
Während ihr in der Vergangenheit mit Solid Snake oder dem Kollegen Raiden in 3rd Person Action-Adventures unterwegs wart, bringt Acid die Metal Gear-Reihe in ein neues Genre. Hierbei handelt es sich um einen rundenbasiertes Strategie-Titel, dessen Hauptelement Spielkarten sind. Damit ihr eine Idee davon bekommt, was ich meine: dieser Aspekt ist in gewisser Weise vergleichbar mit dem aus Spielen wie Phantasy Star Online Episode III oder Baten Kaitos.
Wir befinden uns im Jahr 2016. Ein Flugzeug, welches den stärksten Kandidaten für die bevorstehende US-Präsidentschaftswahl befördert, wird von einer terroristischen Vereinigung entführt. Die Terroristen wollen sich Zugang zu einem geheimen Projekt verschaffen, das unter dem Decknamen Pythagoras bekannt ist und auf einer unzugänglichen Insel namens Lobito entwickelt wird. Wie zu erwarten schickt Uncle Sam seinen besten Mann, Solid Snake, in ein neues Abenteuer. Sein Ziel ist es, herauszufinden was genau sich hinter Pythagoras und der scharf bewachten Basis verbirgt. Typisch für Metal Gear driftet die Storyline in ihrem langen Verlauf mehrere Male vollkommen ab, schockt euch mit dramatischen Wendungen und gerät stellenweise ins Paranormale. Da sind blutrünstige Marionetten-Püppchen, die sich darüber streiten wer als nächstes jemanden den Kopf abschneiden darf, noch harmlos.
Auf den ersten Blick erscheint Metal Gear Acid wie ein ganz normaler Vertreter der Reihe. Ihr überblickt das Spielgeschehen aus der gewohnten Perspektive, die Areale in denen ihr euch aufhaltet sind schummrig beleuchtete Militär- und Industriekomplexe. Dieser Schein hält aber maximal für 30 Sekunden an...
Denn Metal Gear Acid ist wie bereits erwähnt ein Strategiespiel. Die Umgebungen in denen ihr eure Missionen bestreitet sind mit einem Kastenmuster ähnlich denen von Advance Wars versehen und Aktionen werden rundenbasiert ausgeführt.
Hauptbestandteil des Spiels sind hierbei über 200 Spielkarten, die je für eine bestimmte Aktion, Ausrüstung oder Spezialattacke stehen. Diese Karten sind in fünf verschiedene Kategorien eingeteilt: Waffenkarten (zum Angriff von Feinden), Aktionskarten (zusätzliche Unterstützung für eine ausgerüstete Waffe), Unterstützungskarten (u.a. zur Verteidigung), Objektkarten (u.a. zur Erholung) und Figurenkarten (spezielle Aktionen). Vor dem Beginn einer Mission stellt ihr euch ein Deck aus maximal 35 Karten zusammen, welches dann gemischt wird und euch in eurer bevorstehenden Mission unterstützen wird. Am Anfang empfiehlt es sich, das Deck automatisch aufstellen zu lassen, da ihr zunächst nicht so wirklich wissen werdet, wie das alles anzustellen ist und worauf ihr Wert legen solltet.
In einer Mission habt ihr maximal sechs Karten auf der Hand, mit denen ihr Solid Snake diverse Dinge anstellen lassen könnt. Pro Runde erhaltet ihr zwei neue Karten. Im Normalfall kann Solid Snake zwei Karten pro Runde einsetzen, bevor der nächste Charakter - im Normalfall ein gegnerischer Soldat - an der Reihe ist. Sobald das Deck auf null Karten sinkt, werden die gleichen Karten neu gemischt und das Deck wieder aufgefüllt. Bewegen könnt ihr euch zum Glück mit fast allen Karten - nachdem ihr eine Karte in eurer Hand ausgewählt habt, entscheidet ihr ob ihr euch mit ihr bewegen oder die spezifische Aktion der Karte ausspielen wollt.
Zu beachten ist dabei die Zahl in der oberen rechten Ecke der Karte, die sogenannten Kosten. Diese Kostenanhäufung während einer Runde bestimmt, wann Snake das nächste Mal zum Zuge kommt. In brenzligen Situationen, in denen ihr von mehreren Gegnern umstellt seid, kann der richtige Umgang mit den Kosten daher spielentscheidend werden.
Nach jeder Bewegung bestimmt ihr die Richtung, in die Snake schauend vorerst verbleiben soll. So ist es z.B. möglich, sich ohne eine Karte Metal Gear typisch an eine Wand anzulehnen und zu klopfen, um die gegnerischen Soldaten auf einen aufmerksam zu machen.
Jede Karte in eurer Hand kann auch im Detail angesehen werden. Das ist zu Beginn des Spiels sehr hilfreich um herauszufinden, welche Karte euch in welcher Situation weiterbringen kann. Bei Waffenkarten wird euch so z.B. angezeigt, wie hoch die Trefferquote oder der angerichtete Schaden ist. Es wird einige Zeit dauern, bis ihr wirklich flüssig durchs Spiel lauft... es gibt zwar ein kleines Tutorial zu Beginn des Spiels, aber um richtig rein zu finden braucht ihr eine gute Stunde praktische Erfahrung.
An der oberen rechten Ecke warten einige Slots darauf, mit Ausrüstungskarten gefüllt zu werden. Das sind z.B. Karten, durch die ihr nach einem feindlichen Angriff einen Gegenangriff startet, durch die ihr feindlichen Angriffen ausweichen könnt usw. Dort ausgerüstete Waffen (die auf einen Einsatz in Form eines Gegenangriffs warten), können mit weiteren Karten gestärkt werden: zum Beispiel steigert ihr so die Wahrscheinlichkeit den Gegner zu treffen durch ein Scharfschützen-Karte.
