Leonardo und Bruno erreichen die Abtei Nuestra Señora de Natividad
Wer nun allerdings hoffte, das Innovationspotenzial würde sich auch auf die Rätsel übertragen, wird enttäuscht sein: Denn erstens gibt es hier kaum Rätsel und zweitens sind sie kaum neuartig zu nennen. Wie - kaum Rätsel? Das ist doch ein Adventure!? Ja - aber eben eines mit einem anderen Akzent. Natürlich schleppt ihr auch hier wieder allerlei Krimskrams mit euch herum, der dann an der richtigen Stelle im Spiel eingesetzt wird. Aber das Hauptaugenmerk liegt bei The Abbey auf den Gesprächen mit allen Bewohnern der Abtei. Und gerade diese verschiedenartigen Charaktere, vom (scheinbar) verrückten Gärtner bis hin zum listigen Vertreter des Abts, machen die Würze des Spiels aus.
Konversation findet im klassischen Multiple-Choice Verfahren statt
Es ist dann auch mehr als eine Art interaktiver Roman zu sehen, als ein z. B. rätsellastiges Machinarium. Beide dem Genre "Adventure" zuzuordnen ist eigentlich falsch, denn sie sind grundlegend verschieden. Wer die dichte Atmosphäre einer spannend erzählten Geschichte schätzt, wird The Abbey jedenfalls rasch ins Herz schliessen. Zumal auch die nervigen Bugs mit der Macintosh Fassung endlich ein Ende finden: Das gefürchtete Reliefpuzzle funktioniert jetzt, Konversationen laufen nicht mehr in Dauerschleife und der Mauszeiger muckt nun auch nicht mehr rum - so lässt sich The Abbey stressfrei geniessen. Schade nur, dass die Spielzeit mit ungefähr 8 - 10 Stunden nicht gerade üppig ausgefallen ist und es nach dem einmaligen Beenden eigentlich keinen Grund mehr gibt, einen zweiten Anlauf zu wagen. Aber das ist man als Adventure Fan ja ohnehin gewöhnt.
Vorbei die Zeiten, als ein gutes Adventure noch ohne gelungene Sprachausgabe auskommen konnte. Heutzutage führt kein Weg mehr an professioneller Synchronisation vorbei, um die Atmosphäre besser vermitteln zu können. Und das ist gerade bei The Abbey wichtig, denn hier wird verhältnismäßig stark der Konversation zugesprochen. Absolut hervorragend ausgewählte Stimmen zeigen hierbei, wie sich ein Adventure im Jahr 2009 anzuhören hat. Was auch für die musikalische Untermalung des Abenteuers gilt, die von ruhig bis stürmisch alle Facetten beherrscht - dem Prager Symphonie Orchester sei Dank, die sich für die großartige Arbeit verantwortlich zeichnen.
Theologisch korrekt: Hier wird die Messe noch im alten Ritus gefeiert
Zwei interessante technische Details noch: The Abbey lässt sich neben Vollbild auch wunderbar im Fenstermodus mit einstellbarer Auflösung geniessen. Praktisch, wenn man nebenbei noch weitere Software laufen lassen möchte. Und zweitens ist zum Spielen erfreulicherweise keine DVD im Laufwerk erforderlich, so dass diese direkt nach der Installation wieder zurück in die Packung wandert. Äußerst angenehm. Weniger angenehm ist hingegen die Tatsache, dass The Abbey vor dem ersten Spiel erst beim Hersteller "aktiviert" werden muss - per e-mail kommt dann die Bestätigung samt Code. Dumm nur, wenn man - aus welchem Grund auch immer - gerade keinen Internet-Zugang zur Hand hat.
Auch wenn man versucht neutral ranzugehen, die beinahe Katastrophe der PC-Version mit einer zurückgerufenen Erstveröffentlichung stimmt natürlich erstmal skeptisch. Nachdem dieser Autor dann das Abenteuer in ca. 9 Stunden beendet hatte, überwog die Hoffnung auf ein Wiedersehen mit dem sympathischen, aber auch mal kantigen Leonardo de Toledo. Macintosh User haben in Sachen Adventures nun wirklich die Qual der Wahl - vom rätsellastigen Machinarium über das abgedrehte Edna bricht aus bis hin zu eben The Abbey steht für jeden Adventure-Geschmack ein aktueller Vertreter im Regal. Und Kollege Andreas sitzt bereits am hitverdächtigen Ankh 3 - mehr dazu in Kürze!