Tom Clancy's H.A.W.X. 2 im Test

Nintendo Wii
Thomas Leo Clancy Jr., besser bekannt als Tom Clancy, gehört zu den bekanntesten Autoren der USA. Er verfasste einige der bekanntesten und erfolgreichsten Politthriller aller Zeiten, wird gleichzeitig jedoch aufgrund der in seinen Büchern propagierten pro-amerikanischen und pro-militaristischen Ideologien stark kritisiert. Einige seiner Romane schafften unterdessen sogar den Sprung auf die große Leinwand, wie z.B. „Jagd auf Roter Oktober“, „Die Stunde der Patrioten“, „Das Kartell“ und „Der Anschlag“.
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Aufgrund der enormen Popularität und der unbestreitbaren Zugkraft seines Namens sicherte sich der französische Publisher Ubisoft Ende der 90er Jahre für umgerechnet knapp 20 Millionen Euro die Rechte an der Marke Tom Clancy. Der erste Titel dieser neuen Partnerschaft war Tom Clancy’s Rainbow Six im Jahre 1998. Heute, 12 Jahre später, steht der Name Tom Clancy für einige der prestigeträchtigsten Serien der Franzosen: Splinter Cell, Ghost Recon und natürlich das besagte Rainbow Six. Als jüngster Spross gesellte sich erst kürzlich die H.A.W.X.-Reihe dazu. Und nach zwei Episoden auf den HD-Konsolen Xbox 360 und PlayStation 3 wagt sich die Flugsimulation nun auch auf Nintendos Wii.

Doch lässt sich das Spiel wirklich ohne Abstriche auf die schwächere Hardware portieren? Viele Umsetzungen anderer großer Titel scheiterten bereits an diesem gewagten Vorhaben und endeten als halbgarer, technisch und spielerisch miserabler Abklatsch des Originals. Ohne bereits allzu viel vorweg zu nehmen, können wir diesbezüglich jedoch schon an dieser Stelle Entwarnung geben. Denn obwohl eine 2 im Titel prangt, ist die Wii-Version keine direkte Umsetzung ihres HD-Pendants, sondern wurde von Grund auf exklusiv für Wii entwickelt und stellt daher ein völlig eigenständiges Produkt dar, was der Qualität des Spiels eindeutig zugute kommt. Vergesst also die Erfahrungen, die Ihr eventuell bereits mit der H.A.W.X.-Reihe gemacht habt, denn auf der Wii weht sowohl story- als auch gameplay-mäßig ein frischer Wind.

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Im Gegensatz zu ihren „großen“ Brüdern steht in der Wii-Version neben der Action vor allem eine dichte, umfangreiche und sehr emotional erzählte Geschichte im Vordergrund. Ihr erlebt in den 37 Missionen die Handlung aus der Perspektive des Flieger-Asses Cole „Arrow“ Bowman, der sich nach dem tragischen Tod seines Bruders entschließt, in dessen Piloten-Fußstapfen zu treten. So heuert er bei dem privaten Militärunternehmen DDI an. Doch schon bald entpuppt sich DDI als skrupellose Söldnertruppe und ihr Anführer Colonel Frank „Rainmaker“ Ostreger als rücksichtsloser Kriegsverbrecher.

Im Laufe der Geschichte kehrt Ihr daher DDI den Rücken und schließt Euch der Spezialeinheit HּAּWּX an, die überraschenderweise von Eurem Vater geleitet wird. Von da an überschlagen sich die Ereignisse, und viele Fragen warten auf ihre Beantwortung: Wer oder was steckt hinter dem Tod Eures Bruders? Was weiß Euer Vater darüber? Welche Verbindung gibt es zwischen ihm und Rainmaker? Was hat Rainmaker vor? Und auf wessen Seite steht eigentlich der mysteriöse Söldner „Major Zeal“, der immer wieder dazwischenfunkt und ein persönliches Interesse an Euch zu haben scheint?

