Ninja Gaiden III im Test

Lynx
Ninja Gaiden,,, jene Serie, die Europäern am ehesten durch die Xbox und Next-Gen-Ableger bekannt ist kann schon auf eine lange Vergangenheit zurückblicken. Bereits 1988 erschien das erste Spiel der Reihe in der Spielhalle,,, spielerisch im Fahrwasser von Double Dragon schwimmend und stilistisch dem Trend schlechter Ninja-Filme der Achtziger folgend, schluckte der Automat der Firma Tecmo mittelmäßig erfolgreich Münzen. Aufgrund der leistungsschwachen Hardware jener Zeit konnten nur Heimcomputer wie der Amiga 500 oder der Atari ST mit den obligatorischen Umsetzungen bedacht werden,,, im Konsolenbereich wurde nur der Lynx 1990 mit einer Version beglückt.

Für das damals dominante NES wollte Tecmo natürlich auf keine Umsetzung verzichten. Jedoch waren große Sprites und Unmengen von Gegnern einfach nicht die Stärke von Nintendos 8-Bitter, dementsprechend wurde aus der Umsetzung letztlich eher eine komplette Neuinterpretation,,, ein schnelles Action-Jump´n Run mit Minisprites. Dieses Ninja Gaiden überflügelte prompt den Erfolg des Arcade-Originals und zog zwei Fortsetzungen gleicher Machart nach sich,,, und der dritte Teil wurde 1993 von Atari lizensiert und erneut auf den firmeneigenen 16-Bit-Handheld umgesetzt.


Dadurch finden sich Lynx-Spieler in der bizarren Situation wieder, die Spielhallenversion des ersten Teils sowie den damit überhaupt nicht zusammenhängenden dritten NES-Teil auf dem kleinen Farbscreen genießen zu dürfen. Das es da keinen zweiten Teil auf dem Lynx gibt dürfte viele Spieler vollends verwirren.


Historien-Ballast beiseite wollen wir uns nun den Qualitäten dieses dritten Teils zuwenden. Ninja Gaiden III ist ein Action-Jump´n Run der alten Schule. Man schlachtet sich mit dem kleinen, schwertschwingenden Ninja im alles andere als gemächlichen Spieltempo die meiste Zeit von links nach rechts, oder zeitweise auch von unten nach oben und umgekehrt. Dabei wollen Unmengen von Fallen überwunden und Gegner getötet werden. Erste Wahl dabei ist natürlich das treue Katana,,, doch auch verschiedene Power-ups können eingesammelt werden, um auch in schier aussichtslosen Situationen die Oberhand über die Mächte der Finsternis zu behalten.


Im Gegensatz zu den Zaubern des Ninja-Kollegen aus Shinobi sind diese Power-Ups allesamt offensiver Natur. Gerade wenn Held Ryu mal wieder Wände hochklettert und fliegende Gegner ihn umzingeln sind solche Spezialangriffe Gold wert. Apropos Wände hochklettern,,, in Ninja Gaiden III kann sich der Spieler wahrlich nicht über eingeschränkte Aktionsmöglichkeiten beschweren. Ryu kann laufen, sich ducken und springen und bei all dem das Schwert schwingen. Zusätzlich kann (und muss) der japanische Meuchelmörder auch an Decken und Platformen entlanghangeln und jede noch so Steile Wand hochklettern. Dabei kommen dann eingesammelte Power-Ups als einzige Gegenwehr zum Einsatz.


Bei so vielen Möglichkeiten sollte das Durchkämpfen durch die Level eigentlich gar kein Problem darstellen,,, tut es aber doch. Denn Ninja Gaiden III ist schwer. Genau genommen ist es fast unspielbar schwer und oftmals unfair. Schon im allerersten Level ziehen einen Gegner mehr als eine Schadenseinheit ab,,, da verwundert es einen, wieso man diese überhaupt in so kleine Einheiten unterteilt hat. Verschnaufpausen gibt es keine. Die Level bieten wirklich vielfältige Herausforderungen,,, bodenlose Gruben, aus Wänden und Boden hervorschnellende Stacheln, rutschige Eisböden, winzige schwebende Plattformen,,, und das alles unter einem ständigen Ansturm von Gegnern. Kaum eine dieser Geschicklichkeitspassagen kann gemeistert werden ohne im Sprung noch Gegner zu metzeln. Oft tauchen Gegner auch einige Pixel vom Rand entfernt einfach aus dem Nichts auf.


Langsames vorantasten und Vorsicht walten lassen ist auch nicht,,, unaufhörlich tickt eine 250 Sekunden fassende Uhr herunter, ist der Level (inklusive Boss) in dieser Zeit nicht beendet, ist ein Leben verloren. Dummerweise fängt man bei einem Lebensverlust nicht am Todesort oder am Anfang desselben Levelabschnitts wieder an,,, nein, es gibt nur vorherbestimmte Checkpunkte irgendwo in der Mitte des Levels. Immerhin wird die Uhr wieder auf 250 zurückgesetzt, trotzdem muss man wenn man beispielsweise gegen einen Boss verloren hat irgendwie den halben Level nochmal möglichst unbeschadet bestehen um eine Chance zu haben. Energieauffrischung gibt es dabei selten,,, 99% der zahlreich zu findenden Bonus-Items sind Angriffsvarianten. Noch seltener sind Extraleben,,, der Autor dieser Zeilen hatte nie im Spielverlauf mehr als vier Leben auf einmal. Continues gibt es keine.


