Supremacy MMA im Test

PlayStation3Xbox 360

Zurück zu den Wurzeln wollte das Team von Kung Fu Factory mit diesem ambitionierten Projekt. Den Fokus auf das Wesentliche legen - weg vom Simulationsansatz der Konkurrenz. Unkomplizierte Action für jedermann. Ob die Rechnung, nach immerhin zwei Jahren Entwicklungszeit, aufgeht, erfahrt ihr in unserem Review.

Geheimtipp oder gescheitertes Experiment?
 

supremacy_mma_kick_itUFC 2009, UFC 2010, EA Sports MMA – Konsolenfans leiden dieser Tage nicht an einer Unterversorgung realistisch angehauchter Spiele, welcher sich dieser Thematik annehmen. Jedoch dürfte die Zahl derer, die weder Zeit noch Lust haben, stundenlang die virtuelle Schulbank zu drücken und Unmengen verschiedener Combos zu erlernen, nicht eben gering ausfallen. Mit Supremacy MMA adressieren 505 Games jene Zielgruppe. Und auch nur diese, denn Prügelveteranen dürften daran ungefähr so viel Spaß haben, wie am alljährlichen Zahnarztbesuch. Aber der Reihe nach.


Schein oder Sein?

Abwechslungsreich kommt der Prügler daher. Zumindest auf dem Papier. Ganze zwölf Kampfsportexperten buhlen um eure Gunst – vom flotten Karateka, über den brachialen Kickboxer bis hin zum Mixed Martial Arts-Allrounder. Mit Judokas und Wrestlern werden auch Freunde der Griffe und des Bodenkampfes bedient. Leider gestaltet es sich, für Nicht-Experten, nahezu unmöglich, die verschiedenen Kampfkünste auseinanderzuhalten. Ein Jab, Uppercut oder Roundhouse sieht hüben aus wie drüben. Und die Tatsache, dass sich jeder Recke vergleichbar steuert, trägt nicht eben dazu bei, diesen Eindruck zu schmälern. Kennt ihr einen der Charaktere in- und auswendig, könnt ihr im Grunde mit allen umgehen.

Controller-Rabatt

supremacy_mma_2Supremacy MMA liegt ein Gutschein für einen Jahresvorrat an Eingabegeräten bei. Nein, natürlich nicht. Aber das sollte er. Nach nur einer Woche mit diesem Spiel  hauchte mein treuer Controller, mein langjähriger Begleiter, sein Leben aus. Es geschah, während mein CPU-Gegner, dessen Name mir, nicht zuletzt mangels Lizenz und auch ein wenig aus Prinzip, im Moment entfallen ist, versuchte, dem Kämpfer meiner Wahl verschiedene Extremitäten auszurenken. MMA-Kenner wissen, dass in diesem Sport der Bodenkampf (Ground and Pound) eine große Rolle spielt. Dem, was für einen Laien wie unkoordiniertes Herumrollen aussieht, liegt eine nicht unerhebliche taktische Komponente zugrunde. Während im Standkampf versucht wird, den Kontrahenten mittels (technischem) K.O. auszuschalten, hat der Bodenkampf zum Ziel, ihn mit diversen Griffen zur Aufgabe zu bewegen. Supremacy MMA wäre unvollständig, hätten sich die Entwickler nicht auch diesem wichtigen Aspekt angenommen. Die Umsetzung fällt allerdings hundsmiserabel aus. Zunächst einmal lässt sich der Gegner zu unproblematisch auf die Matte werfen. Ein Druck auf den A- bzw. den X-Button (360/PS3) genügt. Zusätzlich ist es ungleich effektiver, ihn dort zu beharken, als im Stand. Man ist folglich gezwungen, sich darauf einlassen, um nicht chancenlos zu sein.

