Fahrenheit im Test

PlayStation2Xbox

Wirkliche Innovationen sind im Adventure-Genre rar gesät. Zwar gibt es (vor allem auf der PS2) hervorragende Vertreter dieser Zunft, doch bahnbrechende Gameplay-Neuerungen darf man mit der Lupe suchen. Vor exakt sechs Jahren schickte ein damals unbekanntes Studio namens Quantic Dream das ambitionierte „Omikron: The Nomad Soul“ ins Rennen. Während das Adventure grafisch enttäuschte, wussten der enorme Umfang, die verworrene Storyline und die Symbiose aus Action- und Adventure-Elementen zu gefallen.

Fahrenheit_11Die neuste Quantic-Kreation scharrte einen gigantischen Hype um sich, der jedem id-Shooter Konkurrenz machen dürfte. Fahrenheit (In den USA „The Indigo Prophecy“) wurde bereits im Vorfeld als „Bestes Videospiel aller Zeiten“ gefeiert. Auch Medien fernab der Videospielfauna wie Spiegel & Stern würdigten die Atari-Produktion mit einem Artikel. Gnadenlos überbewertet in bester Matrix-Manier?

Wer kennt das Problem nicht? Man begann offenkundig einen Mord, stach wie wild auf das Opfer ein, hatte zur Tatzeit jedoch keinerlei Kontrolle über den Körper – wie ferngesteuert ermordete man die unbekannte Seele. Alter Ego Lucas Kane hat genau dieses Problem. Als er am nächsten Morgen erwacht, glaubt er anfangs noch an einen schlechten Traum, doch sein blutgetränktes Bett belehrt ihn eines Besseren.

Es liegt jetzt am Spieler, die Hintergründe dieses mysteriösen Mordes aufzudecken. Wie in einem interaktiven Thriller schlüpft ihr dabei abwechselnd in die Rolle des vermeidlichen Mörders und der ermittelnden Polizisten Valenti und Tyler. Was genau bedeutet dieser Split fürs Gameplay? Fahrenheit bedient sich dem Prinzip der sogenannten „Bending Stories“, sich biegende Geschichten. Jeder Handlungsstrang ist ein Gummiband, an einigen Stellen sind diese verknotet. Der Spieler kann einzelne Stränge dehnen und sich so seinen eigenen Weg bahnen, die Erzählung reagiert auf seine Entscheidungen.

Fahrenheit_2Beispiele: Soll ich einen Jungen, der in einem gefrorenen See eingebrochen ist, retten oder mich lieber verdeckt und unauffällig verhalten? Soll ich die Spuren meiner Tat verwischen oder den Tatort möglichst authentisch verlassen? Eure Entscheidungen wirken sich unmittelbar auf die Tätigkeiten des Polizistenduos aus. Wer Beweismittel verschwinden lässt, muss diese als Valenti erst mühsam finden etc. Für weiteres Movie-Feeling sorgen die brillanten Kameraschnitte in bester 24-Tradition: In brenzligen Situationen wird in einen Splitscreen geschaltet, der sowohl eure Bewegungen als ebenso die Polizisten in Echtzeit erfasst.

In diesem Präsentations- und Story-Geflecht wurde das eigentliche Gameplay so simplifiziert wie möglich. Ein Genre-typisches Item-Menü sucht ihr vergebens, sämtliche Aktionen sind Kontext-sensitiv und mit dem rechten Analogstick steuerbar. Actionsequenzen absolviert ihr in bester „Ryu Hazuki“-Tradition durch das schnelle Tippen mehr oder minder komplizierter Tastenfolgen.

Für Argwohn sorgen die unpräzise Steuerung und gehäufte „Trial & Error“-Passagen. Hin und wieder rennt euer zerstreuter Mörder in die falsche Richtung, viele Gefahren erkennt ihr erst nach einmaligem Ableben. Ein neues Dragons Lair braucht ihr aber nicht zu fürchten. Schwerer wiegt der Umstand, dass die (durchweg spannende) Geschichte das rasante Anfangstempo nicht konsequent durchhält, der spätere Verlauf flacht dankt einiger Längen ab.

Grafisch wird bei Fahrenheit gehobenes Mittelmaß aufgetischt, Animationen und Mimik der Protagonisten wissen zu gefallen, eckige Renderware-Modelle sollten im Jahre 2005 jedoch passé sein. Gleichwohl kolossaler fällt die Akustik aus: Sämtliche Kompositionen wurden von Angelo Badalamenti eingespielt, der sich auch für die Werke von Starregisseur David Lynch (Dune) verantwortlich zeichnet. Abgerundet wird der Klanggenuss von stimmigen Soundeffekten und einer professionellen deutschen Synchro.




Kai meint:

Kai

David Cages Vision ist Wirklichkeit geworden. Fahrenheit ist das erste Videospiel, dass das Prädikat „Interaktiver Spielfilm“ verdient. Eine hochgradig flexible Storyline verbindet sich mit glaubhaften Charakteren zu einem neuen Spielerlebnis. Umso ärgerlicher das Fehler im Gameplay wie z.B. die viel zu schweren Schleichpassagen einen Teil der dichten Atmosphäre wieder zerstören. Dennoch verdeutlicht Fahrenheit in welche Richtung sich Adventures künftig entwickeln werden – und es macht Lust auf mehr! Wenn der Nachfolger mit einem generalüberholten Gameplay punktet, klappt es gewiss auch mit der verhofften Videospiel-Revolution. Gegenwärtig ist die neuste Quantic-Game immerhin ein sehr gutes Adventure.

Positiv

  • Ein neues Spieleerlebnis
  • Storyline hochgradig flexibel
  • Soundkulisse ein Genuss

Negativ

  • Zu schwere Schleichpassagen
  • Grafik ist gehobenes Mittelmaß
Userwertung
6.35 6 Stimmen
Wertung abgeben:
senden
Forum
  • von wahrheit:

    Habe die Xbox Version. Reicht wohl vollkommen aus.

  • von Bitmap Brother:

    Remastered bedeutet eigentlich nur,nt dass es erneut auf "Datenträger" gebannt, und für das jeweilige System anspielbar gemacht hat. Dabei die Sache ein wenig "aufzuhübschen", wie etwa hoch/runterzuskalieren ist natürlich eine nette Sache, und wird durchaus für ein...

  • von 108 Sterne:

    Joa, kein Remastered, sondern ein PS2 Classic. Finde es bescheuert, dass man das irreführend bewirbt. Es ist ja nur über den Emulator auf 1080p hochgeschraubt, "remastered" würde bedeuten dass da jemand nochmal Hand ans Spiel gelegt hat. Egal, Story ist eh Mist. ...

Insgesamt 193 Beiträge, diskutiere mit
Follow us
Fahrenheit Daten
Genre Adventure
Spieleranzahl 1
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 2005-09-20
Vermarkter Atari
Wertung 8.5
Anzeigen
neXGam YouTube Channel
Anzeigen