Wonder Boy in Monsterland im Test

Master System

1987 debütierte ein blonder Jüngling namens Tom-Tom, besser bekannt als Wonderboy, auf dem SEGA Master System, der sich skateboardfahrend und steinaxtwerfend durch kunterbunte Level vorkämpfte. Das Spiel war ganz nett, aber einen wirklich bleibenden Eindruck hinterließ Tom-Tom damals nicht. Schon ein Jahr später startete der Wunderjunge einen zweiten Versuch, um die Herzen der SEGA-Fans für sich zu gewinnen - Wonderboy in Monsterland!

Wonderboy-in-Monsterland-1Seit seinem Debüt ist Wonderboy erwachsen geworden. Drehte sich das Gameplay des ersten Teiles noch hauptsächlich um Milch, Obst und ähnlichen Kinderkram, sieht die Welt im zweiten Teil schon anders aus. Schwerter, Schilde, Rüstungen und Goldstücke sind die neuen Interessengebiete des blonden Recken. Auch das Setting hat sich geändert. Wart ihr im ersten Teil noch damit beschäftigt, eure Freundin zu retten, liegt nun nicht weniger als das Schicksal des ganzen Monsterlandes in euren Händen.

Das beschauliche Ländlein wurde von einem bösen Drachen überfallen, der natürlich nichts anderes zu tun hat, als sich eine hübsche Burg mit Tennisplatz und Freibad zu suchen und artgerecht Furcht und Schrecken zu verbreiten. Eure Aufgabe ist es, besagten Feuerspucker elegant zu entsorgen. Bevor ihr dem Störenfried allerdings Auge in Auge gegenübersteht, müsst ihr euch erst durch 12 Level kämpfen, die mal schwer, mal weniger schwer und zum Schluss unfair sind. Doch alles zu seiner Zeit.

Wonderboy in Monsterland spielt sich wie ein klassisches Jump‘n Run. Man betrachtet die Vorgänge auf dem TV in der gewohnten Seitenansicht und die Steuerung kann ebenfalls klassischer kaum sein: mit A wird gesprungen, mit B das Schwert geschwungen. Im Gegensatz zum Vorgänger besitzt Wonderboy in Monsterland jedoch Rollenspiel-Elemente. So kann Tom-Tom Goldmünzen sammeln und diese in Geschäften in Schilder, Rüstungen oder die neueste Schuhmode investieren, wobei witzigerweise gerade Letzteres das Leben erheblich einfacher macht. Besseres Schuhwerk steigert eure Sprunghöhe und Reichweite nämlich beträchtlich, was bei einem Jump‘n Run naturgemäß ein großer Vorteil ist. (Denkt einfach mal daran, wenn ihr das nächste Mal mit eurer Herzallerliebsten Schuhe shoppen gehen müsst ... es hilft ein wenig ...)

Wonderboy-in-Monsterland-2Neben den Geschäften begegnen euch auch immer wieder Schänken, in denen der Wunderjunge gegen Bares mehr oder weniger wertvolle Informationen erlangt sowie freundliche Mitmonster, die einen sogar kostenlos mit Weginformationen versorgen.
 

Erstaunlich ist jedoch, dass bei Wonderboy in Monsterland anscheinend größte Sorgfalt darauf gelegt wurde, diese innovativen Rollenspiel-Gene massiv zu beschneiden. Als hätten die Designer Angst vor ihrer eigenen Kreativität bekommen. Ein Ergebnis davon ist beispielsweise, dass sich Wonderboy nur innerhalb eines kleinen Levelabschnittes frei bewegen kann. Hat er diesen Abschnitt einmal in Richtung des Nächsten verlassen, besteht keine Möglichkeit mehr, in den Vorherigen zurückzukehren.

Diese Tatsache macht jedes rollenspielmäßige Geldsammeln-um-dann-in-der-nahen-Stadt-einzukaufen unmöglich, bringt aber zugegebenermaßen auf der anderen Seite eine nicht zu unterschätzende taktische Komponente mit sich. Denn ständig müssen Entscheidungen nach dem Motto „Soll ich mir jetzt die besseren Schuhe kaufen oder lieber doch bis zum nächsten Mal auf eine bessere Rüstung sparen?“ gefällt werden. Obwohl sich ohne gute Schuhe das Rüstungsproblem im nächsten Level auch ganz von selbst erledigen könnte ...“ Ihr merkt schon, welche Zwickmühlen einem blühen.

