Knuckles’ Chaotix im Test

32x

Ursprünglich sollte für den Mega Drive nach Sonic & Knuckles ein weiteres Sonic-Game mit dem Titel Sonic Crackers erscheinen. In den Hauptrollen: Sonic und Tails, doch diesmal mit einem besonderen Gameplay-Kniff: Fuchs und Igel sind nämlich durch ein magisches Band permanent miteinander verbunden. Als das 32X am SEGA-Horizont auftauchte, entschied man sich kurzerhand, den Titel zum Zugpferd des potenten 32-Bit Aufsatz zu machen. Im Laufe der Entwicklung wurde zwar das ursprüngliche Gameplay-Konzept beibehalten, doch Story, Charaktere und Technik wurden komplett überarbeitet und an das 32X angepasst. Heraus kam Knuckles’ Chaotix, welches Sonics naiven Kumpel Knuckles zum Titelhelden befördert.

Knuckles-Chaotix_02Sonic ist weit und breit nicht mehr zu sehen, und auch Tails macht sich rar. Doch auf einen gewissen verrückten Wissenschaftler ist immer Verlass. So heckt Dr. Robotnik auch im vorletzten Mega Drive Auftritt des Sonic Franchise einen finsteren Plan aus. Diesmal plant er sich den Power Emerald unter den Nagel zu reißen. Dieser stellt die Energiequelle von Carnival Island dar, einem gewaltigen Vergnügungspark. Um sicherzugehen, dass ihm niemand in die Quere kommt, hat Robotnik den Combi Confiner geschaffen. Mit diesem Gerät kann er seine Feinde in einer Art Stasis-Feld gefangen halten. Als Knuckles kurz vor der Eröffnungsfeier des Parks nach dem Rechten sehen will, muss er mit Entsetzen feststellen, dass Robotnik bereits Knuckles’ Freunde, die Chaotix, im Combi Confiner gefangen hält. Zum Glück findet der Ameisenigel schnell heraus, wie er seine Freunde mit Hilfe der (in Sonic-Spielen obligatorischen) Ringe befreien kann.

 

Die goldenen Lebensretter verfügen über die Macht, die Kräfte des Combi Confiners aufzuheben, indem einer der Gefangenen mit Knuckles eine permanente Ring-Verbindung eingeht. Sprich: Knuckles und einer seiner Freunde halten jeweils einen Ring in ihren Händen, der durch ein magisches Band mit seinem Gegenstück verbunden ist. Dadurch können sich die beiden zwar nicht weiter als wenige Meter voneinander entfernen, doch so muss Knuckles den Kampf gegen Robotnik und seine Roboter-Schergen nicht allein aufnehmen.

 

Knuckles-Chaotix_05Im Großen und Ganzen bietet Knuckles’ Chaotix das gleiche Gameplay wie die Vorgänger mit dem blauen Flitzeigel. Ihr rennt mit einem Wahnsinnstempo durch die Level, sammelt dabei Ringe ein, welche bei Feindkontakt euer Ableben verhindern, und bekämpft Robotniks mechanische Kreationen. Dennoch finden sich genug Unterschiede, die das Spiel eigenständig machen. An erster Stelle sei die erwähnte Gummiband-Mechanik genannt. Da ihr ständig an einen anderen Charakter gebunden seid, könnt ihr nicht einfach locker-flockig durch die Level sprinten. Denn die Bewegungen des KI-Helfers müssen mit eingeplant werden, sonst werdet ihr unschön ausgebremst.
Zum Glück lässt sich dieses Defizit auch zu eurem Vorteil nutzen. So lässt sich euer Begleiter jederzeit per Knopfdruck an Ort und Stelle fixieren, wodurch ihr gezielt das Ring-Band spannen könnt, um so beim Lösen der Fixierung mit einem Affenzahn loszupreschen. Mit Hilfe der Gummiband-Mechanik lassen sich so ungeahnte Geschwindigkeiten und auch Höhen erreichen.
 

