
neXGam: Hallo Carlos. Bitte stell dich unseren Lesern zunächst mal vor.
Carlos: Hallo, Daniel. Ich heiße Carlos Oliveros aka Hombreimaginario. Ich bin Werbetexter und war früher Redakteur beim spanischen Multiplattform-Magazin Games Tribune. Zudem war ich einer der spanischen Übersetzer von Pier Solar, und nun bin ich Schreiber und Allround Komunikationsmann bei Retro Sumus.
neXGam: Erzähl uns ein wenig über Retro Sumus.
Carlos: Retro Sumus ist Latein und bedeutet „wir sind zurück“ oder „wir sind retro“. Wir wussten, dass wir keinen Namen mit Wörtern wie „Team“ oder „Games“ oder irgendsowas wollten, und haben uns etwas originelleres ausgesucht. Wir sind ein eher kleines Entwicklerteam aus Spanien, dessen drei Gründungsmitglieder auf die eine oder andere Art bei Pier Solar involviert waren und den Versuch beschlossen haben, etwas „Eigenes“ zu machen. Eine Art persönliche Herausforderung.
neXGam: Spanien scheint eine sehr lebendige Homebrew-Szene zu haben. Sowohl ihr als auch 1985alternativo macht Konsolen-Spiele und nach PC-Veröffentlichungen arbeitet Locomalito an einer Mega-Drive-Umsetzung eines seiner Spiele. Ist Retro Gaming sehr beliebt in Spanien?
Carlos: Mann, ich freue mich wirklich darauf, Antarex von 1985alternativo wieder auszuprobieren. Hoffentlich bringen sie es wieder zum RetroBarcelona Event wie vergangenes Jahr. Also ja, es kann sein, dass „unsere“ Generation groß ist in Spanien. Eine Generation, die einfache Old-School-Mechaniken in Spielen vermisst. Auf der einen Seite sind Fussball-Games (und ich meine europäischen, nicht amerikanischen Fussball) Jahr für Jahr so riesige Verkaufsschlager auf Konsolen, dass es langweilig ist. Aber andererseits gelten RetroMadrid und RetroBarcelona als zwei der größten Retro-/Indie-Veranstaltungen Europas, also ...
neXGam: Wie kam es zur Entstehung von Retro Sumus?
Carlos: Nun, ich hatte diese Idee zu Ameba, erzählte Daniel Lancha aka Chui (Pier Solar, Ghost Blade, „4ALL“ Emulatoren) davon und er mochte es und war bereit, daran zu arbeiten. Außerdem hat 3D-Designer Abel del Dedo an der Mode-7-Stage für die Dreamcast- und PC-Fassungen von Pier Solar gearbeitet, was ihn ermutigt hat, ein neues Spiel basierend auf einer ähnlichen Spielidee und Perspektive zu kreieren. Chui war das Bindeglied zwischen uns, da er so (stark) involviert in Pier Solar war. Unser Komponist Juanjo Martin hat sich unserem Team dann angeschlossen, sobald ich ihn von meinen Vorstellungen zu Ameba habe wissen lassen. Tatsächlich wurde am selben Tag eines der Stücke vom Soundtrack improvisiert.
neXGam: Unterhalten wir uns über eure Projekte. Zunächst ist da Ameba. Was kannst du uns von dem Spiel erzählen?
neXGam: TV-Schreiber, das klingt äußerst professionell. Wie sind sie zu einem Dreamcast-Spiel gekommen?
Carlos: Na ja, sie teilen natürlich unser Interesse für Videospiele. Besagter Preis war in der Kategorie für den „innovativsten Vorschlag“. Ich denke der Hauptgrund ist, dass wir Spanier nicht wirklich das Gefühl haben, dass Talent in unserer Heimat angemessen gewürdigt wird. Das ist traurigerweise der Grund dafür, dass spanische Wissenschaftler, Programmierer, Schauspieler usw. meinen, bspw. nach Deutschland, Großbritannien oder in die USA gehen zu müssen. Ich glaube wir sind alle sofort auf die Chance angesprungen etwas zu tun, das wir nicht nur mögen, sondern wofür wir auch wirklich viel gelernt haben.
neXGam: Und Ameba ist nicht euer einziges Projekt. Es gibt auch noch Xenocider. Bitte erzähl was darüber!