Schon immer war es in den Metal Gear-Spielen wichtig, sich im Vorfeld eine ordentliche Vorgehensweise auszudenken, um später nicht von Feinden umzingelt in der Klemme zu stecken. Durch den Genrewechsel ist dies natürlich nochmal verstärkt worden - ohne Planung und taktischer Finesse kommt ihr nur während der ersten 2-3 Spielstunden zurecht.
Die Tatsache, dass sich Metal Gear Acid zu jeder Zeit abspeichern lässt, ist daher ein klarer Vorteil. So könnt ihr euch erstmal an einer Mission versuchen, sehen was so abgeht und bei Fehlern das Ganze einfach nochmal neu versuchen.
Nachdem ihr eine Mission erfolgreich beendet habt, gelangt ihr zurück zum Spielmenü. Hier könnt ihr wie schon beschrieben euer Deck bearbeiten und auch neue Karten kaufen. Am Ende einer Mission werden nämlich eure Leistungen bewertet und mit Punkten bezahlt, die ihr in neue Karten investiert.
Besondere Auszeichnungen in Form von speziellen Karten gibt es, wenn ihr in einer Mission nicht vom Gegner entdeckt wurdet, keine Personen ausgeschaltet habt und die Mission möglichst schnell hinter euch gebracht habt. Die Einsatzgebiete werden durch eine Art Übersichtskarte angezeigt. Habt ihr die Mission in einem Areal beendet, könnt ihr im späteren Verlauf des Spiels in dieses Gebiet zurück kommen. Dann erwartet euch hier eine Art Sidequest, in denen ihr ordentlich Punkte sammeln könnt.
Eine besondere Erwähnung haben die sogenannten Figurenkarten verdient. Auf diesen Karten findet ihr die Abbilder von einer Menge Charaktere, die Solid Snake im Laufe seiner Karriere angetroffen hat. Meryl, Otacon, der blaue Cyber-Ninja, Olga Gurlukovich ... sie scheinen alle mit dabei zu sein. Das witzige: spielt ihr eine solche Spezial-Karte aus, wird ein kurzes Filmchen abgespielt, in dem ihr den entsprechenden Charakter in seinem heimischen Umfeld (sprich dem Spiel aus dem er stammt) zu sehen bekommt. Dass Kojima seine Finger mit im Spiel hatte merkt ihr spätestens dann, wenn ihr die Jehuty-Karte findet ,,,)
Die Steuerung von Metal Gear Acid ist zunächst genau so gewöhnungsbedürftig wie das gesamte Spiel an sich. Nach einigen Stunden fliegt ihr aber nur so durch die Karten und die Auswahlmöglichkeiten und wisst genau was ihr tut.
Grafisch liegt Metal Gear Acid irgendwo zwischen Metal Gear Solid und dessen Nachfolger. Das macht sich auch in den Umgebungen bemerkbar, in denen ihr unterwegs seid, die direkt aus den beiden Spielen stammen könnten. Ihr seht das Geschehen aus einer Art schräger Vogelperspektive - über die Schultertasten der PSP schaltet ihr den Blickwinkel Stufe pro Stufe um 360 Grad um euren Charakter herum. Das bietet sich zu Beginn einer Mission an, damit ihr seht worauf ihr euch gefasst machen solltet. Seid ihr am Zug könnt auch in eine direkte Vogelperspektive wechseln und dann mit Hilfe des Steuerkreuzes das ganze Gebiet ansehen.
Zu den sauberen Charakteren kommen coole Menüdesigns sowie tolle Zeichnungen, die zur weiteren Erzählung der Story gebraucht werden. Insgesamt präsentiert sich Acid was die Optik angeht sehr stylisch, nur bei Massenaktionen sinkt die Framerate gelegentlich ein wenig.
Auch beim Sound ist man bei dem geblieben, was in vorherigen Titeln der Reihe wunderbar funktioniert hat. Atmosphärische Musikstücke begleiten euch durch eure Missionen und verändern sich wie gehabt entsprechend der aktuellen Situation (z.B. wenn euch ein Gegner entdeckt und den Alarm auslöst). Die Soundeffekte klingen auch alle wie in den klassischen Metal Gear Solid-Titeln - vom kultigen Ton wenn das Ausrufezeichen über dem Kopf eines Feindes erscheint bis hin zum Surren einer ausgeschalteten Überwachungskamera ist alles mit dabei. Eine Sprachausgabe hätte die Sound-Präsentation perfekt werden lassen, leider hat man dies jedoch nicht für nötig gehalten. Oder es passte angesichts des Umfangs und der Textmenge einfach nicht mehr auf die UMD.
Es freut mich, hier am Ende dieses Reviews schreiben zu können, dass der Genresprung, den die Entwickler mit der Metal Gear-Reihe vollzogen haben, absolut geglückt ist. Metal Gear Acid bietet ein tolles Gameplay, eine unglaublich abgefahrene Story, lange Spielzeit und macht absolut süchtig. Zumindest wenn man offen für etwas Neues ist und sich richtig ins Spiel hinein versetzt, denn aufgrund eines mangelhaften Tutorials seid ihr nicht von Beginn an der 'Lord of the Cards'. Strategie-Liebhaber mit einem PSP und viel Zeit sollten sich Metal Gear Acid nicht entgehen lassen!