
Erneut kommt die von Entwickler Vicarious Visions erdachte Hardware zum Einsatz. Der Guitar Grip wird in den GBA-Schacht des DS oder DSLite gesteckt und um eure Hand geschnallt. In die andere Hand nehmt ihr das mitgelieferte DS-Plektrum. Während ihr nun mit der einen Hand am Guitar Grip die Tasten für die entsprechende Saite haltet, streicht ihr mit dem Plektrum über den Touch-Screen, um somit die Noten anzuspielen. Das System lässt sich übrigens auch auf die Bedürfnisse von Linkshänder umstellen. Das klingt in der Theorie zwar ganz praktisch, verursacht aber des öfteren einen Krampf im Arm oder im Handgelenk. Somit erfordert es vor allem am Anfang sehr viel Übung und einige schmerzhafte Erfahrungen, um sich in die richtige Position fürs spielen zu bringen. Wer ein bisschen im Internet schaut wird schnell herausfinden, dass da jeder seine eigenen kleinen Tricks hat.

Der Guitar Grip sitzt, die Fans stehen und ihr seid nun bereit für euren ersten Auftritt. Im Menü angekommen erwarten euch die gewohnten Optionen. Startet eine Single Player Karriere, gebt ein paar Konzerte im Freispiel-Modus oder tretet gegen einen Freund im Multiplayer an. Dieser bietet in Guitar Hero on Tour Decades ein nahezu einmaliges Feature - aber dazu später mehr. Wenn ihr eine neue Band gründet, könnt ihr dieser natürlich wieder einen Namen geben und euren Charakter aussuchen, wobei sich zwei Neuzugänge unter den Charakteren finden. Neu ist auch die Möglichkeit neben der Gitarre den Bass zu spielen. Letztendlich ist auch wieder der Duell-Modus mit von der Partie. Hier könnt ihr den Gegner mit dem Einsatz bestimmter Gadgets ins schwitzen bringen. Zündet doch mal seine Gitarre an, schneidet seine Seiten durch oder vertauscht die Bildschirme. Allerdings können euch solche Gemeinheiten genau so treffen.

Wie im Vorgänger profitiert das Spiel dabei von den Eigenschaften des Nintendo DS. Blast das Feuer aus, unterschreibt Gegenstände für die Fans und repariert eure Saiten. Das ist zwar alles ganz spaßig, lenkt aber bisweilen zu sehr von der Hauptaufgabe ab – einen ordentlichen Gig hinzulegen. Die drei Modi bieten jeweils eine völlig andere spielbare Tonspur und sorgen zusammen mit den vier Schwierigkeitsgraden für reichlich Abwechslung. Wie gewohnt spielt ihr euch nun von Song zu Song zum ganz großen Gig und kauft mit dem gewonnenen Geld neue Klamotten. Je besser ihr spielt, umso mehr Gitarren werden auch frei geschaltet. Im Gegensatz zu den großen Konsolenversionen findet ihr hier aber keine Originale sondern eher verrückte Eigenkreationen wie eine Peace- oder Recycling-Gitarre. Bonussongs kauft ihr hingegen nicht mit Geld, sondern spielt sie mit dem erfolgreichen absolvieren einer der drei Modi frei.


Damit wären wir auch schon bei den Hauptakteuren des Spiels, der Musik. Mit 28 lizenzierten Songs bietet Decades zwar drei Songs mehr als sein Vorgänger, reicht aber bei weitem nicht an die Stückzahlen der großen Konsolen heran. Diesmal folgt ihr entsprechend dem Namen einer Songlist durch die Dekaden. Ihr fangt im Heute an und rockt euch über die 2000er zu den 90ern bis ihr am Ende die wilden 70er erreicht. Leider scheint die Lernkurve diesen Weg nicht teilen zu wollen und gibt sich eher unkonsistent. Während selbst auf den hören Schwierigkeitsgraden einige der letzten Songs ohne weiteres zu meistern sind, werdet ihr euch an einigen der ersten Songs garantiert die Finger zerbrechen. Nehmt schon mal abschied von der Unversehrtheit eures Touch-Screens wenn ihr Survivors „Eye of the Tiger“ anstimmt. Auch ist die allgemeine Songauswahl an sich teilweise doch recht fragwürdig. Stehen Bands wie Blind Melon wirklich für den Sound der 90er? Kann man zu Los Lobos „La Bamba“ überhaupt abrocken? Und wer zum Teufel sind Pereza mit ihrem Song „Estrella Polar“? Sicherlich über Geschmack lässt sich nicht streiten, aber es fallen einem für jedes Jahrzehnt spontan eine Vielzahl an Bands ein die besser gepasst hätten.

