Brothers in Arms - Earned in Blood im Test

PlayStation2
Der zweite Weltkrieg ist in Videospielen und Filmen immer noch ein sehr beliebtes Thema. Diverse Softwareschmieden werfen Games zu diesem dunklen Kapitel der Weltgeschichte in so hoher Frequenz auf den Markt, als würde es morgen verboten werden. Auch Ubi Soft und Gearbox entführen uns mit dem neuesten Teil der Brothers in Arms-Reihe nun schon zum zweiten Mal an diverse Schlachtschauplätze im Europa der 40er-Jahre. In der aktuellen Episode, die den düsteren Untertitel Earned in Blood trägt, schlüpft der Zocker in die Rolle von Joe Hartsock, der inzwischen nicht nur zum Sergeant, sondern gleichzeitig zur spielbaren Hauptfigur befördert wurde. Ob der junge Held und seine Mitstreiter den Krieg unbeschadet überstehen werden, hängt vor allem von der Schnelligkeit und dem taktischen Geschick des Spielers ab.

Die zerstörten Dörfer der Normandie bilden die Kulisse für die Gefechte.

Genau wie im Vorgänger erinnern diesmal sowohl die Story als auch die Atmosphäre des Games sehr stark an die bekannte TV-Mini-Serie Band of Brothers. Nach der Landung in der Normandie beginnt eine Schlacht um die Vorherrschaft in Frankreich, an der auch die Division unseres Protagonisten teilnimmt. Da sich die Macher an tatsächlichen Ereignissen orientiert haben, wirkt die Geschichte von Earned in Blood äußerst realistisch, was aber die Kampfsituationen und Zwischensequenzen keinesfalls weniger dramatisch erscheinen lässt.

Ob ein Taktik-Shooter Spaß macht oder nicht hängt vor allem von einer guten Steuerung ab. Gerade in diesem Bereich ist Earned in Blood dem Großteil seiner näheren Genreverwandtschaft überlegen. Das Anvisieren eines bestimmten Punktes und das Drücken eines einzigen Knopfes reichen aus, um den virtuellen Kameraden die wichtigsten Befehle zu geben. Andere oft benutzte Kommandos wie beispielsweise die Aufforderung zum Folgen sind direkt über die vier Richtungstasten des Steuerkreuzes abrufbar.


Nur am Mündungsfeuer erkennt man den Feind in weiter Ferne. Auf diese Disatnz ist ein Treffer reine Glückssache.

Wie schon der Vorgänger zeigte, kann es durchaus interessant sein, wenn die verfügbaren Waffen keine perfekten Vernichtungsinstrumente sind, sondern sich an der Realität orientieren. Vor über 60 Jahren war die Technik nun einmal nicht absolut ausgereift und das merkt man auch während der Missionen immer wieder. Ein Gewehr hüllt beispielsweise nach dem Abfeuern den Bildschirm für einen Sekundenbruchteil in undurchsichtigen Schwarzpulvernebel. Gemeinsam mit der Tarnkleidung der Feinde sorgt diese Maßnahme dafür, dass es nicht gerade leicht ist, mehrere gezielte Schüsse mit schneller Frequenz abzugeben. Auch die Nachladezeiten der meisten Waffen sind hoch bemessen, wodurch es ratsam ist, sehr sparsam mit der Munition umzugehen. Der Zocker wird zum taktischen Denken gezwungen, was die einzelnen Levels sehr spannend macht. Auch wenn man sich in manchen Situationen wünscht, den Master Chief aus Halo auf die Soldaten hetzen zu dürfen, was innerhalb von Sekunden zu einem Massaker führen würde, sind es gerade die Mängel der Ausrüstung und der eigenen Spielfigur, die Earned in Blood zu einem besonderen Erlebnis machen.


Alles andere als handlich: dem Scharfschützengewehr sieht man sein Alter deutlich an.

Die anfangs sehr interessante Angriffsstrategie der eigenen Truppe wird durch endlose Wiederholungen im Laufe des Games leider ein wenig langweilig. Typischerweise läuft ein Gefecht folgendermaßen ab: man erkennt in weiter Ferne einige feindliche Soldaten, die hinter einem Objekt auf ihre Opfer warten. Nun sucht man nach einem strategisch günstigen Punkt, befiehlt den eigenen Kameraden, dort Stellung zu beziehen und anschließend die Gegner unter Sperrfeuer zu nehmen. Da die Deutschen nun abgelenkt sind, kann man die eigene Spielfigur in eine besonders günstige Position bringen und die Gegner mit ein paar gezielten Schüssen ausschalten. Mit Hilfe einer jederzeit aufrufbaren Vogelperspektive, die den vollen Überblick ermöglicht, lassen sich solche Aktionen besonders gut planen. Was in den ersten Missionen sehr viel Spaß macht, verliert leider innerhalb weniger Stunden viel von seinem Reiz, da Earned in Blood einfach nicht genügend alternative Situationen zu bieten hat. Selbst die Möglichkeit, nach dem erfolgreichen Abschluss der ersten Mission separate Angriffs- und Flankierungsteams zu befehligen, ändert nur wenig an dem altbekannten Schema. Aufgaben wie der Schutz bestimmter Gebäude sind zwar vorhanden, enden aber nach der Abwehr einiger Angriffswellen oft wieder mit dem Ausschalten eingeigelter Gegner aus der Ferne. Nur selten ist es ratsam, den Befehl zur direkten Erstürmung feindlicher Stellungen zu geben. Die Nahkampffähigkeiten der eigenen Spielfigur sind äußerst armselig und es ist fragwürdig, ob ein simpler Frontalangriff von mehr als vier Gegnern, der in den Missionen nie stattfindet, überhaupt zu überleben wäre.

