Anno 2070 im Test

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Der neueste Teil der Anno-Reihe spielt erstmals nicht in der Vergangenheit, sondern lässt uns einige Dekaden in die Zukunft blicken. Diese Änderung sorgte bei ihrer Ankündigung für Furore. Anno ohne Mittelalterflair? Macht das Spiel auch noch ohne diese elementare Komponente Sinn? Immerhin handelt es sich bei Anno nicht nur um eine komplexe Warenkreislaufsimulation, sondern auch die sogenannten „Schönbauer“ wollen bedient werden, die sich nach der Optimierung ihrer Produktionsketten zurücklehnen und ihr beschauliches Städtchen genießen möchten.

Willkommen in der Zukunft!
 

E.V.E.Trotz des geänderten Settings bleibt bei Anno 2070 das Spielprinzip beim Alten: In einer Inselwelt errichten wir zunächst ein Kontor und bauen dann nach und nach eine immer größere Siedlung auf, die sich schlussendlich in eine prächtige Stadt entwickeln soll. Schlüssel dazu sind natürlich die Einwohner, die sich zunächst mit wenigen elementaren Gütern zufriedengeben, bald aber immer mehr Bedürfnisse entwickeln, je höher sie in der Bevölkerungsstufe aufsteigen. Und so müssen wir immer umfangreichere Produktionsketten aufbauen und weitere Inseln besiedeln, um unsere Bürger mit Biodrinks, 3D-Beamern oder Pastagerichten zu versorgen. Als Lohn dafür gibt es glücklich strahlende Bewohner, die uns freudig ihre hart verdienten Credits als Steuern abdrücken.

Hippie, Ausbeuter oder verrückter Professor?
 

Eure Stadt wächst und gedeihtZwei großartige Neuerungen gehen mit dem geänderten Setting einher. Im Jahre 2070 ist der Meeresspiegel gestiegen und das Gesicht der Welt hat sich verändert. Auf dieser gebeutelten Erde gibt es nicht nur eine Fraktion wie in älteren Anno-Teilen, sondern drei unterschiedliche Bevölkerungsgruppen: Die umweltbewussten Ecos, die kapitalistischen Tycoons und die forschungsbegeisterten Techs. Jede Fraktion hat andere Bedürfnisse und stellt andere Gebäudetypen zur Verfügung, die besonders in späteren Phasen des Spiels auch kombiniert werden müssen, um die ultimativen Luxusgüter herstellen zu können. Auch in der Spielweise unterscheiden sich die Fraktionen: Während Eco-Gebäude die inselinterne Ökobilanz deutlich weniger belasten als die Tycoon-Produktionsstätten, sind sie im Gegenzug auch weniger effektiv. Techs hingegen bieten im Verlauf des Spiels die Möglichkeit, weitere Technologien zu erforschen, die in verschiedensten Belangen hilfreich sein können.
 

Der Clou bei den Fraktionen ist, dass sie sich alle gleichzeitig spielen lassen und sinnvoll kombiniert werden können. Zu Beginn des Spiels kann man zwischen Ecos und Tycoons als Startfraktion wählen, doch bei Erreichen der dritten bzw. fünften Bevölkerungsstufe werden Techs und die noch fehlende Fraktion freigeschaltet. So kann man die Nachteile einer Gruppe mit den Vorteilen einer anderen ausgleichen.
 

Unter dem MeerDie zweite große Änderung im Vergleich zu den Vorgängern ist, dass man bei Anno 2070 nicht nur über Wasser siedeln kann. Die Techs bieten die Möglichkeit, auch den Meeresboden zu nutzen, dort Rohstoffe zu produzieren und Bodenschätze abzubauen. Hier bauen wir Algenfarmen, fördern Diamanten und bohren nach Öl. Vielleicht findet sich auch die ein oder andere versunkene Stätte, in der wir nach Überresten der alten Zivilisation suchen können... Umgeben von Mantarochen und Fischschwärmen sehen unsere Unterwassersiedlungen fantastisch aus und kommen dem futuristischen Flair sehr zugute.


 

Wie hältst du’s mit der Umwelt?
 

Alles BioApropos Flair: Die Welt von Anno 2070 sieht, wie auch bei den Vorgängern, wieder einmal wunderhübsch aus. Jede der drei Fraktionen hat ihren eigenen Look, und auch die allgegenwärtige Ökobilanz spiegelt sich im Aussehen unserer Insel wieder. Ein Blick auf die Flüsse und Seen verrät uns, ob dort klares Quellwasser sprudelt oder ob die Industrie dort ihre Abwässer verklappt. Auch wenn die Tycoons es sicher nicht gern hören: Eine positive Ökobilanz lohnt sich nicht nur aus einem ethischen Standpunkt, sondern erhöht  auch die Produktivität von landwirtschaftlich produzierenden Betrieben, wohingegen ein negativer Wert die Ertragsrate herunterschraubt.
 

