Nach Darius II von 1989 war Entwickler Taito in gehörigem Zugzwang. Hauptkonkurrenten im Reigen der horizontal scrollenden STGs (Shooting Games) Konami (Gradius und Salamander) und Irem (R-Type) waren in Sachen Spielmechanik und Leveldesign von Anfang an deutlich überlegen. Außerdem machte es die spezielle Auflösung der Spielhallenversionen von Darius I und II über drei bzw. zwei 4:3-Monitore schwer, Konsolenportierungen mit vergleichbarem Spielgefühl zu realisieren. Jene für die PC Engine waren zwar relativ nah an der Arcade-Fassung, litten aber am kleinen Bildausschnitt. Auf dem Mega Drive wurde das Leveldesign abgeändert, was eine hervorragende Spielbarkeit gewährleistete, sich jedoch dafür weiter vom Spielhallenoriginal entfernt war.
Doch beginnen wir zunächst einmal mit der Technik. Hier gibt Darius Twin eine ordentliche Figur ab. Es erschien im Jahre 1991 und damit noch vor den technischen Schwergewichten auf dem SNES wie Axelay oder R-Type III und erstrahlte bereits im typischen gehobenen 16-Bit-Look. Im Vergleich zum 1990er Gradius III bietet es eine bei weitem detailliertere Grafik mit mehr Farben pro Sprite. Ein paar Momente mit üppigen Parallaxebenen gibt es ebenfalls. Dabei läuft das Spielgeschehen zumeist flüssig ab und Sprites bleiben weitestgehend flackerfrei, obwohl auf dem SNES zu dieser Zeit Actionspiele häufig so ihre Probleme unter anderem mit der Bildrate hatten.
Man muss aber auch sagen, dass für gewöhnlich nicht gerade viel auf dem Bildschirm abgeht. Selten tummeln sich mehr als zwei Feindformationen gleichzeitig vor eurem Buggeschütz. Viele Geschosse gibt es ebenfalls nicht. In dieser Kategorie unterbietet Twin sogar seinen Vorgänger auf dem Mega Drive. Übrigens auch, was den Grafikstil angeht. Trotz der moderneren Optik, sieht das Spiel die meiste Zeit geradezu billig aus. Hintergründe sind oft furchtbar lieblos und trist gestaltet und haben kaum besonderen Wiedererkennungswert. Sie erinnern mitunter an Retortenspiele für den Browser von vor zehn bis fünfzehn Jahren. Außerdem wird für 99% aller Gegner, von denen es häufig eine große und eine per Mode 7 verkleinerte Version gibt, nur ein einziger Explosionseffekt verwendet. Ähnlich sieht es auch beim Gegnerdesign aus. Derweil Standardgegner eine etwas bessere Figur abgeben, als bei Darius II auf dem MD, so sehen bereits die Zwischenbosse (Kapitäne), vor allem aber die Endgegner sehr viel beliebiger aus, als ihre finsteren Kollegen der Vorgänger. Eine gewisse Ausnahme stellen die Bosse der Level eins und drei dar, die der Reihe durchaus Ehre machen. Generell erscheint ansonsten allerdings alles an diesem Spiel in einem wesentlich heitereren oder gar kindlicheren Stil, als von der bis dahin recht düsteren Serie gewohnt. Wahrscheinlich haben Taito bei einer Heimkonsolenentwicklung ein jüngeres und wohl auch unerfahreneres Publikum im Kopf gehabt.
Eine dreiste Frechheit ist der letzte Level. Hier gibt es keinerlei Levelbegrenzungen und es besteht aus immer wieder von neuem angreifenden Zwischenbossen des Spiels. Hier seid ihr mehrfach mit der einzigen großen Herausforderung des Games, den dicken Einsiedlerkrebsen, konfrontiert. Diese greifen nämlich von der Bildmitte aus mit in alle Richtungen fliegenden Geschossen an. Sie sind recht groß und ihre Geschwindigkeit macht es fast unmöglich, auf sie zu reagieren. Sie schnell zu zerstören hilft jedoch wenig, da neue Gegner kommen, wenn einer beseitigt wird. Also besser ab in die untere Ecke und abwarten und ab und zu ausweichen. Kämpfen ist nicht nötig. Ernsthaft... Generell sind jene Level ohne Begrenzungen an Langeweile und Uninspiriertheit kaum zu übertreffen. Und obwohl Darius Twin mit Abstand das leichteste Darius ist, werden ausschließlich die Schwierigkeitsgrade »Leicht« und «Normal« geboten, die sich lediglich durch die Lebenspunkte der Gegner voneinander unterscheiden. Billiger geht es nicht. Als Erweiterung des Schwierigkeitsgrades erhaltet ihr mit den oberen Leveln eine etwas einfachere Route als mit der unteren. Noch etwas kniffliger wird es mit dem mittleren der drei Level auf der fünften Ebene, die Unterwasserwelt Sabia, was am Boss ASP7 Red Mist liegt. Etwas höher ist der Wiederspielwert also auch dieses Mal.
