
MotoGP, die absolute Königsklasse im zweirädrigen Rennsport… Aber halt, heißt das Spiel um dass es sich in diesem Review dreht nicht Superbike World Championship? Ihr habt richtig gelesen! Neben der MotoGP gibt es nämlich auch noch die Superbike-Klasse. Diese nimmt zwar nicht ganz den Stellenwert des „großen Bruders“ ein, hat sich in den letzten Jahren aber dennoch eine ordentliche Fanbase geschaffen und bietet nicht minder professionellen Rennsport. Im Gegensatz zu den hochgezüchteten High-End-Maschinen in der MotoGP liefern sich die Fahrer bei der Superbike-Weltmeisterschaft Rennen mit verhältnismäßig normal gebliebenen Serien-Motorrädern der 1000cm³-Klasse.
Natürlich sind auch die Superbike-Maschinen für Racing-Zwecke umgerüstet und verfügen mit Leistungsdaten jenseits der 200 PS über ausreichend Power um spannende Duelle auf der Rennstrecke zu ermöglichen. 20 Bikes von Honda, Kawasaki, Suzuki, Aprilia, Ducati und erstmals auch BMW stehen zur Auswahl und dürfen über 14 lizenzierte Original-Rennstrecken gejagt werden, wobei der Nürburgring wie bereits im letzten Jahr unerklärlicherweise fehlt. Im Wesentlichen ist das Fahrerfeld der aktuellen SBK-Saison nachempfunden, beinhaltet alle 18 Teams und wird dank bekannter Namen wie Max Biaggi auf dem Rücken der Aprilia RSV4 oder Max Neukirchner mit seiner Suzuki GSX-R vor allem Fans der Serie zufrieden stellen.

Schon das Hauptmenü von SBK09 lässt Renn-Feeling aufkommen. Im Gegensatz zu den meist langweiligen Titelbildschirmen der Konkurrenz bekommen wir hier einen kleinen Auszug aus dem typischen „Drumherum“ vor einem Rennen geboten. Wir finden uns unmittelbar an der Strecke ein, können Fahrer und Motorräder begutachten und dürfen sogar einen Blick auf den nagelneuen Alfa Romeo Mito werfen. Haben wir uns satt gesehen steht eine breite Palette an Optionen und Spielmodi zur Auswahl.
Der Modus Schnelles Rennen lässt uns mit einem Fahrer unserer Wahl auf die gewünschte Rennstrecke los, das Training dient zur Einarbeitung in die Steuerung und dem Testen verschiedener Bikes. Beim Rennwochenende bekommen wir wie der Name schon sagt ein typisches Wochenende in der SBK-Saison mit, nehmen am freien Training, zwei Qualifikationsläufen, der Aufwärmphase und dem eigentlichen Rennen teil und der Meisterschafts-Modus lässt uns die komplette 09er Saison der SBK bestreiten. Zu guter Letzt ist noch der Menü-Punkt Herausforderungen verfügbar, der uns etwas Abwechslung vom Racing-Alltag bietet. Hier fahren wir nämlich keine herkömmlichen Rennen sondern messen uns in verschiedenen Disziplinen wie Drifting und Time-Attack oder werden mitten in ein laufendes Rennen teleportiert und bekommen besondere Aufgaben wie etwa die Verteidigung der aktuellen Position auf der Strecke oder eine Aufholjagd auf den Führenden.

