Lagebesprechung und Brainstorming im Hause Holmes.
Der Spieler wird ohne große Umwege direkt ins Geschehen hineingezogen. Sir Melvyn Bromsby, ein Londoner Großindustrieller veranstaltet einen festlichen Empfang zu dem ihr eingeladen seid. Grund für die Feier ist u.a., dass seine geliebte Tochter von einem Auslandsaufenthalt in heimische Gefilde zurückkehrt. Hinter vorgehaltener Hand munkelt die Londoner Szene allerdings, dass Sir Bromsby an jenem Abend eine Ankündigung bezüglich der geschäftlichen Zukunft seiner Firmen machen will. Doch noch bevor er seine Gäste alle begrüßt hat hallt ein Schuss durch das Anwesen und Sir Bromsby fällt leblos zu Boden...
Direkt nachdem euch die Ausgangsposition vermittelt wurde übernehmt ihr die Kontrolle von Sherlock Holmes und beginnt natürlich unverzüglich mit der Spurensuche am Tatort. Insgesamt bringt euch das klassisch gehaltene Point'n Click-Adventure (nur) an sechs Hauptlocations und ist in fünf Kapitel, die als verschiedene Tage dargestellt werden, aufgeteilt. Während man nach recht kurzer Spielzeit glaubt die Lösung bereits auf den Präsentierteller packen zu können, stellt sich progressiv heraus, dass viel mehr hinter dem Mord an Sir Bromsby steckt als zunächst angenommen. Trotzdem gelingt es dem Spieler ohne Probleme den Überblick zu erhalten was für einen guten Spielfluß und wenig Frust sorgt.
Auf Spurensuche in der Nachbarschaft.
Nachdem ihr ein Kapitel erfolgreich abgeschlossen habt wartet eine Art Quiz auf den Spieler. Hier müsst ihr alle bisher zusammengetragenen Informationen, Beweismittel und Indizien überblicken um eine Reihe von Fragen zu beantworten. Erst nachdem ihr die Fragen zufriedenstellend beantwortet habt geht es zum nächsten Tag. Bei dieser sehr interessanten neuen Idee mangelt es jedoch leider an dem kleinen Funken Hilfestellung, den selbst alte Adventure-Hasen hin und wieder einfach mal brauchen. So müsst ihr euer Notizbuch erneut durchwühlen um die ausschlaggebenden Informationen zu finden damit ihr ins nächste Kapitel gelangt. Auch wenn jenes Notizbuch übersichtlich gestaltet wurde und die Idee des Quiz ansich mir sehr gut gefällt, hab ich das Gefühl, dass hier der nötige Feinschliff fehlt.
Während die meisten anderen Adventures auf Kombinationsrätsel setzen, geht es bei Sherlock Holmes: Das Geheimnis des silbernen Ohrrings in erster Linie darum, Beweisstücke zu finden - jeder Kriminologe wird euch bestätigen, dass jene euch nicht einfach so vor die Füße fallen. Deshalb müsst ihr als Sherlock Holmes auch ständig mit wachsamen Augen durch die Bildschirme blicken um so die teilweise sehr kleinen Hotspots zu diversen unverzichtbaren Gegenständen aufzuspüren. Auch wenn das manchmal in einem gewissen Frust ausarten kann ist das Erfolgsgefühl später umso größer. Letztlich wird es Gruppen von Spielern geben, denen dieses System gefällt und andere, die es zum Teufel jagen wollen.
Ist die Tochter des Großindustriellen wirklich solch ein unschuldiges Lamm?
Das Ausschlaggebende am Geheimnis des silbernen Ohrrings ist definitiv seine Inszenierung und die daraus resultierende Atmosphäre. Dazu trägt vor allem der herrlich arrogante und trockene Sherlock Holmes bei, der wie einst in diversen Büchern und Filmen selbstsicher sein Hirn qualmen lässt und euch am Ende die 'ach so einfache' Lösung des Falles präsentiert, als ob es das leichteste gewesen wäre was er je erlebt hat.
Was die Steuerung angeht bedient sich der Titel an altbewährtem: mit der Maus sucht ihr den Bildschirm nach Gegenständen ab - habt ihr was gefunden verwandelt sich euer Cursor in eine Hand und ihr müsst euch entscheiden ob ihr das Objekt einstecken oder zunächst näher untersuchen möchtet. Die Gegenstände müssen dann fein säuberlich von euch ins Inventar gelegt werden, welches ihr über die rechte Maustaste öffnet bzw. schließt.
Zum Glück gab es im London des späten 19. Jahrhunderts noch keine Überwachungskameras...
Grafik:
Grafisch hat mich das Geheimnis des silbernen Ohrrings vor allem deswegen in seinen Bann gezogen, weil ich den Look dieses Zeitraums einfach wunderbar finde. Und genau diesen englischen Stil des späten 19. Jahrhunderts haben die Entwickler wunderbar in Szene gesetzt. Holmes und co. bewegen sich in vorgerenderten Bereichen, denen allerdings ein wenig 'Leben' nicht geschadet hätte. Die Charakteranimationen betreffend wird der Spieler jedoch nicht vollends zufriedengestellt - während die Darstellung überzeugen kann mangeld es an sehenswerten Bewegungsanimationen. Die Zwischensequenzen hingegen sind überdurchschnittlich gut gelungen und auch die an Jugendstil erinnernde Menügestaltung tragen zur guten Grafikwertung bei.
Sound:
dtp hat mal wieder keine Kosten und Mühen gescheut um möglichst nah an die perfekte Lokalisierung zu gelangen. Wie schon bei den letzten Adventures des Publishers, den jeder Genrefan mittlerweile kennen sollte, wurden erneut professionelle Synchronsprecher mit den Rollen aus dem Spiel bestückt - und das merkt man einfach sofort. Besonders Sherlock Holmes ganz eigene 'Art' wird durch seine deutsche Synchronstimme in diesem Spiel brilliant in Szene gesetzt.
Beim Soundtrack setzten die Entwickler vor allem auf klassische Musik der angesetzten Epoche, der allerdings etwas an Abwechslung fehlt.
Die legendäre Baker Street zu später Stunde.
Systemanforderungen:
Windows 98/ME/2000/XP
600 MHz Prozessor
256 MB RAM
1.5 GB Festplattenspeicher
32 MB DirectX 9.0 kompatible Grafikkarte
Die Atmosphäre, die durch das Zusammenspiel der fesselnden Story, der charmanten grafischen Gestaltung und der grandiosen Lokalisierung entsteht, macht Sherlock Holmes: Das Geheimnis des silbernen Ohrrings zu einem absolut sehenswerten Adventure, das vor allem Liebhaber klassischer Kriminalromane in seinen Bann ziehen wird.