Genau diese Fragen werden rückblickend beantwortet. Nach einer durchzechten Nacht wacht unser Antiheld unter freiem Himmel auf und hat nur ein Ziel: sofort nach Hause und weiterschlafen! An dieser Stelle übernimmt der Spieler die Kontrolle und natürlich folgt statt einem kleinen Fußmarsch Richtung Bett ein episches Abenteuer voller unerwarteter Wendungen und extremer Situationen. Der Pantherkönig, der dringend ein Eichhörnchen als Tischbeinersatz braucht (hört sich seltsam an, ist aber so) und die Entführung seiner Freundin Berri sind nur zwei der vielen Ärgernisse, mit denen sich Conker auseinandersetzen muss.
Conker – Live & Reloaded ist in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnliches Spiel. Neben der völlig abgedrehten Story ist es vor allem der besondere Humor, der das Game zu einem echten Erlebnis macht. Feinfühlige Zocker sollten sich die Anschaffung eventuell etwas länger überlegen, da Rare ein absolut rücksichtsloses Gagfeuerwerk abbrennt. Sexuelle Anspielungen, übertrieben blutige Gewalttaten und ekelhafte Szenen gehören in der grellbunten Conker-Welt zum Alltag. Wir wollen nicht zu viel verraten, aber man sollte unter anderem darauf vorbereitet sein, dass diverse Levels größtenteils aus virtuellen Fäkalien bestehen und Roboter durch gezielte Schläge auf ihre Messing-Testikel unschädlich gemacht werden können. Besonders witzig wird das Game immer dann, wenn es verschiedene Hollywood-Filme auf die Schippe nimmt. “Der Soldat James Ryan“, “Terminator“ und “Matrix“ gehören unter anderem zu den Vorlagen, bei denen sich Rare freizügig bediente.
So wanderten Elemente aus Jump´N´Runs, Shootern, Action-Adventures und selbst Racern in die appetitliche Mischung, die Rare für uns zusammenbraute. Laufen, Springen und Klettern sind zwar die Fähigkeiten, die Conker wiederholt unter Beweis stellen muss, um sich durch die bunten Welten zu bewegen. Aber auch nach vielen Stunden vor der Xbox wird man immer wieder mit völlig neuen Gameplay-Elementen überrascht. Vor allem die Bosskämpfe wissen zu gefallen. Hier muss oft ein wenig gesucht und getestet werden, bevor man den wunden Punkt eines Bösewichts findet.
Während das Leveldesign mehr als gelungen ist, gibt es aber auch ein paar Kleinigkeiten, über die man meckern kann, was wir als kritisches Online-Magazin natürlich direkt machen. Vor allem zu Beginn kann Conker etwas frustrierend und langweilig sein. Lässt man das Tutorial hinter sich, findet man sich in einer großen Welt wieder. Diese liefert nur wenig Hinweise und verdammt glücklose Spieler dazu, lange umherzuirren, bevor der Startpunkt für eine der vielen Missionen gefunden wurde. Ist die Suche aber erst einmal beendet, darf man sich immer über eine lange Reihe kleiner und großer Herausforderungen freuen, die logisch aufeinander folgen.
Besonders kritische Videospiel-Konsumenten mögen bemängeln, dass es in manchen Levels erstaunlich wenig zu tun gibt. Häufig müssen nur ein paar simple Hüpfaufgaben erledigt werden, bevor man einen versteckten Schalter betätigt, der eine neue Zwischensequenz in Gang setzt. All das wirkt verschwenderisch. Da wurden riesige und wunderschöne Landschaften programmiert, in denen es aber kaum etwas zu tun gibt. Zeitweise hat man also eher das Gefühl, einen Film zu sehen als ein Spiel zu zocken. Da es sich jedoch um einen genial lustigen Streifen handelt und die nächste echte Herausforderung in der Regel nicht sonderlich lange auf sich warten lässt, ist das halb so schlimm.
Bedauerlich ist, dass der Einzelspieler-Modus nichts Neues für Fans des Originals bietet. Die Unterschiede sind minimal und beschränken sich auf kleine Entschärfungen in besonders kniffligen Spielabschnitten. Ein komplett neues Game hat niemand gefordert, aber eine Handvoll Bonus-Missionen mit Anspielungen auf neuere Filme hätte bestimmt nicht geschadet. Und es hätte Conker-Veteranen neben den technischen Verbesserungen und einem kleinen Extra namens Chapter X einen weiteren Grund gegeben, um das Spiel noch einmal in Angriff zu nehmen.
