Sieben Jahre sind nun bereits vergangen, seit Bethesda mit Fallout 3 die einst isometrische Rollenspielreihe aus dem Hause Interplay im typischen, hauseigenen Stil neu erfand. CRPG-Puristen rümpften damals die Nase über den Open-World-Spielplatz nach der Elder-Scrolls-Formel, aber für die breite Masse wurde die Reihe erst damit zum Thema.
Obwohl die Veränderungen nicht so radikal wie beim dritten Teil erscheinen, so muss sich der Spieler dennoch auf neue Spielelemente einlassen. Wie gewohnt will das Ödland – in diesem Fall die Ruinen der Stadt Boston und Umgebung – erkundet werden, und es steht dem angehenden Abenteurer frei, dabei einfach dem Instinkt zu folgen. Barrieren gibt es allenfalls in Gestalt zu mächtiger Gegner, die einem mancherorts das Leben schwermachen. Wie beim letzten Ausflug in die post-apokalyptische Zukunft begleiten einen hierbei ein Gefährte und die Musik der 50er Jahre. Und wie früher dient der Kamerad in erster Linie als Packesel für die gesammelte Beute. Jene gibt es diesmal im Übermaß, da der Verschleiß von Waffen und Rüstung komplett gestrichen wurde. Mussten früher noch Objekte nach langer Benutzung mit gleichartigen Ersatzteilspendern repariert werden, so bleibt einem nun nichts weiter übrig, als die Gegenstände liegen zu lassen oder säckeweise zum Händler zu schleppen. Immerhin wurde dafür ein umfangreiches Modding-System hinzugefügt; verschiedene Läufe, Visiere und Griffe an den Schusswaffen sowie Taschen oder Verstärkungen für Kleidungsstücke werten die bevorzugten Utensilien auf.
Benutzen darf man die Argumentationsverstärker erneut wahlweise in Echtzeitauseinandersetzungen in Ego- oder Third-Person-Ansicht oder im taktischeren V.A.T.S.-System. Hierbei wird die Zeit verlangsamt und einzelne Körperteile können für Aktionspunkte angegriffen werden.
Der wirkliche Kern der Neuerungen besteht aber im Management. Erstmals darf das Ödland selbst wieder aufgebaut werden. Vorangegangenen Vertrauensgewinn vorausgesetzt lassen Siedler den Spieler die Kontrolle über ihre Heimat übernehmen. Dabei wird in einen Editor umgeschaltet, bei dem man frei herumläuft, Gebäude und kaputte Einrichtung in ihre Bestandteile zerlegt und völlig neu aufbaut, einrichtet und mit Strom, Nahrung und Trinkwasser ausstattet.
Die anfänglichen schäbigen Baracken werden mit Annehmlichkeiten bereichert und locken neue Menschen an, die ein Zuhause suchen. Und solche, die eher an Raub und Zerstörung interessiert sind ... dementsprechend muss auch für Verteidigung gesorgt sein.
Die notwendigen Ressourcen erhält man aus allerlei Trödel, der eingesammelt werden will. Ob Blechdose, Glühbirne oder Computerchip; nichts ist vor der Zerlegung in seine Bestandteile gefeit und alles dient dem Wiederaufbau.
Dieses Spielelement nimmt einen großen Platz in Fallout 4 ein. Nicht ohne Grund, so waren bei New Vegas doch trotz klarer inhaltlicher Verbesserungen die Reaktionen nicht ganz so überschwänglich wie bei Fallout 3. Es musste also mehr geschehen als wieder einmal Trümmerstätten zu erforschen, nur in besserer Grafik. Wem solcherlei Aufbau-Elemente nicht liegen, der kann sie freilich weitgehend außer Acht lassen, muss sich dann allerdings auch mit einem etwas kürzeren Spielerlebnis zufriedengeben.
Schwerer ins Gewicht fällt für mich aber, dass die Dialoge und Quests nicht mehr ganz so witzig und originell erscheinen. Die Charaktere und ihre kleinen Geschichten sind in den Hintergrund gerückt und anstelle von sehr unterschiedlichen Dialogoptionen ist alles auf vier Standardhaltungen heruntergedampft worden. Knappes ja/nein, Nachfrage oder Sarkasmus. Das wirkt arg formelhaft und presst die Unterhaltungen in ein Korsett, auf das ich gerne verzichtet hätte.
Das Radioprogramm zeigt gewisse Ermüdungserscheinungen. Recycelte Songs sind das eine. Dass aber die Radiomoderation auch nach einer Quest zu mehr Selbstsicherheit einfach nur langweilt ist schade.
Die Technik ist, verglichen mit den Serienteilen auf der PS3, wesentlich sauberer. Waren Fallout 3 und New Vegas noch von heftigen Slowdowns und Abstürzen geplagt, so läuft der Nachfolger auf der PS4 deutlich stabiler (wenn auch nicht perfekt) und nicht so fehleranfällig. Schön ist es dabei nicht geraten; scheinbar wird immer noch die uralte Grafikengine verwendet. Wo die Landschaften durchaus nett aussehen, wirken die Charaktere erneut leblos und unbeholfen.
Fallout 4 im Test
Das leise Knacken des Geigerzählers im Ohr; um mich herum nichts als Trümmer, abgestorbene Bäume und Leichen. Ein Strahlungssturm tobt, und ich muss schleunigst Schutz suchen, um zu überleben. Als ich die rettende Tür durchschreite und das unbekannte Gebäude betrete, weicht meine Erleichterung bald dem Schrecken; das Anlaufen eines schweren Maschinengewehrs ist zu hören. Ich bin mitten in ein Lager der Supermutanten geraten. Willkommen zurück im Ödland!
Daniel meint:
Positiv
- Langer Spielspaß
- Neuartiges Siedlungsaufbau-Feature
- Technisch relativ sauber
Negativ
- Weniger Witz als in den Vorgängern
- Kleinere Spielwelt
- Grafisch nicht besonders schick
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von Pestilence:
Ich habe noch meine Release-Retail, den Season Pass hatte ich mir noch gekauft, als man ihn für 20€ vorbestellen konnte. Zum Release des Next-Gen Updates werde ich es dann auch wieder spielen. ...
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von Mistercinema:
Eben für 9,99€ bei der goty zugeschlagen Da ich eh erst nach dem XBS Update spielen werde, ist mir das mit den Achievements aktuell auch latte...
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von Konatas_Diener:
Na wenigstens wird im Artikel nochmal bestätigt das ne Version für PS5 und Xbox Series kommt.
Insgesamt bietet Fallout 4 viel vom Liebgewonnenen und einiges Neues, lässt jedoch auch in vielerlei Hinsicht Federn. Der Ansatz eines rundum überholten Games ist gut, aber manche Einschnitte sind schmerzhaft.
So kann ich das Spiel klar empfehlen, würde es allerdings nicht als besser als die Vorgänger bezeichnen. Spielenswert ist es für jeden Fan, ob nun Teil 3, New Vegas oder Teil 4 das beste 3D Fallout darstellen ist stark geschmacksabhängig.