Knuckles-Chaotix_10Weiterhin habt ihr die Möglichkeit den zweiten Charakter aufzuheben und zu werfen. Tut ihr dies aus einem Sprung heraus, lassen sich z. B. größere Distanzen überwinden. Ein Beispiel: Ihr seht eine Plattform, die ihr mit einem normalen Sprung nicht erreichen könnt. Schnappt euch nun euren Sidekick, werft ihn hoch, fixiert ihn dort und spannt danach in aller Seelenruhe das Band, um euch mit Hilfe der aufgebauten Spannung auf seine Ebene hochkatapultieren zu lassen. Im Rahmen des neuen Steuerungskonzepts wurde das Gameplay um eine weitere Besonderheit ergänzt. So könnt ihr euren Partner, falls ihr ihn einmal verloren habt, jederzeit zu euch rufen. Was allerdings 10 Ringe kostet. Zum ersten Mal in der Seriengeschichte ist es möglich, eine negative Anzahl Ringe zu besitzen. Bei einem Minus von 100 Ringen verliert ihr das Spiel und landet auf der Oberwelt. Und solltet ihr mit einem Soll ins Ziel kommen, werden euch für jeden negativen Ring 100 Punkte vom Highscore abgezogen.

 

Einen großen Effekt auf das Gameplay hat die Wahl der Charaktere. Denn alle sieben Helden besitzen eine unterschiedliche Movepalette und besondere Fähigkeiten. Knuckles’ Bewegungen kennt man bereits aus Sonic & Knuckles. Er kann kurze Distanzen per Gleitflug überwinden und an senkrechten Wänden klettern. Seine Freunde Vector the Crocodile, Charmy Bee, Mighty the Armadillo und Espio the Chameleon beherrschen dagegen Doppelsprünge, können fliegen oder sogar an Wänden und Decken entlang laufen. Ebenfalls mit an Bord sind zwei von Robotniks Robotern, die sich gegen ihren Schöpfer aufgelehnt haben. Heavy ist, wie sein Name schon sagt, sehr schwer und dadurch extrem langsam. Und Bomb explodiert gerne bei Feindkontakt, wodurch er sogar seinem Ring-Partner gefährlich wird. Ihr merkt schon, die beiden Roboter sind nicht gerade die hilfreichsten Gesellen.

 

Knuckles-Chaotix_12Einen der größten Unterschiede zu den bisherigen Serienablegern stellt bei Knuckles‘ Chaotix übrigens die Art und Weise dar, wie man in der Story bzw. der Spielwelt voranschreitet. Im Gegensatz zu den linearen Vorgängern spielt man die Level hier in einer quasi-zufälligen Reihenfolge durch. Ihr startet nach der Charakterwahl jedes Mal in der Oberwelt, dem sogenannten World Entrance. Hier befindet sich eine Übersichtskarte, die zeigt, welche Level bzw. Attraktionen ihr auf Carnival Island bereits absolviert habt. Ein Stückchen weiter findet ihr den Combi Confiner, in dem eure Freunde gefangen gehalten werden. In einer Art Ufo Catcher Minispiel wird dort euer Koop-Partner bestimmt. Es braucht schon ein geschicktes Händchen und eine Portion Glück, um sich den gewünschten Charakter zu schnappen und nicht Robotniks Roboter, sozusagen die Nieten, zu erwischen.

 

Danach geht es weiter den Gang entlang zur Levelauswahl, wo ihr per Schalter einen Zufallsgenerator stoppt, um eine der fünf Welten zu wählen. Jede Welt besteht wiederum aus fünf Leveln. Die Level innerhalb einer Welt spielt ihr grundsätzlich in festgelegter Reihenfolge durch, doch nach jedem Level landet ihr wieder im World Entrance und wählt per Zufallsgenerator erneut, in welcher Welt ihr den nächsten Level spielt. Ein weiteres Novum: Alle Level sind in vier unterschiedlichen Tageszeiten-Settings spielbar, wobei die Tageszeiten Level für Level durchwechseln und das Gegneraufkommen sowie die Bosskämpfe beeinflussen.