Die seltsame Selbstbeschränkung der Rollenspiel-Gene geht noch weiter. Während ihr spielt, läuft eine kleine, unscheinbare Sanduhr herunter. Falls ihr bis zum Ablauf der Zeit keinen neuen Levelabschnitt betreten bzw. eine Sanduhr im Spiel gefunden habt, wird euch einfach mal so ein Herz Lebensenergie abgezogen! Stellt euch mal ein LandStalker oder Zelda vor, bei dem ihr 60 Sekunden Zeit habt, 4 Bildschirme zu durchqueren bzw. zu erforschen, ansonsten wird euch ein Herz abgezogen! Mehr brauche ich zu dem Nervfaktor nicht zu sagen. Wobei die wirkliche Perfektionierung des Abnervens erst im zwölften Level zu Tage tritt... darüber vergieße ich aber an späterer Stelle noch genug Wut und Krokodilstränen. Also wieder zurück zum Spielablauf.
 

Wonderboy-in-Monsterland-4Wie es sich für ein ordentliches Arcadespiel gehört, wartet am Ende eines jeden Levels ein Endgegner. Nach erfolgreicher Abservierung desselben hinterlässt er den Schlüssel zum nächsten Level sowie eine ordentliche Ladung Goldstücke. Dieses Schema setzt sich nun bis zum Ende des elften Levels fort. Ab und zu unterbrochen von Bosskämpfen innerhalb eines Levels, die als Belohnung für den Sieg bessere Schwerter bescheren. Obwohl man theoretisch an den Türen zu diesen Zwischengegnern vorbeirennen könnte, macht die Tatsache, dass es bessere Schwerter nicht zu kaufen gibt klar, dass die Freiwilligkeit eher theoretischer Natur ist.

Nachdem man sich endlich durch elf Level gekämpft hat, die alle als machbar und fair einzustufen sind und auch Spaß machen, ist es schließlich so weit: der furchtbare zwölfte Level erwartet euch! Vorab vielleicht noch eines, damit wir uns besser verstehen: Die Wutanfälle, die ich hier erlitten habe, hatten schon beinahe epische Ausmaße. Was ist also so schlimm an Level zwölf? Nun ja.. zu allererst ist Level zwölf ein Labyrinth. Gut ... das alleine ist an sich noch kein Grund auszurasten, da stimme ich euch zu. Blöderweise ist es aber ein sehr großes Labyrinth. Einige werden jetzt sagen :“Hat es auch schon gegeben und wir leben immer noch..“ stimmt ebenfalls.
 

Aber bei den großen Labyrinthen, die es schon gab, wurde man nicht bei jeder falschen Abzweigung, die man nimmt, (und davon gibt es echt massig) wieder an den Labyrinthanfang gesetzt! Ihr seht, so langsam fängt es an spaßig zu werden.. Aber das ist noch gar nichts.. Erinnert ihr euch an die nette kleine Sanduhr, die euch freundlicherweise immer ein Herz Lebensenergie kostet, wenn sie abgelaufen ist und ihr den Levelabschnitt nicht verlassen habt? Ok ... und jetzt zum schönsten Detail des Spieles: das ganze Labyrinth ist ein einziger Levelabschnitt. Haha.. großes Kino kann ich nur sagen (tut mir leid, dass ich so zynisch werde, aber die Qualen sitzen einfach zu tief!).

Wonderboy-in-Monsterland-5Während ihr also bei jeder falschen Abzweigung sanft am Levelbeginn abgesetzt werdet, schwinden minütlich in aller Ruhe eure Herzen dahin. Dazu kommt natürlich noch, dass alle Gegner, die ihr tapfer bei eurer ersten Passage umgelegt habt, nach jedem Rücksetzen wieder fröhlich auferstanden sind.

Weil sogar die Spielentwickler einsahen, dass dieses Labyrinth unmenschlich ist, haben sie ein Hilfsmittel integriert. Die sogenannte „Guidance Bell“, auf deutsch: „Führungsglocke“. Dieses Glöckchen klingelt innerhalb des Labyrinths immer dann, wenn ihr euch der richtigen Abzweigung nähert. Das ganze ist eine super Idee, hat aber zwei Schönheitsfehler. Problem eins: Ihr müsst sie erst einmal bekommen.

