Sniper: Ghost Warrior im Test

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Mit Sniper: Ghost Warrior erschien letztes Jahr der erste große Xbox 360 Hit von City Interactive. Nun wagen sie den nächsten großen Schritt auf die PlayStation 3. Dabei lehnt man sich mit Sprüchen wie dem "realistischsten und intensivsten Scharfschützen Erlebnis" recht weit aus dem Fenster. Wir sind für Euch durch den Wald, über Stock und Stein und sogar auf dem Meer unterwegs gewesen um das zu überprüfen.

Als die Meldung kam, dass City Interactive ihr Scharfschützenspektakel "Sniper: Ghost Warrior" neben dem PC auch auf die Xbox 360 bringen werden, wurde ich sofort hellhörig. Zwar spiele ich auch gerne Action-Spiele, aber durch die mangelnde Zeit loose ich bei den First-Person Titeln, im Gegensatz zu meinen Freunden, doch eher ab, da es hier oftmals um eine sehr schnelle Reaktion geht. Da kommt mir ein Titel wie Sniper: Ghost Warrior gerade recht, weil hier das sonst eher verschriehene "campen" genau der Schlüssel zum Erfolg sein soll. City Interactive warb im Vorfeld sehr mit dem hohen Grad an Realismus, allem voran einer kompletten Balistik der Kugel, welche auf die Wettereinflüsse, Eure Atmung und natürlich der Erdanziehungskraft reagieren soll.

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Also rein mit der Disk und ran ans Training. Dieses könnt Ihr auf Wunsch an mehreren Stellen abbrechen, was beim ersten Ansatz aber nicht zu empfehlen ist, obgleich man die Steuerung sehr schnell verinnerlicht hat, da sie sich an vielen bekannten FPS-Titeln orientiert. Das Spiel ist hier den deutschen Markt komplett lokalisiert worden, wobei man beim Rest keinerlei Abstriche gemacht hat =  wir hier einen 100% Uncut Titel am Start haben. Wer mag kann sich Untertitel der Dialoge optional zuschalten. Normalerweise macht man das ja kaum, aber bei diesem Titel hat das Feature dann später "leider" doch einigen Sinn - hierzu aber später mehr. Erfreulicherweise hat man auch die englische Tonspur auf der Disk gelassen (via umstellen der Konsole auf Englisch abrufbar), obgleich die deutsche Synchronisation recht passabel geworden ist. Hier gibt es aber dann bereits ein dickes ??? Denn wer jetzt denkt, er könnte zur guten englischen Sprachausgabe den deutschen Untertitel einblenden lassen, wird leider enttäuscht. Hier gibt es in den Optionen leider keinen Menüpunkt. Sprich bei englischer Sprache gibt es auch nur englische Text und im Deutschen dann das gleiche in grün :(  
 
Während des Trainings realisiert man dann auch recht schnell, dass man das hoch angepriesene Thema "Realismus"  doch etwas aufgeweicht hat. Sofern Ihr das Spiel nämlich auf "Leicht" oder "Normal" angeht, zeigt Euch ein kleiner roter Punkt im Fadenkreuz immer an, wo die Kugel einschlagen wird. Nur auf "Schwer" entfällt das Ganze und Ihr müsst Eure Atmung sowie die Windanzeige auf dem HUD manuell mit einrechnen. Zudem hat man die aus anderen Spielen bekannte Möglichkeit den Atem eine kurze Zeit anzuhalten um ruhiger Zielen zu können recht radikal durch eine "Zeit-Stop-Funktion" ersetzt. Auf diese Weise ist das Treffen der Gegner natürlich recht simpel. Bei Kopfschüssen wird das Ganze dann mit einer Verfolgung der Kugel in Bullet-Time bis zum blutigen Einschlagen im Ziel dargestellt. Das lockert den Spielverlauf zwar irgendwie immer etwas auf, nervt nach ein paar Stunden aber dann doch merklich.

