
Die meiste Zeit über seht ihr das Spiel aus dieser Perspektive.
Sniper Elite stammt aus dem Hause der Entwickler Rebellion Software (Delta Force: Black Hawk Down) und versetzt euch in die Rolle eines Scharfschützen im Zweiten Weltkrieg. Das ist der eigentliche Hauptfaktor, durch den sich das Spiel von anderen WWII Shootern unterscheidet – hier reicht es nicht den Strand zu stürmen und wild auf alles zu ballern, was die falsche Uniform trägt. Ihr werdet in die letzten Tage des Krieges geschickt. Es ist 1945 und das Spiel fokussiert sich auf den Konflikt zwischen Russland und Deutschland um die Kontrolle in Berlin. Der russische Geheimdienst NKVD befindet sich in der Stadt um die Pläne für die Atombombentechnologie der Deutschen zu stehlen. Als braver Ami Soldat ist euch natürlich klar, dass diese Pläne in Stalins Händen auch nicht unbedingt gut aufgehoben wären, also ist es das Ziel dies zu verhindern. Wie? Ganz einfach – getarnt als deutscher Soldat!
Die Singleplayer Kampagne von Sniper Elite führt euch durch 28 Missionen. Das Gameplay gestaltet sich genau so, wie man es sich vorstellt bevor man das Spiel überhaupt einlegt. Als Sniper schaltet ihr hohe Offiziere aus, stehlt geheime Dokumente, befreit gefangene Kollegen und verteilt jede Menge Kopfschüsse. Hinzu kommen einige Nebenziele, die die Spielzeit ganz schön in die Höhe treiben – vor 12 Stunden werdet ihr den Abspann nicht zu sehen kriegen. Das Spiel versteht es sehr gut, eine richtig dichte Spannung aufzubauen, dadurch dass ihr quasi ständig unentdeckt bleiben solltet, euch eine vorteilhafte Position überlegen müsst und schließlich das Gewehr anlegt.

Grafisch wird leider nichts Umwerfendes geboten.
Bei den Missionsgestaltungen gibt es allerdings ein paar Probleme. Einige der eher komplexeren Missionen sind wunderbar, z.B. wenn ihr einen Kirchturm erklimmt um die herannahenden Feinde auszuschalten und euren Verbündeten, die aus irgendwelchen Gründen in der Klemme stecken den Rücken frei haltet. Unpassend ist es dann, wenn ihr euch durch sechs oder sieben sehr zeitintensive Missionsziele gekämpft habt, dass das letzte Ziel manchmal absolut nicht ansprechend ist.
Ein weiteres Problem der Mission ist, dass ihr sehr oft nach dem „Trial & Error“ Prinzip vorgehen müsst, um wirklich herauszufinden, was ihr eigentlich tun müsst bzw. welche Form der Umsetzung am vorteilhaftesten ist. So werdet ihr einige Male das Zeitliche segnen, während ihr versucht zu erkennen, mit wievielen Feinden ihr es dieses Mal zu tun habt oder welche Position für eure Pläne die ergiebigste ist. Auch auf dem einfachsten Schwierigkeitsgrad könnt ihr euch also darauf einstellen, dass ihr einige Missionen mehrere Male spielen werdet. Das kann stellenweise ziemlich frustrierend sein, da viele Missionen wie schon erwähnt sehr zeitintensiv sind. Hilfreich ist hierbei allerdings, dass ihr jederzeit speichern könnt (aber nur eine bestimmte Anzahl von Speicherplätzen zur Verfügung habt).