Carlos: Xenocider ist unser persönlicher 3D-Tribut zu Ehren der Arcade-Ära allgemein und Yu Suzukis Space Harrier im besonderen. Wie man sich vorstellen kann, ist es also ein On-Rails-Shooter. Wirklich ein vergessenes Genre! Unser Hauptcharakter ist ein weiblicher Cyborg mit einem mächtigen Blutdurst ... oder was auch immer aus Aliens sprudelt. Definitiv keine Heldin. Zudem wird das Spiel in gewissem Maße Levelabzweigungen bieten.
neXGam: Also, was waren eure Inspirationen für Ameba und Xenocider?
Carlos: Im Falle von Ameba kann man vielleicht die Missing Parts: The Tantei Stories Trilogie für Dreamcast als guten Ausgangspunkt ansehen, aber auch jüngere Hits wie Xblaze und Steins;Gate. Ich denke aber, der Haupteinfluss ist alles, was ich an Visual-Novel-Archetypen nicht leiden kann. Wir möchten einfach etwas erschaffen, das sich ein wenig von dem unterscheidet, was man von „typischen“ Visual Novels gewohnt ist.
Was Xenocider angeht ist ganz klar Space Harrier der Schlüssel, aber es ist auch ein bisschen Galaxy Force mit drin und eine kleine Prise Sin-&-Punishment-Einfluss. Für Gegner und Bosse haben wir uns von klassischen Sci-Fi- und Horrorfilm-Monstern inspirieren lassen. Da konnten wir nicht widerstehen!
neXGam: Die beiden Spiele stellen einen starken Kontrast dar, was das Genre angeht. Ameba ist ein storyintensives Spiel, während Xenocider Segas Spielhallenwurzeln feiert. Wollt ihr vermeiden, auf bestimmte Genres festgelegt zu werden? Könnte uns als nächstes wieder etwas völlig anderes erwarten, wenn die beiden Projekte fertig sind?
Carlos: Darüber haben wir uns eigentlich gar keine Gedanken gemacht. Was wir wollen ist Spielmechaniken wieder aufleben lassen, die wir von früheren Games kennen und vermissen, Konzepte, die unserer Meinung nach nicht genug verwendet wurden, sowas in der Art. Ich weiß, dass Chui besonders ein „Save & Rescue“-Spiel nach Art von Cyclone (von Vortex für den ZX Spectrum) machen würde und ich würde einen Mord begehen für einen guten, alten 2D-Action-Plattformer. Ein Nachfolger im Geiste der Shinobi-Klassiker, wenn es nach mir ginge.
neXGam: Ich würde mich gerne freiwillig melden, wenn es dazu käme. Ich vermisse solche Spiele sehr und ich denke, ich bin da nicht allein.
Carlos: Ist notiert. Ich sollte wohl auf Nummer sicher gehen, dir Bescheid zu geben, wenn es Zeit für Betatests wird, was? ;)
Dev Diaries Teil 1
neXGam: Kickstarter ist sehr beliebt bei Homebrewern geworden. Denkt ihr darüber nach Crowdfunding zu nutzen?
Carlos: Selbstverständlich, ja. Wir schauen uns aber auch noch immer nach Alternativen um. Falls wir jedoch letztendlich über Kickstarter gehen, kann ich euch versichern, dass wir wirklich schöne Belohnungen für Backer haben. Wir sind der Ansicht, dass einige davon für eine Crowfunding-Kampagne ziemlich innovativ wären.
neXGam: Warum sind beide Projekte Dreamcast-Spiele?
Carlos: Ganz einfach, weil wir alle die Konsole lieben. Sie ist sozusagen Chuis Spezialgebiet. Und die Vorstellung, etwas zum Erbe von Dreamcast beizusteuern, ist fast unwiderstehlich. ;)
neXGam: Können wir nach Veröffentlichung der Dreamcast-Fassungen mit irgendwelchen Umsetzungen rechnen?
Carlos: Windows/Mac/Linux definitiv. Danach denke ich, dass wohl Android-Versionen machbar wären.
Für Ameba haben wir eine Saturn-Fassung in Planung.
Ja, ein kommerzielles Indie-Game für den Sega Saturn. Nein, das soll kein Scherz sein!