Dass Rockstar nicht nur schicke Spiele im GTA-Universum stricken können, haben sie ja schon mit der umstrittenen Menschenjagd und dem gewaltfreien Tischtennis bewiesen. Mit „Bully – Die Ehrenrunde“, das eine erweiterte Umsetzung des PS2-Titels „Canis Canem Edit“ von 2006 ist, senden Rockstar uns nun direkt in eine unverbrauchte Umgebung und zurück in unsere frühe Schulzeit.
Wir verkörpern in dem Titel Jimmy Hopkins, einen kleinen pupertierenden Rüpel, der keine Gelegenheit auslässt, seine Mitmenschen zu tyrannisieren und damit seine Unzufriedenheit mit seiner familiären Situation Ausdruck zu verleihen. Natürlich unverstanden und so fliegt er auch aus einer Schule nach der anderen. Als dann noch seine Mutter einen neuen Macker kennen lernt und heiratet, muss er für die einjährigen Flitterwochen aus dem Weg geräumt werden, also wird er kurzerhand in die Bullworth Akademie eingeschrieben, der schlimmsten Schule in ganz England.
Gerade erst angekommen, wird er auch schon in den harten Schulalltag eingeführt, nämlich mit einer kleinen, freundschaftlichen Schlägerei zur Begrüßung. Gewalt und Aggressionen gehören zum guten Ton an dieser Schule und stellen so ein tragendes Element des Spieles da, nicht ganz untypisch für Rockstar-Games. Wobei es natürlich nicht so weit geht wie in den beiden anderen Spielen, es fließt weder Blut noch gibt es Tote, aber Schlägereien und grenzwertige Streiche gibt es an jeder Ecke.
Kämpfe tragen wir dabei nicht nur mit unseren blanken Fäuste aus, sondern mit allerlei Hilfsmitteln wie zum Beispiel Baseballschlägern, einer Schleuder, Ziegelsteinen usw.. Leider täuscht die Vielzahl aber nicht über das grundlegende Problem hinweg, dass nämlich das Ganze doch äußerst flach gehalten ist und durch die fehlende KI der Gegner bleibt kaum mehr als simple Knöpfchendrückerei auf niedrigstem Niveau, ähnlich wie auch schon die Nahkämpfe in GTA.
Aber neben den Streichen und den Raufereien gibt es auch allerlei konstruktive Dinge, mit denen man die Zeit verbringen kann. Wir befinden uns natürlich weiterhin, trotz allem, an einer Schule und so kann man seine Zeit auch in den Klassenzimmern verbringen. Es finden jeden Tag zwei verschiedene Schulfächer statt, an denen wir teilnehmen können, im Einzelnen handelt es sich um Mathematik, Sport, Biologie, Musik, Chemie, Geographie, Kunst, Fotografie und Englisch (Deutsch). Selbige werden durch verschiedene Minispiele dargestellt, bei Mathematik zum Beispiel müssen wir Rechenaufgaben lösen, in Biologie Tiere sezieren und in Musik ein Geschicklichkeitsspiel im Sinne von Dancing Stage bewältigen. Die Schulstunden sind dabei, wie vieles im Spiel, optional, haben wir also keine Lust darauf, müssen wir sie auch nicht erledigen, aber dadurch entgehen einem viele verschiedene, freischaltbare Features und natürlich auch eine Menge Spaß.
In dem Zusammenhang ist es auch ein guter Zeitpunkt, um zu erwähnen, dass es ein täglichen Zeitablauf gibt, die Schulfächer zum Beispiel fangen immer um bestimmte Uhrzeiten an, finden wir uns nicht rechtzeitig ein, führen wir einen Regelverstoß wegen Schulschwänzens aus. Also heißt es, sich nicht von den Präfekten erwischen zu lassen, die überall auf dem Schulgelände herum laufen, sonst befördern sie uns direkt ins Klassenzimmer. Selbige ahnden auch jeden anderen Regelverstoß, wie das Nichttragen der Schuluniform, das Ausführen von Gewalt, Einbruch und so weiter. Halten wir uns dann später in der Stadt auf, jagen uns Polizisten durch die Straßen.
