
Dank der Bestimmungen der Genfer Konvention ging es den Gefangenen allerdings relativ gut. Sie hatten Unterkünfte und Lebensmittel und ihre einzige Pflicht bestand darin, zweimal täglich zum Appell anzutreten.
Trotzdem war es für sie unerträglich in gegnerischer Hand zu bleiben, während ihre Kameraden für die Befreiung Europas kämpften und starben. Daher machte es sich jeder Einzelne zur Pflicht, auf ein Ziel hinzuarbeiten – die Flucht. Im Laufe des Zweiten Weltkrieges wurden Hunderte von Fluchtversuchen unternommen. Menschliche Erfindungsgabe und Initiative brachten die unglaublichsten Pläne hervor, von denen ungeahnt viele erfolgreich waren. Tunnel, Verkleidungen, Ausweich- und Täuschungsmanöver, Verwirrungs- und Ablenkungstaktiken wurden eingesetzt, um die Luftwaffe an der Aufdeckung solcher Fluchtpläne zu hindern.
Für viele führte der Fluchtversuch ins Verderben. Sie wurden entweder auf der Flucht erschossen oder wieder aufgefangen und für ihren Freiheitsdrang mit dem Tod bestraft. Soviel zur Einführung in eines der atmosphärischsten Spiele seit langem… herzlich Willkommen zu Prisoner of War.
Wie der Name schon sagt, spielt ihr einen amerikanischen Kampfjägerpiloten, der im Laufe des Zweiten Weltkrieges mit seinem Co Piloten abgeschossen wird und daher in deutsche Kriegsgefangenschaft genommen wird. Euer Name ist Captain Lewis Stone der US Army Air Force. Und wie es sich für einen Helden in einem Spiel mit dieser Thematik gehört, seid ihr der Draufgänger schlechthin. Als ihr den Auftrag bekommt, einen Aufklärungsflug über deutsches Gebiet zu starten, scheint es ein Tag wie jeder andere zu werden. Doch dem ist nicht so. Ihr sollt den Luftraum über dem berüchtigten Kriegsgefangenenlager Stalag Luft erkunden und versuchen verdächtige Dinge zu entdecken. Doch während dieses Erkundungsfluges werdet ihr von der deutschen Wehrmacht ins Visier genommen und abgeschossen. Glücklicherweise könnt ihr euch noch mit dem Fallschirm retten und somit überlebt ihr. Doch die Tatsache von nun an Gefangener der Deutschen zu sein ist für Captain Stone scheinbar schlimmer als der Gedanke an seinen eigenen Tod. Nachdem Stone ins erste Lager geführt worden ist, übernehmt ihr die Steuerung im Spiel und das Schicksal von Stone ist eures…

Euer Ziel? Ganz einfach: aus dem Lager fliehen um somit euren Kumpanen wieder bei der Befreiung Europas zu helfen. Doch, leichter gesagt als getan. Schon bald stellt ihr fest, wie stark das Lager bewacht wird und euch wird klar, dass hier ein kühler und kluger Kopf gefragt sein wird um zu entkommen. Denn mit brachialer Waffengewalt seid ihr bei Prisoner of War total falsch. Hier geht es sich nur ums herum schleichen und nicht erwischt werden. Was der Videospieler also bisher nur als Nebenaspekt von Spielen wie Metal Gear Solid oder Headhunter kennt, ist in Prisoner of War das Wichtigste.
Das Spiel ist in 5 verschiedene Lager aufgeteilt. In jedem Lager gibt es 4 Missionen, die euch jeweils der Flucht aus dem Lager immer näher bringen. Nach Bestehen der 4. Mission habt ihr dann die Flucht geschafft… und werdet dummerweise relativ schnell wieder aufgegriffen (außer nach Lager Nummer 5). Die Lager werden immer größer und vor allem schwerer – will heißen: sie werden immer strenger bewacht. Mehr Wachposten die über das Gelände laufen, mehr Wachtürme von denen aus nachts mit riesigen Scheinwerfern nach Flüchtlingen gesucht wird, usw.