Bevor wir nun zum Herz des Spiels, dem Gameplay kommen sollte kurz erwähnt werden dass sich SBK 09 definitiv an Simulations-Fans und virtuelle Rennsport-Profis richtet. Obwohl der Titel fünf Schwierigkeitsgrade von Einfach bis Extrem bietet, werden Arcade-Spieler auf Dauer nicht glücklich werden. Insgesamt gesehen ist SBK 09 sehr anspruchsvoll, was allein schon an den unzähligen Einstell-Möglichkeiten zu erkennen ist. Von der Reifenwahl, welche logischerweise witterungsabhängig sein sollte, über diverse Fahrhilfen wie Traktionskontrolle oder Bremskraftverstärker bis hin zur eigentlichen Abstimmung der eigenen Maschine, die für jedes Rennen und Qualifying angepasst werden darf, ist alles dabei was auch im realen Rennsport üblich ist. Zusätzlich darf noch über Reifenabnutzung, Starthilfe, den Schaden am Bike nach einem Crash, die Berücksichtigung vom Gewicht des Fahrers und die realistische Trägheit der Maschine bestimmt werden.
All diese Möglichkeiten werden in erster Linie Anfänger und Genre-Neulinge etwas überfordern. Zwar ist es auch möglich mit einer voreingestellten Maschine zu fahren, letzteres führt aber nur auf den beiden einfachen Schwierigkeitsgraden zum Erfolg. Vor allem im Simulations- bzw. Extrem-Modus hat man nur mit einer hundertprozentig richtig eingestellten Maschine die Möglichkeit das Podest überhaupt aus der Nähe zu sehen.

Um diese Einstellung zu gewährleisten können wir jederzeit mit unserem Team und dem Chefingenieur Rücksprache halten. Das ist immens wichtig, denn der Herr vom Fach hält viele gute Tipps und Vorschläge für das perfekte Setup bereit. In der Boxengasse setzen wir uns vor jedem Rennen oder Qualifikationslauf mit ihm zusammen, erstellen eine Taktik und konfigurieren unser Motorrad nach eigenen Wünschen. Dabei dürfen wir entweder selbst Hand an die Maschine legen, oder lassen die geübten Mechaniker ran. Unsere Box bildet die Kommandozentrale des gesamten Teams, hier holen wir uns alle nötigen Informationen zu den einzelnen Rennstrecken, Bestzeiten und den äußeren Bedingungen. Wie im echten Leben spielen natürlich sowohl die Temperatur von Luft und Fahrbahn als auch die Regenwahrscheinlichkeit eine entscheidende Rolle.
Warum das so ist merkt man spätestens wenn man statt Regenreifen Slicks aufgezogen hat und es zu schütten beginnt. Dann nämlich schlittert unsere Maschine wie auf Glatteis über den nassen Asphalt und es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir im Kiesbett liegen oder an der Leitplanke landen. Allgemein verhalten sich die Fahreigenschaften der Motorräder sehr realistisch und verzeihen kaum einen Fahrfehler. Wer sich in einer Schikane verbremst oder beim Beschleunigen aus einer Kurve heraus nicht rechtzeitig Gas gibt, wird gnadenlos überholt und fliegt im schlimmsten Fall mit einer schmerzhaften und zugegebenermaßen etwas steifen Animation von der Strecke.

Die einzelnen Rennen gestalten sich dank den vollkommen verschiedenen und der Realität nachempfundenen Kursen äußerst abwechslungsreich. Die gegnerische KI reagiert gut, aber nicht überragend. Auch ein gewisser Gummiband-Effekt lässt sich nicht leugnen... Rutschen wir aus dem Sattel oder verursachen einen Unfall haben wir das Feld spätestens zwei Kurven später wieder eingeholt, was in Wirklichkeit natürlich niemals funktionieren würde.
Das gilt allerdings nur für die niedrigeren Schwierigkeitsgrade. Um die gegnerischen Fahrer z.B. nach einem Sturz im Simulations-oder Extrem-Modus einzuholen bedarf es höchster Konzentration und absoluter Frustfreiheit. Abhängig vom Schwierigkeitsgrad steigt der Anspruch der Rennen nämlich konstant an und je höher dieser ist desto schwieriger wird das Ganze. Erringen wir nach einem harten Kampf auf der Strecke doch einmal den Sieg, winkt eine äußerst spartanisch ausgefallene Siegerehrung. Wir sehen lediglich die drei besten Fahrer auf dem Podest stehen, auf eine Pokalübergabe oder die obligatorische Sektdusche wurde leider konsequent verzichtet. Dafür gibt es ein Siegerfoto fürs Archiv und schon geht’s weiter zum nächsten Rennen. Durch erfolgreich erledigte Herausforderungen und Siege schalten wir Racingvideos- und Bilder frei, die unter den Extras im Hauptmenü eingesehen werden dürfen.

