

Die ersten Bilder täuschen. Diesmal wird nicht das Weltall erforscht, sondern ordentlich geballert.
Star Trek: Encounters ist eindeutig ein actionorientiertes Game, das wenig Wert auf Story oder taktische Überlegungen legt. Das kleine britische Entwicklerteam 4JStudios hat sich die bekanntesten Schlachten aus allen Serien und Filmen geschnappt und diese als Missionen umfunktioniert. Der Zocker übernimmt also immer die Kontrolle über eines der legendären Raumschiffe der Föderation und versucht mit Hilfe von viel Fingerspitzengefühl und schnellen Reaktionen, die Feinde der Menschheit und ihrer Verbündeten zu zerstören. NX-01, NCC-1701, NCC-1701-D, NCC-74656, NX-74205… Wer in diesem Augenblick genau weiß, wovon die Rede ist, wird sich in der virtuellen Welt von Encounters sofort heimisch fühlen. Es handelt sich um Registrierungsnummern, hinter denen sich einige der bekanntesten Schiffe der Star Trek Saga verstecken. Gelegenheitstrekkies werden aber mit den Namen Enterprise, Voyager und Defiant ein wenig mehr anfangen können. Jedenfalls dürfen diese und viele weitere Wunder der Technik durch die unendlichen Weiten von Raum und Zeit gesteuert werden.
Die äußerst nüchterne Präsentation der Story ist enttäuschend. Statt netten Zwischensequenzen gibt es meistens nur ein paar Informationen in Textform, die den Zocker auf die nächste Mission vorbereiten. Ein paar Ausschnitte aus den entsprechenden Fernseh-Episoden hätten hier die Atmosphäre deutlich verbessert. Doch dummerweise sehen wir nie die eigentlichen Helden, sondern nur Weltall, ein paar Planeten und Nebel in diversen Formen und Farben, während ein unbekannter Sprecher zu Beginn einer Episode versucht, einem einzelnen Wort wie “Incursion“ besonders viel Bedeutung zu verleihen. Äußerst unspektakulär und äußerst “unstartrekkig“.


