
Fist of the North Star: Lost Paradise ist dabei nicht das erste Game von SEGA zu Buronsons und Tetsuo Haras postapokalyptischer Dystopie. Bereits 1986 erschien mit dem Master-System-Spiel Black Belt eine Versoftung, gefolgt von einem der ersten Mega-Drive-Titel The Last Battle. Zwar wurden beide Spiele ihrer Zeit auch in Europa veröffentlicht, allerdings ihrer Verbindung zum hierzulande eher wenig bekannten Manga beraubt.
Spielerisch dürfte sich jeder, der bereits mit Yakuza vertraut ist, in Fist of the North Star schnell heimisch fühlen. Kenshiro kann sich frei in der Stadt bewegen, Restaurants und Geschäfte aufsuchen und Missionen von Bewohnern annehmen.
Ob als Teil einer Mission oder einfach durch eine zufällige Begegnung mit Schlägertypen: Eher früher als später kommt es zum Kampf.
Die Kämpfe finden direkt in der normalen Spielumgebung statt. Kenshiro ist eine 1-Mann-Armee und kann sich problemlos der Angriffe eines Dutzends oder mehr Gegner erwehren. Simple Buttonkombinationen führen zu herben Dresche für die Punks. Je nach Größe und Stärke können die Angreifer einiges abblocken. Durchbricht man deren Abwehr, kann mit der Kreistaste ein Finishing Move eingesetzt werden. Wie vom Manga bekannt, lässt unser Held die ahnungslosen Punks hierbei auf verschiedene Weise sprichwörtlich explodieren. Je nachdem, was man im Skilltree alles erlernte, eröffnen sich neue Tötungsmöglichkeiten. Ausgelöst durch einen simplen Tastendruck mit anschließendem Quick-Time-Event, können so je nach Position und Umgebung mannigfaltige Tötungen eines oder gar mehrerer Feinde angewendet werden. Sind alle Gegner beseitigt bekommt man die Leistung je nach abgelaufener Zeit, eingesteckten Treffern und eingesetzten Angriffen ein Rating, welches sich auf die Erfahrungsboni und sonstigen Belohnungen auswirkt.
Neben den simplen Missionen betätigt sich unser Held bspw als Barkeeper. Dann gilt es, durch Betätigen der Analogsticks und Schütteln des Controllers, jedem Gast den korrekten Drink zu servieren und sich seine Probleme anzuhören.
Als Aushilfsarzt müssen zahlreiche Patienten in Form eines musikalischen Rhythmus-Spielchens mit Kenshiros sonst tödlichen Finger eine Akkupunktur verpasst bekommen.
Auch eine Spielhalle ist vorhanden, und benötigt Arcade-Automaten, welche Kenshiro unterwegs findet. Sogar ein SEGA Mark III (die japanische Version des Master Systems) mit dem ersten Fist-of-the-North-Star-Spiel kann gefunden werden.
Das größte Minispiel ist der aus Yakuza Zero bekannte Cabaret Club. Kenshiro heuert Hostessen an und setzt unter Zeitdruck den oft anspruchsvollen Gästen die passenden Damen zur Seite, um für Zufriedenheit und hohe Einnahmen zu sorgen. Die Hostessen sammeln Erfahrung und werden befähigt, immer schwierigere Kunden mit mehr Geld zu bedienen. Eine Nebenbeschäftigung, die einen viele Stunden bei der Stange hält.
Grafisch fängt Fist of the North Star den Anime-Stil sehr gut ein. Die abartig muskelbepackten Gestalten sind sicher nicht jedermanns Geschmack; und der abstrus hohe Gewaltgrad auch nicht. Doch beides repräsentiert die Vorlage sehr gut. Eden sieht verglichen mit Tokyos Nachtleben etwas öde aus, aber die Welt des Spiels ist nun mal eine atomare Wüste.
Anders als bei Yakuza steht dem Spieler diesmal ebenfalls eine komplett englische Sprachausgabe zur Verfügung. Dabei muss aber erwähnt werden, dass bei weitem nicht jeder Dialog vertont ist. Optional darf auch auf japanischen O-Ton umgestellt werden. Deutsche Texte gibt es weder in Ton noch Untertiteln.
Fist of the North Star: Lost Paradise zeigt, wie gut sich SEGAs exzellente Yakuza-Rezeptur für andere Themen adaptieren lässt. Obwohl ich den Anime als Teenager sah, war ich nie Fan davon. Dieses Game unterhielt mich mit seinem bewährten Aufbau aber 40 Stunden gut und brachte mir diese Welt näher als je zuvor. Die kleinen Neuerungen und Abweichungen, wie das Autofahren sind nette Unterscheidungsmerkmale zu SEGAs Unterwelt-Epos. Insgesamt ziehe ich die Yakuza-Reihe zwar dennoch klar vor, aber gerade für Fans der Vorlage könnte dieses Spiel umgekehrt dafür sorgen, dass sie darüber endlich zu Yakuza finden. Ich bin gespannt auf weitere Lizenzen, die mit diesem so typischen Gameplay umgesetzt werden!