Der sehnlich erwartete Multiplayer-Modus, der sowohl über Xbox Live als auch über System Link mit bis zu 16 Zockern gespielt werden darf, ist leider die größte Schwäche der Conker-Neuauflage. Es scheint fast so, als hätte man im Hause Rare monatelang Ideen gesammelt und sich am Ende dafür entschieden alle umzusetzen. Während ein paar Innovationen einem Third-Person-Shooter sicherlich nie schaden, kann der Spaß schnell in Frust umschlagen, wenn man den Spieler mit zu vielen Möglichkeiten bombardiert. Rare pokerte besonders hoch und schoss dabei über das Ziel hinaus. Der Online-Modus ist nichts für Leute, die kurzweilige Schlachten lieben und eventuell die gute alte Zeit wieder aufleben lassen wollen, in der sie sich mit drei Freunden nächtelange Splitscreen-Duelle auf dem N64 lieferten.
Hört sich verwirrend an? Ist es auch! Conker ist auf der Xbox einfach nicht die Sorte Spiel, die man ins Laufwerk packt, wenn man schnell Spaß mit ein paar menschlichen Gegnern haben möchte. Zu Beginn ist man aufgrund der vielen Möglichkeiten hoffnungslos überfordert und sieht die eigene Spielfigur fast im Sekundentakt niedergemetzelt zu Boden sinken.
Die Einarbeitungsphase geriet lang und mühselig. Selbst wenn man es endlich schaffte, alle Geheimnisse einer Kampfklasse zu entschlüsseln und erste Erfolge auf dem Schlachtfeld feiert, bleiben diverse Kritikpunkte. Die Balance zwischen den einzelnen wählbaren Kriegern scheint nicht zu stimmen. Die so genannten Pelzjäger, die in vergleichbaren Spielen meistens als Scharfschützen bekannt sind, schicken ihre Opfer beispielsweise nur selten mit einem Schuss in die ewigen Jagdgründe, wenn nicht schon ein paar Waffenupgrades eingesammelt wurden. Das ist mehr als frustrierend, denn das Zielen ist eine hohe Kunst, und falls ein gut platzierter Treffer nicht die entsprechende Wirkung zeigt, fühlt man sich betrogen. In der frühen Experimentierphase, in der sich ein Großteil der Online-Zocker zurzeit befindet, scheint es eindeutig so, als wären die schwertschwingenden Schleicher und die Demolierer mit ihren Explosionsgeschossen allen anderen Schlachtteilnehmern überlegen.
Das bedeutet selbstverständlich, dass die Hälfte der teilnehmenden Zocker Verbündete sind, egal, unter welchen Regeln das jeweilige Game stattfindet. Schon ein seltsames Gefühl für kampferprobte Shooterfans, die sich über Jahre antrainierten, im Zweifelsfall auf alles zu ballern, was sich bewegt. Etwas enttäuschend ist die Tatsache, dass man auf einer Konsole höchstens zu zweit gegen- und miteinander spielen darf. Dank Bots ist natürlich trotzdem jede Menge auf dem Bildschirm los. Aber nicht selten wird man sich die Tage zurückwünschen, wo man zu viert vor dem N64 saß und auch ohne Online-Duelle viel Spaß hatte.
Trotz all den genannten Mankos wäre es unpassend, die Multiplayer-Modi pauschal als schlecht zu bezeichnen. Sie gehen einfach extrem an dem vorbei, was sich viele Fans wünschten und erhofften. Wer wirklich Zeit investiert, wird die Spieltiefe und die originellen Ideen eventuell zu schätzen wissen. Nur dummerweise grenzt das, was man tun muss, um dieses Ziel zu erreichen, schon an Arbeit. Und wenn wir unsere Freizeit mit so etwas Schrecklichem wie »Arbeit« füllen wollten, hätten wir uns keine Spielsysteme gekauft.
Ein nettes Beispiel für den Aufwand, der betrieben wurde, um den Zocker bei Laune zu halten, sind die Pausenanimationen. Wenn man eine Weile nichts tut, weiß Conker, wie sich die Zeit überbrücken lässt. Jonglierbälle, verschiedene Getränke und eine tragbare Konsole sind nur einige der Gegenstände, die er aus seinen tiefen Taschen kramt, während er wartet. Auch Conkers Gesicht zeigt jederzeit die richtigen Reaktionen. Lippensynchron werden die Dialoge mitgesprochen, und falls eine große Leistung mit ein wenig Bargeld belohnt wird, sieht man dem kleinen Nager die Freude deutlich an. Während man sich im Einzelspieler-Abenteuer etwas zurückgehalten hat, was Explosionseffekte und ähnliche Spielereien angeht, gibt es davon umso mehr zu sehen, sobald man sich im Multiplayer-Modus vergnügt.
