Wonder Boy III: The Dragon's Trap im Test

Master System
Zu Beginn der Master System Ära herrschte bei SEGA eine gewisse Unsicherheit darüber, mit welchem Maskottchen man den Kampf gegen den kleinen Klempner der Gegenseite aufnehmen wollte. Der erst Kandidat war ein Junge namens Alex Kidd. Der Kleine mit der großen Faust hatte zunächst zwar Erfolg, aber der große Kracher, den man bräuchte, um gegen Mario zu bestehen, war der Knirps nicht. Als weitere mögliche Besetzung für den Posten wurde damals unter anderem auch der Wonderboy gehandelt. So ist es kein Wunder, dass der blonde Wunderknabe nur ein Jahr nach der Veröffentlichung von Wonderboy in Monsterland von SEGA erneut in das Rennen um die Spielergunst geschickt wurde. Ob die Entwickler dabei die beiden Vorgänger übertreffen konnten, wisst ihr nach diesem Test.
Hatte der Wonderboy in den ersten beiden Teilen noch stets höchst selbstlose Motive verfolgt, ist er im dritten Teil ausnahmsweise völlig mit sich selbst beschäftigt. Er hat sich nämlich dummerweise einen faustdicken Drachenfluch eingehandelt, der ihn in eine riesige, aufrecht gehende Echse verwandelt hat. Ganz abgesehen davon, dass alle Handtaschenmacher dieser Welt hinter seinem Skalp her sein werden, ist das natürlich kein Zustand für einen anständigen Helden.


Wonderboy III: The Dragon's Trap (Master System)


Um seine menschliche Gestalt wieder zu erlangen, muss der Wunderknabe nun das sagenumwobene Salamanderkreuz finden. Wie es mit sagenumwobenen Sachen aber so ist, sind sie erstens sauschwer zu finden, liegen zweitens immer in den hintersten Ecken von diversen Palästen, Labyrinthen oder Höhlen rum und werden drittens permanent von übel gelaunten Drachen bewacht. Es riecht also mal wieder nach jeder Menge Arbeit für unseren blonden Jüngling. Dann mal auf ins Gefecht!

Nachdem man das Modul in das SEGA Master System seines Vertrauens gesteckt und ein neues Spiel gestartet hat, erlebt man erstmal ein Deja-vu schlimmster Art. Das Spiel beginnt mit einem Prolog in Form einer Rückblende genau am Anfang jenes schrecklichen, letzten Labyrinthlevels aus dem zweiten Teil, der den Autor fast in den Wahnsinn getrieben hätte (für alle, die meine Qualen nochmal miterleben möchten: hier geht es zu dem Test )


Wonderboy III: The Dragon's Trap (Master System)


Alle Mitgeschädigten, die, wie ich, mittlerweile auf das virtuelle Rieseln des Sanduhrsandes ähnlich reagieren wie Captain Hook auf tickende Zeitmesser, werden sofort ganz panisch in die rechte obere Ecke des Bildschirmes starren, wo normalerweise die gefürchtete Sanduhr gnadenlos die Sekunden bis zum Herzverlust herunterzählen müsste...Doch was sehen wir dort?....(...spannungsfördernder Tusch..) ...wir sehen ..... NICHTS!!.....Die Designer haben wirklich die Sanduhr abgeschafft! Hurra!!! Seid umschlungen ihr Entwickler! Noch nie hat mir etwas, dass nicht da war, so gut gefallen.

Ohne das grausame Zeitlimit mit integriertem Herzenklau spielt sich das Ganze auch schon wesentlich relaxter. Zusätzlich wurde das Labyrinth dermaßen verkleinert und vereinfacht, dass ihr in knapp einer Minute vor dem Drachen steht. Nun folgt das selbe Spiel wie bei Wonder Boy in Monsterland. Also hochspringen, Drachen verkloppen, abhauen. Nach ein paar Wiederholungen ist der Feuerspucker dann auch terminiert, um es mit Arnie zu sagen und man lehnt sich entspannt zurück und wartet auf den Endbildschirm.

Doch, was ist das? Ganz plötzlich taucht eine kleine blaue Flamme auf, die euch hartnäckig verfolgt. Kaum hat euch das Ding berührt verwandelt ihr euch auch schon von dem feschen, seltsamerweise jetzt grünhaarigen Helden in einen ebenso grünhäutigen Echsenmann.


Wonderboy III: The Dragon's Trap (Master System)


Das solche tiefgreifenden Veränderungen nicht spurlos an einem vorübergehen, versteht sich ja von selbst. Abgesehen von den üblichen psychologischen Krisen und diversen Traumata, die eine Verwandlung in eine zweibeinige Rieseneidechse nunmal mit sich bringen (also z.B panische Angst vor allen Handtaschen- und Schuhläden), betrifft die wichtigste Änderung den bevorzugten Argumentationsverstärker aller Helden. Weil man mit so Pranken natürlich kein Schwert der Welt mehr heldengemäß führen kann, muss Wonderboy nun auf das drachenspezifische Waffensystem umsteigen - das Feuerspucken. Der neue integrierte Flammenwerfer leistet übrigens gute Dienste und grillt die Gegner schon auf Distanz. Eine gute Sache also.



