PSone Rückblick Teil IV - Die besten Rollenspiele im Test

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Halbzeit! Unser auf acht Teile ausgelegter Rückblick auf die besten PSone-Games aller Zeiten nähert sich mit großen Schritten der Fertigstellung. Um das Bergfest gebührend zu feiern, nehmen wir diesmal ein Genre unter die Lupe, das einen besonders großen Anteil am Erfolg und der Beliebtheit von Sonys erster Konsole hatte. Die Rede ist von Rollenspielen, den fiesen Zeitfressern, die für so viele schlaflose Nächte verantwortlich sind. Auch heute, mehr als ein Jahrzehnt nach ihrem ursprünglichen Erscheinen, werden diverse Vertreter dieser Spielgattung von der Fangemeinde noch semireligiös verehrt. Das RPG-Line-Up der PSone ist so stark, dass es diesmal wirklich schwer war, nur fünf Titel auszuwählen. Gemacht haben wir es trotzdem. Den Reaktionen im Forum blicken wir mit einer gesunden Mischung aus Angst und Spannung entgegen.

Dieses Special beschränkt sich auf PAL-Veröffentlichungen. Normalerweise ist das kein großes Problem, aber diesmal wird es für Verwirrung sorgen. Erstaunlich viele Top-Rollenspiele sind niemals in Europa auf den Markt gekommen. Neben den Lokalisierungskosten dürfte auch eine simple Fehleinschätzung des Marktes dafür verantwortlich sein, dass viele Zocker in Deutschland Perlen wie Chrono Trigger, Chrono Cross und Xenogears (alle Squaresoft) oder die beiden Lunar Spiele (Working Designs) niemals zu Gesicht bekommen haben. Die großen Publisher waren sich damals einig darüber, dass Europäer fast ausschließlich Games mit „erwachsener“ Optik spielen wollen. Da machte es einfach keinen Sinn, Produkte mit japanischer Knuddelgrafik und Manga-Charakteren zu veröffentlichen. Wahre Fans wussten sich natürlich mit umgebauten Konsolen und Importen zu helfen, aber der Großteil deutscher PSone-Besitzer lernte einige der besten 32-Bit-Rollenspiele niemals kennen.

 

Es gibt eine simple Erklärung dafür, dass RPGs einen so nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Es sind die epischen Geschichten mit ihren unerwarteten Wendungen, die sich für immer in das Gedächtnis brennen. Wer einen Teil der Final Fantasy-Saga durchgezockt hat, wird mit einem ähnlichen Gefühl belohnt, wie ein eifriger Leser nach der letzten Seite der Herr der Ringe Trilogie. Es ist die Gewissheit, Teil von etwas Großem und Besonderem gewesen zu sein, das den Konsumenten zu gleichen Teilen mit Stolz und Melancholie erfüllt. Schafft das ein Rennspiel oder ein Shooter? Ganz sicher nicht!

 

Platz 5: Star Ocean: The Second Story – Das Innovationswunder

 

 

 

Star_Ocean_1Heutzutage sind Science-Fiction-RPGs dank Star Wars-Versoftungen oder der Mass Effect-Saga keine Seltenheit mehr. Zu Zeiten der ersten Playstation gab es allerdings nur wenige Experimente außerhalb des Fantasy-Settings. Star Ocean: The Second Story aus dem Hause Enix ist ein solcher Sonderling. Hier werden bewährte Rollenspielelemente gekonnt mit einer futuristischen Story veredelt. Der junge Kadett Claude ist unter dem Befehl seines Vaters auf einer Außenmission im Weltall unterwegs, als er durch seine eigene Unvorsichtigkeit plötzlich auf den Planeten Expel gebeamt wird. Dort rettet er eine holde Maid namens Rena. Das ist nur der Beginn einer langen und gefährlichen Reise.

 

Gleichberechtigung wird groß geschrieben, wenn das dynamische Duo versucht, den Planeten wieder zu verlassen. Beide Helden sind spielbar und die Wahl hat große Auswirkungen auf die gesamte Story. Anstatt nur stur der Hauptgeschichte zu folgen, gibt es in Star Ocean: The Second Story die Möglichkeit, jede Menge Sidequests in Angriff zu nehmen. Belohnt werden Perfektionisten unter anderem mit neuen Charakteren, die sich den Protagonisten anschließen. Individuelle Entscheidungen und Antworten in Dialogen führen nach rund 50 Spielstunden zu einer von 80 möglichen Endsequenzen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Konsolen-RPGs dieser Zeit dürfen nach einem Level-Up Skill-Punkte völlig frei auf die gewünschten Fähigkeiten verteilt werden. So ist es sogar möglich, eher ungewöhnliche Heldenfertigkeiten wie das Kochen zu erlernen. Etwas gewöhnungsbedürftig ist das Echtzeit-Kampfsystem. Lediglich eine Figur wird selbst gesteuert, während die anderen selbstständig agieren. Kenner wissen, dass Star Ocean: The Second Story viele RPG-Innovationen in PAL-Gefilden etabliert hat, die von der Konkurrenz auch heute noch gern aufgegriffen werden.

