Def Jam Rapstar im Test

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Hip Hop hat sich innerhalb relativ kurzer Zeit aus der Untergrundkultur erhoben und zu einer salonfähigen Musikrichtung entwickelt. In der ersten Hälfte der 90er-Jahre gab es kaum eine bessere Methode die Eltern zu schocken, als CDs von superbösen Ghettotypen zu hören. Heute dreht Ice Cube Familienkomödien statt über Bitches, Drogen und schlimmen Gangsterkram zu berichten. Auch der ursprünglich als Abschreckung gedachte “Parental Advisory“-Aufkleber gilt schon längst nicht mehr als cool. Wie kommt es also, dass Sprechgesang im Gegensatz zu anderen Begleiterscheinungen jugendlicher Rebellion nicht wieder in der Versenkung verschwunden ist? Wahrscheinlich liegt es daran, dass die Musik doch mehr zu bieten hat, als zunächst gedacht. Viele Künstler haben im Laufe der Jahre ihren eigenen Stil entwickelt und durch neue Ideen verhindert, dass Hip Hop aus den Charts verschwindet. Es ist schon merkwürdig, dass ausgerechnet dieses populäre Genre während der langsam wieder abflachenden Musikspielwelle, so stiefmütterlich behandelt wurde. Frei nach dem Motto “Besser spät, als gar nicht!“ schafft Konami nun Abhilfe und bringt Def Jam Rapstar auf den Markt.

Natürlich ist es nicht zum ersten Mal möglich, vor der heimischen Konsole zu rappen. Unzählige Hip Hop-Downloads für Spiele wie Singstar oder Rock Band stehen bereits zur Verfügung. Allerdings waren Fans der Musikrichtung immer wieder enttäuscht, denn Sprechgesang ist nun mal etwas völlig anderes als regulärer Gesang. Bisher war kein Game dazu in der Lage, die Feinheiten in schnell und rhythmisch vorgetragenen Texten gut zu erkennen und fair zu bewerten. Genau diese Lücke will Def Jam Rapstar schließen. Zwar schafft es auch die neue Karaoke-Software noch nicht, jedes Wort auf die virtuelle Goldwaage zu legen, aber sie erkennt deutlich mehr, als die Produkte der Konkurrenz. Textsicherheit, Rhythmus und Tonhöhe werden bei jedem Vortrag kritisch analysiert. Besonders auf dem höchsten der drei Schwierigkeitsgrade wird unverständliches Mikrofon-Gemurmel schnell entlarvt. Die Anzeigen auf dem Bildschirm entpuppen sich als gute und leicht verständliche Hilfestellung. Sehr gelungen ist, dass die Rap- und Gesangspassagen unterschiedlich dargestellt werden.

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Mit 45 Songs bietet Def Jam Rapstar weder mehr noch weniger als für ein modernes Musikspiel üblich. Die Auswahl der Stücke ist allerdings sehr gut durchdacht. Es ist löblich, dass hier nicht nur aktuelle Chartbesetzer vertreten sind, sondern nahezu der gesamte Verlauf der Hip Hop-Geschichte anhand von Meilensteinen nachvollzogen werden kann. Kanye West, Outkast und Lil´ Wayne sind ebenso vertreten wie die Beastie Boys, LL Cool J und Public Enemy. Unserem Testbericht liegt die internationale Fassung des Spiels zugrunde. Eine kurze Internetrecherche enthüllt allerdings, dass in der deutschen Version einige Songs ersetzt wurden. Deichkind, Curse, Kool Savas und andere Muttersprachler sind mit bekannten Werken dabei. Natürlich wurde auch ein Download-Service eingerichtet. Für 160 MS Punkte bzw. 1,49 Euro (PS3) pro Lied, lässt sich das Repertoire problemlos erweitern.

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Was die Spielvarianten angeht, gibt es keine großen Überraschungen. Eine etwas lieblos präsentierter Karriere-Modus, bei dem vorgegebene Ziele erreicht werden müssen, um die nächste Stufe auf dem Weg zum Rap-Olymp zu erreichen, ist natürlich mit von der Partie. Das Absolvieren einzelner Songs oder selbst kreierter Playlists dürfte allerdings häufiger genutzt werden. Wer die Musik richtig ernst nimmt und eventuell sogar professionelle Ambitionen hat, sollte dem Freestyle-Modus einen Besuch abstatten. Hier warten 15 Tracks von namhaften Produzenten darauf, mit selbst erdachter Wortakrobatik zum Leben erweckt zu werden. Auch diese Sammlung kann mit Hilfe von kostenpflichtigen Downloads vergrößert werden.