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Aber kommen wir kurz zur Story, welche nicht super dicht ist, aber natürlich erwähnt sein sollte. Auf der Tropeninsel Isla Trueno gab es eine dicke Revolution und nun haben skrupellose Militärs das sagen. Das Ganze geht natürlich zu Lasten der Bevölkerung. Hier kommt Ihr als Scharfschütze ins Spiel, denn im Namen einer nicht genannten Regierung sollt Ihr vor Ort aufräumen gehen um den Frieden wieder her zu stellen, den Drogenanbau zu unterbinden und den Rebellen, welche wieder eine friedliche, demokratische Regierung möchten bei ihrer Sache helfen.
Zu Beginn übernehmt Ihr natürlich erst einmal die Rolle des Sniper Spezialisten "Razor Six Four". Mit ihm müsst Ihr Euch zu den angezeigten Zielen bewegen um dort "Euren Job" zu erledigen - der Beseitigung feindlicher Ziele aus der augenscheinlich sicheren Entfernung. Natürlich versucht man das zuerst extrem vorsichtig und leise, also gebückt oder sogar kriechend. Leider liegen die Speicherpunkte im Spiel teils recht weit auseinander, so dass Ihr bei einem Scheitern gerade am Anfang schon mal 30 - 70 Minuten für einen Level einplanen könnt. Das ärgert manchmal dann schon, vor allem, wenn man im fünften Anlauf wieder erwischt wird.

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Die Entwickler machen Euch das vermeintlich auf Schleichen basierte Gameplay  nicht einfach, denn Euer linearer Weg wird hier kräftig mit Gegner gespickt, welche teils in Siedlungen warten. Und in gerade diesen Gebäuden der Siedlungen hat man dann versteckte Laptops (Geheimnisse) und Medizinschränke platziert. Möchte Ihr an diese beiden Goodies ran kommen, bleibt Euch also meist doch nichts anderes übrig als alle Feinde zu eliminieren. Das Ganze lässt Euch dann schon nach recht kurzer Zeit doch mal die ein oder andere Rambo Taktik ausprobieren und siehe da - dank der stark schwankenden KI funktioniert das sogar oftmals. Viele "Runs" zur ersten Deckung verliefen absolut problemlos und hierdurch spart man etliches an Spielzeit ein.

Mit Eurem Waffenarsenal, welches aus vier Sniper Gewehren, einer Pistole, Messern, Granaten und C4 besteht (welches Ihr u.a. zum zerstören von Flugabwehstellungen benötigt) könnt Ihr in einem Dorf schon mächtig aufräumen. Achtet hier auch immer auf rote Fässer, da sie die Wirkung einer Kugel aus Eurem Lauf erheblich verstärken kann. Bei diesen Situationen zeigt sich ebenfalls die schwankende KI der Gegner. Auf der einen Seite ist es wichtig immer den Gegner zu erledigen welcher Euch am nächsten ist sofern alle von Euch weg gucken. Schauen sie zu Euch müsst Ihr den hinteren zuerst aufs Korn nehmen, da sonst sofort Alarm ausgelöst wird. Auf der anderen Seite ist es hier oftmals auch unfair, denn die Gegner mit ihren "rotzenden" AK´s treffen Euch hier auch aus großer Entfernung und das obwohl Ihr hinter einer Deckung am Boden liegt und sie sichtbar in eine andere Richtung schießen.

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Nach einiger Zeit übernehmt Ihr dann die Rolle des Kollegen von der Sturmtruppe. Mit diesem heißt es dann "drauf und los". Positiv zeigen sich hier die dynamischen Wechsel zwischen den Charakteren auf, bei denen die gleiche Situation überschneidend aus beiden Perspektiven gespielt wird, was Euch beiden Figuren näher bringt. In dessen Rolle verlasst Ihr die Insel dann auch einmal um unter anderem auf einer Bohrinsel aufzuräumen. Hier heißt es dann auch mal einen Raum in Slow Motion stürmen um eine Geisel zu befreien, was recht stark an Call of Duty: Modern Warfare 2 erinnert. Das HUD bleibt bei beiden Figuren gleich, was auf einen recht späten Einbau dieses "Abwechslung bringenden" Feature deutet.
In Sachen Grafik begrüßt Euch auf den ersten Blick ein anmutiges Insel Paradies auf Höhe eines Far Cry. Die zum Einsatz Gebrachte Crome 4-Engine wirkt hier überzeugend, offenbart nach einiger Zeit aber einiges an Schummellei. Viele Texturen sind doch sehr flach und wurden unter anderem mit Blur-Effekten "aufgepeppt". Dies fiel vor allem auf Holzstegen öfter auf, vor allem wenn man sich auf sie legte um Gegner auszuschalten. Teils flimmerten Diese in dem Abstand extrem auf dem Bildschirm. Die Sequenzen und Figuren wurden dagegen recht ordentlich modelliert und können überzeugen.

