Dirt 3 im Test

Rennspiel ist nicht gleich Rennspiel. Zwischen einem Arcade-Racer der Marke Blur und einer anspruchsvollen Simulation wie Gran Turismo liegen Welten. Wer sich für DiRT 3 entscheidet, bekommt praktisch zwei Games zum Preis von einem. Auf dem niedrigsten der drei Schwierigkeitsgrade werden ungenaue Lenkmanöver großzügig vergeben und die Bremse, die der größte Feind der Mario Kart-Generation ist, wird automatisch bedient. Für echte Veteranen des virtuellen Motorsports dürfte diese Variante tatsächlich zu simpel sein, aber sie ermöglicht es, dass selbst sehr junge Einsteiger ohne Probleme mitzocken können. Bereits auf mittlerem Niveau wird DiRT 3 zu einer echten Herausforderung und auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad darf sich das Game endgültig stolz Rallye-Simulation nennen, ohne dabei rot zu werden. Die wirklich furchtlosen Profis, die nicht vor extrem harten Aufgaben zurückschrecken werden feststellen, dass die Fahrphysik schockierend realistisch ist. Das fällt besonders bei vereisten Strecken und bei Dauerregen auf. Die Wettereffekte sorgen dafür, dass die Kurven zu härteren Gegnern werden als die durchaus intelligenten computergesteuerten Fahrer. Auch wenn es Besitzer der Playstation 3 nicht gern hören, muss erwähnt werden, dass der Controller der Xbox 360 dank der längeren Wege der Shoulder-Buttons etwas besser geeignet ist, um die sensible Steuerung im vollen Umfang genießen zu können.

Der Umfang wurde im Vergleich zum direkten Vorgänger nochmals erhöht, wodurch DiRT 3 zu einem äußerst langlebigen Vergnügen geworden ist. Unter den fahrbaren Untersätzen findet sich alles was die Herzen von Autofans höher schlagen lässt. Deutlich interessanter als die bloße Anzahl der Vehikel ist allerdings die Tatsache, dass es große Unterschiede im Fahrverhalten gibt. Neben typischen Rallye-Fahrzeugen, dürfen zum Beispiel auch dicke Pick-Up-Trucks und elegante Klassiker des Motorsports an den Start gehen. Bei über 30 Strecken, sechs Einstellungsmöglichkeiten pro Auto, diversen Rennvarianten und Wetterverhältnissen, die sich direkt auf das Gameplay auswirken, ergeben sich genug Kombinationsmöglichkeiten, um Freunde des Genres für eine kleine Ewigkeit zu beschäftigen.

Im Karriere-Modus werden die abwechslungsreichen Missionen geschickt aneinandergereiht. Besonders lobenswert ist, dass die Möglichkeit besteht, bestimmte Arten von Events, die den individuellen Geschmack nicht treffen, fast vollständig zu umgehen. Wer sich auf klassische Rallyes konzentriert, lässt sich sicherlich viele spaßige Momente entgehen, darf aber im Laufe der Zeit dennoch die Weltspitze erobern. Etwas schade ist, dass die freispielbaren Fahrzeuge wie Wegwerfartikel behandelt werden. Da eine gute Platzierung mit dem neuesten PS-Monster immer mit mehr Punkten belohnt wird, als mit dem vorher benutzten Auto, wird Treue tatsächlich bestraft. Das ist wirklich gemein, denn es lohnt sich die Geheimnisse eines Wagens vollständig zu entschlüsseln, um ihn eines schönen Tages wirklich perfekt unter Kontrolle zu haben.

Die neuen Gymkhana-Hindernisparcours müssen einfach separat erwähnt werden. Vor ein paar Jahren hat ein begnadeter Irrer namens Ken Block, der im Game mehrere Auftritte als Gastkommentator hat, diesen Sport nahezu im Alleingang erfunden. Falls ihr zu den wenigen Menschen gehört, die noch nie ein Video von den Kunststücken gesehen haben, die Mr. Block mit einem getunten Fahrzeug vollbringen kann, werdet ihr in der Trailer-Sektion dieses Reviews fündig. Beim Gymkhana werden Stunts gefordert, die nur mit sehr viel Können absolviert werden können. Platzierte Sprünge, lange Drifts und extreme Lenkmanöver stehen auf der Tagesordnung. Selbst der Rückwärtsgang kommt zum Einsatz, wenn es darum geht, schnelle Wendemanöver vorzuführen, um anschließend Hindernisse geschickt zu umfahren oder markierte Objekte zu treffen. Wenn gelungene Combos die Punktzahl in die Höhe schnellen lassen, fühlt man sich an frühe Teile der Tony Hawk-Reihe erinnert. Natürlich wird für die Tricks kein Skateboard verwendet, sondern eine Maschine mit mehr als 300 Pferdestärken. Es ist durchaus möglich, die Gymkhana-Events nicht zu mögen, da sie zu den härtesten Prüfungen in der DiRT 3-Welt gehören und sehr viel Zeit investiert werden muss, bevor Erfolge gefeiert werden können. Trotzdem war es eine nette Idee, diese neue und originelle Form des Motorsports zu integrieren.

