Als 1992 der erste Teil der Alone in the Dark-Reihe erschien, war das der Anfang eines neuen Subgenres, nämlich das des Survival-Horrors. Viele Nachahmer haben sich seitdem gefunden, unter anderem so große Namen wie Resident Evil und Silent Hill, die sich bis heute noch an vielen Elementen des Urvaters bedienen. Entwickelt wurde das Spiel damals von Infogrames, die später noch Teil 2-4 veröffentlichten und sich jetzt, mit ihrem "neuen" Namen Atari, auch für den fünften Teil verantwortlich zeigen. Natürlich erwartet keiner mehr, dass sie wieder so einen Quantensprung schaffen wie mit ihrem ersten Teil, aber eine gewisse Erwartungshaltung hat man bei einem so großen Namen schon und die entscheidende Frage ist natürlich, ob der Titel diesem gerecht werden kann...
Im neusten Teil der Reihe beginnen wir erst einmal stilgerecht im Dunkeln und das im doppeltem Sinne, denn unser Protagonist, und damit auch wir, erwachen aus einer Bewusstlosigkeit und wissen erst einmal gar nicht was los ist. Wer sind wir? Wer sind die anderen Personen im Raum? Worüber sprechen sie? Wir können nur einige, für uns erst einmal sinnlos erscheinende, Gesprächsfetzen aufschnappen. Von einem Lichtbringer ist die Rede, von Ritualen und einer Prophezeiung. Aber wie auch immer, wir haben erst einmal ein anderes Problem, nämlich das Bewusstsein wieder zu erlangen. Als wir dann kurz darauf selbigem Ziel beträchtlich näher gekommen sind, entgeht das den Anwesenden natürlich auch nicht und so rücken wir uns unnötig in den Mittelpunkt des Interesses, was in dem Fall nicht sehr vorteilhaft für uns ist, denn die werten Herren stellen so doch recht schnell fest, dass sie keine Verwendung mehr für uns haben. So bitten sie uns auf ihre eigene und unverwechselbare Art, sie mit auf das Dach zu begleiten, damit sie uns dort von allen Problem der materiellen Welt befreien können. Spätestens hier wird uns dann klar, dass sie uns nicht wirklich freundlich gesonnen sind. Aber Widerstand ist zwecklos, denn wir sind bei weitem noch nicht bei Kräften und außerdem haben sie die Waffen, was immer ein sehr gutes Argument darstellt, keine Dummheiten zu machen. Also geht es, immer noch etwas benommen und unfreundlich gedrängt, in Richtung Dach. Doch wer hätte es gedacht: Bevor wir dort ankommen, bricht, im wahrsten Sinne des Wortes, die Hölle aus. Plötzlich tauchen überall undefinierbare Gestalten auf, die sich in den Wänden wie Haie im Wasser zu bewegen scheinen. Selbige haben es sich zur Angewohnheit gemacht, Menschen ins Mauerwerk zu ziehen und später, wenn sie die Körper übernommen haben, wieder an anderer Stelle auftauchen zu lassen und für ihre eigenen Zwecke zu nutzen. Als ob das noch nicht reichen würde, bricht langsam im gesamten Haus das Chaos aus: Man hört Explosionen, spürt Erschütterungen, überall Feuer, Wände stürzen ein und ganze Gebäudeteile reißt es in die Tiefe. Spätestens ab diesem Punkt wird uns klar, dass es hier um unser nacktes Überleben geht und für das "Wieso?" und "Warum?" erst einmal keine Zeit ist.
Ihr merkt schon, das ganze hört sich bombastisch an und genau so ist auch die Inszenierung, vor allem anfangs wird alles aufgeboten was das Zerstörungswesen zu bieten hat. Es brennt, es expodiert, Wände zerbersten, Fußböden zerbröckeln, Gebäudeteile stürzen ein und dazwischen immer wieder Menschen, die ums Leben kämpfen und den Kampf nicht selten verlieren. Begleitet wird dieser Ausnahmezustand von bombastischer Orchestermusik. Bei solch einer Gesamtinszenierung verzeiht man auch gerne mal die teilweise sehr niedrig aufgelösten und abwechslungsarmen Texturen.
Was man aber in dem Zusammenhang nicht ganz so bereitwillig verzeiht, sind die manchmal total unpassend gewählten Synchronsprecher, deren Stimmen teilweise wirklich gar nicht zu den Figuren passen. Wäre ja nicht einmal so tragisch, würden sie wenigstens ihr Fach verstehen, aber wenn sie dabei dann auch noch total emotionslos und falsch betonend die Texte vortragen, kann man nur den Kopf schütteln. Wie soll denn so bitte Atmosphäre aufkommen? Leute, ihr seit im totalen Chaos, Monster greifen euch an, euer Leben hängt am seidenen Faden... Wenn hier also nicht der Punkt ist, auszuflippen und die Nerven zu verlieren, wann bitte dann? Leider sind manche Dialoge, die die Figuren dabei noch tätigen, einfach nur peinlich und unpassend, vor allem wenn sie versuchen, trockene Witze zu machen, hat man das Gefühl in einem C-Movie zu sitzen.