Um in den Genuss des Glöckchens zu gelangen, muss man vier verschiedene freundliche Monster in ihren Verstecken aufstöbern. Die ersten 2 sind noch relativ einfach zu entdecken. Das 3. ist schon wesentlich schwerer (ihr denkt auch immer noch schön an die nette Sanduhr, die euch im Nacken sitzt und so wunderbar zum entspannten Erforschen beiträgt? Guuut!!) Das 4. ist schließlich einfach nur noch gemein. Anders kann man es nicht sagen. Beim ersten Durchspielen ist alleine schon das In-die-Nähe-des-Versteckes-gelangen quasi unmöglich, weil man während eines Falles in eine bestimmte Richtung steuern muss ... und zwar an einen Ort, an dem man nicht erwartet zu fallen.

Kurz und gut ... sie haben es euch wirklich nicht einfach gemacht. Falls ihr es trotzdem irgendwie geschafft habt, könnt ihr die Glocke natürlich vor dem zwölften Level in Empfang nehmen. Wer jetzt denkt, Gefahr erkannt, Gefahr gebannt... von wegen! Also weiter in meiner Leidensgeschichte und auf zu Problem Nummer zwei. Komplett ausgerüstet mit Glocke, einer gesunden Portion Widerwillen, sowie ziemlichem Skeptizismus bin ich wieder tapfer ins Labyrinth losgestiefelt und am Anfang schien auch alles wunderbar zu funktionieren. Erste Abzweigung -> Glöckchen: „Bim Bim“ -> richtiger Weg gefunden.
 

Wonderboy-in-Monsterland-3Prima..Aaaaber dann gings los. Plötzlich hat die Glocke an Punkten mit 2 möglichen Abzweigungen geläutet... welche soll man nehmen? Bleibt nur der 50:50 Joker und wie das nunmal so ist, habe ich klarerweise mal wieder die Falsche erwischt. Also das ganze nochmal von vorne. Das Ende von der Geschichte war, dass ich wiederum heldenhaft im Labyrinth durch Zeiteinwirkung aus den Latschen gekippt bin.

Vor lauter Hass habe ich mir schließlich im Netz eine Karte des Labyrinthes besorgt, bin zum Drachen gelaufen (wobei ich sogar auf direktem Weg 4 Herzen durch Zeitmangel verlor) und habe ihn sowas von verdroschen. Danach ging es mir etwas besser ..





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Andreas meint:

Andreas

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Wonderboy in Monsterland ist ein wirklich gutes Master System Spiel. Der Schwierigkeitsgrad ist angenehm, die Level sind abwechslungsreich, durch die Rollenspielelemente kommt frischer Wind in das Gameplay. Wirklich alles super...! Wenn es nur nicht diese schlimmen Patzer im Spieldesign gäbe, die einem im zwölften Level regelmäßig in den Wahnsinn treiben. Wer sich allerdings die Labyrinthkarte im Internet besorgt, wird ein gutes Wonderboy erleben und jede Menge Spaß haben.

Positiv

  • Schöne Präsentation
  • Stimmige Melodien
  • Rollenspielelemente

Negativ

  • Unfaires Endlevel
  • RPG Elemente beschnitten
  • Zeitlimit führt zu Lebensverlust
Userwertung
8.78235 17 Stimmen
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Forum
  • von bstea:

    Einige Stellen fand ich im Spiel schon ziemlich eigenartig. Bspw.hatte ich jahrelang immer eine Passage ausgelassen weil ich die Flöte auf der Insel nicht gespielt hatte. Ohnehin ist es eine gute Idee alle Läden zweimal zu besuchen um keine Infos auszulassen. Auch sind einige Bosse ziemlich...

  • von pseudogilgamesh:

    This:top: Aufruf starten! ...

  • von Kettenhund:

    SEGA, holt das Franchise doch endlich aus der Mottenkiste und macht einen neuen, richtigen Teil. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Wonderboy Fangemeinde soo klein ist. Und grade heute, wo Metroidvanias und Pixeloptik total hip sind, wäre es doch ideal....

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Wonder Boy in Monsterland Daten
Genre Action-Adventure
Spieleranzahl 1
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz 50 Hz
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 1988
Vermarkter SEGA
Wertung 8
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