
Geschichtsstunde!
Habe ich euch jetzt fast mit zuviel Theorie vergrault, so gelobe ich es in den folgenden Zeilen wieder gut zu machen, indem ich von Blue Bytes neuestem Ableger der Siedler Serie erzähle. Selbige wandert schon mehr als 14 Jahre durch deutsche PCs. Im neuesten Ableger der Serie seid ihr ein König, der davon träumt das darionische Reich wieder zu vereinen, um Frieden und Wohlstand zu gewährleisten. Doch Intrigen und Invasionen in der Vergangenheit verfremdeten alle Provinzen untereinander, welche nun einzeln darum ringen die Macht über das Land zu ergreifen. Euer größter Konkurrent im Kampf um Einigkeit ist der rote Prinz, der diesen Namen nicht nur aus reiner Coolness trägt.
Sein größter Verbündeter ist die rebellische Crimson Sabatt, die den Terror im Land mit geschickten Anschlägen schürt. Doch wenn ihr glaubt, das wäre euer einzigstes Problem, dann solltet ihr euer Augenmerk mal auf jede Provinz einzeln legen, wo Armut und Verzweiflung herrschen. Die Siedler, also das allgemeine Volk, sind erschöpft von all den Kriegen und durch den Mangel an Waren und Waffen neuen Konfrontationen nicht gewachsen. Hier solltet ihr also zuerst ansetzen…


Ich siedle…
Die 16 Missionen, die ihr als anstrebender Herrscher verfolgt, sind in Episoden aufgeteilt, wobei euch jedes Mal zu Beginn eine Heldenfigur die Sachlage sowie die Missionsbedingungen auf einer detaillierten Karte schildert. Danach stellen sich die sechs Heldenfiguren eurer Person vor und geben ihre Meinung zum Besten. Hier solltet ihr euch die Zeit nehmen die Fähigkeiten der einzelnen Charaktere genauer zu studieren, weil sie jeweils verschiedene Boni mit sich bringen.
Der Ritter Marcus ist beispielsweise eine Heldenfigur wie aus dem Bilderbuch, der als Passivfunktion die Kosten von Schwertträgern und Bogenschützen drücken kann. Der Edelmann Elias steht hingegen eindeutig für einen florierenden Handel, der durch seine Anwesenheit mehr Erlös einbringt. Jede der Missionen fängt mit dem siedlertypischen Basisbau an, der auch wieder im Fokus des Spieles steht. Beim Start verfügt ihr jeweils über ein Lagerhaus, eine Kirche sowie eine Burg. Schnell solltet ihr Jäger- und Holzfällerhütten erstellen, um der noch verhaltendeen Infrastruktur unter die Arme zu greifen.
Doch verlangen eure Siedler schnell nach anderen Dingen wie Nahrung oder Rohstoffen. Sie wollen Wollkleidung, Unterhaltung oder Medizin, die ihr mit den passenden Rohstoffen sowie Gebäuden herstellen könnt. Hierbei hat Blue Byte dem komplizierten Warenkreislauf ade gesagt und einen etwas entschlackten Warenkreislauf erstellt, der auf böses Blut bei alten Siederfans stoßen könnte.


…und siedle…
Zunächst fällt das vereinfachte Verarbeiten der Waren auf, die im vierten Teil teils noch gigantisch waren. Zum Beispiel musste der Rohstoff Holz vomn den Holzfällerhütten zur Weiterverarbeitung ins Sägewerk gebracht werden, um daraus passende Bretter zu produzieren, die dann zum Häuserbau verwendet wurden. Beim Aufstieg eines Königreichs wird hingegen sofort das Holz ins verarbeiteter Form ins Lagerhaus gebracht. In wenigen Fällen aber ist das alte Siedlermodell noch vorhanden - die Schaffarm produziert beispielsweise Wolle, die dann zur Weberei wandert, um wiederum Wollkleidung herzustellen.
Bei der Verarbeitung der Waren behalten die jeweiligen Arbeiter eine gewisse Menge Rohstoffe im Gebäude, bevor sie diese ins zentrale Lagerhaus transportieren. Hierbei ist der Kurierdienst abgeschafft. Das bedeutet, dass während des Transports ins Lagerhaus der jeweilige Handwerker in seinem Gebäude nicht anwesend ist und so auch keine Rohstoffe sammeln bzw. herstellen kann. War es in den Vorgänger noch recht wichtig das gewisse Gebäude eng zueinanderstanden, spielt das im sechsten Teil nun eher eine untergeordnete Rolle, weil hier das Lagerhaus den zentralen Umschlagplatz darstellt. Dies hat den Vorteil, dass der Stadtkern recht belebt wirkt und ihr die Bauweise eurer Siedlung anhand des Zentrums anpasst. Durch diese einfache Spielentscheidung habt ihr nach gut 45 Minuten Aufbauarbeit wirklich ein florierendes Örtchen mit einem funktionierenden Wirtschaftskreislauf.