Aber das sind leider nicht die einzigen Punkte, die die aufkommende Atmosphäre teilweise wieder ganz schön runter ziehen, denn im Spiel verstecken sich noch einige Bugs. So fliegen manchmal Gegenstände wild und unkontrolliert durch den ganzen Bildschirm und auch Clippingfehler sind keine Seltenheit. Das sind dabei aber noch Nichtigkeiten, verglichen mit dem Umstand, dass die eigene Figur oder ein Gegner sich manchmal in einem Auto oder Wand steckend wiederfinden oder ein fahrbarer Untersatz in eine winzige Spalte fällt. Von den Totalausfällen der KI mal ganz zu schweigen, denn wenn manchmal alle Gegner regungslos stehen bleiben und selbst auf Schüsse nicht mehr reagieren, stimmt ohne Zweifel etwas nicht. Zwar treten die meisten Bugs nicht sehr häufig auf, aber ein Grund zum Ärgern sind sie allemal. Genauso die Probleme bei der Steuerung, denn selbige ist so hakelig und hölzern ausgefallen, dass ein zufriedenstellendes Bewegen der Figur fast unmöglich ist. Selbige funktioniert ja noch halbwegs vernünftig, so lange die Kamera das Geschehen von einem festen Blickwinkel zeigt. Sobald sie sich aber mit uns mit bewegt und sich dabei viel zu dich hinter uns setzt, ist die Übersicht dahin und wir treten von einem tödlichen Ereignis zum nächsten und ringen um jedes Quäntchen Übersicht. Man kann zwar jederzeit in eine Ego-Perspektive wechseln die mehr Übersicht bietet, aber leider sind hier die Bewegungen viel zu gemächlich ausgefallen, vor allem das Umschauen ist quälend langsam. Einmal ganz davon abgesehen, dass bestimmte Aktionen sowieso nur in der anderen Ansicht funktionieren, so dass man entweder selber ständig hin- und herschalten muss oder das Spiel die Aufgabe übernimmt, was im Endeffekt beides nicht sehr befriedigend ist.
Ein weiteres Problem betrifft die Autofahrten, vor allem die erste davon, die relativ am Anfang stattfindet. Hier muss man unter Zeitdruck und im totalen Chaos sein Ziel erreichen. Zwar ist auch hier die Inszenierung einfach bombastisch, aber dummerweise ist das teilweise genau das Problem, denn vor lauter Effekten und Ereignissen verliert man des öfteren die Übersicht und weiß dann überhaupt nicht mehr woran man ist und wo lang es geht. Da ist dann Try & Error und auswendig lernen angesagt.
Wäre das die Hauptursache, wäre es ja nicht einmal so tragisch, aber leider sind die Gründe des Versagens viel zu oft nicht im eigenen Verschulden zu finden, sondern bei den Bugs, die ich ja schon angesprochen habe. Zum Beispiel ist es total ärgerlich, wenn man nach einem Sprung über eine Rampe unverschuldet falsch aufkommt und wie ein Gummiball zur Seite fliegt. Genau so, wenn man in eine winzige Spalte hinein rutscht, in die das Auto gar nicht passen dürfte und so hängend warten muss, bis das Spiel irgendwann das Level neu startet. Erschwerend kommt dann noch die katastrophale Steuerung des Fahrzeugs hinzu, die wirklich mehr als suboptimal gelungen ist. Dabei bedeutet ein Fahrfehler viel zu oft einen Neustart, so knapp ist das Zeitlimit bemessen. Aber lasst mich nun wieder zu den positiven Seiten des Spieles kommen, zu denen das eingebaute Feuer Physik-System ohne Zweifel gehört, denn man kann alles brennbare im Spiel in Flammen aufgehen lassen und das bezieht sich nicht nur auf die Gegner, sondern auch auf das Inventar, das überall bereit steht. So breitet sich das Feuer, wenn einmal gelegt, sehr schön und nachvollziehbar auch auf angrenzende Flächen und Gegenstände aus. Womit man nicht nur die stark entflammbaren Gegner ins Schwitzen bringt, sondern auch kleinere Rätsel lösen kann - denn wenn mal wieder eine Tür den Weg versperrt und man nichts zum Einschlagen hat, wird sich einfach an der Flammen-Physik bedient. Das gilt natürlich auch für andere hölzerne Hindernisse, die sich uns unnötig in den Weg stellen.
Überhaupt sind die Rätsel sehr gut und motivierend gemacht und fordern manchmal sogar richtig Hirnschmalz. Stellen wir uns zum Beispiel eine Lichtschranke vor, die durch ein gegnerisches Nest blockiert ist, auf das wir keinen direkten Zugriff haben. Was machen wir also? Wir basteln uns eine Haftbombe, zünden sie an und werfen sie auf einen Feind, der nervös von einer Blutlache vor uns zu seinem Nest hin- und herläuft. So wird er zum ungewollten Zerstörer seiner eigenen Brutstätte. Es ließen sich viele Beispiele aufzählen und so stellt das Rätseldesign, ohne Frage, ein absolute Highlight des Spieles da.
