

Nun, solch eine Story macht im Grunde noch keinen Oskar klar, aber die polnischen Entwickler von „Techland“ bringen nun eine gänzlich neue Komponente ins Spiel. Im Verlauf des Single-Player schlüpft Ihr nämlich jeweils in die Rolle von Gejagtem und Jäger, welche Episodenweise wechseln. Dieses Katz- und Mausspiel ist einmal eine wirklich erfrischende Art und Weise eine Geschichte zu erleben. Jede Handlung in der Haut des einen lässt Euch permanent Gegenprüfen was der andere daraus machen kann. Hierdurch kommt über die Distanz von 15 Level absolut keine Langeweile auf.
Beide Charaktere verfügen hierbei natürlich über verschiedene Konstitutionen und Möglichkeiten. Billy ist zwar schmächtiger und kann hierdurch weniger einstecken, dafür aber flinker und mit der Möglichkeit des Schleichens und Kletterns ausgestattet. Mit ihm werdet Ihr also weniger Kämpfe zu bestehen haben, dafür aber ein bisschen Gehirnsport und Akrobatik betreiben dürfen um an vielen Stellen nicht aufzufallen. Abgesehen davon kann er als Waffe auch einen Indianer Bogen bedienen, welcher Euch lautlose Dienste leisten lässt sowie mit einer Peitsche tiefe Hiebe austeilen oder mittels dieser an Ästen über Abgründe springen. Zusätzlich können er und auch „Reverend Ray“ Gegenstände aus der Umgebung stapeln um hier an höher gelegene Orte zu gelangen. Erwähnt werden muss noch, dass Billy seit seiner Kindheit ein Medaillon am Hals trägt, auf dem eine Kerze abgebildet ist. Das Geheimnis um dieses Artefakt sollte im Verlauf der Story ebenfalls gelüftet werden.

Über die Distanz der Story müsst Ihr dann auch ab und an ein Duell bestehen, bei dem es um Eure Reaktion geht. Nach ein paar Anläufen sollte dies aber gut von der Hand gehen, wobei die Gegner natürlich nicht einfacher werden. Da man dem Spiel aber sehr viele automatische Speicherpunkte gegönnt hat und die meisten Sequenzen auch abgebrochen werden können, sollte hier jeder einen guten Spielfluss genießen dürfen. Über die 15 Level (+ drei Extra Level) schalten sich zusätzlich auch weitere Duelle für den separaten Menüpunkt „Duelle“ frei. In diesem könnt Ihr das Handling dann nochmals üben bzw. gesondert angehen.

Zusätzlich zum Einzelspieler bietet „Call of Juarez“ dann auch noch mehrere Multiplayer-Modi an. Neben dem obligatorischen System Link könnt Ihr Euch auch via Xbox-Live mit bis zu 16 Spielern vergnügen. Dies hat mir im Test besonders viel Spaß bereitet, da man sich gleich zu Beginn auf satten 26 Karten!! austoben kann. Später sollen weitere als Download-Content hinzukommen. Abgesehen von den üblichen „natürlich anders benannten“ Modi „Team-Deathmatch“ (Skirmish) oder „Capture the Flag“ (Erobern sie den Sack), könnt Ihr Euch im „Goldfieber“ auf verstreute Beutejagd machen oder im „Raubüberfall“ versuchen Gold zu stehlen, wobei die Gesetzeshüter Seite dies natürlich verhindern soll. Als „Gesuchter“ müsst ihr versuchen alleine gegen den Rest zu überleben. Im Multiplayer könnt Ihr Euch dann auch zwischen vier Klassen mit verschiedenen Outfits entscheiden. Hier geht es vom Scharfschützen, über den Revolverhelden und dem normalen Cowboy bis hin zum Minenarbeiter, welcher mit seinem Dynamit die Gegner so richtig schön aufscheuchen kann um diese anschließend mit einer abgesägten Schrottflinte zu begrüßen.


