Dazu kommt, dass man zeittypisch während des Spiels von der Story nicht viel bemerkt. Nur der Abspann versorgt uns mit einigen Informationen über die weiteren Geschehnisse. Hier war zu der damaligen Zeit zwar nicht mehr zu erwarten, es ist trotzdem schade, dass die Entwickler das relativ seltene und unverbrauchte Piratensetting nicht besser zu würdigen wussten.
Aber jetzt genug der hochgeistigen Überlegungen und auf zu harten Fakten. Sobald man das Master System anwirft, wird man von einem grinsenden Totenschädel und dem bekannten Schriftzug „PUSH START BUTTON“ begrüßt. Spätestens hier kann das Spiel nicht mehr verheimlichen, dass es sich um die Umsetzung eines Arcade-Titels für Segas Heimkonsole handelt. Optionen oder ähnlichen Schnickschnack sucht man folgerichtig vergebens.
Was auf den ersten Blick nicht so schwer klingt, entpuppt sich aber schon im ersten Stage als wahre Herausforderung, die leider weniger den Feinden, als der verkorksten Steuerung geschuldet ist. Der gute Jim steuert sich nämlich dermaßen hakelig, dass man oft mehr mit dem Pad als mit den Gegnern zu kämpfen hat. Außerdem wurde der arme Kerl von den Entwicklern mit der Sprungkraft eines Backsteins gesegnet, was selbst an sich einfache Sprungpassagen zu echten Problemen macht.
Glücklicherweise wurden auch einige Powerups in das Spiel integriert, die die Steuerungspein etwas lindern. So kann Jim, mit einem Super-Sprung-Stiefel ausgestattet, zeitweise angenehm hoch springen. Noch wertvoller sind jedoch kleine Feen, die unser Schwert in eine Shurriken Kanone mutieren lassen. Wie die kleinen Flatter-Mädels das anstellen, ist mir zwar ein echtes Rätsel, aber das Ergebnis fällt überaus effektiv aus. Bei jedem Schlag schießt von jetzt an ein Stern aus der Schwertspitze. Genial wird es, wenn man es schafft, lange genug am Leben zu bleiben, um mehrere Feen einsammeln. Der Effekt wirkt nämlich kumulativ. Nach 3 Feen ähnelt ein Schwertschlag frappierend dem Streuschuss bei Probotector.
Hard-Core Schwertfanatiker werden jetzt vermutlich abschätzig die Nase rümpfen, aber glaubt mir.. ohne diese Fernkampffähigkeit hat man in späteren Leveln kaum eine Chance.
Weil man Geld vor dem Ausgeben leider auch verdienen muss, stellt sich die Frage, wie man hier in dem Spiel an rundgeprägtes Edelmetal kommt. Die Antwort ist, wie meistens zu seeligen Master System Zeiten, sehr simpel. Jeder besiegte Gegner hinterlässt einen Buchstaben, der eingesammelt werden kann und automatisch einen Geldbetrag auf unser Konto bucht. Als zusätzlicher Bonus winkt ein Leben, wenn es gelingt, alle Zeichen des Namens „Captain Silver“ zu sammeln. Sowas ist angesichts der Tatsache, dass man ein recht dürres Bürschchen spielt, das bereits nach einem einzigen Treffer das Zeitliche segnet, höchst willkommen..
Wenn ich schon beim Thema Tod bin... Der Schwierigkeitsgrad von Captain Silver ist knackig. Das wäre an sich nicht schlimm, wenn das Game absichtlich so konzipiert wäre (siehe z.B Mega Man 9 und 10). Solche Titel sind zwar schwer, aber sie sind auch fair. Bei Captain Silver resultiert die Schwierigkeit jedoch aus der hakeligen Steuerung und einem häufigem Ruckeln. Außerdem wirkt der Spielablauf, als würde alles extrem verlangsamt ablaufen. Man kann es sich wie einen permanenten Slow-Down vorstellen. Unheimlich nervig das ganze. So wird die Lust am Spiel schnell zum Frust, kann ich nur sagen. Dazu kommen noch schwere Bossgegner, die zum Teil auch noch unfassbar lächerlich sind und überhaupt nicht in den Piraten-Background passen. Höhepunkt ist hier ein als Banane verkleideter Ritter mit Schild und Morgenstern.. Da kann ich nur sagen: „ohne Worte“
Die Gegner machen auch noch fröhlich mit und die Animationen sehen aus, als würde unser Hauptcharakter permanent Langlauf-Ski fahren.. nur ohne Skier und Stöcke eben. Mein lieber Herr Gesangsverein. Man muss dem Game zwar zu gute halten, dass es ein älteres Semester ist, aber im selben Veröffentlichungsjahr ist ebenfalls Wonderboy II erschienen. Und wenn man sich diese Spiele im Vergleich betrachtet, erübrigt sich im Grunde jeder weiterer Kommentar. Captain Silver ist eine grafische Vollkatastrophe.
An der Soundfront sieht es dann auch ähnlich furchtbar aus. Ist die Background Musik in den ersten Leveln noch in Ordnung, wird sie, proportional zum Spielefortschritt immer grausamer. In den letzten 2 Leveln ist es endgültig im absoluten Simpler-Krach-Stadium angekommen. Aus den Boxen schlägt dem Spieler ein dermaßen hektisches und undefinierbares Rumgetröte entgegen, dass einem Hören und Sehen vergeht. Dies wird dann noch durch ätzende Spielgeräusche gewürzt und fertig ist der Audio-Overkill. Wer ein nur ein klein wenig musikalisch ist, wird leiden wie ein Hund.
Captain Silver im Test

Nachdem ich mich in letzter Zeit eher mit Titeln der aktuellen Konsolengeneration herumschlug, steckt heute endlich wieder ein wahrer Oldie als Testkandidat im Modulschacht meines Master Systems. Dann schauen wir, ob Captain Silver zweiundzwanzig Jahre nach Veröffentlichung übelst Schiffbruch erleidet, oder ob wir es doch mit einer echten Spiele Perle zu tun haben. In diesem Sinne - Segel gesetzt und auf ins Abenteuer!
Andreas meint:
Positiv
- Netter Abspann
Negativ
- Schlechte Grafik
- Furchtbarer Sound
- Eine Art Dauer-Slow-Down
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von Elemental Master:
Ich suche das Spiel. Falls es jemand abzugeben hat, einfach Bescheid geben.
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von Retro:
So ganz kann ich den Test nicht unterschreiben... Captain Silver ist zwar rein technisch wirklich unter dem damaligen Durchschnitt angesiedelt, aber so schlecht wie sich das hier liest fand ich es auch wieder nicht. Immerhin war der Schwierigkeitsgrad angenehm hoch, viele andere Hüpfer damals...
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von Civilisation:
Andreas Test von damals liegt jetzt in überarbeiteter Form vor. Captain Silver Nachdem ich mich in letzter Zeit eher mit Titeln der aktuellen Konsolengeneration herumschlug, steckt heute endlich wieder ein wahrer Oldie als Testkandidat im Modulschacht meines Master Systems. Dann...
Captain Silver ist eine audio-visuelle Vollkatastrophe mit integriertem Dauer-Slow-Down, total verhunzter Steuerung, schon fast wieder an Genialität grenzender Ideenlosigkeit und einer Story, die im Prinzip nicht existiert. Das einzige Positive an dem Game ist der nette Abspann. Weil man vorher aber erst das Spiel durchspielen müsste, relativiert sich dieser Pluspunkt auch stark. Bloß nicht kaufen!