Leider gibt es ebenfalls ein paar grafische Mankos. Gelegentlich hat man das Gefühl, dass einzelne Szenen nicht ausreichend überarbeitet wurden. So kommt es beispielsweise recht früh im Spiel zu einem Kameraschwenk, der extrem ruckelig abläuft, und einige der kleineren Gegner lassen in ihrer Bewegungsvielfalt zu wünschen übrig. Auch die Kamera, die gegenüber dem N64-Original offensichtlich verbessert wurde, hat immer noch Probleme, das Geschehen einzufangen. Wenn man aber die wunderschönen Texturen, die nahezu konstante Framerate und die Detailverliebtheit des Games bedenkt, schämt man sich fast, überhaupt über die genannten Kleinigkeiten zu meckern. Auf dem N64 war Conker mit einigem Abstand die Grafik-Referenz. Auf der Xbox kann es sich zwar nicht so deutlich von den anderen Highlights absetzen, gehört allerdings dennoch zum auserlesenen Kreis der schönsten Titel.
Noch besser sind allerdings die Sprecher, die auch schon in der N64-Fassung für die richtige Atmosphäre verantwortlich waren. Ein kleines Team war für die Stimmen zuständig, aber davon merkt man überhaupt nichts. Jede Figur klingt anders und teilweise sorgen äußerst lustige Dialekte für noch mehr Abwechslung. Spätestens wenn ein Obergegner mit dem schillernden Namen “The Great Mighty Poo“ seine Arie singt, fragt man sich, warum man von den Sprechern noch nicht viel mehr hörte. Gute Englischkenntnisse sind übrigens Pflicht, um Conker genießen zu können. Deutsche Untertitel werden zwar ständig eingeblendet, können den Humor allerdings nicht annährend so gut vermitteln wie das gesprochene Wort.
Conker - Live & Reloaded im Test

Vor etwas mehr als vier Jahren erschien mit Conker´s Bad Fur Day eines der letzten Module für den N64. Damals verabschiedete sich Nintendos ehemaliger Exklusiventwickler Rare mit diesem Top-Hit von der oft als Nebelmaschine verunglimpften Hardware. Die 3D-Abenteuer des niedlichen Titelhelden gehören für viele Zocker zum Besten, was jemals über den Bildschirm flimmerte. Inzwischen passierte einiges. Microsoft schlug zu und verleibte sich mit Rare die vermutlich innovativste Softwareschmiede Europas ein. Deswegen dürfen sich jetzt auch Xbox-Besitzer über eine exklusive und völlig überarbeitete Neuauflage des letzten Conker-Games freuen.
Tim meint:
Positiv
- Derber Humor!
- Superbe Grafik
- Sprachausgabe
Negativ
- Überambitionierter Multiplayer
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von Flat Eric:
Dank gemoddeder XBOX läuft es in 480p. Das ist schon sehr fein. Kommt auf dem Beamer klasse und toll sind natürlich auch so Spiele wie Soul Calibur II, Marvel Ultimate Alliance, Total Overdose oder Amped 2 in 720p. Weitere Spiele gibt es hier. Aber ja, Conker sieht echt einmalig aus. Dieser...
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von Badhero:
Dito, hab nun endlich einen Full HD TV (hatte vorher nur einen schäbigen Rückpro TV ohne HD) und direkt mein Component Cable für die Xbox Classic ausgegraben um meinen Kumpels das Spiel zu zeigen. Obwohl es auch dank Mods nur in 480i läuft, haben die HD Verwöhnten echt die tolle Grafik gelobt,...
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von Shinobi MG:
Hab meine XBOX heute mal wieder für ein paar Spiele angeworfen wie Outrun 2, Fable und auch Conker. Ich muss sagen von der Grafik bin ich auch heute noch sehr begeistert und ich habe mir fest vorgenommen das Spiel auch zu beenden....
Wie man Conker letztendlich bewertet, hängt davon ab, ob man die Multiplayer-Modi als netten Bonus sieht oder als wichtigen Bestandteil des Games. Das soll heißen: Wer nie einen N64 besaß und das Einzelspieler-Abenteuer nicht kennt, darf bedenkenlos zuschlagen. Kleinere Schwächen im Gameplay fallen aufgrund der unvergleichlichen Komik und der imposanten Technik kaum ins Gewicht. Für Kenner des Originals gibt es allerdings nichts Neues zu entdecken, wenn sie das Abenteuer zum wiederholten Mal durchspielen. Die Multiplayer-Modi wirken überambitioniert. Und man sollte sich darüber im Klaren sein, dass man lange nach dem Spielspaß suchen muss und nur verbissene Zocker die vielen Feinheiten des Gameplays eines fernen Tages zu schätzen lernen werden. Insgesamt ist Conker aber ein Game, das ein einzigartiges Erlebnis bietet, falls man sich mit Rares kompromisslosem Humor anfreunden kann.