
"Wer unvorsichtig durch die Vegetation sprintet, findet sich bald in luftigen Höhen wieder..."
Die Hintergrundstory versetzt euch mitten in die Blütezeit des kalten Krieges, in die wechselhaften 60er Jahre. Ihr spielt eine kampferprobte Ein-Mann-Armee, die auf den klangvollen Codenamen „Naked Snake“ hört. Eure Mission: Befreit den russischen Wissenschaftler Sokolov aus den Fängen übler Sowjet-Schergen und überführt ihn ins Paradies aller Freiheitsliebenden, in die USA. Bereits einmal war es Sokolov, der es mit Vaterlandsliebe nicht so genau zu nehmen scheint, gelungen sich in die Staaten abzusetzen.
Eine solche Erdreistung kann Mütterchen Russland natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Also mobilisierten die Kreml-Masterminds die Rote Armee und installierten Atomraketen auf Kuba! So wurde der Rüstungswissenschaftler wieder an die Sowjetunion übergeben und der atomare Holocaust abgewehrt (Natürlich erfuhr die breite Masse wie immer nichts davon, offiziell sorgte der Abzug der amerikanischen Raketenstellungen in der Türkei für die Entspannung der Krise). Warum ist der Ruski für die Supermächte so kostbar? Nun, er zeichnet sich für die Entwicklung eines neuen Kampfpanzers verantwortlich, der in der Lage ist Atomraketen abzuschießen - wer im Besitz dieser Waffe ist, gewinnt auch den Krieg!

"Lautloser Meuchelmord dank CQC"
Gleich zu Anfang setzt Kojima-San wieder sein Talent unter Beweis, reale Begebenheiten mit fiktionalen Handlungssträngen glaubwürdig zu verbinden. Und die Kuba-Krise markiert hier nur den Anfang… Der dritte Teil der Schlangen-Saga ist als Prequel konzipiert und betrachtet die Geschehnisse vor den Konflikten zwischen Liquid, Solid und Solidus. Snake Eater markiert hierbei das Ende der MGS-Trilogie und nimmt sich, wie seine Vorgänger, einem bestimmten Thema an, das die Handlung maßgeblich beeinflusst. Während sich der erste Part den Genen widmete (Gene), wurde in Sons of Liberty die „Vererbung“ von Kultur und Informationen (Meme) behandelt. Snake Eater hingegen befasst sich als inhaltlicher Vorgänger mit dem Verlauf der Zeit (Scene) – M.G.S. !!!
Inhaltlich gibt es natürlich wieder eine Menge Anspielungen auf die ersten beiden Parts: Im russischen Waffenlabor kann der aufmerksame Spieler Miniaturmodelle von Metal Gear Rex und Ray entdecken, Veteranen erinnern sich natürlich, dass die zweibeinigen Kampfmechs ebenfalls in der Sowjetunion entwickelt wurden. In späteren Spielabschnitten werdet ihr zudem mit einem schwulen Oberst mit dem klangvollen Namen Raidenovich konfrontiert ,,,-) Kritiker werfen Snake Eater vor, die mit Abstand simpelste Storyline aller MGS-Teile zu bieten. Und in der Tat – Großartige Wendungen im Handlungsverlauf dürft ihr diesmal nicht erwarten, dafür ist die Story zu vorhersehbar.

"Für Innenareale wird die MGS2-Engine verwendet, was man vor allem den gelungenen Schattenwürfen anmerkt"
(Vergleichsweise) simpel muss aber nicht zwangsläufig schlechter sein. Mir ist die dramaturgisch perfekt präsentierte Snake Eater-Geschichte jedenfalls wesentlich lieber als das unüberschaubare Wirrwarr eines Sons of Liberty, wo sich letztlich rausstellt, dass euer Vorgesetzter eine Pixar-Entwicklung ist und im Auftrag von McDonalds und Han Solo die Welt unterwerfen soll – oder so ähnlich… Zudem ist Metal Gear Solid 3 mit dem schönsten und längsten Abspann der Trilogie gesegnet ,,,)
Wie schon Part 2, bietet auch Snake Eater eine fein abgestimmte Mischung aus (teils interaktiven) Filmsequenzen und spielbaren Abschnitten. Hierbei lässt sich das Spielprinzip im Grunde darauf beschränken, sicher die Spielebene zu durchqueren um letztlich auf einen knackigen Endgegner zu treffen. Die seit dem ersten Teil propagierte „Tactical Espionage Action“ wird hierbei in einen neuen Level katapultiert:

"Zeit zum Happa machen!"
Im umfangreichen dritten MGS (25+ Stunden Durchspieldauer) seid ihr die meiste Zeit unter freiem Himmel in der zentralasiatischen Flora unterwegs. Das lieb gewonnene Radar der Vorgänger ist allerdings noch nicht erfunden, wie ein schwer bewaffneter Pacman feindlichen Punkten auszuweichen entfällt diesmal also. Stattdessen beschränkt euch Snake Eater auf eure Sinne, vorsichtig pirscht ihr euch durchs das raschelnde Dschungeldickicht – mehr kriechend als gehend – und haltet Ausschau nach KGB- und GRU-Angehörigen.
Da Snake nicht Serious Sam ist, bietet es sich natürlich an, die Slawen großräumig zu umlaufen! Schon allein deshalb, weil Russen es um einiges genauer nehmen als Genomsoldaten: Einmal entdeckt, grasen die Soldaten minutenlang den Wald akribisch nach euch ab. Abhilfe schafft hier ein wesentliches neues Gameplayelement, die Carmouflage (Tarnung). Je nach Bodenuntergrund wählt aus einer Vielzahl an Uniformen und Gesichtsbemalungen die passenden aus, was sich wiederum auf euren Tarnungsindex aufwirkt. 100% bedeuten Unsichtbarkeit, während rote -30% in etwa soviel Aufmerksamkeit erregen wie ein George Bush auf Staatsbesuch in Nord Korea.

