Bevor ich die ganzen Nickeligkeiten aufzähle, die mich während des Abenteuers begleiteten, will ich vorab ein dickes Lob an die Entwickler loswerden: Mad Orange ist es nämlich gelungen, eine hervorragende Noir Atmosphäre im 30s Stil zu erzeugen, die absolut glaubhaft auf mich wirkte. Die Trostlosigkeit einer Welt, die vor kurzem noch bessere Tage gesehen hat und in Schockstarre verfallen ist, kommt authentisch rüber.
Ganz dicken Anteil daran hat der klassische Jazz Soundtrack, der extra für das Spiel komponiert wurde, und sogar als Soundtrack CD der Packung beiliegt. Mir hat er so gut gefallen, dass ich ihn direkt in mein iTunes importierte und jetzt auch beim Tippen dieses Reviews reinhöre. Und das zu einem Verkaufspreis von ca. 30 Euro - Daumen hoch!
Apropos Verkauf: Face Noir wird ganz old-style als boxed Version im Handel vertrieben. Es wird auch keine Steam Anbindung (danke danke danke!) benötigt. Die DVD ist zwar kopiergeschützt, wird dafür aber nicht mal zum Spielen im Laufwerk benötigt. Ein dickes Lob von mir an Mad Orange und den deutschen Publisher Daedlic zu dieser kundenfreundlichen Entscheidung.
Derlei Einfallslosigkeit ist stellenweise immer wieder im Adventure zu finden. Selbst das Entgeh-dem-Taschenlampenlicht-Schleichspiel (an Einfallslosigkeit kaum zu überbieten) ist enthalten. Warum steckt man so etwas heute noch in ein Spiel - irgendein Spiel !? Dazu kommen hier und da wenige Pixel große Objekte, die leicht übersehen werden. Bei Mouseover über ein Objekt werden zwar Interaktionsmöglichkeiten angezeigt und über die Taste F1 lässt sich eine Hotspot Hilfe zuschalten, aber nur den Bildschirm abzufahren bzw. die Hilfe einzuschalten ist doch nicht im Sinne des Erfinders?
Achja, wer sich die Face Noir Screenshots näher ansieht und verwundert fragt, warum kein Interface zu sehen ist - es gibt keines! Das Item Menü wird entweder über die Leertaste oder Maustaste 3 aufgerufen. Allerdings benötigen 1930s Privatdetektive immer 1-2 Sekunden dafür, um in einer Animation erst ihre Jackentasche zu öffnen und darin zu kramen. Das nervt. Besonders, wenn man an einer Stelle hängt und mehrere Items kombinieren will. Diese Situationen erlebte ich häufiger, denn nicht immer ist klar, was zu tun ist.
Grafisch liegt Face Noir definitiv ein paar Jahre zurück, das bemerkt man besonders bei den Nahaufnahmen der Charaktere z.B. beim Verhör im Polizeirevier. Wenig Details, verwaschene Texturen. Andererseits läuft Face Noir dafür auf jedem Rechner mit Windows XP / Vista / 7 mit 2 GHz Prozessor, 1 GB RAM und 128 MB Grafikkarte. Systemanforderungen, die selbst jeder mittelalte Bürorechner locker erfüllt.
Einige Bugs wie eine aussetzende Synchro im Verhör oder ein „Script runtime error“ beim Lösen eines Puzzles sind auch enthalten (Spiel läuft aber weiter!) und wird hoffentlich noch mit einem Update adressiert. Ansonsten hätte ich mir eine Quicksave / Quickload Funktion gewünscht.
Face Noir im Test

New York. 1930er Jahre. Düster. Dreckig. Neon-Lichter. Und Verfall auf allen Ebenen. Genau mein Fall dachte ich, als ich das Szenario zur Zeit der Großen Depression zum ersten Mal sah. Verantwortlich ist das italienische Team Mad Orange, dass bisher - äh - noch nichts veröffentlichte. Schließlich ist das Team, dass sich mit Stolz das Etikett „Made in Italy“ anheftet, erst seit 2008 zusammen. Ein schlechtes Omen für das Adventure Erstlingswerk?
Sebastian meint:
Positiv
- Grandiose Atmosphäre
- Jazz Soundtrack (CD liegt bei)
- Niedrige Systemanforderungen
Negativ
- Klischeebehaftete Story
- Einige Rätsel gnadenlos
- Grafisch altbacken
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von Civilisation:
und hier ist nochmal der richtige Link zum Spiel. Face Noir New York. 1930er Jahre. Düster. Dreckig. Neon-Lichter. Und Verfall auf allen Ebenen. Genau mein Fall dachte ich, als ich das Szenario zur Zeit der Großen Depression zum ersten Mal sah. Verantwortlich ist das...
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von BigJim:
Zu Face Noir gibt's u.a. inzwischen auch eine erste Demo. Könnt Ihr hier downloaden: madorange.it/games/face_noir/video.php?v=2&lang=en ...
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von Pandemonium:
Danke für das Review. Ich spiele sehr gerne Adventures, werde das aber wohl eher auslassen ...
Face Noir scheitert an sich selber. Die Atmosphäre ist großartig, Grafik und Sound nicht unschuldig daran. Aber angefangenen von der nervigen Handhabung des Inventars bis hin zu den Rätseln und "Aktioneinlagen" (Schleichen) verliert Face Noir so stark wie die Aktionskurse am 25.10.1929. Wer Spaß mit Face Noir haben könnte, sind fortgeschrittene Adventurefans auf Suche nach einem herausfordernden Abenteuer mit einzigartigem Stil / Szenario. Der Mehrheit der Gamer rate ich ab.