

Ist es nun ein ernsthafter Sport oder nur das, was man während des Biertrinkens macht?
Wer wirklich keine Fernsehübertragung rund um das Thema verpasst und die Profis auf ähnliche Art und Weise verehrt wie es Fußballfans mit Ronaldinho tun, wird sich darüber freuen, dass knapp 100 der weltbesten Spieler vertreten sind. Was die Stärke dieser virtuellen Gegner angeht, wird tatsächlich ein hohes Niveau geboten. Schon früh ist man dazu verdammt, ein halbes Dutzend Stöße eines Profis zu beobachten, bevor man selbst wieder an den Tisch treten darf.
Wie es sich für eine richtige Simulation gehört, gibt es vor jedem Stoß eine ganze Menge Optionen und Einstellungsmöglichkeiten. Der Tisch kann aus jedem Winkel betrachtet werden, um die kommende Aktion zu planen. Im Anschluss darf nicht nur der Spin eingestellt werden sondern sogar die Höhe des Cues. Durch diese Hilfsmittel ist es tatsächlich theoretisch möglich, die unglaublichsten Tricks auszuführen. Selbst Stöße, bei denen der Ball den Kontakt zur Oberfläche kurzzeitig verliert oder durch viel Drall nach dem Berühren der Bande eine beeindruckende Rückwärtsbewegung vollbringt, sind mit viel Übung machbar.
Das alles hört sich bisher sicherlich so an, als wäre WSC Real 08 eine echte Offenbahrung für Anhänger der motorisch anspruchsvollen Freizeitbeschäftigung. Das Ziel, eine Art FIFA für Billardfans zu kreieren, scheitert aber traurigerweise in letzter Sekunde an der Steuerung. Der Stoß wird genau so durchgeführt, wie man es auch von der realen Vorlage kennt. Mit einer mehr oder weniger starken Bewegung der Hand führt man die Wiimote nach vorn. Da bereits im Vorfeld diverse Einstellungen vorgenommen wurden, ist der Winkel nicht relevant. Es zählt einzig und allein die Geschwindigkeit. Doch egal wie viel Körpergefühl ein Zocker besitzt, es ist nahezu unmöglich, eine Aktion genau mit der gewünschten Stärke durchzuführen. Ähnlich wie bei Wii Sports Golf darf unendlich oft geübt werden, bevor es ernst wird, aber im Gegensatz zum Klassiker erhöhen sich durch diese Maßnahme die Erfolgsaussichten kaum. Besonders wenn ein sehr sanftes Manöver nötig ist, interpretiert die Konsole die Bewegung praktisch immer als zu stark, auch wenn tatsächlich nur eine Mini-Bewegung ausgeführt wird. So kommt trotz der vielen guten Ideen, die ihren Weg ins Spiel gefunden haben, immer wieder Frust auf. Das optionale Cue-Zubehör, in das man die Fernbedienung stecken kann, lag uns für unseren Test nicht vor, aber es wäre erstaunlich, wenn ein Stück Plastik die Genauigkeit tatsächlich positiv beeinflussen würde.


Die Kugeln kullern realistisch. Sonst lässt sich kaum etwas Nettes über die Grafik sagen.
Selbst wenn WSC Real 2008 vor fünf Jahren für die PS2 erschienen wäre, hätte die grafische Darbietung niemanden vom Hocker gehauen. Heutzutage ist alles was es auf dem Bildschirm zu sehen gibt hoffnungslos veraltet. Grobe Spielermodelle mit holprigen Animationen betreiben ihren Sport vor einer sehr leblosen Kulisse. Die Hauptattraktion ist sicherlich das Geschehen auf dem Tisch, doch selbst hier wird wenig fürs Auge geboten. Bierernst kullern die bunten Kugeln über den Filz und machen somit dem Simulationsgenre alle Ehre. Ein paar nette Effekte hätten hier sicherlich nicht geschadet, um die Stimmung zu heben. Es muss lange gesucht werden, bevor ein paar positive Aspekte auffallen. Die sehr ungewöhnlichen Kameraeinstellungen, die besonders häufig zu Beginn eines Matches zu sehen sind, sorgen zumindest für das Mindestmaß an optischer Abwechslung.

Im letzten Moment geht oft alles schief. Bedanken kann man sich dafür bei der schwammigen Steuerung.
Es gibt im ganzen Game nur ein einziges Instrumentalstück, das irgendwo zwischen Rock und Country eingestuft werden kann. Obwohl der Song, der zwischen den Partien erklingt, sich ganz nett anhört, kommt also in akustischer Hinsicht schnell Langeweile auf. Daran können auch die realistischen Geräusche nichts ändern. Warum gleich drei Kommentatoren engagiert wurden, bleibt ein Mysterium. Die Sprecher geben sich zwar Mühe, doch nur selten haben ihre Aussagen wirklich viel mit der jeweiligen Spielsituation zu tun.
WSC Real 2008 ist ein Nischenprodukt für Menschen, die in Billard und Snooker nicht nur einen spaßigen Zeitvertreib sehen, sondern eine ernsthafte Herausforderung. Echte Fans werden sich über die offizielle Lizenz, die vielen Modi, jede Menge virtueller Profis, das komplexe Zielsystem und die gute Ballphysik freuen. Wer sich allerdings eher zur Gattung der Videospieler zählt, kann über Mankos wie die ungenaue Steuerung per Wiimote und die sterile Grafik nicht wohlwollend hinweg sehen. Mit sehr viel Training ist es möglich, ein wenig Spaß aus der Disc zu kitzeln, doch selbst nach Stunden vor der Konsole kommt es immer wieder vor, dass eine perfekt geplante Aktion völlig daneben geht, weil eine behutsame Bewegung der Hand als Stoß mit voller Stärke interpretiert wird.