Wo findet sich hier also eine Verbindung zum Thema Controller-Misshandlung? Setzt man einen Bodengriff an, oder wird Opfer eines solchen, muss sowohl einer erfolgreichen Ausführung als auch Flucht eben jene vorausgehen. Das Spiel verlangt nämlich, den linken Analogstick wie ein Geisteskranker hin- und herzureißen. Seid ihr dabei zu langsam, darf sich der Kämpe eurer Wahl von 15% seiner Gesundheit verabschieden. Und da ihr euch, vor allem im Kampf gegen menschliche Opponenten, oftmals bereits in den ersten Sekunden auf dem Boden wiederfindet, bleiben nur zwei Optionen: Fortwährend euer Eingabegerät  quälen - oder jedes Gefecht verlieren.

Weder Fisch noch Fleisch

Kung Fu Factory lag viel daran, ihr Machwerk zu simplifizieren, aber dennoch authentisch zu halten. Ein 2D-Prügler mit der Möglichkeit zum Sidestep und ohne komplizierte Special Moves. Einige anspruchslose Buttonkombinationen, mit mehr müsst ihr euch nicht herumschlagen. Supremacy MMA versucht, ein 2D-Fighter mit leicht verdaulichem 3D-Gameplay zu sein. Leider vergaßen die Entwickler, die positiven Merkmale beider Subgenres mitzunehmen. Weder Raffinesse noch spezielle Taktiken werden hier benötigt. Wenn sich die beiden Kontrahenten ausnahmsweise nicht auf dem Boden keilen, ist wildes Buttonmashing angesagt. Mit zwei Attack-Buttons und keinerlei Spezialmanövern gibt das Spiel schlicht nicht mehr her. screenshot_29In der Theorie kann den angesprochenen Simpel-Combos mit Kontertechniken entgegengewirkt werden. Dumm nur, dass SMMA jegliche Eingabe erst eine Sekunde später registriert. Es wäre also nicht einmal möglich, effektiv zu kontern, wenn man die diversen Moves des Gegners voraussehen könnte. Dieser Punkt entging den Jungs von KFF scheinbar ebenfalls nicht, blendet das Spiel doch bei jeder gegnerischen Aktion die Controllertaste ein, welches es ermöglicht, eben jene auszuhebeln. Dank der angesprochenen Verzögerung entbehrt dieser Hinweis jedoch jeden praktischen Nutzens - mit dem Resultat, dass ihr euren Recken in der Defensive genauso führt, wie in der Offensive. Ihr hämmert wahllos auf die diversen Buttons und hofft, dass Lady Luck euch hold ist. Interessanterweise bleibt ihr im Bodenkampf von diesem Input-Delay verschont. Demnach dürft ihr entscheiden, ob ihr eine Tracht Prügel vom CPU-Gegner kassieren, oder selbige stattdessen dem Controller verpassen wollt.

Finish Him

Gewalt und Blut stellten bereits in der Vergangenheit beliebte Mittel dar, um diverse Käufergruppen anzuziehen. Daran hat sich bis heute wenig geändert. Entsprechend spart auch SMMA nicht mit rotem Lebenssaft. Nach einer Partie kann der Kampfring schon einmal aussehen, wie der örtliche Schlachthof. Passend dazu tragen die Kontrahenten Beulen, blaue Flecken und jede Menge Cuts davon. Allerdings lies sich Kung Fu Factory nicht lumpen und integrierte, neben kosmetischen Verletzungen, ebenfalls Varianten mit spielerischer Substanz. Unmittelbar neben dem Gesundheitsbalken wird eine schematische Darstellung eures Charakters angezeigt. Diese zeigt sich anfangs grün, ändert in diversen Schlüsselbereichen (Kopf, Arme, Beine, Torso) aber die Farbe - je nachdem, wie viel dort bereits eingesteckt wurde. Strahlt ein Bereich rot, besteht eine geringe Chance, den angeschlagenen Kampfsportler mit einem weiteren sauberen Treffer zu verletzen und damit die Auseinandersetzung vorzeitig zu beenden. Dies wird recht spektakulär in Szene gesetzt – so stellt sich, beispielsweise bei einem gebrochenen Knöchel, der Fuß  in einen unnatürlichen Winkel zum Bein. Zwar bekommt man hier keine enthaupteten Körper, wie bei anderen Genrevertretern, zu sehen, jedoch dürfte zart Besaitete auch dieser Gewaltgrad nicht kalt lassen.

