Rollenspiele sind auf Sonys Konsolen-Rolls-Royce noch rar gesät, Game Republic will hier die nötige Abhilfe schaffen. Nach dem eher mauen Genji: Days of Blade verspricht der japanische Entwickler mit Folklore ein audio-visuelles, wie spielerisches Meisterwerk. Bekommt Final Fantasy Konkurrenz?
Die Hintergrundstory bietet unweigerlich Parallelen zu Konamis Silent Hill 2: Die hübsche Ellen erhält Post von ihrer verstorbenen Mutter, die sie bittet das irische Dorf Doolin aufzusuchen. Der mystische Ort soll seit jeher eine Verbindung zwischen Dies- und Jenseits bilden. Auch das journalistische Urgestein Keats zieht es auf die Insel, für den Pulitzerpreis ist man sich halt für Nichts zu schade. Schon bald werden die Protagonisten in eine wendungsreiche, spannende Storyline gesogen, werden in eine 17 Jahre zurückliegende Mordserie und einen Krieg zwischen den Unterwelt-Völkern verwickelt.
Leider wird die fantasiereiche Geschichte in schnöden Comic-Passagen fortgesponnen, in der Dialoge als Sprechblasen aufgetischt werden. So geht leider viel Flair und Tiefgang verloren, kein Vergleich zu epischen Square'schen Rendersequenzen. Die vereinzelte Sprachausgabe dröhnt auf Wunsch sogar Teutonisch aus den Surround-Speakern, leider hapert's bei den deutschen Sprechern bei Motivation und Semantik. Wer dem Englischen mächtig ist, bleibt bei der angelsächsischen Audio-Spur.
Insgesamt ist das Epos in sieben Kapitel unterteilt, wobei die ersten fünf sowohl von Ellen, als auch mit Keats absolviert werden wollen. Hier liegt auch einer der größten Kritikpunkte begraben, es ist dem Spielspaß nicht unbedingt förderlich, die selben Passagen wieder und wieder absolvieren zu müssen. Insgesamt erfordert das Durchspielen runde 20 Stunden, was für ein ausgewachsenes Rollenspiel eher mager ist. Freispielbare Kostüme und Items strecken die Langzeitmotivation, auch bieten Ellen und Keats rudimentär unterschiedliche Kampfstile.
Anfangs sucht ihr mit dem dynamischen Duo das verschlafene Nest nach Artefakten, den Erinnerungsstücken eines Verblichenen ab. Diese Andenken ermöglichen es euch in die Unterwelt zu wechseln, dem Reich der Toten. Dieses wird zudem von sogenannten "Folks" bevölkert, die die Protagonisten sogleich als Eindringlinge wahrnehmen und bekämpfen. Habt ihr einen Widersacher ausreichend geschwächt, lässt sich seine ID absorbieren, woraufhin das Geisterwesen treu an eurer Seite kämpft. Insgesamt lassen sich bis zu vier IDs auf die Buttons des Joypads ablegen, per Knopfdruck gibt dann das entsprechende Monster eine Attacke zum Besten. Folklore darf sich rühmen eines der wenigen PS3-Games zu sein, die über eine sinnvolle SIXAXIS-Integration verfügen. Seelen lassen sich durch einen kraftvollen Ruck des Controllers aus den schwächelnden Körpern zerren, härtere Brocken erfordern gar komplexe-SIXAXIS-Moves und wollen erst wild durchgeschüttelt werden. Die zahllosen Folks punkten mit typischem Pokemon-Sammelfeeling und lassen sich zudem weiter trainieren. Mal reichen bestimmte Items aus, um ungeahnte Kräfte zu wecken, mal wollen mehrere Artgenossen gefangen oder konsequent mit derselben Attacke zugeschlagen werden. Dieser Variantenreichtum ist auch bitter nötig, denn die Endbosse (Folklore) erfordern stets eine ganze bestimmte Kombination von Angriffen, ehe sie letztlich die Radieschen von unten zu bewundern.
Auch ein kleiner Leveleditor findet sich auf der Blu-ray. Selbstgebastelte Dungeons lassen sich bis zum Rand mit Monstern anreichern und anschließend ins Internet hochladen, wo andere Zocker sie bestaunen dürfen. Trotz mangelnder Komplexität ein nettes Gadget...
Stilistisch ist die Game Republic-Entwicklung zweifelsohne ein kleines Meisterwerk. Die abwechslungsreichen Folks erinnern an Kreationen von Tim Burton, die stimmigen Ümgebungen könnten auch Alice im Wunderland oder Dem Zauberer von Oz entsprungen sein. Technisch liefert das Rollenspiel farbenfrohe Texturen und knackige Lichteffekte, ohne jedoch aus der Masse des PS3-LineUps hervorzustechen. Als recht nervig gestaltet sich die Kameraführung, ständig muss der Blickwinkel nachjustiert werden, um stehts den Überblick zu wahren. Die zauberhafte Atmosphäre wird von den Hintergrundmelodien stimmig untermalt, echte Ohrwürmer dröhnen jedoch nicht aus den Boxen.
Kai meint:
Schade, mit etwas mehr Feinschliff hätte Folklore eine echte Konkurrenz für das japanische Rollenspiel-Urgestein werden können. So wirkt das Gameplay zwar originell, aber nicht außergewöhnlich spaßig oder komplex. Die Story ist wohl durchdacht und offenbart viele spannende Wendungen, allerdings schadet die Erzählstruktur der geheimnisvollen Atmosphäre. Notorische Rollenspieler dürfen mangels Alternativen dennoch zugreifen.
Schade, mit etwas mehr Feinschliff hätte Folklore eine echte Konkurrenz für das japanische Rollenspiel-Urgestein werden können. So wirkt das Gameplay zwar originell, aber nicht außergewöhnlich spaßig oder komplex. Die Story ist wohl durchdacht und offenbart viele spannende Wendungen, allerdings schadet die Erzählstruktur der geheimnisvollen Atmosphäre. Notorische Rollenspieler dürfen mangels Alternativen dennoch zugreifen.