

Der Umfang geht für ein Spielchen der unteren Preiskategorie (40 Euro) knapp in Ordnung: Mit 71 Fahrzeugen prescht ihr über sechs Pisten, vier Klassen á zehn Wettbewerbe bilden den Karrieremodus. Für das Erklimmen des Siegertreppchens hagelt es Credits aufs Konto, welche ihr in neue Rennboliden investiert. Neben reichlich Klein- und Mittelklassewagen finden sich auch wieder hochgezüchtete PS-Monster in der virtuellen Garage, als besonderes Schmankerl dürfen Ferraristi sogar im Cockpit eines Formel 1-Rennwagens Platz nehmen. Sonntagsfahrer freuen sich über den obligatorischen Arcade-Modus, der optionale Drift-Rennen bietet. Ridge Racer-Veteranen werden sich radikal umgewöhnen müssen, denn aufgrund der realistischen Fahrphysik sind die Schlitterpartien extrem anspruchsvoll ausgefallen. Kohle lässt sich in den optionalen Arcade-Rennen leider nicht verdienen.
Eure freigespielten Racer erprobt ihr am besten im spaßigen Online-Modus. Bis zu 16 Couch-Schumacher liefern sich hier packende Überholmanöver, kein anderer Konsolen-Racer bringt mehr menschliche Mitfahrer gleichzeitig auf die Piste. Wer unerlaubt durchs Kiesbett abkürzt oder Gran Turismo 5 Prologue mit Destruction Derby verwechselt, bekommt empfindliche Zeitstrafen aufgebrummt. Bastler müssen sich erst durch C, B und A kämpfen, ehe sie ihren fahrbaren Untersatz in der S-Klasse nach Herzenslust pimpen dürfen. Ein nettes Gimmick, für die Vollversion versprechen die Entwickler jedoch deutlich umfangreichere Einstellungsmöglichkeiten.
Das Fahrverhalten ist gewohnt exzellent, kaum eine Simulation bietet ein derart authentisches Fahrgefühl wie Gran Turismo 5 Prologue. Vor allem ohne die optionalen Fahrhilfen wie ABS, Traktionskontrolle und ESP offenbart sich der ultimative Realismus-Kick. Passionierten Bestzeit-Jägern sei an dieser Stelle das Lenkrad G25 von Logitech empfohlen, dass eine bessere Fahrzeugkontrolle und wuchtiges Force-Feedback ermöglicht. Sogar der Windschatten wird akkurat simuliert, wer sich direkt hinter der Konkurrenz positioniert, hat dank geringerem Luftwiderstand spürbar bessere Beschleunigungswerte. Enttäuschend ist hingegen die KI ausgefallen. Bereits in früheren Episoden wurde der notorische "Perlen-Effekt" gerügt, trotz PS3-Pferdestärken ist jener leider wieder mit von der Partie. Sämtliche Computergegner drehen brav ihre Runden, halsbrecherische Überholmanöver muss man mit der Lupe suchen. Bitte unbedingt beim "richtigen" Gran Turismo 5 nachbessern!


Auch grafisch bin ich leider etwas zwiegespalten von Gran Turismo 5 Prologue. Widmen wir uns erst einmal der Haben-Seite: Kein Rennspiel bot bislang derart atemberaubend detaillierte Fahrzeugmodelle. Auch die 360-Konkurrenz hat hier das Nachsehen. Felgen, Lampen, Türen, alles wirkt einfach fotorealistisch, was sicher auch dem genialen Licht- und Schattenspiel, sowie den fantastischen Lack-Reflexionen geschuldet ist. Erstmals bietet Gran Turismo auch eine richtige Cockpitperspektive, wobei das Interieur ebenso eindrucksvoll gestaltet wurde wie die Karosserie. Auch die Strecken gehen im Großen und Ganzen in Ordnung, vor allem bei der Eiger Nordwand und der kolossalen Stadtrallye durch London zeigt die PS3 ihre Grafikmuskeln. Auf den übrigen Strecken nimmt der optische Hochgenuss dann etwas ab, wobei die klassischen Rennstrecken selbst in Natura wenig Eyecandy bieten. Immerhin orientieren sich sämtliche Rundkurse bis auf den Zentimeter an ihren realen Vorbildern.


Leider erfüllt Gran Turismo 5 Prologue trotz allem nicht die hochgesteckten Erwartungen. Wo ist beispielsweise die versprochene Kantenglättung abgeblieben? Ursprünglich war 4x in 720p, bzw. 2x im hochskalierten 1080p-Modus angedacht. So zeichnen sich oftmals unschöne Treppenmuster auf eurem Rennboliden ab, die Hintergrunddetails werden von einem notorischen Flimmern überlagert - Schade! Wäre an sich kein Beinbruch, wenn sich nicht ein absolutes No-Go in die Optik eingeschlichen hätte. Sowohl einige Zuschauer, als auch die Bäume wurden als zweidimensionale Bitmap-Grafiken in die Streckenbebauung gepflanzt. So wurde die Vegetation lieblos aus zwei kombinierten Flächen modelliert, man fühlt sich an unselige PS2-Frühtage erinnert. Hoffen wir dass die Entwickler diese Fauxpas bis zum finalen Gran Turismo 5 noch ausbügeln.
Gran Turismo 5 Prologue bietet einen saftigen Vorgeschmack auf die spätere Vollversion, offenbart aber spielerische wie grafische Schwächen. Gelegenheitsfahrer dürfen mangels Alternativen ebenso zugreifen wie ausgehungerte Fans und einen spielbaren Gran Turismo 5-Ausblick genießen, der dank Online-Modus länger motiviert als eine 08/15-Demo.