Girls Story
 

supremacy_mma_12Neben den obligatorischen Online- und Offline-VS-Modi sowie einem äußerst spartanischen Trainings- und Tutorial-Mode, besteht außerdem die Möglichkeit, euren Liebling durch seine persönliche Aufstiegs-Story zu führen. Die Geschichten sind – sowohl bei den lizenzierten Charakteren wie Jens Pulver, als auch bei den Fantasierecken – absolut trashig und könnten einem 80er-Jahre Karatefilm entstammen. Da der Großteil der Fighting Game-Fans aber vermutlich keinen ausgefeilten Plot erwartet, kann darüber hinweggesehen werden. Zusätzlich zum Story-Mode der männlichen Hauptakteure, besteht die Möglichkeit, zwei wehrhafte Mitglieder des schwachen Geschlechts (Femme Fatales) in die Schlacht zu führen. Dafür existiert gar ein eigener Modus desselben Namens. Warum Kung Fu Factory hier eine so deutliche Trennung vornehmen musste, erschließt sich mir allerdings nicht. Abwechslung wird zumindest keine geboten – die Mädels spielen sich exakt so wie ihre männlichen Kollegen.

 


Karate-Dojo oder Nachtclub?

Um zu unterstreichen, dass es sich bei SMMA um keine konservative Simulation handelt, prügeln sich die Streithähne nicht ausschließlich in den typischen Hallen oder Arenen. Alternativ werden düstere Nachtclubs angeheizt oder staunenden Schwarzgurtträgern in einem klassischen Karate-Dojo veranschaulicht, wie ein echter Martial Arts-Kampf auszusehen hat. Nicht lumpen ließen sich die Entwickler bei der Anzahl der verschiedenen Schauplätze. Ganze 13 warten darauf, von euch mit roter Farbe angestrichen zu werden. Vom exotischen Muay Thai-Ring bis hin zum klassischen Käfig findet sich alles – hier bleiben keine Wünsche offen. Leider wird dieser, durchaus positive, Ansatz durch die technische Komponente radikal zunichtegemacht. Animationen sucht man im Großteil der Arenen mit der Lupe – selbst Objekte, welche geradezu prädestiniert wären, einen Hintergrund mit verschiedensten Aktionen abwechslungsreicher zu gestalten, regen sich nur alle Jubeljahre. Unterstrichen wird dieser negative Eindruck durch schwammige, verwaschene Texturen und eine merkwürdige Tiefenunschärfe, die mehr an einen Weichzeichner-Filter erinnert.

Technischer Rohrkrepierer
 

supremacy_mma_3Zugute halten kann man SMMA, dass Kämpfer- und Ringdarstellung wie aus einem Guss wirken. Beide sehen ähnlich übel aus. So findet man unscharfe, niedrig aufgelöste Texturen auch bei den Figuren. Zusätzlich muten deren Animationen stocksteif und alles andere als zeitgemäß an. Zweckmäßig wäre hier der passende Begriff. So etwas möchte ich heuer bei einem Prügelspiel wirklich nicht mehr sehen. Des Weiteren seien die abenteuerlichen Hitboxen erwähnt. Einige Fighter werden bereits von einem Lufthauch zu Boden geworfen, anderen muss man die Faust buchstäblich in den Rachen schieben, damit sich deren Gesundheitsanzeige bewegt. Hätte nicht geschadet, hier noch etwas nachzupolieren. Wobei es darauf eigentlich auch nicht mehr ankommt.