Technisch ist SBK 09 ein zweischneidiges Schwert. Die Motorräder und Fahrer strotzen nur so vor Details, zeigen butterweiche Animationen und jedes Sponsorenlogo ist gut erkennbar. Das gilt allerdings nur auf der Strecke, sehen wir die Fahrer vor einem Rennen oder während der Siegerehrung ohne Helm wird schnell klar dass nicht wirklich viel Wert auf Mimik, Gestik oder markante Gesichtszüge gelegt wurde. In diesem Zusammenhang seien auch die nicht sonderlich hübschen Grid-Girls erwähnt die bekanntermaßen bei der Startaufstellung neben den Fahrern stehen und Sonnenschirmchen hoch halten. Gerade hier hätten die Entwickler etwas mehr ins Detail gehen können um eine bessere Atmosphäre zu erzeugen.
Die einzelnen Rennkurse hinterlassen ebenfalls keinen besonders guten Eindruck. Während die Strecken an sich noch einigermaßen gut aussehen, ist alles was sich abseits davon befindet kaum erwähnenswert. Langweilige Hintergründe und Matschtexturen die vor allem beim ungemein hässlichen 2D-Publikum auffallen sollten im Jahr 2009 doch langsam der Vergangenheit angehören. Auch die Vegetation am Fahrbahnrand ist nur mit viel Fantasie als solche zu identifizieren. Glücklicherweise rasen wir die meiste Zeit in einem Affenzahn daran vorbei und haben kaum Zeit uns über die triste Umgebung zu ärgern. Was die Optik nicht schafft müsste doch wenigstens die Akustik-Abteilung wieder wett machen, könnte man meinen… Aber Fehlanzeige, die Geräusche der Motorräder klingen merkwürdig kraftlos und auch die Hintergrundmusik wirkt deplaziert, auf Dauer sogar störend. Zwar wird ein verhältnismäßig breites Spektrum aus Rock, Punk, House- und Techno-Beats geboten aber erstens wiederholen sich die Tracks auffallend schnell, zweitens sind sie viel zu lang und dritten ist kaum eins der Musik-Stücke wirklich hörenswert.

Hat man die Kampagne abgeschlossen und die einzelnen Rennwochenenden erfolgreich hinter sich gebracht, steht auch einem kleinen Abstecher in den Multiplayermodus von SBK 09 nichts mehr im Weg. Im Onlinemodus dürfen bis zu acht Spieler gegeneinander antreten und auch ein Koop-Modus in dem wir uns mit einem menschlichen Teamkollegen an die Weltmeisterschaft wagen hat es ins Spiel geschafft. Schade ist allerdings dass es keinen Offline-Mehrspielermodus und somit auch keine Splitscreen-Rennen gibt.
Betrachtet man SBK 09 insgesamt, fällt schon nach kurzer Zeit auf dass man die Unterschiede zum direkten Vorgänger SBK 08 mit der Lupe suchen muss. Mit Ausnahme der angepassten Lizenzen und der !!!kaum!!! verbesserten Optik hat sich nicht viel getan. Das dürfte Superbike-Anhänger zwar nicht weiter stören, ist aber dennoch der größte Kritikpunkt an SBK 09. Vor allem was die Präsentation angeht wäre viel mehr möglich gewesen. Was bleibt ist eine knallharte Motorrad-Simulation die sich darauf konzentriert ein realistisches Fahrgefühl zu vermitteln. Das ist Entwickler Blackbean zwar gelungen, macht den Titel aber wirklich nur für absolute Fans interessant.