Nachdem Ihr dann, wie in so vielen Spielen, irgendwie das Pech exklusiv gebucht habt, gesellen sich weitere unschöne Dinge hinzu. So hab ich mir bei der Mission ein paar Kokainplantagen für einen Luftangriff zu markieren ewig den Ast abgelaufen. Ihr bekommt auf dem HUD eigentlich immer das nächste Ziel mit Entfernung angezeigt. Hier gibt es dann aber mehrere Ziele und nachdem ich bei Nummer zweit zigmal Schützenhilfe gegeben habe nicht gezeigt bekam wie ich nun weiter voran gehen sollte, lief ich recht planlos herum. Erst nach dem vierten Anlaufe (Checkpoint neu laden und nochmal alles machen inklusive mehrerer Tode durch verzweifelte Versuche wo es weiter gehen könnte), wurde mir dann an einem Baum eine Markierung angezeigt an dem ich mich abseilen konnte. Ohne diese anzeige stützt man hier nur runter. Hier kommt hinzu, dass es kein LOG mit Euren Anweisungen gibt. Das wird vor allem dann ärgerlich, wenn das Spiel seine Ton-/ oder Sprachaussetzer hat und Ihr wie die Axt im Walde steht und erst einmal gucken müsst wo es lang geht.

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Die "augenscheinliche Bewegungsfreiheit" ist dann der nächste Knackpunkt. denn obgleich Ihr auf dem HUD die direkte Richtung zum Ziel angezeigt bekommt, versperren euch unsichtbare Barrieren oftmals den direkten Weg dorthin. Zusätzlich bleibt der Kollege Scharfschütze dann recht häufig an kleinen bzw. sogar Minikanten hängen, sobald er sich einmal in der knienden oder liegenden Position befindet. Hier bedarf es dann schon mal einem Sprung über das "Hinderniss", was Euch aber dann wiederum sichtbar für die Gegner macht. Diese und deren Waffen bleiben auch schon öfter mal in der Luft kleben, was leider deutlich auf fehlendes Feintuning des Spiels in der Endphase hin deutet. Sicherlich wird die PC-Version hier recht schnell einige Updates hinterher bekommen, was bei der Xbox 360-Version nicht immer so klar ist.

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Online darf übrigens auch in drei Modi mit bis zu zwölf Spielern los gelegt werden. Hier stehen aktuell die Varianten "Deathmatch" (heisst natürlich etwas anders) , "Team Deathmatch" (Bande) und "Gejagter" zur Auswahl. Bei letzterem erhält immer nur der gejagte Punkte. Wird er eliminiert wird der Schütze zum neuen gejagten. Selbst hier kommt aber die mangelnde QS zum Vorschein, denn hier hat man zwei Modi falsch miteinander verbunden - sprich wenn ihr ein "Bande" Spiel eröffnet startet ein gejagten Spiel, wählt Ihr aber ein "Gejagter" Spiel aus, startet eine Bande Spiel.

Nach dem Erfolg der 360-Version kommen nun auch Sony-Jünger in den Genuß von Sniper: Ghost Warrior. Viel hatten sich die Entwickler vorgenommen, so wurde die KI überarbeitet und die Grafik etwas aufpoliert. In beiden Fällen heißt das aber leider, dass zwar eine Verbesserung zu bemerken ist, trotzdem alles noch weit entfernt vom "State of the art" ist. Alles wirkt optisch sehr verschwommen und steril, auch die Gegnerschar, während sie auf sehr dümmliche Art und Weise versucht den Spieler zu flankieren. Wer dennoch auf ein herausforderndes Spielerlebnis setzt, kann sich den neuen Hardcore-Modus zu Gemüte führen, der auch die hart eingesessenen Camper ordentlich ins Schwitzen bringen sollte. Einzelspieler erfreuen sich zudem über eine komplett neue Kampagne, während Online-Freunde sich am neuen Capture-the-Flag Modus probieren und sich auf frischen Multiplayer-Karten im Gebüsch räkeln dürfen. Alles in allem ist die neue PlayStation 3 Version von Sniper: Ghost Warrior auf jedenfall der Xbox 360 Fassung vorzuziehen.

