen und so ein 8-Spieler Multiplayerabend ist schon eine feine Sache. Das Bonbon ist meiner Meinung nach aber die „Road-to-Independence“, eine kleine Kampagne bei der sich in vier Gefechten die amerikanische Unabhängigkeit nachspielen lässt.
Das Herzstück von Empire: Total War ist wie in den vier Vorgängern die große Kampagne, bei der ihr eine von zwölf Fraktionen zur Weltmacht aufbaut. Bevor ihr mit euren Truppen die Nachbarn besucht (mal wieder der bevorzugte Weg für „Terraingewinn“) wollen zunächst die Mittel aufgebracht werden, um eine große Armee zu unterhalten. Schon winzige Armeen entpuppen sich als mindestens so kostspielig wie ein mittleres Bundesministerium, was es nicht einfach macht, größere Armeen aufzustellen.
Dabei lassen sich noch zahlreiche weitere Kritikpunkte finden - etwa erstarrte KI-Soldaten auf einstürzenden Stadtmauern oder aber die Unmöglichkeit der Computerspieler, euch über das Meer anzugreifen. Ja, tatsächlich lebt es sich als Engländer auf der Insel ganz ungeniert - denn „Besuch“ hat man nicht zu erwarten, unabhängig vom gewählten Schwierigkeitsgrad. Ebenso wurde Indien oder Amerika (mit Ausnahme von mir selbst!) nicht ein einziges Mal erobert.
Last but not least schreit dann auch noch die Diplomatie nach einem oder gar zwei kräftigen Patches. Diplomatische Interaktion lohnt sich schlichtweg nicht, da die KI unfähig scheint, freundschaftliche Bindungen einzugehen. Unabhängig vom Grad der Beziehung wird urplötzlich und unerklärlich der Krieg erklärt. Das wirkt umso unverständlicher, wenn es sich dabei auch noch um ein militärisch klar unterlegendes Reich handelt. Nicht aber, dass man beim Feind zu Friedensverhandlungen bereit wäre - die KI erkennt die eigene Unterlegenheit einfach nicht an und weigert sich, den Waffenstillstand zu unterzeichen. Diese KI hätte Berlin auch über den Mai 1945 hinaus noch verteidigt. So oder so läuft es auf das „vernichte-mich-doch-restlos-wenn-du-kannst“ Spielchen hinaus, was insbesondere Freunde anspruchsvollerer Strategie aus dem Hause Paradox (Hearts of Iron, Europa Universalis) das Blut in den Adern gefrieren lässt.
Doch trotz seines gefühlten ‚early beta‘ Status werden sich Fans der Reihe bei Empire: Total War heimisch fühlen. Nach kurzer Einspielzeit ist da wieder dieses „Nur-noch-dieser-Zug“ Gefühl, dass mich stundenlang vor dem Rechner sitzen ließ. Dazu erlaubt die aufgepeppte Grafik-Engine nun auch optisch grandios inszenierte Schlachten - beeindruckend! Schade nur, dass vereinzelte Soundaussetzer und gelegentliche CTD (Crash to Desktop) den Spielgenuss etwas schmälern, was laut den Entwicklern aber in Kürze behoben werden soll. Genau - mit einem Patch. Sofern man abgesehen davon etwas kritisieren will, dann vielleicht die Tatsache, dass praktische jede Nation über die gleichen Truppen verfügt. Leider steht zu befürchten, dass spezielle Ausnahmen erst in Form eines Add-Ons käuflich zu erwerben sein werden, was böse Zungen auch dazu verleitet, dem Publisher SEGA mit „$€GA“ direkt ein neues Firmenlogo zu spendieren... zurecht!
Das Fazit fällt mir schwer. Empire: Total War hat aufgrund der Erfolge der Vorgänger mit hohen Erwartungen zu kämpfen. Diese kann es nicht erfüllen. Neben sinnvollen Verbesserungen wie den Seeschlachten, einer steuerbaren Technologieforschung und der neuen Grafik-Engine fallen insbesondere die dümmliche KI und die vielen vielen Bugs negativ ins Gewicht. Nicht nur einmal hat man das Gefühl, das Gameplay sei zu Gunsten der Optik vernachlässigt worden. Schade, denn Empire: Total War hätte das Zeug zu einem großen Strategiehit. Momentan ist es das noch nicht - mal sehen, was die nächsten Patches & Mods so mit sich bringen...