UEFA Champions League 2004-2005 im Test

Xbox
Fußballfans haben es in Deutschland zur Zeit nicht leicht. Über dem Traditionsverein Dortmund kreist der Pleitegeier, der Schiedsrichterskandal weitet sich täglich aus und Karten für die Weltmeisterschaft scheint es nur für den engsten Familienkreis von Franz Beckenbauer zu geben. Zum Glück haben wenigstens Zocker die Möglichkeit, in die schöne Welt des virtuellen Rasenschachs zu fliehen. Das aktuelle Konsolenfußballjahr beginnt mit UEFA Champions League 2004-2005. Ob sich das Game für Xbox-Besitzer lohnt, erfahrt ihr in unserem Review.

Ob der Torwart da noch dran kommt?


Wie es sich für eine Mannschaftssportsimulation gehört, bietet das Spiel mehrere Modi, die bis zu vier Zocker gleichzeitig bei Laune halten sollen. Neben dem schnellen Spiel für zwischendurch, einem Training und der Möglichkeit, eigene Turniere zu kreieren, können auch bestimmte Situationen erstellt werden. Möchte man zum Beispiel erst in der zweiten Halbzeit einsteigen, schon eine rote Karte kassiert haben und mit einem Tor im Rückstand liegen, ist das kein Problem. Schade ist, dass es keine historischen Mannschaften gibt, um klassische Partien nachzustellen. Der integrierte Editor könnte hier zwar Abhilfe schaffen, aber wer will schon stundenlang einen Sportler nach dem anderen zusammenstückeln. Mit allen aktuellen Teams aus den höchsten deutschen, spanischen, italienischen und britischen Ligen sowie weiteren europäischen Top-Clubs hat das Game aber einen sehr ordentlichen Umfang.


Auch bei miesem Wetter müssen die Jungs ran...


Seit fast einem Jahrzehnt wird die Steuerung der EA-Fußball-Simulationen jedes Jahr ein wenig verändert und verbessert. Die Evolution schreitet zwar langsam voran, aber inzwischen gibt es in Sachen Gameplay tatsächlich nur wenig zu meckern. Die Grundlagen sind schnell erlernt, aber bevor wirklich gut durchdachte Aktionen klappen, dauert es eine ganze Weile. Die bereits in der FIFA-Reihe etablierten Feinheiten wie First-Touch- und Off-The-Ball-Steuerung sind auch im neuen UEFA-Game mit von der Partie. Überhaupt gibt es kaum echte Neuerungen.

Die Ausführung von Standardsituationen wurde modifiziert und erfordert nun ein wenig mehr Fingerspitzengefühl. Wirklich besser gehen Ecken oder Freistöße aber nicht von der Hand und man wird das Gefühl nicht los, dass hier zwanghaft Veränderungen vorgenommen wurden, um ein weiteres Verkaufsargument zu haben. Die Intelligenz der virtuellen Gegner scheint ein wenig zugenommen zu haben, so dass auch auf den niedrigen Schwierigkeitsgraden gelungene Einzelaktionen eher selten möglich sind und nur eine gute Planung zum Erfolg führt. Lediglich taktische Fouls scheinen für die computergesteuerten Profis ein kleines Problem darzustellen, denn wenn der Unparteiische einmal eine Karte zückt, ist es fast immer gegen einen menschlichen Zocker. Insgesamt ist die Simulation aber sehr realitätsnah und aufgrund der komplexen Steuerung kommt es kaum vor, dass ein Match mit einem Kantersieg endet.


Wer seinen Gegenspieler so frei zum Ball kommen lässt hat eine Strafe verdient.


Der Saisonmodus ist das Herzstück des Spiels. Hier geht es darum, den eigenen Lieblingsverein auf den europäischen Fußball-Olymp zu führen, indem man die Champions League gewinnt. Vor dem ersten sportlichen Duell muss ein Trainer gebastelt werden. Der Editor erlaubt eine Vielzahl von Einstellungsmöglichkeiten. Von der Kinnbreite über die Kleidung bis hin zum Alter darf man alles verändern. Kaum hat sich der virtuelle Fußball-Lehrer einen Verein ausgesucht, steht die erste große Aufgabe an. Am letzten Spieltag der Bundesliga-Saison geht es darum, durch einen Sieg über den direkten Konkurrenten einen Platz im internationalen Wettbewerb zu ergattern.


