Ich erinnere mich noch gut an mein erstes Mana-Spiel. Das war, wie bei vielen älteren Gamern, Secret of Mana auf dem SNES. Ich habe es damals wirklich bis zum Gehtnichtmehr gespielt, weil ich entdeckt hatte, dass wenn man eine Magie aufs Maximum levelt, sich die Animationen verändern. Und es machte doch schon einen gewissen Unterschied aus, ob Feuerbälle durch die Gegend flogen oder sich Feuerschlangen durch die Luft schlängeln. Dass ich außerdem noch einen anderen Teil damals gespielt hatte, wusste ich nicht, da jener Titel unter dem Titel Final Fantasy Adventure auf dem Game Boy veröffentlicht wurde.
Seit damals habe ich die Mana-Reihe mehr oder weniger aus den Augen verloren. Ich kriegte zwar mit, dass hier und da noch neue Teile herauskamen. Doch bis auf das Remake des ersten Teils, dass unter dem Namen Adventures of Mana unter anderem für die PS Vita herauskam, flog die Serie für mich unter dem Radar. Vermutlich auch gut so, dass das Secret of Mana-Remake unter aller Sau sein soll.
Visions of Mana ist jetzt das erste neue Mana-Spiel der Hauptreihe seit 18 Jahren. Es wird zwar von Square Enix selbst herausgebracht, wurde allerdings von dem externen Studio Ouka Studios entwickelt. Die wiederum zu Netease Games gehören, die vor kurzem beschlossen haben, das Studio zu schließen. Was natürlich einen gewissen Beigeschmack hinterlässt.
Die Story von Visions of Mana ist faszinierend. Alle vier Jahre reist eine Fee durch die Welt und wählt insgesamt acht Geweihte aus, deren Ziel es ist, ihre Seele im Manabaum aufgehen zu lassen, wodurch sie natürlich ihre Existenz verlieren. Tun sie das nicht, wird der Manafluss, der die Welt am Laufen hält, unterbrochen und Katastrophen ereignen sich. In den meisten Fällen ist dies für die Auserwählten eine große Ehre. Doch es gibt auch welche, die sich daran stoßen, die sich weigern. Und so unweigerlich Schlimmes heraufbeschwören.
Zugegeben: Wenn man die Story so liest und sie dann spielt, ist man irritiert. Wieso freuen sich die Auserwählten darüber, dass sie ihr Leben verlieren werden? Und wirkt der Zusammenbruch des Manaflusses, sowie die jeweiligen Katastrophen, wenn kein neuer Geweihter eines bestimmten Bereichs seine Seele nicht hergibt, nicht wie eine Art... indirekte Erpressung?
Es stimmt, dass einiges zu Beginn merkwürdig erscheint. Das weiß Visions of Mana“ auch, in dem es direkt von Anfang an beide Seiten dieses Themas zeigt. Zwar sind die Sympathien zunächst klar verteilt: Eoren, der seine Geliebte, die geweihte Lysa verloren hat, wird eher antagonistisch charakterisiert, weil er im Laufe des Games Sachen macht, die nicht feierlich sind. Hingegen wirkt der Seelenwächter Val wie ein typischer J-RPG-Protagonist: Fröhlich, etwas einfach gestrickt, aber immer voll bei der Sache. Doch im Laufe der Geschichte gibt es den einen oder anderen Plottwist, der viele Dinge auf einmal in einem anderen Licht erscheinen lässt. Kurzum: es ist eine packende und fesselnd inszenierte Story.
Aber nicht nur von der Story, sondern auch von den Figuren, die liebenswert charakterisiert werden, wirst du vom Game so schnell nicht loslassen können. Neben den bereits erwähnten Charakteren wirst du irgendwann eine Party aus fünf verschiedenen Spielfiguren haben. Zu denen beispielsweise unter anderem die sturköpfige, aber auch liebenswerte Careena zählt, die zur Auserwählten des Winds wird, weil sie es sich so im Prinzip in den Kopf gesetzt hat, um es allen zu zeigen.