 

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Aktueller Preis des Originals: circa € 20

 

 

Platz 4: Suikoden I und II – Rollenspiele der alten Schule

 

 

 

Suikoden_1Sui... sui... was? Die meisten Zocker kennen diese Highlights überhaupt nicht. Unter echten Rollenspielfreaks zählen die beiden Suikoden-Spiele aus dem Hause Konami allerdings bis heute zu den besten Games aller Zeiten. Wer sich von der hoffnungslos veralteten Grafik in bester 16 Bit-Manier nicht abschrecken lässt, darf sich über hervorragende Abenteuer freuen. Das besondere an Suikoden sind die sogenannten „108 Stars of Destiny“. In beiden Teilen sammelt ihr in eurem Hauptquartier insgesamt 108 treue Gefolgsleute um euch. Jede einzelne dieser Figuren hat eine eigene Geschichte, eine eigene Art sich auszudrücken und in bestimmten Situationen eigene Entscheidungen zu treffen. Das Charakterdesign ist vorbildlich und lässt viele Rollenspiele der Neuzeit oberflächlich wirken.

 

Dank der Weltkarte ist die Reise zu verschiedenen Missionen leicht zu bewältigen. Schnell wächst die Zahl der verfügbaren Helden. Bevor eine neue Aufgabe in Angriff genommen wird, empfiehlt sollte eine gute Taktik ausgearbeitet werden. Nur wenn die richtigen Mitstreiter dabei sind, dürfen Siege gefeiert werden. Wer schon mal der Pokemon-Sucht verfallen war, kann die Sammelwut, die sich beim Zocken von Suikoden bemerkbar macht, sehr gut einschätzen. Die Kämpfe verlaufen, verglichen mit den effektreichen Schlachten von Final Fantasy, eher unspektakulär. Zum Glück! Es tut einfach gut, ausnahmsweise einmal nicht mit ewig langen Animationen erschlagen zu werden. Suikoden 1 wie auch Suikoden 2 sind zwei traumhafte Rollenspiele, die trotz der Steinzeitgrafik immer noch spektakulär wirken. Diese Atmosphäre, die besonders im zweiten Teil auch vom Soundtrack gespeist wird, muss man einfach erlebt haben!

 

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Aktueller Preis der Originale: Suikoden I – circa € 50 / Suikoden II – circa € 80

 

Platz 3: Vagrant Story – Endlich erwachsen!

 

 

 

Vagrant_Story_1In Vagrant Story schlüpft der Zocker in die Rolle von Ashley Riot, einem Mitglied der sogenannten Riskbreakers. Dabei handelt es sich um eine Art Sondereinsatzkommando der Königreichs Valendia, das nur in extremen Notfällen losgeschickt wird, um Ruhe und Ordnung herzustellen. Eines nachts wird unser Held auf die besetzte Burg des Herzogs geschickt, wo es zu einer Geiselnahme gekommen ist. Dort trifft Ashley auf den feindlichen Oberschurken Sydney Losstarot, der scheinbar übermenschliche Kräfte besitzt. Da anscheinend mehr hinter der terroristischen Aktion steckt als ein simpler Angriff, nimmt dert Protagonist die Verfolgung des charismatischen Bösewichts auf. Dies ist der Anfang einer unglaublich epischen Story, die so manche Überraschung zu bieten hat. Vagrant Story gibt sich im Vergleich zu anderen Squaresoft-Spielen sehr westlich und erwachsen. Will heißen: Keine bunten Welten und auch keine kitschigen Liebesturteleien. Auch die Grafik wirkt realistischer als üblich. Statt Bonbonfarben beherrschen dunkle Töne den Fernseher und sorgen für die passende Atmosphäre. Die 3D-Engine entlockt der Hardware einige der beeindruckendsten Bilder der 32-Bit-Epoche. Für die unheimliche Stimmung sorgen fantastische Soundeffekte (was für ein Rollenspiel damals nicht gerade üblich war) und die beinahe oscarreife Musikuntermalung.