Ein besonders guter Punkt sind aber die berühmten Ereignisse. In diesem spielt Ihr authentische Geschehnisse nach, wobei Ihr während des Ladevorgangs über die Geschichte informiert werdet. Hier wechselt der Spielmodi automatisch in die jeweils zutreffende ab. Erlebt das Gefecht vom OK Coral, überfallt mit den James Brüdern zwei Banken an einem Tag oder begleitet Billy the Kid auf einem seiner bekannten Streifzüge. Hier darf dann natürlich auch ein Zugüberfall nicht fehlen! Tolle Sache - ganz großes Kino für Fans des Wilden Westen! Etwas ankreiden muss man hier noch die Stabilität ab 12 Spielern, dass man im laufenden Spiel nach dem Ableben immer die Seiten wechseln kann (und somit sehen, was die anderen gerade wo machen) und der Sprachkanal zum Team nach dem Tode ebenfalls offen bleibt. So gibt man den „Weggefährten“ dann natürlich Tipps zu den gesichteten Feinden was natürlich auch etwas unfair ist. Hier sollte man durch einen kleinen Patch noch etwas nachbessern,

Soundtechnisch gibt es beim Spiel ebenfalls eine ordentliche Note. Der stimmige Soundtrack untermalt das Flair des Wilden Westen wobei sie in kritischen Situationen passend das Tempo wechselt. Neben den authentisch klingenden Waffen-, Umgebungs- und Reitgeräuschen darf man sich bei „Call of Juarez“ dann auch noch über eine gelungene deutsche Sprachausgabe freuen. Zwar klingt die originale noch einen Tick besser, aber hier muss man wirklich Lob aussprechen. An diesem Punkt haben leider schon zu viele Spiele wichtige Wertungspunkte verloren. Es hätte hier aber auch gut noch ein Quäntchen mehr sein können.
Von der Steuerung her gibt es ebenfalls nichts zu mäkeln. Diese ist präzise und gut Anpassungsfähig. Etwas schwierig fand ich das Anfangsgefecht mit der „Gattling“ vor dem Rückblick, da diese hier mit dem rechten analogen Stick gesteuert werden mußte. Da dies mit dem linken für mich persönlich viel einfacher von Statten ging, habe ich hier kurzerhand die Steuerung auf „Linkshänder“ umgestellt. Nach dem Gefecht wurde sie dann ganz einfach wieder „zurück gepolt“. Etwas großzügiger hätte man vielleicht noch mit den Punkten am Baum umgehen können, an denen sich Billy mit der Peitsche rüber schwingen muss. Hier kann es in hektischen Situationen schon mal zu einem Absturz in die Tiefe kommen. Im Ganzen aber auch hier grünes Licht für tollen Spielspaß.
Mit Call of Juarez bekommt man derzeit wohl eins der besten „Rundum Pakete“ auf der Xbox 360 abgeliefert. Das bereits auf dem PC gelobte Spiel macht auch hier eine fabelhafte Figur, die vor allem in HD-Optik zur Geltung kommt. Kleine Schwächen aufgrund Tearing oder einer engen Trefferrange an den Bäumen schmälern den Gesamteindruck kaum. Die KI der Gegner ist recht ok, auch wenn ich mir hier nach den genannten Schwächen der PC-Version vor neun Monaten noch einen Tick mehr Tuning gewünscht hätte. Im Grunde machen sie Ihre Sache aber schon ganz ordentlich, nutzen die Deckungen und haben keine Scham Euch skrupellos in den Rücken zu schießen. Als persönliches Highlight empfinde ich den umfangreichen Multiplayer Online Part des Spiels. Hier wird man mich in den nächsten Monaten wohl sehr oft auf antreffen könne. Aber auch die innovative Art und Weise des Single-Player für den man cirka 10-12 Stunden veranschlagen sollte überzeugt. Western Fans werden hier eh zuschlagen, dem Rest kann ich den Titel nur ans Herz legen. Der ist meiner Meinung nach jeden Cent wert!