Die Nintendo Wii Fassung ist zwar in weiten Teilen - wie der Story und dem generellen Gameplay - mit dem Original identisch, verfügt jedoch über einige drastische Änderungen. Ich werde also nicht auf alle Details eingehen, sondern besonderes Augenmerk auf die Unterschiede und Neuerungen legen. All diejenigen, die den Titel nicht kennen, empfehle ich daher eine Lektüre des Reviews der Project Zero XBox Version.
Der Vollständigkeit halber möchte ich das Spiel jedoch kurz umreißen: Ihr übernehmt die Rolle von Mio, deren Zwillingsschwester Mayu auf der Jagd nach einem purpurroten Schmetterling im Wald verschwindet. Beide landen kurz darauf in einem anscheinend verlassenen Dorf, von welchem sie glauben, dass es sich das verfluchte „verlorene Dorf“ handelt. Von geisterhaften Erscheinungen geplagt scheinen sich diese schlimmsten Ängste zu befürchten. Mio findet glücklicherweise die Kamera Obscura, geschaffen von dem Okkult-Wissenschafter Doktor Aso, die es möglich macht, Geister zu bannen. Diese stellt eure einzige Waffe gegen die zahlreichen Rachegeister dar, die euch auf dem Weg zum Geheimnis um das „verlorene Dorf“ im Wege stehen zur Wehr zu setzen.
Nach dem Intro fällt die zweite große Neuerung ins Auge: Statt fixer Kameraperspektiven macht die Wii-Version von einer „Über-die-Schulter“-Perspektive, wie es schon in dem hierzulande nicht erschienenen Project Zero 4 - Mask of the Lunar Eclipse (jap: Zero: Tsukihami no Kamen) der Fall war. Das gibt dem Spieler einen neuen und atmosphärisch packenderen Blick auf das Geschehen, der den Gruselfaktor im Vergleich zur Originalversion anhebt. Jede Begegnung mit einem Geist erfolgt nun hautnah.
Um dieser Spielperspektive gerecht zu werden, wurden viele Texturen durch höher aufgelöstere Versionen ersetzt und einige Areale neu gestaltet. An manchen Stellen finden wir noch arg verwaschene Oberflächen, doch der visuelle Gesamteindruck ist ordentlich und konsistent zur allgemeinen Komplexität der Level-Architektur. Das spiegelt sich vor allem in den Charakteren wieder, die zusätzlich zur Neugestaltung einen wesentlich größeren Detailgrad aufweisen, um so dem aufdringlicheren Kameramann gerecht zu werden.
Abgesehen von den grafischen Neuerungen hat Project Zero 2 - Wii Edition noch einige weitere Kleinigkeiten auf Lager:
Selbst das Aufheben von Gegenständen wurde regelrecht zu einem neuen Gameplay-Element umgewandelt. So wandelt ein Item nicht einfach per Tastendruck in euer Inventar. Stattdessen müsst ihr den A-Knopf gedrückt halten, was dazu führt, dass Mio ihre Hand nach den funkelnden Schätzen ausstreckt. Manchmal wird eure Gier bestraft und eine Geisterhand packt das Handgelenk. Wer A früh genug loslässt, kann dem entgehen - andernfalls heißt es Wii-typisch: Schütteln, bis der Arzt kommt. Ob ein Geist erscheint oder nicht, entscheidet serientypisch Herr Zufall.
Zudem gibt es ähnlich das Element des „Spähens“: Diverse Fenster, halb offene Schränke, Risse in Wänden und Böden lassen sich ausspähen. Hier finden sich ebenso Gegenstände, Kamera-Momente und weitere Überraschungen. Ob diese Beinahe-Minispiele langweilig werden, hängt individuell vom Spieler ab. Wer gegen „Jump-Scares“ immun ist, wird es möglicherweise als ärgerlich empfinden, mehrere Sekunden zu investieren, um einen Gesundheits-Trunk aufzunehmen. Im Rahmen des Tests hat sich das jedoch nicht eingestellt; die angesprochenen Geisterhände und viele andere Schreckmomente schlugen immer dann zu, wenn ich es am wenigsten erwartete. So wurden eher meine Nerven denn meine Geduld strapaziert.
Zum einen ist es ein interessanter Punkt, dass der Pointer der Wii-Remote keine Verwendung findet. Kommt die Bewegungssteuerung zum Einsatz, so wird sie über die Gyroskope des Controllers - sprich via Neigen und Drehen - realisiert. Und dies funktioniert recht genau. Auch neue Steuerungselemente wie Seitenschritte und 180-Grad-Drehungen sind in der Wii-Fassung möglich.