 

Knuckles-Chaotix_13Technisch stellt Knuckles‘ Chaotix zweifelsfrei den Höhepunkt der bis dahin erschienenen Sonic Games dar. Die Umgebungsgrafik und sämtliche Objekte bestehen aus simplen geometrischen Formen und wirken durch ihren Schattenwurf ungemein plastisch. Die Power des 32X wird sogar für einige 3D-Effekte und teilweise sogar polygonale Grafikelemente genutzt. Auch die 2D-Sprites werden durch neuartige Rotations- und Zoomeffekte gekonnt in Szene gesetzt. Zudem handelt es sich mit Abstand um das bunteste Spiel der Reihe. Carnival Island strotzt nur so vor Primär- und Neonfarben. Der Sound jedoch fällt dagegen leicht ab. Die technoiden und teils funky Musikstücke passen zwar zum Setting, doch sie lassen das eingängige Ohrwurmpotential der Vorgänger-Soundtracks vermissen.

Doch was wäre ein Sonic-Spiel ohne Special Stages? Auch Knuckles‘ Chaotix wieder wartet mit sieben kniffligen Spezialrunden auf. Diesmal gewinnt ihr dort nicht Chaos Emeralds, sondern ihre Verwandten, die Chaos Rings. Doch wie gelangt ihr in den Besitz dieser bunten Riesenringe? Nun, wie schon in diversen anderen Titeln der Serie müsst ihr es mit einer Mindestzahl von 50 Ringen ins Ziel eines Levels schaffen, um den Eingang zu den Special Stages zu öffnen. Dort bahnt ihr euch einen Weg durch eine komplett dreidimensionale, sechseckige Polygon-Röhre. In der ihr sogar an Wänden und Decke entlanglaufen könnt, Ringe einsammelt und euch die geforderte Menge an blauen Kugeln schnappt, um den jeweiligen Chaos Ring zu erhaschen. Aber Vorsicht: Der hexagonale Hindernisparcours ist nur so gespickt mit Stacheln, Sägen und plötzlich auftauchenden Abgründen.

 

Knuckles-Chaotix_09Neben den Special Stages findet ihr auch überall in den Levels versteckte Eingänge zu den kleineren Bonus Stages, die ihr betreten dürft, sofern ihr mindestens 20 Ringe euer Eigen nennt. Hier geht es darum, im freien Fall Hindernissen und Fallen auszuweichen und nebenbei möglichst viele Power-Ups und Ringe einzusammeln. Apropos Power-Ups: In Knuckles‘ Chaotix wurden die beliebten Feuer-, Blitz- und Wasserschutzschilde aus den Vorgängern wegrationalisiert. Lediglich der normale Standard-Schutzschild sowie das Unverwundbarkeits-Power-Up und die Sprint-Schuhe sind geblieben. Dafür halten hier jedoch eine Menge neuer Gimmicks Einzug.

 

So findet ihr neuerdings den Kombinier-Ring, der dafür sorgt, dass bei einem gegnerischen Treffer nicht alle eure Ringe wild durch den ganzen Bildschirm geschleudert werden, sondern alle Ringe in einem einzigen silbernen Ring gebündelt werden. Wenn ihr es also schafft, diesen Ring wieder einzusammeln, bevor er verschwindet, erhaltet ihr alle Ringe zurück. Daneben gibt es auch Items, die euch wachsen oder schrumpfen lassen, was Auswirkungen auf die Gummiband-Physik hat, eure Spielfigur gegen den KI-Partner austauschen oder euch für kurze Zeit permanent in einen der anderen Charaktere verwandeln.

 

Doch wie sieht es mit dem Spielspaß aus? Durch das neuartige Gameplay benötigt man definitiv eine kurze Einarbeitungszeit. Daher implementierte SEGA auch zum ersten Mal in der Seriengeschichte ein kurzes Tutorial, welches ihr zu Spielbeginn absolviert. Habt ihr die Eigenheiten der Steuerung und der Physik einmal verinnerlicht, saust ihr jedoch fast ebenso flink durch die Level wie Sonic. Moment… nur fast? Ja, denn das Leveldesign in Knuckles‘ Chaotix ist nicht mehr so auf Highspeed ausgelegt, dafür etwas mehr auf Exploration und (Schalter-)Rätsel.