So ist es kein leichtes, aus einem Lager zu entwischen. Doch wie geht es nun richtig vor sich… Erst mal gibt es an jedem Tag einen bestimmten Tagesablauf. So müsst ihr z.B. jeden Morgen und jeden Abend zum Appell vor eurer Schlafbaracke erscheinen. Solltet ihr nicht zum Appell auftauchen, starten die Sirenen und man wird euch suchen… und glaubt mir, man wird euch finden bevor ihr bis 10 zählen könnt. Damit ihr die wichtigen „Termine“ nicht verpasst habt ihr ständig eine Uhr auf dem Bildschirm. Neben jener steht dann auch praktischerweise immer direkt was gerade ansteht und wo ihr sein müsst. Wenn nämlich Frühstück angesagt ist, müsst ihr auch im Esssaal sein oder zumindest in unmittelbarer Nähe. Erwischt man euch am anderen Ende des Lagers gibts einen Tag Einzelhaft. Rund um das Lager ist außerdem eine Todeszone… betretet ihr also die äußersten Grenzen des Lagergeländes wird man sofort das Feuer auf euch eröffnen, wohin gegen die Wächter sonst noch einmal warnen bevor sie schießen. Doch sterben werdet ihr im Spiel nicht. Wenn ihr angeschossen werdet, landet ihr im Lazarett und verliert somit einen Tag.

Somit muss man seinen Tagesablauf schon ganz genau planen um erfolgreich zu sein. Doch gibt es in den verschiedenen Lagern auch kleine Hilfsmittelchen wie z.B. Schuhcreme, die ihr euch ins Gesicht schmiert um bei einer Nacht und Nebel Aktion nicht so leicht entdeckt zu werden. Oder ihr klaut euch in einer Wächterbaracke eine deutsche Uniform. Wenn ihr diese an habt, könnt ihr seelenruhig durch das Lager spazieren. Aber Vorsicht: geratet ihr zu nahe an einen anderen Wächter bemerkt er eventuell, dass er euch nicht kennt und schlägt sofort Alarm. Somit müsst ihr also ständig auf der Hut sein und konzentriert bleiben.
Im Laufe der Missionen müsst ihr die gefährlichsten Dinge unternehmen um immer weitere Informationen zu erlangen, die euch bei der Flucht helfen sollen. So müsst ihr z.B. in einer Mission in die Residenz des Lagerkommandanten eindringen (natürlich in feindlicher Uniform und am besten über die Regenrinne) und ein Tonband mit Rock n Roll Musik über einen Player laufen lassen, so dass alle im Lager die Kassette hören. So werden eure deprimierten Mitgefangenen aufgeheitert.

Das besondere an Prisoner of War ist die wahnsinnige Atmosphäre die ich schon lange in keinem Spiel mehr erlebt habe. Nach einer Zeit kommt es euch wirklich so vor als ob ihr Captain Stone seid und es wird zu eurem Ziel, aus den Lagern zu flüchten. Die Spannung findet ihren Höhepunkt wenn ihr z.B. mitten in einer Mission seid und auf einmal kreuzt eine Wache euren Weg. Schnell und vor allem klug reagieren heißt es dann. So kommt es durchaus vor, dass eure Hände vor Anspannung richtig schwitzen und euer Herz rasend schnell pocht wenn es mal wieder brenzlig wird. Einfach super !
Grafik:
Tja… so ein tolles Spiel und dann so was… die Grafik ist ganz klar der Schwachpunkt von Prisoner of War. Captain Stone bewegt sich durch eine Landschaft und redet mit Charakteren die grafisch alles andere als „up to date“ sind. Erst recht nicht wenn es sich um ein Xbox Spiel handelt. Was die Entwickler sich dabei gedacht haben erscheint mir ziemlich fragwürdig. Die Gesichter wirken wie aufgeklebt und verhalten sich z.B. bei Dialogen vollkommen falsch. Für Grafikfetischisten ist es ein Alptraum. Alle Spieler die auf andere Dinge mehr wert legen wird die Grafik zwar auch stören, aber die restliche Qualität des Spieles lässt den Spieler darüber hinweg schauen.
Sound:
Der Sound von POW ist gut gelungen. Besonders witzig sind die Vertreter der deutschen Wehrmacht, die übrigens nur Englisch mit euch reden. Aber was für eins… durch den Akzent der Wächter wird jede auch noch so ernstgemeinte Bemerkung zur absoluten Lachnummer. Alleine schon wegen diesem „Feature“ sollte jeder POW mal anspielen… Lachkrampf garantiert! Auch die restlichen Soundeffekte können überzeugen.
Prisoner of War ist ein sehr gutes Spiel. Wenn die Abzüge wegen der Grafik nicht wären, hätte es zum Ausnahmetitel mutieren können. Die Atmosphäre des Spiels packt den Spieler sehr schnell und lässt euch vorerst nicht mehr los. Eine gute Portion Witz rundet das Spiel ab. Das Gefühl ständig umher zu schleichen lässt eine bisher nahezu unbekannte Spannung aufkommen. Wer mal „was anderes“ spielen möchte, greift hier unbedingt zu!