

Sieht anstrengend aus? Ist es auch!
Die virtuellen Trainer machen einen äußerst kompetenten Eindruck. Nachdem sich die beiden durchtrainierten Polygon-Muskelmänner und ihre weibliche Mitstreiterin höflich vorgestellt haben, unterziehen sie den Nachwuchsathleten vor dem Bildschirm nicht sofort einem strapaziösen Test, sondern stellen zunächst eine Reihe von Fragen zu den Themen Gesundheit und Fitness. Alle gesammelten Daten wandern in ein Profil und wirken sich anschließend sowohl auf die Schwerpunkte als auch die Intensität des Trainings aus.
Genau wie in allen anderen Kamera-Titeln für die PS2 wird auch hier vollkommen auf reguläre Controller verzichtet. Der eigene Körper wird zum Werkzeug, mit dessen Hilfe man das Geschehen auf dem Bildschirm beeinflussen kann. Es ist genau diese Idee, die gleichzeitig größtes Highlight und größter Schwachpunkt aller EyeToy-Games ist. Bevor überhaupt gespielt werden kann, müssen Vorbereitungen getroffen werden, die im Einzelfall mehr Zeit in Anspruch nehmen können als das folgende Vergnügen vor dem Fernseher. Der Zocker benötigt Platz, eine passende Beleuchtung und einen möglichst neutralen Hintergrund, von dem sich die eigene Kleidung deutlich absetzt, damit alles funktioniert. Und EyeToy: Kinetic Combat fordert noch ein wenig mehr als der Rest, denn vor dem Spielen wird das mitgelieferte Weitwinkel-Objektiv auf die USB-Kamera gesetzt. Diese Neuerung ist zwar sinnvoll, da wesentlich umfangreichere Bewegungen gefordert werden als in vergleichbaren Produkten, gleichzeitig steigt der Platzbedarf aber noch weiter an. Im Intro zeigt uns eine attraktive Sportlerin in ihrem geräumigen, gut beleuchteten und dennoch spärlich möblierten Loft, wie die optimale Umgebung auszusehen hat. Wenn du deiner Zocksucht in einem voll gestopften 20-Quadratmeter-Appartement nachgehst, kannst du an dieser Stelle also sofort aufhören zu lesen und solltest von einem Kauf absehen. Sorry, aber du gehörst leider nicht zur Zielgruppe!
Natürlich ist es möglich, eine schnelle Runde zu spielen und einzelne Übungen direkt anzuwählen. Das Herzstück des Games ist allerdings der Trainingsmodus, der den PS2-Fan innerhalb von 16 Wochen zu einem durchtrainierten Kenner der Hung-Gar-Kampfkunst machen soll. Natürlich hat der hier tippende neXGam-Schreiberling nicht die kompletten vier Monate in Angriff genommen. Schließlich wollen wir unseren Lesern den Testbericht ja noch vor dem Erscheinen der PS3 präsentieren. Aber auch der bisherige Einblick reicht aus, um zu bemerken, dass Sonys Entwicklerteam ganze Arbeit geleistet hat. Zwei Dutzend verschiedene Übungen stehen auf dem Programm und natürlich wird der Schwierigkeitsgrad den eigenen Leistungen angepasst. Man beginnt seine Karriere als Einsteiger, der die grundlegenden Bewegungen ständig in verschiedenen Geschwindigkeiten wiederholt, um sie zu verinnerlichen. Im Laufe der Zeit werden komplexere Aktionen gefordert und neue Schwerpunkte wie Kraft, Ausdauer oder Schnelligkeit gesetzt.
Positiv fällt auf, dass Kinetic Combat in Sachen Bewegungserkennung sehr viel präziser funktioniert als einige seiner Verwandten. Obwohl auch hier niemals ein so scharfes Bild auf dem Fernseher erscheinen wird, wie es uns Sonys Werbestrategen wahr machen wollen, bewertet das Game die gezeigten Leistungen durchaus fair, wenn genügend Lichtquellen vorhanden sind. Jede Trainingseinheit endet mit einer Analyse und einer Beratung. Tatsächlich gelingt es den virtuellen Experten, auch kleinere Abweichungen zu erkennen. Absolute Perfektion bleibt ihnen aber aufgrund der Einschränkungen der Hardware verwehrt.