Vorsicht, Depressionen drohen! Trotz ein paar netter Effekte wirkt das Universum äußerst trostlos.
Ein eigenständiges Tutorial ist nicht vorhanden, aber während des ersten Auftrags, in dem es mit Captain Jonathan Archer und seiner Besatzung gegen die fiesen Xindi geht, wird man dennoch mit den Geheimnissen der Steuerung bekannt gemacht. Das ist auch bitter nötig, denn Encounters ist kein einfaches Spiel. Stürzt man sich ohne Lektüre der Anleitung und der Tipps auf dem Bildschirm in die Schlacht, wird man schnell feststellen, dass man keine Ahnung hat, was eigentlich zu tun ist.
Im Grunde handelt es sich bei dem Game um einen entfernten Nachfahren des ewigen Videospiel-Klassikers Asteroids. Genau wie im Urgestein von 1979 befindet sich auch in Encounters das eigene Schiff im Mittelpunkt des Bildschirmgeschehens und muss auf allerlei Gefahren reagieren, indem ausgewichen und geballert wird. Allerdings haben die Macher ein paar nette Ideen umgesetzt, die aus dem simplen Grundprinzip ein durchaus kniffliges Unterfangen machen. So lässt sich beispielsweise mit Hilfe des Steuerkreuzes Energie umleiten. Allein durch diese Tatsache fühlt man sich während der Schlacht schon ein wenig wie Captain Picard, der ja bekanntlich in jeder zweiten Folge den Befehl gab, irgendwelche Energie irgendwohin umzuleiten. Jedenfalls kann es äußerst nützlich sein, den Antrieb kurzfristig aufzupeppen, um ein Schiff zu verfolgen und andere Systeme wie Phaser oder Schilde auf Sparflamme zu schalten. Interessant ist auch die Tatsache, dass man zwar das Geschehen aus einer isometrischen Perspektive sieht, aber dennoch die Höhe des eigenen Vehikels mit Hilfe der Shoulder-Buttons beeinflussen kann. Das ist auch nötig, um feindlichem Beschuss auszuweichen oder die diversen Extras einzusammeln, die im All umherfliegen. Da man das jeweilige Schiff und die Ausrichtung der Waffen mit den beiden Analog-Sticks unabhängig voneinander steuern kann, sind durchaus gelungene Manöver möglich. Im Laufe eines Gefechtes kann es auch wichtig werden, dem Feind eine möglichst ungeschädigte Angriffsstelle zuzuwenden, da es mehrere Schilde gibt, die einzeln abgenutzt werden.
Es dauert seine Zeit, bis man sich mit der Steuerung angefreundet hat und einige Zocker werden sicherlich nie den Punkt völliger Zufriedenheit erreichen. Dennoch ist es möglich, Waffensysteme zu wechseln, die Geschwindigkeit zu beeinflussen, die Höhe zu ändern, Extras einzusammeln, Energie umzuleiten und trotz dieser vielen Aktionen aus jeder Schlacht als Sieger hervorzugehen. Leider hat man am Ende das dumme Gefühl, dass die virtuellen Raumschiffe einfach völlig anders reagieren, als man es aus dem Fernsehen oder von der großen Leinwand gewohnt ist. Selbst monströse Kolosse wie die Next Generation Enterprise führen auf kleinstem Raum einen Looping aus. So wird man das dumme Gefühl nicht los, eine langsame, aber extrem bewegliche und gefährliche Kaulquappe durch einen Teich zu steuern statt ein futuristisches Fluggerät zu lenken.
20 Missionen stehen zur Verfügung, was etwas wenig ist, wenn man bedenkt, dass hier tatsächlich 40 Jahre Star Trek in komprimierter Form geboten werden. Hat man sich mit einem Vehikel angefreundet, sitzt man schon im nächsten und stellt sich völlig anderen Gegnern entgegen. Nach dem Durchzocken bleibt die Option, die diversen frei gespielten Schiffe in Mini-Gefechten verschiedener Schwierigkeitsgrade auszuprobieren. Auch ein Zwei-Spieler-Modus ist enthalten, der aber aufgrund wesentlich besserer PS2-Baller-Alternativen nicht viel Beachtung finden wird.
Die Grafik hat einen klassischen Low-Budget-Look. Sie erfüllt ihren Zweck, tut aber wirklich nichts, um über die reine Funktionalität hinaus zu begeistern. Die Hintergründe wirken alle so ähnlich, dass man sie nach einer halben Stunde gar nicht mehr wahrnimmt, und auch die Schiffsmodelle überzeugen weder durch Detailreichtum noch durch sehenswerte Animationen. Es gibt zwar eine ganze Palette verschiedener Effekte, aber Laserstrahlen und Explosionen hat man schon in wesentlich älteren Games in sehr viel besserer Form bewundern dürfen.

Auch der Sound ist nur Fließbandware. Bei den wenigen, aber episch klingenden Melodien kommt zwar ein Hauch von Star Trek Feeling auf, aber insgesamt wurde viel zu wenig aus den Vorlagen übernommen. Keine “Der Weltraum, unendliche Weiten“-Ansprache, keine klingonischen Volkslieder und kein Captain Kirk, der laut “Feuer“ brüllt. Wenigstens die Effekte klingen so ähnlich, wie man sie aus der Flimmerkiste kennt, aber das allein reicht natürlich nicht, um wirklich Atmosphäre aufzubauen.
Ehrlich gesagt erwartet man von einem Unterhaltungsprodukt, auf dem die Worte Star Trek stehen, deutlich mehr Komplexität. Wenn ein Spiel zu einer Science-Fiction-Saga erscheint, die bereits mehr als vier Jahrzehnte umspannt, sollten die Macher etwas anderes abliefern als einen aufpolierten Asteroids-Klon für das 21. Jahrhundert. Lediglich die Steuerung lässt erahnen, wie viel Potential dieses Projekt mit mehr Entwicklungszeit und Ehrgeiz gehabt hätte, aber in allen anderen Bereichen wirkt das Game zu lieblos. Für echte Trekkies mag Encounters die Zeit bis zum nächsten Kinofilm ein wenig verkürzen, aber es fällt schwer, eine Kaufempfehlung auszusprechen, wenn man hierzulande den Vollpreis zahlen soll und das gleiche Spiel in den USA für weniger als 20 Dollar auf den Markt geworfen wurde. Mein Tipp: ein paar Wochen warten. Der nächste Wühltisch kommt bestimmt.