Earned in Blood bietet neben dem regulären Story-Modus auch noch eine ganze Reihe einzelner Missionen, die kooperativ oder gegeneinander im Splitscreen oder über das Internet gespielt werden dürfen. Dummerweise wird schnell klar, dass die erprobten Taktiken gegen menschliche Gegner nicht viel ausrichten können, da sich diese nicht so einfach von Sperrfeuer einschüchtern lassen. Dank dem recht großen Waffenarsenal machen die Schlachten zwar dennoch Spaß, aber gerade im Multiplayerbereich gibt es sowohl bessere Taktikshooter als auch bessere geradlinige Ballerspektakel als den zweiten Teil von Brothers in Arms.


Per Knopfdruck erhält man die volle Übersicht. So lässt sich die nächste Aktion besonders gut planen.

Das größte Manko des Spiels ist die künstliche Intelligenz aller computergesteuerten Akteure. Weder die eigenen Verbündeten noch die feindlichen Truppen scheinen viele Gedanken daran zu verschwenden, eine heikle Situation zu überleben. Immer wieder fällt auf, dass die Deutschen niemals einen ernsthaften Fluchtversuch oder einen taktisch durchdachten Gegenangriff starten. Wenn sie unter Beschuss liegen, bewegen sie sich in der Regel nur wenige Meter, um sich anschließend wieder an einer Stelle zu ducken, die keinerlei Vorteil bietet. Hartsocks Truppenmitglieder machen ebenfalls eine ganze Reihe vermeidbarer Fehler. Besonders häufig fällt auf, dass die Soldaten eine gute Deckung nicht erkennen können. Wenn man den Befehl erteilt, sich hinter einer Mauer zu positionieren, kommt es nicht selten vor, dass mindestens einer der Kameraden neben dem Objekt in Stellung geht oder ausgerechnet eine Lücke für den sichersten Ort hält. Solche und viele ähnliche Indizien für den mangelnden Überlebenswillen aller Beteiligten trüben den Spielspaß deutlich.

Im Großen und Ganzen ist Earned in Blood ein optisch gelungener Shooter. Die eingeschränkte Farbpalette und die dadurch oft trostlos wirkenden Hintergründe passen zur Thematik. Die vielen kleinen Dörfer und andere Schauplätze sind dennoch abwechslungsreich konstruiert und zeigen Spuren des Krieges. Die grafischen Mankos findet man oft erst bei besonders naher Betrachtung. So sind die Bewegungsabläufe der detaillierten Figuren beispielsweise sehr nett anzuschauen, während die Gesichtsanimationen äußerst simpel ausgefallen sind. Unter den meistens guten Effekten finden sich auch immer ein paar sehr fragwürdige Spektakel. Besonders die größeren Explosionen sehen extrem grob und unschön aus. Der Tiefpunkt ist das ruckelige Bild, das bei schnellen Drehungen entsteht und den ohnehin schon kniffligen Nahkampf noch unübersichtlicher macht.

In Sachen Sound gibt es kaum etwas zu meckern. Die akustische Kulisse auf den Schlachtfeldern wirkt dank sehr guter Waffengeräusche äußerst realitätsnah. Entferntes Mörserfeuer und viele andere Effekte lassen jede Sekunde bedrohlich und spannend erscheinen. Auch die Sprachausgabe ist gelungen. Obwohl innerhalb der Missionen mehr Abwechslung nicht geschadet hätte, verleihen alle Sprecher ihren Figuren die nötigen Emotionen, ohne übertrieben zu wirken. Erfreulich ist, dass die deutsche Synchronisation diesmal nur geringfügig schwächer ist als der englische O-Ton. Auf Musik muss während der Levels zwar verzichtet werden, aber in den Menüs und Zwischensequenzen werden sowohl orchestrale Melodien als auch militärische Trommelwirbel angeschlagen, was ebenfalls zu der guten Atmosphäre beiträgt.


Wie sich die Bilder gleichen... Wieder einmal haben die Amerikaner eine gute Position gefunden, um das Sperrfeuer zu eröffnen.

Tim meint:

Tim

Es gibt genau zwei Faktoren, die Earned in Blood davon abhalten, ein Vorzeige-Taktik-Shooter zu sein. Der erste ist die fragwürdige künstliche Intelligenz der computergesteuerten Figuren und der zweite ist die ständige Wiederholung immer gleicher Spielsituationen, die außerdem im Multiplayer-Modus nicht funktionieren. Abgesehen von diesen Mankos, die anfangs Frust und später ein wenig Langeweile aufkommen lassen, ist das Game absolut empfehlenswert. Selbst wenn man schon diverse Spiele dieses Genres sein Eigen nennt, bietet die Brothers in Arms-Reihe noch ein paar neue Ideen, die den beiden bisherigen Episoden zu einer originellen und äußerst realistischen Atmosphäre verhelfen.

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Brothers in Arms - Earned in Blood Daten
Genre Ego-Shooter
Spieleranzahl 1 - 2
Regionalcode -
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 25.10.2005
Vermarkter Ubisoft
Wertung 7.8
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neXGam YouTube Channel
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