Nachdem ihr den Drachen besiegt habt und selbst in eine aufrecht stehende Eidechse verwandelt wurdet, fängt das Schloss, nebst Labyrinth, in dem ihr euch befindet, plötzlich an ziemlich zu rumpeln. Der rot leuchtende Hintergrund und die herunterfallenden Steine tun ihr übriges und machen einen doch ziemlich skeptisch, was die Stabilität des momentanen Aufenthaltsort anbelangt. Kurz gesagt, der Held von Welt macht sich schleunigst vom Acker. Hierbei werden dem Spieler auch keine großen Stolpersteine in den Weg gelegt und nach ein paar kleinen Kämpfen und Sprungeinlagen seht ihr mehr oder weniger wohlbehalten das Tageslicht wieder. Mit einer kleinen Animation, die das zusammenfallende Schloss zeigt, untermalt von einigen englischen Storyzeilen, endet der Prolog und das eigentliche Spiel beginnt.

Zu Beginn der Haupthandlung wacht ihr in einem kleinen Dorf auf. Dieses Dorf stellt quasi eure Ausgangsbasis für die Erforschung der Spielwelt dar und versorgt euch mit allem, was ein Held so braucht. Wonderboy kann sich hier in einem Krankenhaus heilen lassen, es gibt Waffengeschäfte und ganz wichtig, ein Haus in dem Wonderboy ein Passwort zum weiterspielen erhält. Ok, ein Batteriespeicher wäre nett gewesen, aber ein Passwort ist gründsätzlich auch kein Weltuntergang. Was allerdings ein Weltuntergang ist, ist die Tatsache, dass das Passwort aus 14 Zeichen(sowohl Buchstaben als auch Zahlen) besteht. Mensch Leute, wer hat sich sowas einfallen lassen? Umständlicher wäre es wirklich kaum gegangen. So ist man jedes mal wenn man nochmal weiterspielen möchte, dazu verdammt, minutenlang ein Passwort einzugeben, immer begleitet, von der Angst, dass man sich beim aufschreiben einmal geirrt hat und der ganze Spielstand folglich im Eimer ist. Wer sowas programmiert hat müsste wirklich sofort zu hundert Passworteingaben verurteilt werden! Naja.. kann man auch nicht mehr ändern, also zurück zum Spiel...


Wonderboy III: The Dragon's Trap (Master System)


Nachdem ihr euch etwas aufgerappelt habt und auch mal das sichere Dorf zu verlassen traut, macht ihr recht bald eine interessante Entdeckung. Das erste was auffällt ist, dass ihr das Dorf verlassen und wiederkommen könnt wann ihr wollt. Welch wunderbare Fügung!!Die Entwickler haben also tatsächlich auch das zweite Manko von Wonderboy in Monsterland beseitigt. In Wonderboy III gibt es keinerlei feste Levelabfolge mehr, stattdessen kann die gesamte Spielwelt völlig frei erkundet werden. Da kann man nur sagen Daumen hoch! Das entschädigt schon fast für das 14 Zeichen Passwort..

Eine weitere sehr erfreuliche Erkenntnis erwartet euch, sobald ihr die Pause-Taste betätigt. Es erscheint nicht mehr nur ein schnöder Statusbildschirm wie noch im zweiten Teil, sondern ein echtes Menü, in dem ihr die verschiedensten Waffen, Schilde und Rüstungen anlegen könnt(von denen es übrigens jede Menge gibt). Zusätzlich lassen sich noch zahlreiche Spezialwaffen wie Blitze, Tornados, Pfeile und ähnliches anwählen, die ihr unterwegs finden oder kaufen könnt.


Wonderboy III: The Dragon's Trap (Master System)


Spätestens jetzt wird klar, dass Wonderboy III, the Dragons Trap eigentlich kein Jump n‘ Run mehr ist, sondern stattdessen ein waschechtes Action-Adventure, mit allem was dazu gehört. So könnt ihr Gegner besiegen um Geld für bessere Waffen zu verdienen. Die Waffen wiederum haben z.T völlig verschiedene Spezialfähigkeiten, die ihr stellenweise auch benötigt um das Spiel zu beenden. Außerdem gibt es jede Menge versteckte Schatztruhen, die Herzen, Geld, Spezialwaffen oder Charmesteine beinhalten, sowie diverse Geheimgänge und versteckte Räume, in denen u.a. mit Vorliebe die besten Waffen verkauft werden.

