
Die Handlung spielt in "The Crush", der letzten bekannten Stadt auf der Erde, nachdem ein katastrophales Ereignis namens "The Swell" die Welt verändert hat. Menschen, die einschlafen und den Delta-Schlaf erreichen, verschwinden spurlos durch eine mysteriöse Kraft namens "The Hush". Was von der Menschheit übrig geblieben ist, hat sich in dieser einen Stadt zusammengefunden und kämpft mit allen Mitteln gegen den Schlaf an. Man spielt als Katja, eine junge Frau, die versucht, sich und ihre Großmutter Amma am Leben zu erhalten, indem sie selbstgemachte Augentropfen aus Pflanzen herstellt, die sie wach halten. Als ihr Vater und ihr jüngerer Bruder bereits verschwunden sind, ist Amma das einzige Familienmitglied, das Katja noch hat. Die Aufgabe des Spiels ist simpel: Überlebe, bleib wach und bringe Amma ihre lebensrettende Medizin. Diese Prämisse ist brillant und bietet enormes Potenzial für Spannung und existenziellen Horror. Die Frage "Was wäre, wenn du nie wieder schlafen könntest?" ist erschreckend genug, um jeden Spieler sofort zu fesseln.

Die Welt von "The Crush" ist auch narrativ faszinierend aufgebaut. Es gibt verschiedene Fraktionen, die jeweils ihre eigenen extremen Methoden entwickelt haben, um wach zu bleiben. Die "Pain Eaters" nutzen Folterinstrumente, um sich durch Schmerz wach zu halten. Die "Mechanists" setzen auf Elektroschocks, um den Delta-Schlaf zu verhindern. Die autoritäre Regierung, bekannt als DTM, kontrolliert die Stadt mit eiserner Faust und versucht verzweifelt, die Ordnung aufrechtzuerhalten. Diese Fraktionen sind brillant konzipiert und könnten die Grundlage für eine tiefgehende Auseinandersetzung mit Themen wie Überlebensethik, Fanatismus und gesellschaftlichem Zerfall bieten. Das Problem ist, dass man als Spieler größtenteils nur ein Tourist in dieser Welt ist. Man läuft an diesen faszinierenden Elementen vorbei, hört Gesprächsfetzen, liest vereinzelte Notizen, aber interagiert kaum wirklich mit ihnen. Es fühlt sich an, als würde man durch ein Museum gehen und Exponate hinter Glas betrachten, ohne sie berühren oder wirklich verstehen zu dürfen. Das Environmental Storytelling ist exzellent, doch die fehlende tiefere Interaktion lässt einen hungrig nach mehr zurück.

Die Rätsel sind ebenfalls enttäuschend einfach. Sie bestehen meist darin, Gegenstände zu sammeln oder offensichtliche visuelle Hinweise zu bemerken, um Türen zu öffnen. Ein oder zwei Rätsel mögen etwas herausfordernder sein, aber insgesamt blockiert nichts wirklich den Fortschritt. Man kann gefangen genommen und zurückgesetzt werden, aber man stößt auf keinerlei echten Widerstand. Das Spiel hält die Hand des Spielers die ganze Zeit fest und lässt kaum Raum für Eigeninitiative oder kreatives Problemlösen. Für ein Spiel, das mit seiner düsteren Prämisse Spannung erzeugen sollte, ist das Gameplay überraschend entspannt und oft sogar langweilig. Die interessantesten visuellen Elemente, die psychedelischen Halluzinationen und surrealen FMV-Sequenzen, treten genau dann auf, wenn der Spieler am sichersten ist, nämlich wenn man nur zuschauen muss. In diesen Momenten besteht keine Gefahr, man ist kein aktiver Teilnehmer, sondern passiver Zuschauer. Das ist eine vertane Chance, denn gerade hier hätte das Spiel seine Traumlogik interaktiv nutzen können, um wirklich einzigartige Horror-Erlebnisse zu schaffen. Ein besonders interessantes mechanisches Element ist das Sterbe-System. Wenn Katja stirbt oder einschläft, findet sie sich in einer endlosen Leere wieder, in der sich die Realität um sie herum neu formt. Um zurückzukehren, muss der Spieler physisch eine Tür in dieser Leere finden und durch sie zurück in die Welt der Lebenden gehen. Als visuelle Metapher für Katjas Kampf gegen den Schlaf und den Tod ist das fantastisch und eines der stärksten konzeptionellen Elemente des Spiels. Es verändert das Gameplay jedoch kaum und bleibt letztlich eine atmosphärische Zugabe ohne tieferen mechanischen Einfluss.