Dabei lenkst du die Party in Visions of Mana durch eine semioffene Welt. Diese ist in verschiedene Landkarten aufgeteilt, die ihrerseits ebenfalls diverse Unterabschnitte haben. Es gibt in diesen viel zu entdecken. Jetzt weniger, was die Sidequests angeht. Als vielmehr, als dass viele Sammelobjekte vorhanden sind. Mal kannst du einen gewissen Honig aufsammeln, den du bei einer bestimmten Spezies gegen besondere Items eintauschen kannst und dabei gleichzeitig ihre Sprache erlernst. Dann siehst du aus der Entfernung manchmal Lichtsäulen, die aufsammelbare Items symbolisieren. Auf der Minimap sind außerdem blaue Kreise zu entdecken, die Schatztruhen darstellen, die, wenn du sie öffnest, manchmal wertvolle Schätze beinhalten. Oder aber, du stößt auf Relikte, die mit dem entsprechenden Elementarrelikt interagieren. Von den ganzen Vasen, die überall herumstehen und nur darauf warten, von dir zerdeppert zu werden, ganz zu schweigen.
Und dann gibt es auch noch die Gegner. Natürlich gibt es die Feinde. Und hier hatte ich wirklich das Vergnügen, dass ich bei bestimmten Figuren einen Aha-Moment hatte, weil ich sie wiedererkannt hatte. Dabei siehst du die Feindansammlungen schon von weitem, ebenso, welches Level sie haben. In den meisten Fällen haben sie ungefähr dasselbe Niveau, wie auch deine Figuren. Doch kann es abgelegene Winkel einer Gegend geben, wo die Gegner ein Level haben, das zunächst deutlich über dem deinen liegt. Weshalb es sich lohnt, ein anderes Mal zurückzukehren, wenn du etwas erfahrener bist.
Das ist das Schöne an Visions of Mana: du kannst an jedem Speicherpunkt eben nicht nur sichern. Sondern ebenso auswählen, zu welchem anderen Punkt, den du vorher besucht und aktiviert hast, zurückreisen möchtest. Das bedeutet allerdings auch, dass du nicht eben zwischendurch schnell speichern kannst. Zwar kannst du bei Veränderungen der Einstellungen abspeichern. Doch setzt dich dies automatisch am letzten Rücksetzpunkt ab, der mitunter etwas unglücklich gewählt ist. Das ist zwar eher selten der Fall, kann aber vorkommen.
Es gibt bei Visions of Mana vieles, was mich an Secret of Mana erinnert. Nicht nur das Gegnerdesign, sondern auch das Kampfprinzip, dass du, wenn du auf Feinde stößt, du vor Ort in einem abgegrenzten Gebiet kämpfst und du das erst bei Sieg oder Niederlage verlassen kannst. Zwischendurch kannst du außerdem über das bekannte Ringmenü wichtige Items auswählen, wie die Bonbons, die dir Lebensenergie zurückgeben, oder du kannst einen Zauber selektieren, dessen Einsatz dich magische Energie kostet.
Ich könnte noch vielmehr über Visions of Mana erzählen. Darüber, wie du und deine jeweilige Spielfigur neue Zauber lernst. Dass es natürlich wieder Reittiere gibt, die du dann irgendwann steuern kannst. Oder dass es manchmal zwischen dem Gesprochenen und den Animationen eine gewisse Diskrepanz gibt.
Aber das würde den Rahmen sprengen. Ich bin mit Visions of Mana rundum zufrieden. Man merkt, dass das Game mit Liebe und der Hilfe von zahllosen Veteranen entwickelt worden ist. Was man auch bei dem grandiosen Soundtrack merkt, der einen förmlich wegbläst. Der Score von Hiroki Kikuta, Tsuyoshi Sekito und Ryo Yamazaki ist über alle Zweifel erhaben und gehört mich zu einem der besten, dieses Jahres.
Es gibt allerdings eine Sache, die noch zusätzlich bemängeln muss. Das Design der vielen Figuren ist wirklich hervorragend und birst förmlich vor Details. Doch sobald eher unwichtige Nebencharaktere ins Bild kommen, merkst du, dass bei denen sich nicht so viel Mühe gemacht wurde. Teilweise haben sie dieselbe Animation, oder aber es werden hier wenige Körperbaumodelle wiederverwendet. Das ist schade.
Visions of Mana ist für mich ein heißer Kandidat für das Spiel des Jahres. Es ist grandios und phantastisch. Die Story zieht einen in den Bann und hat viele Überraschungen. Die Welt lädt einen zum Erforschen ein und es gibt viele Details, die man aus Secret of Mana her kennt. Schade ist nur, dass manchmal zwischen dem Gesprochenen und den entsprechenden Animationen Diskrepanzen herrschen. Oder dass bei Nebenfiguren sich nicht so viel Mühe gemacht wurde, wie bei den Hauptcharakteren.