Ein weiteres Feature das zu gefallen weiß ist die Aufmachung des Inventars. Ruft man selbiges auf, erscheint nicht wie gewohnt ein unpassendes Menü, sondern die Jacke des Protagonisten. In selbiger sind alle Gegenstände schön ordentlich in den einzelnen Taschen verstaut. Hier hat man dann unter anderem auch die Möglichkeit, jeder Hand einen Gegenstand zuzuordnen und sie so gemeinsam zu benutzen. Ein Beispiel wäre die Taschenlampe in der rechten Hand und die Waffe in der linken. Aber das ist nicht alles was man hier tun kann, denn es lassen sich auch Gegenstände kombinieren, um sie so stärker und effizienter zu machen. Sogar an eine Schnellauswahl haben die Macher gedacht. Die reizvolle Aufmachung hat aber leider einen Nachteil, denn das tragbare Inventar ist so natürlich durch die Anzahl der vorhandenen Taschen begrenzt und so kommt es viel zu oft vor, dass sie einem ausgehen und man so auf Gegenstände verzichten und sie zurück lassen muss.
Unter anderem wäre mehr Platz für Heilungstränke nicht zu verachten gewesen, wobei das Spiel sich nicht damit begnügt, dass der Spieler stupide die Medizin auswählt und sich somit heilt. Nein, das ganze läuft ein wenig anders ab, denn will man sich behandeln, muss man das in einer besonderen Ansicht tun. Hier werden dann nicht nur die einzelnen Wunden zur Behandlung manuell ausgewählt, sondern auch die Verarztung rudimentär dargestellt. Genauso gibt es im Spiel keinerlei Energiebalken, um den Gesundheitszustand anzuzeigen, es genügt einfach ein Blick auf die Figur, die mit zunehmendem Verletzungsgrad immer lädierter aussieht.
Ein weiterer Punkt ist das Kampfsystem, das ebenso mit einer Besonderheit aufwartet. Denn man hat sich für ein aktives System entschieden, will heißen, das man Schläge nicht durch Knopfdruck ausführt, sondern mit dem Analogstick nachzeichnet, man holt also mit unten oder links/rechts aus und schlägt dann jeweils mit der Gegenrichtung zu. Das funktioniert auch überraschend gut, trotzdem wünscht man sich doch ab und an das alte und unkomplizierte System zurück, da es einfach zuverlässiger ist. Ein weiteres besonderes Feature im Spiel, das man so noch nicht gesehen hat, ist die so genannte DVD Kapitel-Auswahl, mit der man beliebig in den einzelnen Kapiteln hin- und herspringen kann. Ist einem also ein Abschnitt zu schwer, springt man einfach zum nächsten, möchte man dagegen einen besonderen wiederholen, springt man entsprechend zurück. Man braucht dabei auch keine Angst zu haben, irgendetwas von der Story zu versäumen, denn man bekommt vorher eine Zusammenfassung der Geschehnisse präsentiert.
Mit ca. 10-11 Stunden Spielzeit ist der Titel auf den ersten Blick sehr üppig ausgefallen, aber leider war es das dann auch, denn es gibt, durch die Gradlinigkeit, kaum Widerspielwert und leider sind auch keinerlei Online Modi vorhanden, die die Spielzeit hätten verlängern können.
Carsten meint:
Nein, ein Totalausfall ist der Titel sicherlich nicht, dafür ist die Inszenierung zu bombastisch, die Effekte zu gut und dafür stecken auch zu viele gelungene Ideen drin. Aber schaut man sich den großen Namen dahinter an, kann man eine gewisse Enttäuschung einfach nicht leugnen. Wobei an den meisten Stellen eigentlich nur ein wenig Feinschliff fehlt. Hätte man sich also die Zeit genommen, weiter an der Steuerung und der Kamera zu arbeiten, die schlimmsten Bugs zu beheben und vielleicht jemand mit Ahnung an die Dialoge und die Synchro gelassen, hätte es, ohne Zweifel, ein Bombentitel werden können. So aber versinkt er im gehobenem Mittelmaß und bleibt weit hinter den selbst geschaffenen Möglichkeiten zurück.
Nein, ein Totalausfall ist der Titel sicherlich nicht, dafür ist die Inszenierung zu bombastisch, die Effekte zu gut und dafür stecken auch zu viele gelungene Ideen drin. Aber schaut man sich den großen Namen dahinter an, kann man eine gewisse Enttäuschung einfach nicht leugnen. Wobei an den meisten Stellen eigentlich nur ein wenig Feinschliff fehlt. Hätte man sich also die Zeit genommen, weiter an der Steuerung und der Kamera zu arbeiten, die schlimmsten Bugs zu beheben und vielleicht jemand mit Ahnung an die Dialoge und die Synchro gelassen, hätte es, ohne Zweifel, ein Bombentitel werden können. So aber versinkt er im gehobenem Mittelmaß und bleibt weit hinter den selbst geschaffenen Möglichkeiten zurück.