Als der Autor dieser Zeilen im April 2007 Hotel Dusk: Room 215 erstmals in seine Finger bekam, war er hin und weg vom Spielerlebnis - genauso wie die Fangemeinde, die sich weltweit um den Titel herum sammelte. Leider war der kommerzielle Erfolg trotzdem eher mager, Entwickler Cing meldete dieses Jahr sogar Insolvenz an. Nintendo vertraut dennoch auf Qualität statt Verkaufsprognosen und veröffentlicht den offiziellen Nachfolger "Last Windows: Das Geheimnis von Cape West" auch in Europa….
Kyle Hyde ist ein verdammt cooler Kerl, der sich Unmengen Kaffee reinkippt, einem harten Drink nicht abgeneigt ist und das Leben aus der Perspektive des ewigen Spielverderbers betrachtet. Diese gute Portion Anti-Held macht den glücklosen Handelsvertreter mit detektivischem Spürsinn verdammt sympathisch. Zumindest für jene, die ihn kennen. Insofern ist die Freude unter Hotel Dusk Veteranen groß, da Kyle auch hier wieder die Rolle des handelnden Protagonisten übernimmt.
Die Geschichte setzt im Jahr 1980 und somit nach Hotel Dusk an, zu dem es einige Verknüpfungen gibt. Seien es Anspielungen oder wiederkehrende Charaktere. Daher empfiehlt es sich vorher Hotel Dusk durchgespielt zu haben, wenn man wirklich alles 100% verstehen will - wer das nicht machen will oder kann, wird hier aber dennoch auf seine Kosten kommen. (und danach nur umso mehr Hotel Dusk spielen wollen)
Im neuen Jahrzehnt ist Kyle immer noch mehr oder weniger erfolgreicher Vertreter für die Firma Red Crown, hat Ärger mit seinem Boss Ed und ist chronisch pleite. Dazu findet sich im Briefkasten auch noch ein Räumungsbescheid seiner Vermieterin, die das zum Mietshaus umgebaute Ex-Hotel überstürzt verkaufen will. Kyle riecht Lunte - da muss mehr dahinter stecken. Also beginnt er mit seinen Ermittlungen…
Spielerisch ist Last Window immer noch die ebenso seltene wie geniale Verquickung aus Roman und Adventure. Beides fließt praktisch ineinander und formt so etwas wie ein neues Genre, den interaktiven Roman. Entsprechend story- bzw. leseintensiv fällt das Spiel aus, dass vom Spieler aktives Mitdenken einfordert. Oft sind es kleine Details, die beachtet werden müssen - ein Nebensatz in der Bemerkung eines Mitbewohners, die euch auf die Fährte locken. Wer sich auf die Geschehnisse im ehemaligen Hotel Cape West nicht einlässt, sitzt schnell im Trocknen - wer es tut, kommt schon nach kurzer Zeit nicht mehr vom DS los.
Und das obwohl es im Spielverlauf einige Sackgassen gibt, die letztlich zum Game Over führen. Glücklicherweise könnt ihr nicht nur jederzeit zwischen den Gesprächen speichern, sondern werdet nach einem Malheur direkt vor der schicksalhaften Entscheidung abgesetzt, so dass ihr euch erneut daran versuchen könnt. Das verhindert echte Frustmomente und hält den Spielfluss aufrecht.
So klickt ihr euch durch die Dialoge mit den einzelnen Hausbewohnern, mit denen sich eure Wege im weiteren Spielverlauf immer wieder kreuzen und die allesamt ihr eigenes Schicksal in das heruntergekommene Mietshaus getrieben hat. Obwohl ihr euch das gesamte Spiel über nur in den vier Stockwerken des Hauses (+ Dach & Keller) bewegt, leidet man unter keinerlei Raumnot. Viele Orte lassen sich erst nach und nach begehen oder lüften ein gut gehütetes Geheimnis, wodurch man immer wieder neue Räume entdeckt.
Hierzu sucht ihr mittels Stylus-Pen diverse Räumlichkeiten nach Hinweisen und Gegenständen ab und kombiniert diese in alter Adventure Tradition. Der Nintendo DS wird dabei wie schon bei Hotel Dusk in Buchform hochkant gehalten, wodurch ihr auf dem einem Bildschirm eine Übersichtskarte aus der Vogelperspektive und auf dem anderen Schirm die Sicht Kyle's aus der ersten Person seht.