Es gibt diverse Online-Modi, die ich leider nicht testen konnte, weil unserer Presseversion von DIRT 3 im Gegensatz zur regulären Verkaufsfassung kein entsprechender Code beilag (Hey Codemasters, man kann das Sparen auch übertreiben!). Da wir bei neXGam aber superliebe Menschen sind, die an das Gute in der Welt glauben, gehe ich davon aus, dass alles funktioniert und die Internet-Duelle mindestens so viel Spaß bringen, wie die Splitscreen-Variante für zwei Rallye-Fans. Alle aus der Einzelspieler-Karriere bekannten Modi stehen hier für den freundlichen Wettstreit zur Verfügung. Youtube-Uploads wurden ebenfalls integriert. Wer seine Heldentaten mit der Welt teilen möchte, darf 30 Sekunden Videomaterial pro Rennen auf dem Internetportal präsentieren. Zweifellos ein nettes Feature, aber ehrlich gesagt wäre es mir lieber gewesen, komplette Rallye-Missionen auf der Festplatte speichern zu dürfen, um vor tatsächlich anwesenden Freunden mit meinen Fähigkeiten zu prahlen.

Die Colin McRae-Spiele haben schon immer in der höchsten Grafik-Liga gespielt. Daran hat auch die endgültige Namensänderung nichts geändert. DiRT 3 sieht fantastisch aus und kann tatsächlich mit den aktuellen Episoden der beiden anderen traditionsreichen Vorzeigeserien mithalten. Die Fahrzeugmodelle in Gran Turismo 5 und Forza 3 mögen zwar ein wenig detaillierter sein, aber dafür bietet das Werk von Codemasters den überanstrengten Augen der Racer-Fans insgesamt mehr Abwechslung. Die gleiche Strecke kann dank der genialen Wettereffekte völlig unterschiedlich wirken. Neben vielen kleinen optischen Spielereien wie Lens Flare, Pixelstaub und simuliertem Regen ist auch das realitätsnahe Schadensmodell ein Grund zur Freude. Es ist den Fahrzeugen nach einem Rennen deutlich anzusehen, ob sie nur ein wenig Schmutz und ein paar Kratzer abbekommen haben oder kurz davor stehen, ihre letzte Fahrt in Richtung Schrottplatz anzutreten. Während manche Genrevertreter aus Bequemlichkeit darauf verzichten eine Cockpitperspektive anzubieten, wurden bei DiRT 3 keine Kosten und Mühen gescheut, um die passende Stimmung aufkommen zu lassen. Erst wenn die virtuellen Hände am Lenkrad zu sehen sind und die verdreckte Windschutzscheibe zur zusätzlichen Herausforderung wird, ist der Zocker mittendrin statt nur dabei.

Auch wenn es alles andere als leicht ist, wird die Grafik vom Sound in den Schatten gestellt. Nur selten kreischen bei einem Videospiel so vielfältige Motorengeräusche aus den Lautsprechern. Auch das Zusammenspiel der Reifen mit den verschiedenen Untergründen wird von realistischen Geräuschen begleitet. Selbst an die Anfeuerungsrufe der Zuschauer am Rand der Strecken wurde gedacht. Wie immer gibt es einen Beifahrer, der in Rallye-Rennen wertvolle Tipps zu Kurven und optimalen Geschwindigkeiten auf Lager hat. Auch die deutschsprachigen Kommentatorinnen und Kommentatoren, die sich sich oft zwischen den einzelnen Missionen zu Wort melden, verstehen ihr Handwerk, auch wenn einige der Monologe übertrieben wirken. Wie bereits bei früheren Episoden wird der selbstgewählte Spielername perfekt in die gesprochenen Beiträge integriert und man fragt sich zurecht, warum dieser Trick heutzutage nicht viel häufiger in Games zum Einsatz kommt. Zu allem Überfluss ist auch noch ein umfangreicher Soundtrack mit Songs aus den Bereichen Rock, Hip-Hop und Dance vorhanden. Da bleiben nur für ständige Nörgler Wünsche offen.