Ein Manko, das althergebrachte Anno-Spieler sicherlich vermissen werden ist, dass es kaum Ziergebäude gibt: Bei den Vorgängern spielte mit dem Erreichen neuer Bevölkerungsstufen nicht nur notwendige Produktions- und Verwaltungsgebäude, sondern vor allem auch Zierelemente frei. Bäumchen, Plätze und Statuen ließen den geneigten Städtebauer die eigene Insel nach Gutdünken verzieren. Bei Anno 2070 fehlen diese rein optischen Schmankerl völlig. Manch ein Tycoon mag das nur für überflüssigen Schnickschnack halten, doch mein Eco-Herz wünscht sich doch die Möglichkeit, meinen Städten einen persönlichen Stempel abseits von benötigten Gebäuden aufzudrücken. Parks für Ecos, Werbetafeln für Tycoons, abstrakte Kunst für Techs; all das würde ich gerne auf meiner Insel platzieren können. Aber vielleicht wird es ja nachgepatcht…
 

Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt…
 

Wie heutzutage üblich, nutzt auch Anno 2070 die Möglichkeiten des Internets, um seine Nutzer zu animieren, mit eingeloggtem Uplay-Account zu spielen und dabei Daten an Ubisoft zu senden. Da User dies nicht unbedingt gerne tun, schafft das Spiel Anreize, online zu zocken. Zu diesen Features zählen beispielsweis die Senats- und Präsidentschaftswahlen in der Welt von 2070. In regelmäßigen Abständen stehen drei Kandidaten der verschiedenen Fraktionen  zur Wahl, die von der gesamten Spielerschaft online wählbar sind. Diese versprechen bestimmte Boni, die für die gesamte Amtszeit gelten und den Usern zugutekommen, beispielsweise eine Steigerung der Produktivität der Betriebe im Spiel. Das animiert zur Interaktion und gibt das Gefühl, einer globalen Community anzugehören und in der Welt wirklich einen kleinen Beitrag mit seiner Stimme leisten zu können.
 

In der Online-Welt gibt es auch einen Multiplayer-Modus, in dem es möglich ist, nicht nur allein gegen sie KI zu siedeln, sondern sich auch mit menschlichen Gegnern zu messen. Das dürfte dem ein oder anderen friedlich bauenden Annoholic sicherlich die Schweißperlen auf die Stirn treiben, sind die Computergegner doch für gewöhnlich nur so aggressiv wie der Spieler selbst und lassen gemütliche Zocker weitgehend in Frieden bauen. Menschliche Gegner hingegen sind unberechenbarer und können mit Schiffen, U-Botten oder sogar Flugzeugen die eigenen Siedlungen arg in Bedrängnis bringen.
 

Jede Menge ZahlenNeben dem Multiplayer gibt es unter den online-Features haufenweise Statistiken über das Weltgeschehen: Welche Fraktionen werden gespielt, wie viele Rohstoffe welchen Typs wurden bisher weltweit produziert, usw. Für Fans von Zahlen und Listen sehr informativ!
 

Da Anno ein Spiel ist, in dem man bei der Besiedelung jeder Inselwelt quasi bei Null beginnt, gibt es als partieübergreifendes Feature die Neuerung der sogenannten Arche: Dieses Mutterschiff begleitet den Spieler über seine Anno-Karriere hinweg und kann mit Technologien ausgestattet werden, die den Spielfluss erleichtern. So kann man Items aus vergangenen Sessions mit in spätere Spielrunden nehmen und sich so kontinuierlich verbessern. Sehr schön!
 

Last but not least gibt es, wie in beinahe jedem aktuellen Titel, natürlich auch bei Anno 2070 eine ganze Palette an Achievements und zu entdeckenden Geheimnissen, die teilweise mit Belohnungen wie Titeln oder Verbesserungen für die Arche aufwarten. Ob man das nun eher motivierend oder nervig findet ist schlussendlich einfach Geschmackssache. Ubisoft wird mit diesen Online-Features jedenfalls über den Fortschritt und das Verhalten seiner Spieler auf dem Laufenden gehalten.
 

Auto-Updater, Uplay und das Kreuz mit der Onlinepflicht
 

KontorWomit wir bei einem herben Kritikpunkt von Anno 2070 wären, der zu zahlreichen negativen Bewertungen beispielsweise bei Amazon führte: Ubisofts Umgang mit den Möglichkeiten des Internets schießt mittlerweile immer weiter über das Ziel hinaus. Auch wenn es löblich ist, dass schnell gepatcht wird ist es beispielsweise kurios, dass bereits am Releasetag direkt nach der Erstinstallation ein 500MB großer Patch automatisch heruntergeladen wird. Da ist man wohl nicht rechtzeitig mit dem Spiel fertiggeworden und liefert Last Minute noch einen riesigen Batzen an Bugfixes.
 