Leider ist die Balance alles andere als optimal. Napalm macht gegen Zwischen- und Endgegner nur wenig Schaden und ist tatsächlich nicht wirklich breit genug aufgefächert, um die Vorteile des kaum schmaleren und objektdurchbohrenden Wellen-Angriffes auszugleichen. Wave nimmt Napalm damit fast jeden Vorteil. Doch allein dass Gegner und auch Levelstrukturen durchbohrt werden können, macht es zur ersten Wahl, wenn gleich sich der Wechsel im dritten Level bis zum nächsten Upgrade im Vierten wie ein kleiner Abstieg anfühlt. Eine Investition mit allerdings überschaubarem Risiko. Ohne den Waffenwechsel hat man es im späteren Spielverlauf definitiv schwerer. Beide Waffensysteme werden übrigens gemeinsam gelevelt und erreichen bei Stufe acht ihr Maximum, was der Serientradition vom hohen Zeitaufwand beim Aufleveln gerecht wird.
Aber auch darüber hinaus ist die Qualität der Endgegnerkämpfe sehr niedrig. Mehrstufige Gefechte sind selten und äußerst simpel. Einen Kampf wie gegen das Schlachtschiff Yamato (Darius II) sucht ihr hier vergeblich. Die ersten beiden stellen praktisch keine Herausforderung dar, während man beim dritten immerhin gezwungen ist, den Safespot am unteren Ende seines Körpers tatsächlich auch mal kurzfristig zu verlassen. Leider sind spätere Bosse wieder simpler. Die Schildkröte MX09 Full-Metalshell und den Krebs OON1 Dual-Shars-SP erledigt ihr ohne jegliche Mühe in einem perfekten Safespot. Unglaublich! Man kann sich kaum vorstellen, dass das Spiel nicht ausschließlich von Taitos Praktikanten in der Zeit zwischen ihrer eigentlichen Aufgabe, dem Teeservieren, entwickelt wurde. Immerhin finden sich mit GG0D Hyper-Greatthing und LC4Q Super-Alloylantern auch zwei riesige Bosse im Spiel, die man über mehrere Bildschirmflächen umfliegen muss. Hier legt Twin tatsächlich den Grundstein für viele spektakuläre Kämpfe gegen die geradezu gigantischen Meerestiere von G.Darius. Zumal mit ihnen zwei klassische Bosse neu aufleben dürfen. Im Falle von Greatthing sogar mit einem tollen Remix des hervorragenden Themas aus Darius I.
Hier spielt der Autor das Spiel durch, ohne abgeschossen zu werden:
Die Stärken der Darius-Reihe lagen bisher beim stimmungsvollen, unverbrauchten Soundtrack, der Atmosphäre und dem Design. In keinem dieser Punkte kann sich Twin auch nur im Mittelmaß dieser Zeit positionieren. War Darius II bereits auf einem guten Weg offensichtliche Schwächen des Erstlings im Bereich des Leveldesigns, des Waffen- und Upgrade-Systems und der Bosskämpfe abzumildern, geht Twin hier sogar wieder ein paar Schritte zurück. Auch der bisher große Umfang wurde deutlich zurückgefahren. Einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Reihe leistet der dritte Ableger nur mit der moderneren Grafik (nicht aber mit dem billigen Grafikstil), den beiden wechselbaren Primärwaffen (die jedoch nicht ausbalanciert sind) und den zwei riesigen Bossen. Die niedrige Einstiegshürde und der erstmals für Konsolen verfügbare Zweispielermodus bei einem Darius können ebenfalls positiv vermerkt werden. Abgesehen von Darius-Historikern ist Twin nur für zwei Freunde interessant, die ein technisch sauberes, entspanntes STG für zwischendurch zocken wollen. Gerade heutzutage lassen sich aber sicher viele bessere Alternativen finden.