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Die Handlung wird dabei durch vertonte Zwischensequenzen im Wasserfarben-Standbild-Format und durch den regen Funkverkehr während der Missionen vorangetrieben. Gerade Letzteres trägt immens zur dichten Atmosphäre des Titels bei, denn während der Einsätze wird permanent über Funk gescherzt, geflucht, gestritten und geflirtet. Die Sprachausgabe lässt sich zuvor auf englisch, deutsch, spanisch, italienisch und französisch stellen. Vorbildlich. Außerdem schaltet man im Laufe des Abenteuers 24 Biographien der Protagonisten und Antagonisten frei (Bioshock lässt grüßen). In diesen minutenlangen Audio-Logs lauschen wir ihrer ganz persönlichen Hintergrundgeschichte und erfahren mehr über ihre Beweggründe und Motive. Ein offensichtlicher Held weist eventuell eine kriminelle Vergangenheit auf, und ein vermeintlicher Bösewicht verrät, welche Schicksalsschläge ihn so verrohen ließen. Die Grenze zwischen Gut und Böse erscheint plötzlich ziemlich verschwommen.

Rein spielerisch gibt sich H.A.W.X.2 auf der Wii wesentlich arcadiger als noch auf den HD-Konsolen. Euch werden keine komplizierten Flugmanöver oder diffizile Starts und Landungen abverlangt. Das Gameplay konzentriert sich vollends auf die Action, und die Steuerung wurde hierbei sehr gut an die Eigenheiten der Wii angepasst. Mit dem Nunchuk wird einerseits der Schub über die C- und Z-Tasten kontrolliert und das Flugzeug per Analogstick oder optional per Bewegungssteuerung gelenkt. Diese funktioniert erstaunlich gut und bietet ein ungewöhnlich intuitives Fluggefühl. Allerdings ist diese Art der Steuerung etwas träger, da man für eine Drehung des Handgelenks logischerweise mehr Zeit benötigt als für eine kleine Bewegung des Daumens. In den hektischeren Missionen wird also nach wie vor die Analogstick-Steuerung Eure erste Wahl sein. Glücklicherweise lässt sich die Steuermethode sogar jederzeit innerhalb einer Mission umstellen. Und noch ein Hinweis für alle Flugsim-Begeisterten: Trotz des zurückgestuften Simulationsaspekts steuern sich die Jets einigermaßen realistisch, d.h. für eine Kurve müsst Ihr nach wie vor die Maschine erst um 90° kippen und anschließend die Nase nach oben ziehen.

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Und die Wiimote? Diese dient der Zielerfassung und dem Abfeuern der Waffen. Ähnlich wie in Lightgun-Shootern zielt Ihr nämlich mit dem Cursor aktiv auf die Gegner, völlig unabhängig von der Ausrichtung und Position Eures Flugzeugs. So lange der Gegner auf dem Bildschirm zu sehen ist, kann er also auch getroffen werden. Per B-Taste traktiert Ihr ihn entweder mit Eurem Geschütz oder haltet die A-Taste gedrückt, bis Eure Raketen das Ziel erfasst haben. Ein erneuter Druck auf die A-Taste, und der Feind macht Bekanntschaft mit Madame Rocket. Eure Munition ist dabei in bester Arcade-Tradition jederzeit unerschöpflich, Ihr müsst Euch also keine Gedanken über etwaige Ressourcen machen. Auf Wunsch lässt sich die komplette Kampagne auch zu zweit im Koop spielen, wobei Spieler 2 nicht mit einem eigenen Jet sondern lediglich mit einem zweiten Zielcursor vertreten ist. Hierdurch lassen sich nun zwei Ziele gleichzeitig erfassen, wodurch der Spielspaß steigt und der Schwierigkeitsgrad im Gegenzug sinkt. Und für die Casual-Gamer unter Euch hat Ubisoft in den Optionen sogar einen Autopiloten versteckt. Einmal aktiviert, braucht Ihr Euch nicht einmal mehr um die Steuerung der Stahlvögel zu sorgen und genießt so einen reinrassigen Lightgun-Shooter.