"Freeze!"
Wenn euch der unverständliche Arbeitslosengeld II-Antrag frustet oder ihr Stress mit der Freundin habt, wollt ihr eure Widersacher natürlich brennen sehen. Für diese Fälle bietet Snake Eater ein beachtliches Arsenal an Granaten, Gewehren und Pistolen, die jedem militanten Zocker das Richtige bieten. Neu ist allerdings CQC – Close Quarter Combat! Hinter dieser stylishen Bezeichnung verbirgt ein im Vergleich zu Sons of Liberty deutlich aufgepeppter Nahkampfmodus. Nutzt die unschuldigen Russen als menschliche Schilder, entwaffnet, werft, oder exekutiert sie.
Die Endgegner, die mit einladenden Codenamen wie „The Fury“ und „The Pain“ gesegnet sind (Im übrigen die Emotion, die sie bei ihrem Ableben empfinden) mögen zwar etwas abgefahren designed sein (Ein Spinnenmensch hat ebenso seinen Weg ins Spiel gefunden wie ein Hornissendompteur), bieten jedoch ein hohes Maß an taktischer Abwechslung und Anspruch. Besonders fasziniert hat mich das Duell gegen einen Scharfschützenveteran, der sich mit euch in einem gigantischen Wald- und Berggebiet misst. Langsam tastet ihr euch durch die Büsche und achtet auf Hinweise, die euren Gegenspieler verraten (Das Glitzern des Gewehres, Fußabdrücke, Atmung etc.). Bedachtes Vorgehen führt hier zum Sieg.

"Ohne Worte"
Soviel Action zehrt an eurer neuen Ausdauerleiste: Die Energieleiste kann nicht mehr durch den beherzten Biss in die Ration aufgefüllt werden, stattdessen will eure Ausdaueranzeige gepflegt werden. Sinkt diese zur Neige erholt sich Snake nicht mehr richtig, ein knurrender Magen erregt Aufmerksamkeit und ein Elitesoldat, der sich nichts mehr wünscht als einen fleischigen Whopper, hat auch Probleme beim Zielen. Nur sind Schnellimbisse in der russischen Taiga rar gesät, euer Alter Ego muss sich selbst helfen! Also jagt ihr im Morast nach allerlei Leckerbissen wie Schlangen, Ratten oder auch mal einem Ganges-Krokodil. Lebend gefangen lässt sich die Beute zudem als „Ablenkung“ für etwaige Wachposten zweckentfremden.
Die Optik markiert den Höhepunkt der aktuellen PS2-Generation und kitzelt auf eindrucksvolle Weise das letzte Quäntchen aus der betagten Hardware. Während die Models das gleich (hohe) Niveau des Vorgängers bieten, hat die Dschungelumgebung nicht mehr viel mit den grauen Wandtapeten der Plant gemein. Kein Baum ähnelt dem andern, das feine Geäst lässt euch auf einen prächtigen Urwaldboden blicken, der mit einzelnen, sich biegenden Grashalmen gespickt ist! Ergänzt wird der grafische Hochgenuss wie immer von einem orchestralen Soundtrack in Kinoqualität, für den sich einmal mehr Branchen-Größe Harry Gregson-Williams verantwortlich zeichnet. Die englische Synchro steht dem in nichts nach und zeigt Konamis hohen Qualitätsanspruch beim Aushängeschild des Unternehmens.

"Stellenweise sind die Tarnungen reichlich abgefahren ausgefallen"
Bemerkenswert wie sich die vielen Aspekte des neuen Metal Gear Solids zu einem rundum perfekten Spielgenuss verbinden. Die Story ist ein wenig simpler als die Hintergrundmär des ersten Epos, aber nicht minder spannend und rangiert MGS-intern auf Platz 2. Verpackt wird das ganze in einem gigantischen Areal, das euch für Stunden motivieren wird und dank der Abstinenz eines Radars einem glaubhaften Schleicheinsatz deutlich näher kommt als die Eskapaden von Solid und Raiden. Etwas nervig ist nur der übertriebene Tarnungswechsel und die spielerisch drögen Operationen, die den Spielfluss merklich stören. Für mich dennoch der krönende Abschluss einer Trilogie, die in die Geschichte des Videospiels eingehen wird. PAL-Spieler bekommen den legendären European Extrem-Schwierigkeitsgrad, neue Tarnuniformen und zusätzliche Levels im belanglosen Snake vs. Monkey-Modus spendiert.