…und siedle…
Zum Zweiten ist die Handhabung der kleinen Gesellen recht einfach. Sobald ihr Stadt- bzw. Landgebäude gesetzt habt, erledigen die wuseligen Siedler ohne Meckern und Murren ihre Tätigkeiten, wodurch ihr euch anderen Dingen zuwenden könnt, die eure Aufmerksamkeit benötigen. Die Stärke des neuen Siedlers ist eindeutig seine umfangreiche Kampagne, die verschiedenen Klimazonen sowie die unterschiedlichen Missionsstrukturen. Gilt es anfänglich noch ein hungerndes Dorf mit Grundnahrungsmittel versorgen, müsst ihr für andere Fraktionen in den Krieg ziehen oder Fachkräfte zur Verfügung stellen. Durch diesen bunten Mix aus Aufbau, Handel und Strategie entsteht ein lang anhaltender Spielspaß, der ohne Längen durch die 16 Kampagnen läuft. Sind gewisse Konflikte mit Diplomatie nicht mehr zu beenden, muss selbst der friedfertigste König zu Waffengewalt greifen. Hierzu gibt es drei Einheitengattungen: Schwertkämpfer, Bogenschützen und Belagerungswaffen. Bis auf das schwere Gerät werden die Einheiten in Squads produziert, die ihr dann wie z.B. bei Age of Empires durch die Botanik schickt.


…und siedle mit anderen
Die Heldenfigur, die ihr vor jeder Mission wählt, ist nicht nur durch seine Fähigkeiten äußerst wichtig. Wollt ihr neue Sektoren auf der Minimap einnehmen, reist ihr mit eurem Ritter dorthin und setzt einen Außenposten, der bei Fertigstellung genau diesen Sektor einnimmt. Handel mit anderen Fraktionen ist auch möglich, wobei ihr leider immer erst mit dem Helden in die Stadt reisen müsst, um Waren zu kaufen. Die Verkaufsfunktion wiederum geht über das Lagerhaus leicht von der Hand, genau wie der Rest der Menüs. Wollt ihr nicht alleine siedeln, kommt ihr früher oder später nicht um den online sowie LAN fähigen Mehrspielermodus herum. Solltet ihr über Ubisofts Onlineserver spielen, ist das Anlegen eines Accounts Pflichtsache. Der Mehrspielermodus kennt leider keine Spielmodi, sondern nur zwei Siegbedingungen – entweder ihr zerstört den Feind oder erreicht als Erster den höchsten Rang! Die Onlinematches gegen richtige Spieler machen viel Spaß, aber der Mangel an Servereinstellungen und Spielmodi drückt das allgemeine Gesamtbild ein bisschen.


Siedeln heute ist ein Fest für Augen und Ohren!
Hat der letzte Teil dank seiner detaillierten Umgebungen schon begeistern können, kann der Nachfolger in Kategorien wie Sound und Grafik nochmals punkten. Nie zuvor sah eine Spielwelt so vielfältig aus. Bunte Blumen wiegen sich im Wind, detaillierte Polygoncharakter stampfen durch ansehnliche Bauten, die zum entdecken einladen. Den Siedlern bei ihrer Arbeit zu zuzuschauen ist wahrlich ein Fest für die Augen.
Habe ich neulich beim spielen von Halo3 auf der Xbox360 noch über die verkorste deutsche Synchronisation geschimpft, stimmt mich das neue Siedler wieder glücklich. Dank der sehr guten Sprecher wachsen einem die sechs Helden schnell ans Herz. Qua Umgebungssound und Musikuntermalung ist Die Siedler - Aufstieg eines Königreichs äußerst stimmig.
Der Haken bei der Sache ist, dass ihr schon einen guten Rechner unterm Tisch haben müsst, um das siedeln auf hohem Niveau genießen zu können. Erst ein Dualcore-Rechner wie z. B. der 4400+ mit 2GB Ram und eine Grafikkarte der Klasse Geforce 7800GTX oder vergleichbare Radeon machen Sinn. Wobei Aufstieg eines Königreichs Probleme mit der Baureihe der Geforce 7 Grafikkarten zu haben scheint. Nach kurzer Spielzeit hängt das Spiel sich auf, was einen Neustart mit sich bringt. Nvidia hat hier recht schnell reagiert und mit dem Forceware Treiber 163.75 dieses Problem beseitigt. Die Mindestvoraussetzungen sind ein Pentium IV, 2,6GHz oder vergleichbarer Athlon, 512MB Ram und eine Grafikkarte mit 128MB Ram. Das Spiel nimmt 3GB Festplattenspeicher ein.
Minimale Systemvoraussetzungen
Pentium 4 mit 2.6 GHz oder vergleichbarer Athlon
256 MB RAM
Unterstützte Grafikkarte mit 128 MB
3 GB freier Festplattenspeicher
Kompatible Soundkarte
4x DVD- Rom Laufwerk
Testrechner:
Athlon64x2 4800+
2GB Ram
Geforce 7800GTX 512MB Ram
Creative SoundBlaster X-FI Platinum
Fans werden vielleicht dank der neuen Stilrichtung von Blue Bytes Neuinterpretation etwas enttäuscht sein. Ich hingegen bin mehr als begeistert, weil sich dass neue Siedler dank der entschlackten Warenkreisläufe viel runder spielt. Auch in Bereichen wie Geschichtserzählungen bin ich vom dienstältesten deutschen Entwicklerstudio überrascht. Kein einfaches "drauflos bauen" sondern eine gut erzählte Geschichte mit vielen Aufgaben erwartet den Spieler. Der Mehrspielermodus hinterlässt hingegen gemischte Gefühle - beim Anlegen eines eigenen Server sind Optionen wie Spielmodi Mangelware. Nach ein paar Onlineschlachten wird hier die Luft recht schnell dünn! Nichtsdestotrotz ist Die Siedler - Aufstieg eines Königreiches unterm Strich ein verdammt gutes Spiel.