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Doch wie sieht es mit der Abwechslung aus? Auch hier gibt es eigentlich nichts zu meckern. Sollt Ihr anfangs lediglich alle Gegner in einem Areal eliminieren, wird es schon bald anspruchsvoller, und Ihr müsst ein feindliches Ziel per Drohne hacken, während eines nächtlichen Infiltrationseinsatzes unterhalb des gegnerischen Radars bleiben oder einen Magnetzug stoppen, während Ihr diesen durch Tunnel und an gefährlichen Überland-Stromleitungen vorbei verfolgt. Sogar ein kurzer Abstecher ins Weltall steht auf dem Plan, inklusive zwei völlig neuer Missionstypen.

Je nach Aufgabenstellung wird Euch dabei ein bestimmtes Fluggerät und eine jeweils passende Perspektive vorgeschrieben. Eine freie Wahl lässt man dem Spieler hierbei leider nicht. Luftkämpfe bestreitet Ihr entweder in der allseits bekannten 3rd-Person-Ansicht mit Blick auf das Heck Eures Kampfjets oder in der neuen Übersichts-Perspektive, die Euer Flugzeug aus einem weiter entfernten Blickwinkel von schräg oben zeigt. Für Bodenangriffe existieren ebenfalls zwei verschiedene Ansichten. Sitzt Ihr in einem Jet, platziert sich die Kamera automatisch unter Euch, so dass Ihr Euch am oberen Bildrand befindet und während des atemberaubend schnellen Tiefflugs freie Sicht auf die Bodenziele habt. Nehmt Ihr dagegen in einem Helikopter platz, wird in eine klassische Cockpit-Perspektive geschaltet.

Technisch gesehen ist H.A.W.X.2 ein zweischneidiges Schwert. Die Grafik zischt butterweich an Euch vorbei, und die Modelle der knapp 50 lizenzierten (und teilweise fiktiven) High-Tech-Maschinen strotzen nur so vor Details und lassen sich im Hangar sogar auf Herz und Nieren prüfen, inklusive aller beweglichen Elemente. Auch die Waffen- und Spezial-Effekte können begeistern. Gegnerische Treffer verursachen (Grafik-)Störungen Eures HUDs, nachts wird die Landschaft in Schwarz-Weiß oder das grünliche Glimmen eines Nachtsichtgeräts getaucht, und wenn Ihr zu nah übers Wasser fliegt, könnt Ihr auf dessen reflektierender Oberfläche eine kleine Bugwelle und auf Eurer virtuellen Kamera die entstandenen Wasserspritzer beobachten.


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Sogar die (aus GeoEye-Satellitenbildern stammenden) Bodentexturen können überzeugen. Jedoch leider nur aus der Ferne. Fliegt man näher heran, wird aus der zuvor hochaufgelöst scheinenden Textur ein einziger Farbbrei, und das Fehlen von Bäumen, Gebäuden, ja eigentlich jeglichem polygonalen Beiwerk stößt übel auf. Lediglich in den wenigen Tiefflug- und Helikopter-Missionen fliegt man an Gebäuden, Panzern, Schiffen, Kränen etc. vorbei. Ansonsten herrscht gähnende Leere. Da Ihr aufgrund der pausenlosen Action jedoch kaum Zeit habt, Euch die Landschaft anzuschauen, während sie mit Mach 2 an Euch vorbeirast, fällt dies zum Glück kaum auf. Und falls doch, werdet Ihr im Ergebnisbildschirm am Ende jeder Mission von einem chilligen Pop-Song der aus Florida stammenden Band „The Postmarks“ für alle fehlenden Polygone entschädigt.