 

Die meiste Zeit des Spiels verbringt ihr in düsteren Dungeons, löst kleinere Rätsel oder schlagt euch mit den feindlichen Schurken herum. Die Kämpfe selbst laufen ähnlich wie im, ebenfalls von Squaresoft erschaffenen, Horrorschocker Parasite Eve ab. Während in Echtzeit um die Gegner umkreist werden, erscheint bei einer Attacke ein Raster. Nun muss entschieden werden, wo genau der jeweilige Fiesling getroffen werden soll. Durch geschicktes Timing können zerstörerische Schlagkombos entfesselt werden. Hier lässt sich tatsächlich nur die Oberfläche des sehr komplexen, aber herrlich originellen Kampfsystems ankratzen. Wer es wirklich verstehen will, muss es selbst erleben. Unterm Stich bekommt ihr mit Vagrant Story eines der stimmungsvollsten RPGs überhaupt. Selbst chronische Dauermeckerer haben es schwer, hier einen Kritikpunkt zu finden. Ob nun das Charakterdesign, die Grafik oder die genialen Zwischensequenzen – hier stimmt einfach alles!

 

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Aktueller Preis des Originals: unter € 5

PSN: € 4,99

 

Platz 2: Grandia – Der Kampfkünstler

 

 

 

Grandia_1Obwohl ihr Gerät in jedem Genre eine größere Auswahl zu bieten hatte, mussten Besitzer der Sony-Konsole gelegentlich einen neidischen Blick auf einzelne Games für den Saturn werfen. Ganze drei Jahre lang war Grandia exklusiv für die SEGA-Hardware erhältlich, bis endlich eine PSone-Version veröffentlicht wurde. Inzwischen hatten viele Programmierer neue Tricks gelernt, was dazu führte, dass die frei drehbaren 3D-Kulissen des Meisterwerks nur noch beeindruckend und nicht mehr wegweisend waren. Grandia versprüht einen ganz eigenen Charme. Die Fantasy-Welt ist bunt, niedlich und einladend. Das mag recht kitschig klingen, erzeugt beim Spieler aber eine äußerst positive Grundstimmung. Der Reiz eine neue Welt voller Abenteuer und Geschichten zu erkunden, ist von Beginn an groß.

 

Grandia ist ein sehr storylastiges Game. Alles dreht sich um den kleinen Nachwuchshelden Justin, der ein ebenso berühmter Abenteurer wie sein Vater werden möchte. Manchmal werden Wünsche wahr und aus Hinterhofspielereien wird plötzlich eine gefährliche Reise voller boshafter Monster, hinterlistigen Fallen und nervenaufreibender Kämpfe. Grandia verläuft gradlinig. Viele Sidequests oder Geschehnisse abseits der eigentlichen Story gibt es also nicht zu entdecken. Im Gegensatz zu Suikoden oder Final Fantasy können unwichtige Kämpfe elegant vermieden werden, da die Gegner zu jeder Zeit sichtbar sind. Kommt es doch zum Duell, zeigt das Spiel seine größte Stärke. Das Kampfsystem ist über jeden Zweifel erhaben. Dank einer Zeitleiste, an der sowohl die Aktionen der eigenen Truppe als auch die der Gegner ablesbar sind, ist es möglich, individuell und taktisch klug zu reagieren. Auch nach endlosen Stunden vor der Konsole machen die strategisch komplexen Kämpfe noch Spaß und trösten über kleinere technische Mängel hinweg.

 

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Aktueller Preis des Originals: circa € 10

PSN: € 7,99

 

Platz 1: Final Fantasy VII – IX – Drei epische Meisterwerke

 

 

 

Final-Fantasy-1In den letzten Jahren mussten die ehemaligen RPG-Götter von Squaresoft eine ganz neue Erfahrung machen. Die jüngeren Teile der Final Fantasy-Serie wurden nicht von Fans und Kritikern gleichermaßen gefeiert. Undurchdachte Online-Experimente, eine zu starke Anpassung an den Mainstream-Geschmack und viele weitere vermeidbare Fehler haben die Reihe in eine tiefe Krise gestürzt. Da erinnert man sich doch gern an die glorreichen Zeiten zurück, als ausschließlich Hits gefeiert werden durften. Für PAL-Gamer gibt es keine besseren Playstation-Rollenspiele als die drei Episoden der Endlos-Saga. Die Storys sind gigantisch, bombastisch, grandios und vor allem unheimlich komplex. Am laufenden Band gibt es unfassbare Wendungen und dramatische Ereignisse. Ob Wut, Trauer oder Freude, die Person vor dem Bildschirm erlebt fast das komplette Spektrum menschlicher Emotionen, während die epischen Geschichten ihren Lauf nehmen.