Halt mal... Ist das nicht dieser niedliche Drache aus dem Disney-Film Mulan? Ach egal, der wird trotzdem verhauen!
Obwohl ein Großteil des Spiels daraus besteht, gezeigte Bewegungen möglichst exakt nachzuahmen, dürfen die erlernten Techniken natürlich auch ohne nörgelnden Lehrer erprobt werden. Diverse Übungen laden dazu ein, Schlag- und Trittvarianten zu testen und schnelle Ausweichmanöver auszuführen. Neben dem Treffen von feststehenden oder beweglichen Objekten unter Zeitdruck stehen auch richtige Duelle auf dem Programm. Hier darf man sich über eine gelungene Kollisionsabfrage freuen. Die Kämpfe gegen diverse Wesen der asiatischen Mythologie haben nur wenig Ähnlichkeit mit regulären Prügelspielen. Einen Gegner in kurzer Zeit mit vielen Schlägen einzudecken bringt nämlich nur wenig, da eine gute Abwehr und eine ausgeklügelte Taktik mindestens so wichtig sind wie eine schnell geschlagene Rechte.
Zu guter Letzt sind noch einige entspannende Übungen mit von der Partie. In der so genannten Qigong-Zone erwarten den Konsolensportler Aufwärmprogramme, Muskellockerung und Atemtechniken, die für das körperliche Wohlbefinden sorgen sollen.
Grafisch darf man an ein EyeToy-Game keine besonders hohen Ansprüche stellen, da ein großer Teil des Fernsehers immer für die Bilder reserviert ist, die von der Kamera geliefert werden. Dennoch schafft es Kinetic Combat zumindest ein paar optische Leckerbissen zu servieren. So sind die Animationen der Trainer beispielsweise ebenso realistisch wie flüssig. Auch die Hintergründe, die von der antiken Tempelanlage bis hin zum japanischen Garten viel Abwechslung bieten, wurden schön gestaltet, verlieren aber durch ein unangenehmes Flimmern leider wieder an Reiz. Besonders erwähnenswert sind die Effekte, die zumindest unter den EyeToy-Titeln konkurrenzlos sind. Umherfliegende Objekte werden von entsprechenden Bewegungslinien begleitet und in einigen der Trainingseinheiten breiten sich imposante Energiewellen aus, denen der Spieler ausweichen muss.

In Sachen Sound wird eigentlich nahezu alles geboten, was man sich von einem Titel dieser Art wünschen kann. Die Sprecher machen ihre Sache gut. Alle Anweisungen der Vorturner werden in ruhigem und verständlichem Ton übermittelt. Auch der Umfang der Sprachausgabe ist ordentlich, so dass keine Langeweile aufkommt. Lediglich wenn es darum geht, den ausgepowerten Zocker zu motivieren, zeigen sich die Trainer ein wenig zu emotionslos und zurückhaltend. Der Soundtrack, der ausschließlich aus Instrumentalstücken besteht, kann sich hören lassen. Im Gegensatz zum Vorgänger wird diesmal eine breite Palette an abwechslungsreichen Songs geboten, die immer zur jeweiligen Übung passen.
Es handelt sich bei EyeToy: Kinetic Combat ganz eindeutig um ein Nischenprodukt, das nur für einen kleinen Kreis von PS2-Besitzern wirklich interessant ist. Wer über viel Platz verfügt und sich ernsthaft vorgenommen hat, etwas für sein körperliches Wohlbefinden zu tun, wird aber kein besseres Futter für seine Konsole finden. Ein echter Trainer kann selbstverständlich nicht durch eine kleine Runde Scheibe und eine Kamera ersetzt werden. Wenn man allerdings die Mitgliedsbeiträge für ein Studio oder die Anschaffungskosten für diverse Geräte bedenkt, ist Kinetic Combat eine preisgünstige Alternative für Fitness-Einsteiger. Nur sollte man sich von dem Namen nicht in die Irre führen lassen. Es handelt sich keinesfalls um ein Beat´Em Up mit Körpersteuerung sondern viel mehr um ein Trainingsprogramm.