Damit nicht genug: In den folgenden zwei Wochen wurde bei jedem Start des Spiels erneut gepatcht. Man fragt sich schon, wie schlampig bei Ubisoft gearbeitet wurde, dass so viel Verbesserungsbedarf besteht. Auch ärgerlich ist, dass man oft nicht einmal darüber informiert wird, was genau im Hintergrund heruntergeladen und verbessert wurde. Patchnotes scheint es nur bei großen Fixes zu geben.
 

In einem Atemzug damit ist der Onlinezwang zu nennen. Auch wenn man offiziell nur einmal bei der Erstinstallation zur Registierung online sein muss: Bei jedem Start verbindet Anno 2070 sich mittels Uplay-Account automatisch mit Ubisoft und sendet nach dem Spielen auch einen „Spielbericht“. Um offline spielen zu können, muss das Internet zunächst ausgeschaltet werden, damit ein offline-Modus verfügbar ist. In diesem fallen allerdings viele Elemente im Interface weg: So steht die Arche nicht mehr zur Verfügung und die Boni aus Senats- und Präsidentschaftswahlen wirken sich ebenfalls nicht aus.
 

Läuft’s?
 

Anno 2070 läuft auf Windows-Rechnern und verlangt mindestens XP sowie eine CPU mit mindestens 2 GHz und DualCore Technologie. Eine Grafikkarte mit 512 MB ist notwendig, ebenso wie mindestens 2 GB Arbeitsspeicher. Für die Erstinstallation ist darüber hinaus ein Uplay-Konto (kostenlos bei Ubisoft einzurichten) sowie eine Internetverbindung nötig.




Nina meint:

Nina

Trotz der Verlegung des Settings ins Jahre 2070 bleibt das Anno-Feeling erhalten: Da wird gewuselt, gebaut und optimiert, und die Städte laden zum anschauen und abtauchen ein. Besonders die Postkarten-Ansicht bietet einen tollen Blick auf die eigenen Inseln. Die Produktionsketten sind komplexer den je, aber durch die strukturierte Menüführung dennoch komfortabel aufzubauen. Drei Fraktionen mit eigenen Bedürfnissen bieten weitere Spieltiefe und sorgen dafür, dass selbst in einer perfekt funktionierenden Siedlung immer noch hier oder dort ein bisscher optimiert werden kann.

Die Negativpunkte sollte man dennoch nicht verschweigen und sind besonders ärgerlich, weil sie eigentlich komplett unnötig sind. Warum gibt es beispielsweise keine Zierelemente? Das ist wenig programmiertechnischer Aufwand, war bisher in allen Anno-Teilen Standard und wird von der Communty gewünscht. Hoffentlich hört Ubisoft auf die Fans und liefert in einem Patch Möglichkeiten zur Verschönerung nach. Über den Onlinezwang wundert man sich in Zeiten von allgegenwärtigen Datenkranken nicht mehr, aber störend ist es dennoch. Ich möchte nicht förmlich dazu genötigt werden, online zu spielen, da ansonsten viele Features einfach wegfallen. Das ist einfach nur ärgerlich und vermiest mir das ansonsten tolle Spielerlebnis. Der Umzug in die Zukunft ist mit Anno 2070 nämlich insgesamt wirklich gut gelungen und bringt frischen Wind in die Reihe. Und trotzdem: Wenn ich ehrlich bin, vermisse ich persönlich die hutzeligen Fachwerkhäuser...

Positiv

  • Gelungener Settingswechsel sorgt für Abwechslung
  • Drei simultan spielbare Fraktionen
  • Fantastisch komplex

Negativ

  • Offline nur abgespeckt spielbar
  • Keine Zierelemente
Userwertung
8.81429 7 Stimmen
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Forum
  • von bluntman3000:

    Das Spiel liegt als Uplay-Key der aktuellen GameStar (12/2019) bei.

  • von Civilisation:

    Und hier ist nochmal Ninas Test zum Spiel. Anno 2070 Der neueste Teil der Anno-Reihe spielt erstmals nicht in der Vergangenheit, sondern lässt uns einige Dekaden in die Zukunft blicken. Diese Änderung sorgte bei ihrer Ankündigung für Furore. Anno ohne Mittelalterflair? Macht...

  • von bluntman3000:

    Habe die Kampagne vor ca. 60 Minuten begonnen und weiß ebenfalls noch nicht, wie gut mir das Zukunftsszenario auf lange Sicht gefällt. Mal sehen. Grafisch ist es natürlich über alle Zweifel erhaben und damit es mal gesagt wird: Die Sprecher sind okay, aber der Soundtrack ist großartig!...

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Anno 2070 Daten
Genre Strategie
Spieleranzahl 1
Regionalcode regionfree
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 2011-11-17
Vermarkter Ubisoft
Wertung 7.9
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neXGam YouTube Channel
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