Die Erzählstruktur ist ein weiteres Problem. Sleep Awake fühlt sich an wie der Prolog zu einem größeren Spiel. Die gesamte Laufzeit von etwa drei bis sechs Stunden, je nach Spielweise, wird darauf verwendet, Mysterien aufzubauen, Fraktionen vorzustellen und Katja auf ihre Mission zu schicken, ihrer Großmutter die Medizin zu bringen. Genau dann, wenn es so wirkt, als würde die Geschichte in den zweiten Gang schalten und die wirklich interessanten Fragen beantworten, rollen die Credits. Es ist frustrierend, denn die Welt und die Prämisse sind so reich und faszinierend, dass man viel mehr Zeit in ihnen verbringen möchte. Stattdessen endet das Spiel abrupt und lässt einen mit mehr Fragen als Antworten zurück. Die Erzählung ist dicht und wirft mit Fachbegriffen und Eigennamen nur so um sich, besonders in der ersten Stunde. Diese Informationsflut kann überwältigend sein und macht es schwer, sich sofort mit der Welt verbunden zu fühlen. Erst ab Kapitel 5 oder 6 der insgesamt 13 Kapitel findet das Spiel wirklich seinen Rhythmus und fesselt den Spieler vollständig. Wer bis dahin durchhält, wird mit einer deutlich stimmigeren zweiten Hälfte belohnt, doch viele Spieler könnten vorher die Geduld verlieren.

Die Spielzeit von drei bis sechs Stunden ist für ein Spiel, das knapp 30 Euro kostet, ein strittiger Punkt. Einige Spieler finden den Preis angemessen für das gebotene Erlebnis, während andere argumentieren, dass das Spiel eher 15 Dollar wert wäre, besonders angesichts der repetitiven Gameplay-Elemente und der kurzen Dauer. Sleep Awake ist definitiv kein Spiel für jeden. Es richtet sich an ein Nischenpublikum, das bereit ist, sich auf ein stark narrativ fokussiertes, atmosphärisches Erlebnis einzulassen, bei dem die Reise wichtiger ist als das Ziel. Für Fans von Walking Simulators, psychedelischen Erfahrungen und Spielen, die Stil über Substanz stellen, könnte Sleep Awake genau das Richtige sein. Für Spieler, die robustes Gameplay, komplexe Mechaniken oder eine befriedigende narrative Auflösung erwarten, wird das Spiel jedoch enttäuschen.





Sleep Awake ist ein frustrierendes Spiel, weil sein Potenzial aus jeder neonbeleuchteten Ecke schreit. Es hat einen beeindruckenden Stil, eine großartige Besetzung und eine Prämisse, die wirklich erschreckend sein sollte. Als Videospiel ist es jedoch unterentwickelt. Es ist zu linear, die Stealth-Mechaniken sind veraltet, und die Geschichte endet, bevor sie wirklich beginnt. Es ist ein Stimmungsstück, das man für die Atmosphäre spielt, aber man sollte nicht erwarten, dass es einen die ganze Nacht wach hält. Die größte Tragödie ist der Kontrast zwischen der faszinierenden Welt und der geringen Interaktion mit ihr. Die Pain Eaters, die Mechanists, die totalitäre Regierung – all diese Elemente hätten die Grundlage für ein episches Horror-Epos sein können. Stattdessen läuft man an ihnen vorbei wie ein Geist, unfähig, wirklich einzugreifen oder ihre Geschichten vollständig zu erleben. Es fühlt sich an, als hätte man nur den ersten Akt einer viel größeren Geschichte gespielt, ein Teaser für ein Sequel, das möglicherweise nie kommen wird. Für all jene, die bereit sind, über die mechanischen Schwächen hinwegzusehen und sich auf eine audiovisuell beeindruckende Reise einzulassen, bietet Sleep Awake Momente echter Brillanz. Die psychedelischen Sequenzen, die dystopische Atmosphäre und der hypnotische Soundtrack schaffen ein Erlebnis, das man so schnell nicht vergisst. Doch für viele wird es sich anfühlen, als wäre man durch einen unvollständigen Traum gewandert – schön, verstörend, aber letztlich unbefriedigend.