Über die Außen erspielt man sich den nötigen Freiraum.


Wer nun glaubt, dass es nach diesem spannenden Spiel direkt in die Champions League geht, hat sich geirrt. EA Sports’ aktuelle Simulation bietet eine Menge Überraschungen und der Saison-Modus, der insgesamt 50 Spiele beinhaltet, wird auch nach Stunden nicht langweilig. Aufgrund des Erfolgs wird der Club von einem finanzkräftigen Investor übernommen. Der neue Eigentümer will weitere Siege sehen und ist bereit, dafür tief in die Tasche zu greifen. Allerdings hat er auch einige Forderungen, die man in den Spielen umsetzen soll.

Im zweiten Spiel müssen die Profis der Startelf gegen die eigene Reserve zeigen, dass sie ihre Positionen auch verdient haben. Ein Sieg mit zwei oder mehr Toren Vorsprung und mindestens fünf Schüsse auf den gegnerischen Kasten werden in dieser Partie vom Präsidenten gefordert. Gelingt es dem Zocker, diese Vorgaben zu erfüllen, wird er mit Punkten belohnt, durch die eine Reihe spaßiger Extras frei geschaltet werden können. Siege bleiben selbstverständlich das höchste aller Ziele, aber auch kleine Verfehlungen wirken sich auf den weiteren Verlauf der Saison aus. So kann es vorkommen, dass der Präsident nach einer wenig überzeugenden Leistung den Austausch einiger Spieler fordert. Zum Glück findet man sich mit prall gefüllten Taschen auf dem Transfermarkt wieder.


'Toooooooooooor!!'


Die Menüs sind hier sehr viel übersichtlicher als beim großen FIFA-Bruder, so dass auch Neulinge keine Probleme damit haben werden, die Ligen der Welt nach geeigneten Profis zu durchsuchen. Viele Spitzensportler lehnen einen Wechsel zwar anfangs ab, aber schon nach wenigen Spielen kann man sich Ballkünstler leisten, die in der Realität für die meisten Vereine unerreichbar wären. Es mag zwar etwas komisch wirken, wenn Ronaldinho plötzlich im Mainz-Trikot auf dem Platz steht, aber gerade solche kleinen Späße sorgen dafür, dass der diesjährige UEFA-Titel schnell unterhaltsam wird. Erspielbare Gimmicks wie ein Beachball als Sportgerät oder eine Ego-Perspektive erhöhen die Motivation ebenfalls.

Genau wie die FIFA-Reihe bietet auch die aktuelle Inkarnation der Champions League Serie endlich Online-Gaming über Xbox Live. Einem freundschaftlichen Duell mit fußballbegeisterten Besitzern der Microsoft-Konsole steht also nichts im Wege. Einzelmatches, Turniere und eine Highscore-Liste stehen zur Verfügung. Während der Testphase lief meistens alles superflüssig und auch beim Voice-Chat gab es kaum Probleme. Gelegentlich geriet ein Spiel ins Stottern, aber wer weiß schon, welche Downloads die Engländer, die einen Großteil der Online-Gemeinde dieses Games ausmachen, nebenbei laufen ließen. Ärgerlich ist, dass nur Matches mit zwei Spielern über das Internet möglich sind. Eine lange Fußball-Nacht mit ein paar Freunden auf dem heimischen Sofa ist also nur offline möglich.


Einblendungen sorgen für eine ansprechende Stimmung.