Spaß machen die Songs dennoch und mit Queen, Red Hot Chilli Peppers, Oasis oder Lenny Kravitz sind auch einige durchaus Jahrzehnt prägende Bands dabei. Am Ende des Reviews gibt es die ganze Trackliste für die europäische Version. Habt ihr das letzte Publikum zum ausflippen gebracht wartet immer noch der Multiplayer-Modus auf euch. Nahezu einmalig im Gaming-Bereich könnt ihr ohne weiteres per Song-Sharing auch mit den beiden verschiedenen Modulen gegeneinander spielen, wobei der jeweilige Song einfach auf das Modul des anderen übertragen wird. Somit haben zwei Spieler Zugriff auf ganze 53 Lieder. Diese Idee ist mehr als löblich und wird laut Entwickler Vicarious Visions innerhalb der On Tour Reihe weiter fortgesetzt. Die Optionen des Koop, des Face Offs und das Duell sorgen hier für die nötige Abwechslung und somit könnt ihr eure Freunde auch unterwegs in Grund und Boden rocken. Ein Online-Modus fehlt hingegen völlig.

Bleibt letztendlich noch die Frage, ob sich denn im technischen Bereich etwas getan hat. Die Antwort ist ein klares "Jain". Wie schon der Vorgänger fängt Decades den Charm der großen Konsolen gut ein und präsentiert sich recht ansehnlich, was bei einem Musikspiel ja nicht unbedingt die Norm darstellt. Diesmal fallen die Arenen auch einen Tick hübscher und bunter aus. Doch neben der hübschen Grafik ist leider auch die Charakteranimation erhalten geblieben. Diese bewegen sich nahezu asynchron zur Musik. Der Sänger singt den Gesang nicht und euer Gitarrist spielt nicht passend zu den eingeblendeten Noten. Das wird euch beim Spielen selbst aber kaum auffallen, geschweige denn stören. Schade ist es trotzdem. Tontechnisch hat sich hingegen nahezu gar nichts getan. Zwar bleiben Totalausfälle des Erstlings wie „Breed“ von Nirvana aus, dennoch klingen alle Songs wie eine sehr schlechte MP3. Teilweise sind die Songs auch sehr leise geraten. Nicht selten übertrumpft der Jubel des Publikums die Lautstärke der Musik. Das mag für das Ego ganz gut sein, fürs Spiel ist es das eher nicht. Hier besteht auf jeden Fall noch Nachholbedarf. Zum Abschluss des Reviews findet ihr an dieser Stelle wie versprochen die komplette Tracklist:
Modern
Fall Out Boy: "The Take Over, The Breaks Over"
Finley: "Diventerai Una Star"
Pereza: "Estrella Polar"
Tokio Hotel: "Ready, Set, Go!"
Foo Fighters: "The Pretender"
2000er
Linkin Park: "One Step Closer"
Phoenix: "Everything Is Everything"
Jimmy Eat World: "The Middle"
Guano Apes: "You Cant Stop Me"
Red Hot Chili Peppers: "Cant Stop"
90er
Weezer: "Buddy Holly"
Lenny Kravitz: "Are You Gonna Go My Way"
Blind Melon: "No Rain"
Oasis: "Some Might Say"
Stone Temple Pilots: "Down"
80er
Survivor: "Eye of the Tiger"
R.E.M.: "The One I Love"
Los Lobos: "La Bamba"
Joe Satriani: "Satch Boogie"
Bon Jovi: "You Give Love A Bad Name"
70er
Queen: "We Are The Champions"
Free: "All Right Now"
Blondie: "One Way Or Another"
Edgar Winter Group: "Free Ride"
Lynyrd Skynyrd: "Sweet Home Alabama (Live)"
Bonus
The Darkness: "I Believe In A Thing Called Love"
Alien Ant Farm: "Smooth Criminal"
The Smashing Pumpkins: "Tarantula"
Ein neues Guitar Hero für den Nintendo DS nach nicht mal einem halben Jahr - ein kleiner Schritt für Activision, ein großer Schritt für die Menschheit? Gut das mit dem großen Schritt ist etwas übertrieben, um genau zu sein mit Decades haltet ihr nicht mal eine DS Perle in den Händen. Dafür ist die Musik einfach zu schlecht codiert und der innovativen Kontrolle fehlt es schlichtweg an Ergonomie für ausgiebige Sessions. Da bringt es auch nichts, dass diesmal alle Songs Originale sind und die Erkennung auf dem Touch-Screen verbessert wurde. Guitar Hero on Tour: Decades ist im Prinzip dasselbe Spiel mit denselben Schwächen aber auch denselben Stärken.
Die Songs machen durchweg Laune und vielfältige Modi, vier verschiedene Schwierigkeitsgrade und die Jagd nach dem ultimativen Highscore laden immer wieder zu einer neuen Runde ein. Wer schon, so wie ich, den Erstling mochte wird auch mit Decades glücklich werden, auch wenn es sich ohne Plastikklampfe anders als die großen Brüder spielt. Alle anderen sollten vorher vielleicht noch eine Runde Probe spielen. Vicarious Visions zeigt durchaus den Willen, die Serie weiter zu entwickeln. Hier wurde aber einfach zu wenig getan. Letztendlich fährt Decades eine etwas höhere Wertung als sein direkter Vorgänger ein. Doch Publisher, die ihre Cashcows zu oft und zu innovationsarm melken machen sich weder bei einer Vielzahl der Spieler, noch bei Redaktionen beliebt. Der nächste Teil sollte schon etwas mehr bieten und das der kommt ist ja wohl so sicher wie die nächste Rolling Stones Abschiedstournee.