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Habt Ihr die 37 Missionen der Kampagne absolviert, warten weitere Modi und Betätigungsfelder auf Euch. Im Modus „Schauplatz“ tretet Ihr solo oder zu zweit wahlweise gegen einen oder zwei freigeschaltete Charaktere aus der Kampagne in simplen Dogfights an. Im irrtümlicherweise „Verfolger“ übersetzten Modus fliegt Ihr als Wanderfalke Chaser (engl. = Verfolger) auf 12 freischaltbaren Karten unter Zeitdruck durch Ringe. Chaser begegnet Euch zuvor in der Kampagne, wo Ihr eine gewisse Freundschaft zu dem Tier aufbaut. Der Modus „Überleben“ bietet das, was der Name verspricht: In 16 unterschiedlichen Gebieten, die Ihr der Reihe nach freispielen müsst, gilt es, alleine oder zu zweit immer gefährlichere Gegnerwellen abzuwehren. Und hinter dem Menüpunkt „Blick von oben“ versteckt sich eine besondere Überraschung: Hierbei handelt es sich nämlich um ein klassisches Shoot’emUp, das zwischen vertikalem und horizontalem Scrolling wechselt und sogar ein rudimentäres Waffen-Aufrüstsystem in vier Stufen bietet. Die 5 freischaltbaren Level sind zwar schnell durchgezockt, lassen sich aber mit bis zu 8 (!) Spielern spielen, indem die eine Hälfte per Wiimote, die andere per Nunchuk steuert. Leider lässt sich jedoch insgesamt nur in zwei der fünf Modi (Schauplatz und Überleben) das Flugzeug frei wählen. Weder in der Kampagne noch in einem der anderen Modi bekommt man hierzu jemals die Gelegenheit.

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Um die Langzeitmotivation auch nach dem Freispielen aller Level, Modi, Flugzeuge und Biographien noch zu garantieren, besitzt das Spiel ein internes Achievement-System, ähnlich wie man es von den Xbox 360 Erfolgen oder den PS3 Trophies her kennt. So schaltet Ihr für das Erfüllen jeder der 36 Herausforderungen jeweils ein Fragment dreier Artworks frei, um diese nach und nach freizulegen. Einige dieser Herausforderungen sind an eine bestimmte Mission gebunden, wie z.B. das Erreichen einer vorgegebenen Punktzahl. Andere Ziele, wie z.B. das Abschießen einer bestimmten Anzahl von Gegnern, lassen sich über den gesamten Spielverlauf und über alle Modi hinweg anhäufen und erfüllen.

Michael meint:

Michael

War ich anfangs noch ob der Standbild-Präsentation und der kargen Einöde der ersten Areale abgeschreckt, zog mich das Spiel doch Stück für Stück in seinen Bann. Schuld daran war in erster Linie das spaßige und ausgereifte Gameplay gepaart mit der interessanten Story, die vor allem die Charaktere und ihre Motive und weniger die abstruse und sogleich flache Gut-gegen-Böse Geschichte in den Mittelpunkt stellt. H.A.W.X.2 bietet daher sowohl für Neulinge als auch selbsternannte Hardcore-Zocker viele Stunden gute Unterhaltung. Man kann Ubisoft nur dazu gratulieren, hier einen völlig neuen Ansatz gewählt zu haben, anstatt einfach das HD-Vorbild in das enge Wii-Korsett zu zwängen. So müssen Umsetzungen auf Nintendos Konsole aussehen.

Written by Dennis Riedel @ neXGam

Positiv

  • Spaßiges, arcadiges Gameplay
  • Sinnvolle Nutzung der Wii-Features
  • Erstaunlich umfangreich

Negativ

  • Areale oft karg und leer
  • Kein „richtiger“ Multiplayer
Userwertung
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Tom Clancy's H.A.W.X. 2 Daten
Genre Action
Spieleranzahl 1 - 2
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz 50 / 60 Hz
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 11. November 2010
Vermarkter Ubisoft
Wertung 8.4
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