Unser Spielfeld, das uns Rockstar zur Verfügung stellt, ist GTA-typisch riesig und beschränkt sich nicht nur auf die eigentliche Schule mit ihren Außenarealen, sondern bezieht auch die anliegende Stadt und den Jahrmarkt mit ein, die nach und nach, je nach Spielfortschritt, freigeschaltet werden. Natürlich ist sie bei weitem nicht so groß wie in GTA, aber für ein solches Spiel ist das Umfeld schon sehr beachtlich. Zum Glück müssen wir dabei die Distanzen nicht alleine zu Fuß bewältigen, wir haben auch noch die Möglichkeit mit dem Skateboard zu fahren, was aber leider steuerungstechnisch suboptimal gelöst wurde, oder uns ein Fahrrad zu schnappen und damit durch die Gegend zu radeln. Selbst ein Motorroller steht uns nachher zur Verfügung. Dabei ist das gesamte Areal mit sehr vielen abwechslungsreichen Personen und Ereignissen bevölkert, es gibt wirklich überall etwas zu entdecken und zu erleben. Egal ob jüngere Schüler von den älteren schikaniert werden, es Schlägereien zwischen den einzelnen Cliquen gibt, die Chearleader die trainierenden Rubgy-Spieler anfeuern oder am Strand ein Pärchen knutscht, das ganze Treiben lässt die Umgebung lebendig und glaubwürdig erscheinen und vermittelt einem sehr viel Spaß beim Erforschen.
Zum Glück sind die Möglichkeiten des Zeitvertreibs genauso vielfältig, egal ob man nun den abwechslungsreichen Haupt-Missionen folgt, man den Minispielen der Unterrichtsfächer nachgeht, sich Prügeleien oder Streichen mit Mitschülern hingibt, Mädchen verführt oder einfach nur das Gelände nach versteckten Gegenständen untersucht, es ist einfach unglaublich, wie viele Möglichkeiten Rockstar in das Spiel eingebaut hat. Man hat sogar die Möglichkeit, sich in der Stadt mit Nebenjobs einige Pfund nebenher zu verdienen, zum Beispiel durch das Mähen von Rasen oder Zeitungsaustragen. Selbst ein Jahrmarkt mit allerlei Attraktionen und Spielen steht einem zum Zeitvertreib zur Verfügung.
Aber nicht nur das hebt das Spiel aus der Masse hervor, sondern auch die abwechslungsreichen Missionen, bei der wirklich keine wie die andere ist. Egal, ob wir das Tagebuch einer Mitschülerin aus dem Lehrerzimmer stehlen, den Alkohol des Englischlehrers verstecken, einen Streber vor den Schlägern beschützen oder für eine Kleinwüchsige die Gartenzwerge der Nachbarschaft zertrümmern sollen, für Abwechslung und Unterhaltung ist gesorgt. Natürlich tragen auch die genialen und scharfzüngigen Dialoge und die zum Teil wirklich sehr abgedrehten Figuren dazu bei. Wer jemals ein GTA-Spiel gespielt hat, weiß in etwa, was ihn erwartet.
Ich habe ja am Anfang schon erwähnt, dass es sich bei diesem Spiel um eine Umsetzung von der PS2 handelt, die an einigen Stellen aufgebohrt wurde, sicherlich wollt ihr wissen, worin diese Änderungen bestehen. Nun gut, dann will ich mal nicht so sein und euch Unwissende einweihen: zum einen gibt es vier neue Unterrichtsfächer, nämlich Biologie, Musik, Mathematik und Geographie mitsamt ihren Aufgaben und Belohnungen. Weiterhin hat sich Rockstar nicht lumpen lassen und acht neue Missionen geschaffen, die geschickt in die Story eingebaut wurden. Auch für unser Äußeres wurde etwas getan und es gibt neue Kleider und Frisuren und einige neue Multiplayer-Minigames, leider nur für das lokale Spiel zwischendurch.