Harry meint:

Harry

Wenn ich mir meinen eigenen Text so durchlese, müsste man nun glatt meinen, dass Sniper: Ghost Warrior im Fazit voll einen abgewatscht bekommen wird. Nun, das tut es dann aber doch nicht so dick wie man vermuten mag, denn trotz der technischen Schwächen, macht der Titel irgendwie Laune, zumindest wenn man auf Snipereinlagen steht. Sollten wir hier mit ein paar Patches die gröbsten Dinge nachträglich noch ausgemerzt bekommen (was bei der PC-Fassung sicherlich klar, bei der Xbox Fassung aber nicht zwingend sein muss), haben wir hier sogar einen recht soliden Scharfschützen-Aktion Titel am Start, aber bis dahin wird eine Wertung im hohen Bereich leider nicht möglich sein. Positiv muss man dagegen den günstigen Preis erwähnen, welcher mit unter 40 Euro dann ja doch schon jetzt den ein oder anderen von Euch zum Kauf animieren kann. Ich für meinen Teil werde mich sicherlich bis zum Ende des Inselabenteuers durch boxen.

Tobias meint:

Tobias

Auch die verbesserte PlayStation 3 Version von Sniper: Ghost Warrior ist noch weit davon entfernt bei den "großen Jungs" wie Call of Duty mitzuspielen, technisch, sowie spielerisch. Trotzdem hat das Spiel einen gewissen Charme, der vorallem bei den spannenden und atmosphärischen Stealth-Einlagen voll zur Geltung kommt und den Funken spätestens bei dem Ritt auf der genugtuenden Bulletcam überspringen lässt. Dazu kommen Besitzer der PlayStation 3 - Fassung in den Genuß einer zusätzlichen Kampagne und dem neuen Hardcore-Schwierigkeitsgrad. Im Multiplayer weiß der Titel nur mit den richtigen Mitspielern zu gefallen. Könnt Ihr euch vorstellen, wie ein Online-Gefecht unter Scharfschützen aussieht? Teilweise artet dies in ein kleines Versteckspiel aus, aber leider ohne einen Fänger, da niemand seine gute Camp-Position aufgeben möchte. Etwas Schwung bringt der PlayStation exklusive Capture-the-Flag Modus, der die Spieler dazu zwingt ihre Verstecke zu verlassen. Für den vergleichbar schmalen Preis von 39,99€ können Ego-Shooter Fans ruhig mal einen Blick riskieren.

Positiv

  • Dynamisch durch zwei Protagonisten
  • Für Camper & Rambos
  • Uncut und günstiger Preis

Negativ

  • Technisch unfertig an vielen Ecken
  • Soundausetzer und teils nervige Schleifen
  • KI teils unfair
Userwertung
10 1 Stimmen
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  • von Andy-Russkij:

    Kirbyfan schrieb: Was mich bei den Gameplay Videos zum Hauptspiel stört, das es wirklich sehr geskriptet und vorhesehbar aussieht und man die ganze Zeit an die Hand genommen wird. Dein Partner sagt etwas, man muss es tun und wenn man es nicht...

  • von Kirbyfan:

    Muss ehrlich sagen... das DLC sieht klasse aus. Was mich bei den Gameplay Videos zum Hauptspiel stört, das es wirklich sehr geskriptet und vorhesehbar aussieht und man die ganze Zeit an die Hand genommen wird. Dein Partner sagt etwas, man muss es tun und wenn man es nicht macht geht es nicht...

  • von BigJim:

    Darkshine schrieb: Immerhin hat man mit Sniper Elite V2 eine recht gute Alternative, vorausgesetzt man kann mit dem WW2 Setting leben. Ja, Sniper Elite V2 ist Sniper: Ghost Warriror (2) in jedem Fall vorzuziehen. Wer's taktisch...

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Sniper: Ghost Warrior Daten
Genre Action
Spieleranzahl -
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 25.05.2010
Vermarkter -
Wertung 6.9
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