Charmesteine sind übrigens eine weitere interessante Neuerung. Stärkere Waffen und Rüstungen könnt ihr erst kaufen, wenn ihr genug der elipsoiden Charmesteine gefunden habt. Umso stärker die Waffe, Rüstung oder das Schild ist, umso mehr Charmesteine werdet ihr brauchen, um sie kaufen zu können. Finden könnt ihr Charmesteine in Kisten, sie werden aber auch von besiegten Gegnern fallen gelassen. Außerdem gibt es noch eine bestimmte Rüstung, die die Wahrscheinlichkeit Charmesteine von Gegnern zu bekommen erheblich erhöht.


Wonderboy III: The Dragon's Trap (Master System)



Nachdem ihr eure Ausrüstung etwas auf Vordermann gebracht habt, und euch eueren Weg zu und später durch den ersten Boss-Palast(übrigens eine Pyramide) gebahnt habt, steht ihr auch schon dem ersten Bossgegner gegenüber. Weil alle Endgegner in Wonderboy III prinzipiell Drachen sind und ihr euch in einer Pyramide herumtreibt handelt es sich bei eurem Gegenüber natürlich um die Mumienversion eines Drachen. Sobald ihr dem Kerl gezeigt habt, wer hier die Echse vom Dienst ist, erscheint wieder die berüchtigte blaue Flamme und versucht euch erneut zu verwandeln. Es lohnt sich übrigens der Fluchflamme etwas auszuweichen, weil als Belohnung für die gelungene Drachenentsorgung jede Menge Goldmünzen vom Himmel regnen.

Wenn euch die Flamme dann irgendwann doch erwischt wird der arme Wonderboy wieder einer Artenumwandlung unterzogen. Falls er bis jetzt noch keine Identitätskrise hatte, ist diese spätestens jetzt fällig, denn aus dem großen starken Echsenmann wird nun ein kleiner mickriger Mäusemann.


Wonderboy III: The Dragon's Trap (Master System)


Mit dem Artenwechsel wechseln logischerweise auch die Fähigkeiten des Wunderjungen. Weil Mäuse selten Feuerspucken hat auch Wonderboy diese Gabe verloren. Stattdessen wird wieder ganz normal mit dem (winzig kleinen)Schwert um sich geschlagen. Als neue Fähigkeit könnt ihr jetzt extrem gut klettern, was sich darin äußert, dass ihr besondere, karierte Blöcke notfalls sogar kopfüber erklettern könnt.

Genau solche Blöcke haben euch als Echsenmann rein zufällig an einem Ende des Dorfes den Weg versperrt. Als Mäuserisch könnt ihr jetzt jedoch ganz entspannt drüber hinwegmarschieren und landet flugs in einem neuen noch unerforschten Teil der Spielwelt.


Wonderboy III: The Dragon's Trap (Master System)


Das Spiel setzt sich nun in dieser Form fort. Jeder besiegte Chefdrache verwandelt den Wunderjungen in ein neues Tier, dessen spezielle Fähigkeit einen weiteren Abschnitt der Spielwelt zugänglich machen. So verwandelt ihr euch im Laufe des Spieles in einen Piranja-Mann, der schwimmen kann, einen Löwenmann, der nach unten schlagen kann sowie in einen Falkenmann, der logischerweise fliegen kann.

Es lohnt sich nebenbei gesagt, Abschnitte, die ihr bereits erkundet habt im späteren Spielverlauf noch einmal aufzusuchen, weil es oft Verstecke gibt, die erst in einer anderen Verwandlung betreten oder entdeckt werden können.

Ihr werdet im Laufe des Spieles übrigens auch spezielle Räume entdecken, in denen ihr zwischen den einzelnen Verwandlungen hin und her wechseln könnt.. Sehr praktisch, falls man noch mal eine andere Fähigkeit benötigt.


Wonderboy III: The Dragon's Trap (Master System)


Grafisch gesehen ist Wonderboy III der beste Master System Titel den ich kenne. Der Wonderboy wie auch die Gegner sind unheimlich groß und detailliert gezeichnet, die Hintergründe sind abwechslungsreich und die Animationen für Master System Verhältnisse absolut top. Ab und zu kommt es allerdings zu leichtem Sprite-Flackern. Soundtechnisch ist ebenfalls alles super. Schöne Melodien und passende Geräusche untermalen das Spielerlebnis

Andreas meint:

Andreas

Wonderboy III: The Dragons Trap ist nicht nur das beste Wonderboy sondern auch schlicht und einfach das beste Master System Spiel überhaupt. Sämtliche Schwächen der Vorgänger wurden ohne Ausnahme beseitigt und das Spiel durch zahlreiche innovative und super funktionierende Elemente noch weiter verbessert. Wer ein Master System hat, muss auch Wonder Boy III haben! 

written by Andreas L., © nexgam

Positiv

  • Alle Schwächen der Vorgänger ausgebügelt
  • Super Spiel-Design
  • Top Grafik

Negativ

  • Vierzehn Zeichen Passwort!!
Userwertung
9.6 1 Stimmen
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Wonder Boy III: The Dragon's Trap Daten
Genre Action-Adventure
Spieleranzahl 1
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit seit 1989
Vermarkter -
Wertung 9.5
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