Auch sonst wurden die Nintendo DS Fähigkeiten intelligent eingesetzt: Sei es mittels eingebautem Mikro Staub von einem Dokument zu pusten, mit einem Lineal diverse Münzen aus einer Spardose zu friemeln oder gegen eine geschlossene Tür zu hämmern. Dies geschieht in der Regel in Form von kleinen Minispielen, die gut ins Spielgeschehen integriert wurden und immer mal wieder ein wenig Abwechslung in den Spielablauf bringen. Wenngleich 2-3 dieser Rätsel eindeutig zu schwer geraten sind – wer das Spieluhr-Rätsel schließlich gelöst hat, wird wissen, worauf dieser Autor hier anspielt. Freund Google hält in diesem Fall Hilfe bereit.
Was gibt’s sonst noch zu Last Window zu sagen? Das Spiel umfasst wie der Vorgänger 10 Kapitel, die Spielzeit liegt bei geschätzten 20-25 Stunden – je nachdem wie lange ihr euch an diversen Orten aufhaltet bzw. an Rätseln zu knabbern habt. Interessant ist zudem die Möglichkeit die Handlung jederzeit in Form eines Romans nachzulesen, der mit jedem abgeschlossenem Kapitel aktualisiert wird – wobei sich nicht so ganz erschliesst, warum man dies tun sollte, wenn man doch gleich auch Last Window spielen kann. Lobenswert ebenfalls die einzigartige Präsentation des Spiels, die mitsamt der Musik zur unglaublich dichten Atmosphäre beiträgt.
Sebastian meint:
Last Windows ist intelligente Unterhaltung vom Feinsten! Die Charaktere sind glaubhaft, die Story tiefgründig und die Präsentation strahlt die Anziehungskraft eines Film Noir aus. Es zeigt, wie die Verknüpfung von Videospiel und Roman aussehen kann. Diese "interaktiven Romane" haben noch unglaublich großes Potenzial - bedauerlich, dass nicht mehr Entwickler bisher diese Idee aufgreifen und weiterentwickeln. Nicht zuletzt die eher mäßigen Verkaufszahlen dürften abschrecken - auch Last Windows verkaufte sich in den ersten Tagen nach seiner Veröffentlichung in Deutschland eher zäh. Wer wirklich gehaltvolle Spielekost schätzt, der sollte dies daher mit einem Kauf bezeugen - und den Herstellern somit ein klares Signal senden: Bitte mehr davon
Yep...wenn du Hotel Dusk mochtest wirst du Last Window ebenfalls mögen. Empfehle aber erst Hotel Dusk zu beenden. Kein Muss, aber erleichtert die Orientierung in Last Window, weil z. B. Charaktere wieder auftauchen.
von Crewmate:
Gleich Gut mit allen alten Kritikpunkten, Geschichte immer noch recht zäh erzählt, Dialogoptionen die keine sind, keine optionale Hilfen, tolle vielschichtige Charaktere, großartige Dialoge, Kyle Hyde, toller Stil.
von Darkshine:
Hat jemand ein paar Langzeiteindrücke? Ich liebäugle mit dem Kauf, bin bei Hotel Dusk aber noch nicht durch. Ist Last Window besser, schlechter oder gleich gut?
Last Windows ist intelligente Unterhaltung vom Feinsten! Die Charaktere sind glaubhaft, die Story tiefgründig und die Präsentation strahlt die Anziehungskraft eines Film Noir aus. Es zeigt, wie die Verknüpfung von Videospiel und Roman aussehen kann. Diese "interaktiven Romane" haben noch unglaublich großes Potenzial - bedauerlich, dass nicht mehr Entwickler bisher diese Idee aufgreifen und weiterentwickeln. Nicht zuletzt die eher mäßigen Verkaufszahlen dürften abschrecken - auch Last Windows verkaufte sich in den ersten Tagen nach seiner Veröffentlichung in Deutschland eher zäh. Wer wirklich gehaltvolle Spielekost schätzt, der sollte dies daher mit einem Kauf bezeugen - und den Herstellern somit ein klares Signal senden: Bitte mehr davon