Berlin, 1945 - not the best place to be at...
Ein anderer Grund, weshalb ihr des Öfteren sterben werdet, ist die simple Tatsache, dass ihr ein Scharfschütze seid. Die Jungs sind damals scheinbar nicht so sehr auf möglichen Schaden eingerichtet worden. Zwar helfen euch Medikits und Bandagen, aber die sind doch im Vergleich zu anderen Genrekollegen recht selten. Hinzu kommt, dass die KI der Gegner wirklich sehr gut ist, fast schon zu gut. Sie laufen weg, verstecken sich, kriechen, legen sich hin, verbünden sich zu tödlichen Gruppen und wissen komischerweise irgendwie immer wo ihr gerade steckt. So kommt es z.B. vor, dass ein Typ euch vor die Linse läuft um euch abzulenken, während sich ein anderer langsam hinter euch schleicht und dann seinen Job erledigt. Wenn ihr euch einen Gegner vornehmt solltet ihr außerdem darauf achten, dass ihr ihn auch wirklich stumm schaltet. Trefft ihr einen ins Bein fällt er um und schreit nach Hilfe – seid ihr nicht schnell genug wird ein Kumpel kommen und ihn in Sicherheit bringen.
Das Gameplay des Spiels kann sich sehen lassen. Mit den Standard Einstellungen ist das Schießen zwar herausfordernd, aber durchaus machbar. Das einzige was gegen euch spielt ist die Erdanziehungskraft, sprich auf lange Distanz solltet ihr ein bischen überhalb eures eigentlichen Ziels ansetzen. Wem das zu unrealistisch ist, kann weitere Variablen einschalten, wobei z.B. der Wind noch das langweiligste ist. Sehr cool ist folgendes: wenn ihr die Waffe ansetzt schwenkt sie minimal, wegen eurer Atmung und dem Herzschlag. Per Knopfdruck leert ihr eure Lungen um so einige Sekunden kein Zittern oder ähnliches zu haben. Wenn ihr einen Kopfschuss auf lange Distanz landet verfolgt die Kamera die Kugel dramatisch – herumfliegende Hirn- und Knochenstückchen inklusive. Sniper Elite ist definitiv nichts für Spieler mit schwachen Mägen.

Erledigt ihr einen Gegner nicht sofort eilt ein Kumpel herbei um ihm zu helfen.
Falls euch der Singleplayer Modus zu anstrengend oder fordernd ist, bleibt die Online Multiplayer Variante. Bis zu acht Spieler nehmen hier am Deathmatch teil, inkl. Scoreboard usw. Die Onlinepartien machen definitiv Spaß, aber man sollte sich halt im Klaren sein, dass hier keine große Geschwindigkeit wie bei Halo 2 o.ä. aufkommt. Ein Offline Coop-Modus wurde ebenfalls ins Spiel integriert.
Grafisch bietet Sniper Elite leider nur Durchschnittskost. Oft kommt es euch vor, als würdet ihr die gleichen Texturen immer und immer wieder sehen – dadurch, dass die Texturen fast ausnahmslos alles andere als schön sind, zieht das doch schon das Spielerlebnis stellenweise runter. Hinzu kommt natürlich noch, dass ihr diese unschönen Texturen aufgrund eures Berufes ständig sehr nah herangezoomt seht. Bei den Charakter Modellen hat man sich auch keine große Mühe gemacht – ein paar mit Helmen, ein paar ohne... und doch sind es irgendwie alle die gleichen Kerle.
Im Gegensatz zur Grafik kann der Sound im Spiel richtig begeistern. Selten habt ihr euch wirklich so in den Krieg versetzt gefühlt – entsprechende 5.1 Anlage vorausgesetzt. Ihr hört Flugzeuge, Bomben, Artillerie Truppen in der Distanz und auch wie die gegnerischen Soldaten sich Dinge zurufen. Zu schade, dass bei der Vielfalt der gegnerischen Sätze ebenfalls gespart wurde und ihr so sehr oft die gleichen Sätze zu hören kriegt.

Geduld und ein ruhiger Zeigefinger sind Pflicht für einen Scharfschützen.
Sniper Elite schafft es recht gut, den Zweiten Weltkrieg aus einer anderen Perspektive zu vermitteln. Absolute Bedingung für die ordentliche Portion Spielspaß ist jedoch Geduld und viel Zeit. Wer nach einem Jahr mit Halo 2 einen nervösen Finger am rechten Trigger hat, sollte das Spiel im Händlerregal liegen lassen. Wer aber auf Stealth steht, gerne plant und mal ein etwas anderes WWII Erlebnis mitkriegen möchte, sollte zugreifen!