Auch an der Technik wurde geschraubt, so sind die Texturen jetzt höher aufgelöst, die Modelle wurden verfeinert, die Framerate ist konstanter und auch einige neue Effekte wie die spiegelnde Eingangshalle haben es in das Spiel geschafft. Zwar kann der Titel trotzdem nicht wirklich mit aktuellen Next-Gen-Produktionen mithalten, aber für eine PS2-Umsetzung ist das Ganze doch recht gut gelungen. Was aber total ärgerlich ist, ist das plötzliche Auftauchen von Gegenständen und ganzen Landschaften, wenn das Streaming nicht hinterher kommt, das Problem tritt vor allem in der Stadt auf und zerstört nicht unwesentlich den Gesamteindruck. Genauso nerven die nur minimal verbesserten Ladezeiten, selbige haben schon bei der Original-Version unheimlich gestört. Bei jedem Betreten oder Verlassen eines Gebäudes und Starten einer Mission wird sekundenlang geladen, was zwar im Einzelfall nicht viel ist, aber beim längeren Spielen summiert sich das Ganze und es geht einem irgendwann schon ziemlich auf die Nerven, wird der Spielfluss damit doch nicht unerheblich gestört. Da wäre mit etwas Optimierung sicherlich mehr drin gewesen.
Außerdem ist das Spiel, Rockstar-typisch, komplett in Englisch gehalten, nur deutsche Untertitel haben es ins Spiel geschafft, selbige sind zwar von der Übersetzung her gut gelungen und vermitteln die Atmosphäre hervorragend, aber vor allem innerhalb von laufenden Missionen ist es teilweise sehr schwer, ihnen zu folgen. Ein weiterer ärgerlicher Punkt, der eigentlich nicht mehr in die heutige Zeit gehört, ist das Speichersystem. Denn wie in GTA, kann man auch hier nicht speichern wo und wann man will, sondern nur an bestimmten Speicherpunkten. Also muss man, wenn man aufhören will, sich erst einmal mühsam zum Speicherpunkt bewegen, was umständlich und unnötig ist, so etwas müsste in der heutigen Zeit einfach nicht mehr sein. Auch ist es schade, dass es keinerlei Live-Features in das Spiel geschafft haben, es gibt nur ein paar Minigames für zwei Spieler an einer Konsole, das ist dann doch etwas zu wenig für ein Xbox360-Spiel.
Carsten meint:
Unglaublich, wie viele Möglichkeiten des Zeitvertreibs Rockstar in das Spiel eingebaut hat, man kann locker Dutzende von Stunden nur mit Nebenmissionen und dem reinen Erleben der unverbrauchten Spielewelt verbringen. Kombiniert mit dem kranken Humor, den abwechslungsreichen Missionen und der abgedrehten Figuren, entstand hier ein wirklich großes Spiel, das trotz seiner vorhanden Schwächen fast jeden Spieler zufrieden stellen dürfte. Nur technisch ist es an einigen Stellen einfach nicht mehr auf der Höhe der Zeit.
Unglaublich, wie viele Möglichkeiten des Zeitvertreibs Rockstar in das Spiel eingebaut hat, man kann locker Dutzende von Stunden nur mit Nebenmissionen und dem reinen Erleben der unverbrauchten Spielewelt verbringen. Kombiniert mit dem kranken Humor, den abwechslungsreichen Missionen und der abgedrehten Figuren, entstand hier ein wirklich großes Spiel, das trotz seiner vorhanden Schwächen fast jeden Spieler zufrieden stellen dürfte. Nur technisch ist es an einigen Stellen einfach nicht mehr auf der Höhe der Zeit.