Obwohl es sicherlich eine schöne Sache ist, dass EA Sports das Flehen der Fans erhört hat und Xbox Live inzwischen unterstützt, wird man das Gefühl nicht los, dass hier wesentlich mehr möglich gewesen wäre. Ich erinnere mich noch gut an ein Fernsehinterview mit einem Microsoft-Mitarbeiter, der zum Start des Online-Service davon sprach, dass es bei Sportsimulationen möglich wäre, die tatsächlichen Kader der Vereine ständig über das Netz zu aktualisieren. Eine von vielen schönen Ideen, die leider bis heute nicht umgesetzt wurden, weil es dann wahrscheinlich sehr viel schwerer wäre, den Fans jedes Jahr neue Updates zu verkaufen. Wer hauptsächlich Interesse am Online-Gaming hat, kann also ruhig bei FIFA 2005 bleiben, das fast identische Features besitzt. Außerdem tummeln sich dort sehr viel mehr potentielle Gegner auf den Servern.

Grafisch wird kaum Neues geboten. Offensichtlich wurde auch für dieses Game die aktuelle FIFA-Engine verwendet und man hat lediglich das Gefühl, dass ein wenig an der Farbpalette gedreht wurde, um dem UEFA-Spiel einen minimal anderen Look zu verpassen. Die Wiederholungen wirken dank neuer Effekte wie der Einblendung des Trainers per Splitscreen etwas interessanter, aber anscheinend hebt sich EA Sports den optischen Quantensprung für die nächste Konsolengeneration auf. Das bedeutet keinesfalls, dass UEFA Champions League ein hässliches Spiel ist. Die Animationen, die virtuellen Stadien und die Spielermodelle sind allesamt gelungen. Ab und zu erblickt man zwar einen Profi, der kaum Ähnlichkeit zu seinem tatsächlich existierenden Vorbild hat, aber bei 239 Teams kann man solche Kleinigkeiten verzeihen.


Nur wer trainiert ist bei Standardsituationen erfolgreich.


Die akustische Untermalung ist von gewohnt hoher Qualität. Steffen Simon und Monica Lierhaus sorgen für passende Kommentare während des Spiels. Eine sehr nette Idee ist das EA Talk Radio, eine Show, in die man nach den Begegnungen hineinhören darf. Hier kommen die Fans zu Wort und lassen den Zocker wissen, was sie von seiner Leistung halten. Zum Schreien komisch wird es zwar nie, aber der ein oder andere virtuelle Anrufer ist schon für ein Schmunzeln gut. Die Schlachtrufe der Fans sind abwechslungsreich, realistisch und beziehen sich oft auch auf die Vereine, die sich gerade gegenüber stehen. Musik ist immer Geschmackssache und auch die Songs, die neben der offiziellen Champions League Hymne vertreten sind, werden nicht jedem zusagen. Ich finde die Stücke, von denen viele recht jazzlastig sind, jedenfalls komplett langweilig. Wirklich schlimm ist das nicht, da Musik ohnehin nur in den Menüs zu hören ist. Für die Zukunft wünsche ich mir allerdings die Unterstützung eigener Playlists innerhalb des eigentlichen Spiels. Das mag zwar nicht zu einer realitätsnahen Atmosphäre beitragen, bringt aber ein wenig Abwechslung.

Tim meint:

Tim

Normalerweise wird an dieser Stelle das alljährliche Klagelied über die ständigen EA Sports Updates mit minimalen Veränderungen angestimmt. Bei UEFA Champions League 2004-2005 trifft Kritik dieser Art aber nur teilweise zu. Technisch ist das Game fast identisch mit dem vor wenigen Monaten erschienenen FIFA 2005. Auch die Neuerungen im Gameplay sind recht mager. Der interessante Saison-Modus kann allerdings überzeugen und bringt einen ordentlichen Schuss Abwechslung in den Alltag der Sportsimulationsfreunde. Ob diese spaßige Herausforderung Grund genug ist, sich das neue Spiel zum Vollpreis zu kaufen, muss wohl jeder Fan selbst entscheiden. Für lange Konsolensitzungen mit ein paar befreundeten Zockern ist das Lizenz-Game bestens geeignet und dank des Online-Modus ist es der Gamecube-Variante leicht überlegen.

Positiv

  • Interessante Saison-Modus

Negativ

  • Neuerungen mager ausgefallen
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UEFA Champions League 2004-2005 Daten
Genre Sport
Spieleranzahl 1 - 4
Regionalcode -
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 02.02.2005
Vermarkter ElectronicArts
Wertung 8
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