Vor dem Kauf sollte klar sein, dass hier keine leichte Party-Kost der Marke Singstar geboten wird. Es reicht nicht aus, ein paar angeheiterte Menschen ins Wohnzimmer zu locken, um mit Def Jam Rapstar Spaß zu haben. Es sollte sich um Kenner der Materie handeln, denn im Gegensatz zu schlechtem Gesang ist schlechter Rap nicht lustig, sondern einfach nur monotones und langweiliges Gestotter. Außerdem ist im Gegensatz zu Singstar kein durchdachter Multiplayer-Modus vorhanden, der mit intelligent geplanten Herausforderungen mehr als zwei Leute unterhalten kann. Es gibt lediglich die Möglichkeit Duelle auszutragen oder als Team zum Duett anzutreten.

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Diverse Onlinefunktionen sorgen für den Community-Mehrwert, der in modernen Games zunehmend zur Pflicht wird. Wer seine Künste gern von der Internetgemeinde bewerten lassen möchte, darf beispielsweise Videos hochladen. Dafür sind lediglich eine schnelle Registrierung und eine Xbox Live Vision bzw. das Playstation Eye nötig. Angeblich existiert auch ein Patch, der die Nutzung von Kinect als Alternative erlaubt. Während unserer Testphase war jedoch kein entsprechendes Update auffindbar. Mit einem kleinen aber feinen Editor lassen sich die eigenen Clips mit ein paar schicken Effekten verschönern, bevor sie ihren Weg in die Online-Welt antreten.

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Bitch! Fuck! Shit! Diese und viele weitere “schlimme“ Worte gibt es in Def Jam Rapstar weder zu hören noch zu lesen. Alle Songs, inklusive der optionalen Downloads, sind sauber durchzensiert worden. Das dürfte zwar niemanden davon abhalten, die ohnehin bekannten Lyrics ins Mikro zu brüllen, aber es versaut teilweise die Stimmung. Ordinäres Fluchen gehört ebenso zur Kultur dieser Musik, wie Sneaker, Baseballkappen und überdimensionaler Goldschmuck. Bei besonders wortgewalttätigen Künstlern fehlen oft mehrere Sekunden am Stück, was einen Nachwuchsrapper schnell aus dem Rhythmus bringen kann. Eine weitere Spaßbremse ist die Tatsache, dass die Videoclips nie im Vollbildmodus zu sehen sind. Zwar stimmt die Qualität, aber wenn sich schon eine ganze Generation von Technikverrückten erst kürzlich neue Monster-Flachbildschirme zugelegt hat, sollen die Dinger gefälligst bis zum letzten Millimeter gefüllt sein!

Götz meint:

Götz

Ein Karaoke-Game zum Thema Hip Hop zu erschaffen, ist sicherlich keine leichte Aufgabe. Es kommt durchaus vor, dass Menschen, die Singstar- oder Rock Band-Songs mit engelsgleichen Stimmen zum Besten geben, bei Def Jam Rapstar verwirrt auf die vorbei rasenden Wörter starren und keinen Ton herausbringen. Die Musikrichtung ist nun mal recht einsteigerunfreundlich. Die Softwareschmiede Terminal Reality hat gemeinsam mit Publisher Konami ein Spiel für echte Fans der Materie geschaffen. Wer Rap ernst nimmt, die Größen der Szene verehrt und auch selbst gern an den eigenen Skillz (Ich hoffe, das “z“ macht das Wort irgendwie cool und ich oute mich nicht endgültig als alternder Classic Rock Fan, der nur wenig Ahnung von Hip Hop hat.) feilt, wird hier sehr gut bedient. Sehr schade ist, dass sich die Macher den Zwängen unserer Medienlandschaft untergeordnet und diverse Song-Passagen zensiert haben. Eine höhere Altersfreigabe hätte zugunsten der Kompromisslosigkeit in Kauf genommen werden müssen!

Positiv

  • Abwechslungsreiche Songauswahl
  • Gelungenes Bewertungssystem
  • Freestyle-Modul und Online-Features

Negativ

  • Zensierte Lyrics!
  • Keine Vollbildclips
  • Keine Partyspaßgarantie
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Def Jam Rapstar Daten
Genre Musikspiel
Spieleranzahl 1-2
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 25.11.2010
Vermarkter Konami
Wertung 7.6
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neXGam YouTube Channel
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