 

Alle drei Games überzeugen mit aufwändig vorberechneten Szenarien, wobei Final Fantasy VII natürlich in Sachen Optik nicht ganz mit seinen Nachfolgern mithalten kann. Trotzdem ist der Oldie der konsolenübergreifende Höhepunkt der Serie. Hier stimmt wirklich jede Zeile Programmcode. Oft vernachlässigte Themen wie Liebe und Romantik spielen in diesem außergewöhnlichen interaktiven Abenteuer eine große Rolle. Wenn es nach vielen Stunden zum großen Showdown kommt, haben sich die Charaktere zu vielschichtigen Persönlichkeiten mit nachvollziehbaren Motiven entwickelt. Das ist auch der Grund dafür, dass die letzte Auseinandersetzung zwischen dem Helden Cloud und dem Fiesling Sephiroth als einer der denkwürdigsten Momente in die Videospielgeschichte eingegangen ist. Ein Remake ist überfällig, aber bis es so weit ist, führt kein Weg an dem Playstation-Original vorbei. Wer sich noch nie auf die emotionale Achterbahnfahrt namens Final Fantasy VII begeben hat, darf sich nicht Gamer nennen!

 

Wer auf japanische Knuddelfiguren allergisch reagiert, kann bedenkenlos zum achten Teil der Saga greifen. Kaum ein anderes Square-Rollenspiel wirkt so westlich und modern wie Final Fantasy VIII. Dieser Stilbruch hat kurz nach der Veröffentlichung für viel Kritik gesorgt. Auch die genialen, aber leider nicht abbrechbaren Animationssequenzen, die jedes Gefecht künstlich in die Länge ziehen, verstörten einige Fans. Doch das Mackern fand damals auf sehr hohem Niveau statt. Obwohl es anfangs schwer fällt, sich mit den etwas unterkühlten Protagonisten zu identifizieren, ist und bleibt Final Fantasy VIII eine Offenbarung. Auch der Nachfolger des besten Rollenspiels aller Zeiten überzeugt durch eine detaillierte Welt und eine spannend inszenierte Story.

 

Mit Teil IX reizten Square damals die Fähigkeiten der PSone voll aus und sorgten erneut für eine Überraschung. Statt den Stil des direkten Vorgängers zu übernehmen, setzten die japanischen Genies diesmal auf eine ganz andere Art der Präsentation. Die Welt könnte aus einem Märchenbuch stammen und die Charaktere wirken so niedlich, dass es fast schon weh tut, sie in die Schlacht zu führen.

 

Das Kampfsystem ist in allen drei Teilen eine gelungene Mischung aus Echtzeit-Action und rundenbasierter Strategie-Herausforderung. ersten Gelegenheitszocker werden die Unterschiede kaum wahrnehmen, aber Experten bemerken selbst Details, wie zum Beispiel die sehr hohe Anzahl der Duelle im neunten Teil. Welches der 32-Bit-Final-Fantasy-Games nun das beste ist, entscheidet hauptsächlich der individuelle Geschmack. Letzten Endes ist aber jedes für sich ein wahres Meisterwerk und sollte in keiner Sammlung fehlen!

 

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Aktueller Preis der Originale: circa € 20 bis € 30 pro Spiel

PSN: € 9,99 (alle drei Teile erhältlich)

 

Dieser Artikel entstand in Zusammenarbeit mit Markus Girg.

Userwertung
10 1 Stimmen
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Forum
  • von Kurini:

    Also damals fand ich Croc: Legends of the Gobbos ganz gut, kA wie das heute standhalten würde. Hercules (Action/Jump n Run) fand ich auch sehr spassig, sogar damals an einem Stück durchgezockt Jackie Chan Stuntmaster war auch klasse....

  • von cenobite:

    Die Jumping Flash Reihe fand ich super. Sind allerdings etwas gewöhnungsbedürftig aufgrund der Perspektive (1st Person). Und Lomax gefiel mir damals auch -vor allem optisch- sehr gut. Hab's allerdings auch schon seit Jahren nicht mehr gespielt. ceno...

  • von Kirbyfan:

    Afro-Toad schrieb: Das erste Special meiner actteiligen Reihe zu den Klassikern für PSone ist online. Nostalgiker und solche die es werden wollen sollten einen Blick risieren. Ich bin gespannt darauf, ob ihr eventuell alles ganz anders seht,...

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