 

Knuckles-Chaotix_06Der größte Kritikpunkt ist jedoch das repetitive Leveldesign. So wunderschön die Level aussehen, innerhalb einer Welt wiederholen sich immer wieder dieselben Strukturen, Levelbausteine und Muster. Da ihr die Level in zufälliger Reihenfolge spielt und sie somit auch zu unterschiedlichen Tageszeiten zu Gesicht bekommt, wird optisch dennoch genügend Abwechslung geboten. Doch an die bis ins kleinste Detail ausgefeilten Level eines Sonic 3 oder Sonic & Knuckles kommt das Leveldesign zu keiner Zeit heran.

 

Was Knuckles‘ Chaotix definitiv besser macht als seine Vorgänger, ist der Koop-Modus. War dieser in den Vorgängern lediglich eine nette, jedoch halbgare Dreingabe, ergibt er hier absolut Sinn, da das Gameplay auf die Zusammenarbeit zweier Charaktere ausgelegt ist. Stöpselt ihr einen zweiten Controller an, könnt ihr zusammen mit einem Freund bzw. einer Freundin Robotnik den Garaus machen. Dies erfordert allerdings gutes Teamwork und auch mündliche Absprachen für getimte Sprünge und Endgegner-Taktiken. Doch der daraus resultierende Zugewinn an Spielspaß ist enorm. Und selbst wenn ihr euren Mitspieler in einen Gegner oder eine Falle schleudert, kann das unglaublich witzig sein. Zumindest für euch ;-)




Daniel meint:

Daniel

Knuckles‘ Chaotix gehört klar zu den besten Spielen für das 32X. Es nutzt die Möglichkeiten der potenten Hardware gekonnt aus, um einige der schönsten 2D-Grafiken seiner Zeit auf den Fernsehschirm zu zaubern. Das Gummiband-Gameplay bringt frischen Wind in die Serie und geht nach kurzer Eingewöhnungszeit in Fleisch und Blut über. Durch die verschiedenen Charaktere und deren spezifische Moves bietet der Titel in Verbindung mit den unterschiedlichen Tageszeiten einen nicht zu unterschätzenden Wiederspielwert. Wer die Möglichkeit hat, den Titel im Koop-Modus zu spielen, sollte sich diesen Spaß auf keinen Fall entgehen lassen. Durch das zu repetitive Leveldesign platziert sich Knuckles wertungstechnisch jedoch knapp hinter den abwechslungsreicheren Sonic-Titeln. Auch die Tatsache, dass man durch das Sammeln der sieben Chaos Rings keine besondere Belohnung außer einem leicht abgewandelten Abspann freispielt, enttäuscht. Dennoch sollte jeder Spieler mit Sonic-Affinität diese 32X-Perle gespielt haben.

Positiv

  • Exzellente Grafik
  • Launiger Koop-Modus
  • Innovatives Gameplay-Konzept

Negativ

  • Repetitives Leveldesign
Userwertung
9.28333 12 Stimmen
Wertung abgeben:
senden
Forum
  • von Civilisation:

    Dennis hat das Spiel für uns getestet. Knuckles' Chaotix Ursprünglich sollte für den Mega Drive nach Sonic & Knuckles ein weiteres Sonic-Game mit dem Titel Sonic Crackers erscheinen. In den Hauptrollen: Sonic und Tails, doch diesmal mit einem besonderen Gameplay-Kniff: Fuchs...

  • von Tempest2K:

    Ok Thx

  • von mzero2:

    Original von Sega-EF Ist es gut mit dem 3-Button Pad zu spielen oder ist ein 6-Button Pad empfehlenswert? Im Spiel selber braucht man kein 6-Button Pad nur bei dem Optionen kann man es benutzen....

Insgesamt 7 Beiträge, diskutiere mit
Follow us
Knuckles’ Chaotix Daten
Genre Jump’n Run
Spieleranzahl 1 - 2
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit -
Vermarkter SEGA
Wertung 9.1
Anzeigen
neXGam YouTube Channel
Anzeigen