Wir haben uns auseinandergelebt. Vielleicht lag es an mir, vielleicht lag es an dir. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo dazwischen. Mit dem Sprung auf die PS3 und Xbox 360 haben wir uns so gut wie nie gesehen. Das mag einerseits an mangelndem Interesse meinerseits gelegen haben. Doch auch du befandest dich ein paar Teile weiter auf einmal in einer Existenzkrise.
Wolltest du mehr in Richtung Realismus und weg von Verfolgungsjagden mit illegalen Racern und der Polizei? Oder doch lieber eine Art spielbarer Actionfilm mit Flucht Sequenzen zu Fuß? Dein Versuch, mich mit einem vertrauten Namen zurückzuerobern, zündete einfach nicht. Ich wollte ein erneuertes Most Wanted, was ich bekam, war bei weitem kein schlechtes Spiel. Aber dieser Kern, dieses Need for Speed Gefühl, es wollte einfach nicht aufblühen.
Eine weitere Zeit verging, und während ich andere tolle Racing Reihen entdeckte, versankst du mehr und mehr in die untere Mittelmäßigkeit. Dein komplettes Reboot war ganz nett, der Versuch der Rache dann wieder zwei Schritte zurück. Mit Hitze im Gepäck hast du dich wieder gefangen und nun? Nun möchtest du befreit und entfesselt an alte Zeiten anknüpfen?
Dein Grafikstil ist natürlich sehr gewöhnungsbedürftig, das gebe ich zu. Doch es fühlt sich frisch an, du traust dich wieder etwas Neues, etwas Eigenes und Eigenständiges. Und im Stile der Underground-Rennen passt dieser Graffiti-Stil wie die Faust aufs Auge. Endlich liegt dein Fokus wieder auf Street Racing, du quetschst nicht mehrere Genres in ein Spiel.
Einen kleinen Umweg mache ich immer gerne, es sei denn, mein Fahndungslevel verbietet es mir. Die Verfolgungsjagden mit der Polizei verlangen mir nämlich einiges ab, vor allem in den höheren Fahndungsstufen. Und durch ein neues Risk-And-Reward System gibt es viel zu verlieren. Das gesammelte Geld während den unterschiedlichen Rennen behalte ich nämlich nur, wenn ich es sicher in ein Versteck bringe. Allerdings ist damit die jeweilige Tag-/Nacht-Session beendet und ich springe weiter. Erst am Folgetag wird meine Fahndungsstufe wieder zurückgesetzt. Es heißt also Hauswirtschaften, was das erspielte Geld und die erspielte Fahndungsstufe, sowohl bei Tag, als auch in der Nacht, angeht.
Das bringt tatsächlich frischen Wind in das bekannte Gameplay. Hinzu kommt, dass ich bei jedem Rennen zusätzlich einen Fahrer herausfordern kann und weiteres Geld setze, wenn ich glaube, dass ich es locker vor ihm ins Ziel schaffe. Und das ist mitunter nicht so einfach, wie man das bei einem Arcade Racer denken würde. Anders als in früheren Teilen arbeitest du nicht mit einer Gummiband-KI, sondern vielmehr basiert die Stärke der Gegner auf deren Fahrzeugwerten. Wenn ich also bereits 10 Gesamtpunkte unter einem KI-Gegner bin und diese darauf basieren, dass er einfach eine bessere Beschleunigung und Endgeschwindigkeit hat, werde ich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nur seinen Heckspoiler sehen und in seinem Rückspiegel bleiben.
Hilfe bietest du mir im normalen Schwierigkeitsmodus so gut wie keine. Rückspulfunktion? So ein Quatsch! Echte Street Racer brauchen so einen Schnick-Schnack nicht. Unendlich Neustarts? Vergiss es! Pro Tag nur 4 Neustarts, damit muss ich klar kommen. Es bringt mich manchmal zum Fluchen, aber verdammt, die Rennen sind richtig spannend. Jeder kleine Fehler könnte das Aus bedeuten und mich mit Geldverlust bestrafen, denn teils muss ich mit einem Bündel Geld an den Start gehen. Vor allem in den Sonntags-Qualifikationen, wo man mehrere Eliminations-Rennen fährt, komme ich richtig ins Schwitzen und ich liebe es.
Ich liebe das Geschwindigkeitsgefühl während der Rennen und auch wenn mich in den ersten Trailern die Graffiti Tags ebenfalls gestört haben, passen sie stilistisch doch so gut zu dir, dass ich sie gar nicht ausstellen möchte. Ganz im Gegenteil, sie untermauern das tolle Feedback beim Fahren und sind der Punkt auf dem “i”. Über Geschmack lässt sich bekanntermaßen nicht streiten, und so gibst du mir die Gelegenheit, die Effekte auf ein Mindestmaß zu reduzieren, wenn sie mich doch nerven sollten.
Zu Beginn des Spiels freue ich mich über jedes Update, das ich in mein Auto investieren kann und bin motiviert, mich weiter von Tag zu Tag in Richtung Wochenende zu kämpfen, um in der Qualifikations Serie zu bestehen und weiter dem Ziel der sonst sehr belanglosen Story zu folgen, mein Auto zurückzugewinnen. Später stecke ich meine Kohle gerne in neue Autos, wie etwa den Need For Speed Klassiker des BMW M3, und dank der zahlreichen Tuning Optionen kann ich ihn sogar im alten Glanz erstrahlen lassen, wenn ich es denn möchte.
Ich merke einfach und hoffe weiterhin, dass du aus deiner Identitätskrise findest. Need for Speed Unbound war definitiv ein weiterer Schritt in die richtige Richtung. Du bist kein Forza Horizon oder Grid, und das ist auch gut so. Du versuchst nicht mehr nur, dich an die Konkurrenz anzugleichen oder gar anzupassen und das steht dir verdammt gut!
Liebes Need for Speed, mach weiter so, damit auch andere wieder im Sinne deines alten Glanzes Freude beim Fahren haben.
Und wenn du schon dabei bist, ist die Trennung zwischen Offline und Online Modus wirklich in Ordnung, aber bitte streiche keine Features aus den Online Lobbys, wie etwa die Polizei Verfolgungsjagden. Danke und hoffentlich bis bald!
Dein neXGam Redakteur.