Genug Nostalgie. Beim Rollenspiel Beggar Prince dreht sich die Geschichte um den jungen Prinz Steve. Der hat ein Problem. Er wollte kurzzeitig der stickigen Palastluft Lebewohl sagen und Freiheit schnuppern. Zu diesem Zweck tauschte der schnöselige Kronprinz mit einem ähnlich aussehenden Bettler die Klamotten. Dumm nur, das der korrupte Katzenminister intriganter als jeder bundesdeutsche Parlamentarier ist und den Prinz auf diese Weise abserviert. Haha, spätestens seit Wing Commander hätte ich dem Prinz sagen können, dass von den Fellknäueln nichts Gutes zu erwarten ist! Jedenfalls begibt sich Hohheit auf eine Rettungsmission für sein Königreich. Alle Amerikanistik Studenten werden nun aufschreien: Halt! Diebstahl! Die Story ist ja sowas von geklaut! Und recht haben sie: Wie war das gleich mit Mark Twains Erzählung über den englischen Monarchen Edward VI. und dessen Doppelleben in dem Roman „The Prince and the Pauper“ ? (deutsch: „Prinz und Bettelknabe“)
Das rundenbasierte Kampfsystem verlässt die ausgetrampelten Pfade des Genres und bietet Innovation. Zumindest im Ansatz. Sowohl der Prinz als auch seine Feinde, verfügen zu Beginn der Runde über eine knallvolle Aktionsleiste. Jede ausgeführte Aktion knabbert an selbiger und sind alle Punkte aufgebraucht, dürfen die Gegnerscharen zurückschlagen. Konventioneller wird es bei den Aktionsmöglichkeiten. Neben dem Monsterpieksen mittels Handwaffe könnt ihr aus einer stetig wachsenden Palette an Zaubersprüchen wählen. Das Simsalabim unterteilt sich (mal wieder..) in Elemente. Feuer, Wasser, Erde usw. Natürlich besitzt jedes Element Stärken und Schwächen gegenüber anderen (z. B. Wasserzauber gegen Feuer). Für meinen Geschmack treten die Zufallskämpfe auf der Weltkarte zu häufig auf. Aber ich bin auch Final Fantasy geschädigt und deshalb womöglich überempfindlich. Trotzdem nichts für ungeduldige Zeitgenossen. Manchmal reichen 3-4 Schritte, um in den nächsten Kampf verwickelt zu werden. Wen sowas total abturnt, lässt besser die Finger von Beggar Prince.
Glücklich derjenige, der vorher rechtzeitig an einem der vielen im Spiel verstreuten Speicherpunkte seinen Spielstand gespeichert hat. Vier Speicherplätze stellt die Batterie bereit. Apropos Batterie - wer voller Sorge auf die Lebensdauer der kleinen Dinger schielt, darf bei Beggar Prince beruhigt sein. Wer das Modul öffnet, sieht sofort, wieso - die Batterie lässt sich im Ernstfall leicht und ohne Lötkolben ersetzen.
Unumstritten ist die hohe Qualität der Übersetzung aus dem Chinesischen. Nichts deutet sprachlich mehr auf die fernöstliche Herkunft hin. Angesichts der guten Verkaufszahlen von Beggar Prince und einer konstanten Nachfrage wird eine zweite Auflage bereits produziert. Hier soll das vielgescholtene Bild der Verpackung (Boxart) überarbeitet werden. Die Kritik ist meiner Ansicht nach maßlos übertrieben, aber die SEGA Foren dieser Welt brauchen die Diskussion. Insofern überlasse ich das Urteil dem Leser. Trotz amerikanischer Herkunft läuft Beggar Prince problemlos auf beiden PAL Mega Drive Modellen. Selbst der mobile Nomad wird unterstützt, aufgrund des kleineren Screens sind textlastige Rollenspiele aber nicht sehr angenehm zu spielen. Beggar Prince lässt sich auch aufgesteckt aufs 32X spielen, dann funktioniert allerdings das speichern des Spielstandes nicht mehr.
Immer wieder wurde Beggar Prince verschoben, weil Bugfixing und Übersetzung noch nicht fertig waren. Die Feinarbeit hat sich gelohnt. Abgesehen von der kurzen Gesamtspieldauer kann Beggar Prince die hohen Erwartungen erfüllen. Wer 16-Bit Rollenspielen etwas abgewinnen kann und einen Mega Drive daheim stehen hat, sollte sich Beggar Prince nicht entgehen lassen. Eine Reise in die eigene Jugend inklusive.