Dabei kann man dem Spiel von der Steuerung her keine Vorwürfe machen,,, es spielt sich einfach super exakt, aber man bekommt es einfach mit doppelt so vielen Gegnern zu tun wie nötig, und die Reaktionszeit ist bei deren Geschwindigkeit oft sehr kurz. Leider hat Atari offensichtlich die amerikanische NES-Version als Vorlage genommen,,, auf dem japanischen Famicom soll der von Gegnern verursachte Schaden nämlich nur halb so groß gewesen sein und es gab ein Passwortsystem.


Kommen wir zur technischen Seite. Schaltet man das Spiel ein, wird man mit einem schönen Manga-Intro begrüßt. Solche Zwischensequenzen erwarten einen auch nach jedem abgeschlossenen Level und führen die Story gekonnt weiter. Das ist für ein Spiel dieses Genres, zudem aus dieser Zeit absolut nicht zu erwarten. Bereits auf dem NES hochgelobt, weiß diese filmartige Inszenierung auch auf dem Lynx voll zu überzeugen.


Im Spiel an selbst ist die Begeisterung weniger groß. Bei aller Leistungsfähigkeit hat Ataris Handheld einen Nachteil gegenüber den Konkurrenten von SEGA und Nintendo: es hat die niedrigste Auflösung von allen. 160 x 102 Pixel sind nicht viel, und für Umsetzungen von Heimkonsolen problematisch. Bei Double Dragon wurde die Variante gewählt, Spielfiguren in der Originalgröße zu belassen und einfach den Bildschirmausschnitt zu verkleinern. Pixel für Pixel ist vorhanden, der Detailgrad so hoch wie im Original, dafür geht Übersicht verloren.


Ninja Gaiden III geht den entgegengesetzten Weg. Das Originalspiel auf dem NES hat eine Auflösung von 256 x 224. Die Programmierer bei Atari haben sich dazu entschlossen, einfach den Bildschirmausschnitt vom NES auf den 160 x 102-Screen des Lynx zu quetschen. Das bedeutet zwar, dass es ebenso übersichtlich ist wie im Original, hat aber zur Folge, dass Ryu und seine Feinde kaum identifizierbare Pixelhaufen sind. Die Sprites waren nämlich schon auf dem NES winzig, auf dem Lynx sind sie ein Witz. Das hat Switchblade II weitaus besser gelöst, mit zwar recht kleinen aber doch deutlich erkennbaren Figuren.


Trotzdem ist der große Bildausschnitt sicher besser, als denselben Weg wie Double Dragon zu gehen,,, die Geschwindigkeit der vielen Gegner bedingt einfach, dass man sie bereits von weiter weg herannahen sieht.
Gut und abwechslungsrech sehen die Hintergründe aus. Es gibt nicht nur verschiedene Settings für die acht Level, auch die kleineren Abschnitte unterscheiden sich oftmals,,, teils sieht man zwei oder drei verschiedene Hintergründe innerhalb eines Levels! Dabei gibt es sogar einiges an Animationen wie glitzerndes Wasser zu beobachten. Auch unterschiedliche Gegner gibt es genug, einige sind jedoch nur Colorswaps.


Man merkt dem Spiel an, dass es mit 512 Kbyte an der speichertechnischen Spitze der Lynx-Games damals stand. Es steckt einfach viel drin! Musikalisch gibt es Durchschnittskost,,, verschiedene Tracks sind vorhanden, aber keiner mit echter Ohrwurmqualität.

Team neXGam meint:

Team neXGam

Ninja Gaiden III ist ein Kultspiel auf dem NES, und die Lynx-Version steht dem großen Bruder kaum nach. Es hätte nahezu perfekt werden können, hätte man nur in Anbetracht des Batterieverbrauchs und der Konzeptionierung des Lynx als System für unterwegs den Schwierigkeitsgrad reduziert und ein Passwortsystem eingebaut. Die kaum erkennbaren Sprites wären da im Licht des tollen Rests locker verschmerzbar gewesen. So wie es letztlich geworden ist muß ich potentielle Käufer aber warnen: entweder man hat Spaß mit einem Spiel ohne den Ehrgeiz, es unbedingt durchzocken zu müssen, oder man läuft Gefahr den Lynx gefrustet an die Wand zu werfen. Aber im Gegensatz zu anderen besonders schweren Lynx-Games wie Batman Returns macht Ninja Gaiden III zumindest wirklich großen Spaß! Da es auch noch recht günstig originalverschweißt zu haben ist, sollte man sich als nervenstarker Zocker einen Kauf überlegen.

written by Daniel Horvath, © nexgam.de
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5.3 8 Stimmen
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Ninja Gaiden III Daten
Genre Action
Spieleranzahl 1
Regionalcode Regionfree
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit seit 1993
Vermarkter Atari
Wertung 7.9
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