So wird eure Wii-Remote zur Taschenlampe und die Bewegungen, die ihr mit dem Handgelenk durchführt, werden auf diese übertragen. Selbiges ist mit einer kleinen Trägheit verbunden, die von der „Deadzone“ herrührt. Zu Deutsch: ein künstlicher Nullpunkt, der absichtlich keine Eingabe liest, um unbeabsichtigte Spielerbewegungen zu vermeiden. Während das bei der Ausleuchtung der Umgebung kein Problem ist, so wird es dies umso mehr bei der Führung der Kamera Obscura.
Auch hier müsst ihr die Wii-Remote schwingen oder neigen um nach oben und unten, rechts und links zu blicken. Letzteres ließe sich alternativ mit dem Nunchuck realisieren, doch schlingert ein Geist am Boden auf euch so, seid ihr auf die Bewegungssteuerung angewiesen.
Auch das fehlen von Einstellungsmöglichkeiten von Sensitivität der Bewegungssteuerung oder gar die Unterstützung für den Classic Controller sind eigentlich nicht entschuldbar.
Zuletzt möchte ich noch auf den digitalen Nachtisch von Project Zero 2 - Wii Edition zu sprechen kommen: „Madame Kureha‘s Geisterhäuser“. Hierbei handelt es sich um einen neuen Spielmodus, welcher exklusiv für diese Version des Spiels entwickelt wurde. Er ist unabhängig vom Hauptspiel und führt euch in unterschiedliche Geisterhäuser.
Der Weg eurer Spielfigur ist vorgegeben und ihr könnt lediglich an Schlüsselstellen des Levels alternative Pfade einschlagen. Das Spiel läuft also „On-rails“ ab, ganz ähnlich der beliebten Lightgun-Shooter - mit dem Unterschied, dass ihr euch frei Umsehen und auf Wunsch stehen bleiben könnt. Auch hier kommt die Bewegunssteuerung zum Tragen, funktioniert jedoch sehr gut. Zudem wird über Zittern der Hände eure „Angst“ gemessen, was wiederum in die Endbewertung des jeweiligen Abschnitts mit einfließt, ganz ähnlich dem Titel The Grudge. Hiervon ist möglicherweise der 2-Spieler-Modus inspiriert, der einem Freund erlaubt per Knopfdruck Schabernack auf dem Bildschirm zu erzeugen.
So ist jede Reise durch die Geisterhäuser anders nicht zuletzt wegen der zufällig generierten Geistererscheinungen. Leider hört sich das in der Theorie besser an als in der Praxis, dann tatsächlich wirken diese Zufallsbegegnungen sehr hölzern und schaffen manchmal die Atmosphäre einer Geisterbahn für Kinder auf dem lokalen Rummel.
Dennoch ist der Zusatzinhalt eine nette Dreingabe, die das Spiel um einige Stunden Spielzeit erweitern. Obwohl die Geisterhäuser Serienveteranen nicht viel geben werden, möchte ich behaupten, dass er den im Vergleich genannten Titel, The Grudge, um Längen schlägt.
Project Zero 2 - Wii Edition macht trotz Schwächen der Spielsteuerung einen soliden Gesamteindruck. Der Spieler bekommt mehr als eine lieblose Portierung, sondern ein Werk, dass die Bezeichnung „Remake“ zurecht trägt, einen neuen Blickwinkel auf das Original gibt, es erweitert und ihm dennoch treu bleibt.
Wer sich von den Änderungen und Neuerungen ein genaueres Bild verschaffen will, für den habe ich ein kleines Video zusammengestellt, dass die Versionsunterschiede zur Playstation 2-Fassung hervorhebt und ein wenig von den Geisterhäusern zeigt.
Als ich vor Jahren Project Zero vom Grabbeltisch des nächstgelegenen, schlecht geführten GameStop fischte, wusste ich nicht, auf was ich mich da einlassen würde. Am darauffolgenden Abend fand man mich zitternd, mit einer Kompaktkamera in den verkrampften Händen haltend.
Seit diesem Tage hat mich die Serie in ihren Bann gezogen und Teil 2 hat sich als mein persönlicher Favorit in mein Herz geschlichen. Ich war also sehr angenehm überrascht von dem hier vorliegenden Remake und ich habe jede Spielminute genossen. Ich denke, dass das Spiel nicht nur für Neulinge, sondern auch für Veteranen des Franchises wärmstens zu empfehlen ist.