Schwere Klänge

Aus Gründen, die wohl nur Kung Fu Factory nachvollziehen kann, bekommt ihr hier keine typisch anpeitschende Beat 'em Up-Hintergrundmusik, sondern völlig unpassendes Heavy Metal auf die Ohren. Es gibt da draußen mit Sicherheit Spieler, die damit etwas anfangen können. Jedoch lehne ich mich vermutlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass es sich bei jenen lediglich um einen geringen Prozentsatz handelt. Warum man sich nicht etwa an den verschiedenen Hintergründen orientiert hat, ist mir schleierhaft. Beispielsweise hätte thailändisch anmutendes Gedudel, aus nachvollziehbaren Gründen, dem Muay Thai-Ring um einiges besser gestanden, als harte Gitarren-Riffs. Zumindest klingen Schläge und Tritte, wie man es sich vorstellt. Ein heller Schimmer in dieser allumfassenden qualitativen Dunkelheit. Ich hätte erwartet, im Nachklang jedes Treffers ein Rauschen zu vernehmen, dass den Niagara-Fällen Konkurrenz macht.

Online-Sahara

supremacy_mma_16Vor kurzem ließ ich mich am Abend, nach einem harten Tag, in meinen weichen Fernsehsessel fallen, griff zu meinem brandneuen Controller und schaltete die Konsole ein. Nachdem mich die CPU, selbst auf dem niedrigsten Schwierigkeitsgrad (schamlosen Button-Readings sei Dank), in den vorhergehenden Tagen mehrfach durchgekaut und respektlos ausgespuckt hatte, schickte ich mich an, einen menschlichen Kontrahenten dafür büßen zu lassen. Im Hauptmenü angekommen, wählte ich frohen Mutes den Online-Modus, setzte ein ruchloses Grinsen auf und erwartete mein Opfer. Und wartete. Und wartete. Nach einer Weile schwand das Grinsen und ich war im Begriff, meinen immer schwerer werdenden Augenlidern nachzugeben. Bis schließlich ein Gegner auftauchte. Den akzeptablen Ladezeiten sei Dank, lies sich sein Mr.T-Verschnitt auf meinem Charakter nieder, um ruchlos auf ihn einzuprügeln, noch bevor ich "Zeit wird es!" sagen konnte. Selbiges wiederfuhr gezwungenermaßen meinem Controller. Nach einer Weile verlor er bedauerlicherweise die Verbindung. Aus welchem Grunde, bleibt wohl für immer verborgen. Verborgen wie ein zweiter Opponent. Nach weiteren 30 Minuten Däumchendrehens, gab ich entnervt auf. Kein Mensch spielt dieses Spiel! Und ich kann es verstehen. Immerhin verlief der erlebte halbe Kampf nahezu verzögerungsfrei.


Abzockable Content

Satte vier herunterladbare Inhalte stehen dem geneigten Daddler zur Verfügung. Zwei Charaktere und zwei Stages. Um genau zu sein, taten sie das bereits am Erscheinungstag. Mit meiner Meinung zu diesem Geschäftsgebaren halte ich an dieser Stelle einmal hinter dem Berg. Es sei nur gesagt, dass sich der DLC nicht lohnt. Er wertet das Spiel in keiner Weise auf. Spart euch eure Punkte. Was rede ich – spart euch das Geld für dieses üble Machwerk von einem Videospiel!




Nico meint:

Nico

Dinge, die die Welt nicht braucht. Supremacy MMA bewegt sich hier auf ungefähr demselben Level wie der USB-Kaffeetassenwärmer. Die Idee ist freilich gut, jedoch hapert es dermaßen an der Umsetzung, dass man besser damit beraten ist, den Mantel des Vergessens über diesem Machwerk auszubreiten. Actionorienterte MMA-Fans warten weiter oder greifen, wenn es denn partout keine Simulation sein soll, eher zur 2,5D-Konkurrenz. Dieses Spiel taugt maximal als Bierdeckel-Ersatz.

Positiv

  • Akzeptabler Netcode
  • Viele, abwechslungsreiche Schauplätze
  • Passende Präsentation

Negativ

  • Unterdurchschnittliche Spielbarkeit
  • Unterdurchschnittliche Technik
  • Wenige Lizenzen bzw. reale Kämpfer
Userwertung
5.1 1 Stimmen
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Supremacy MMA Daten
Genre 2D Beat ‘em Up
Spieleranzahl 1 - 2
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz 60 Hertz
Onlinefunktion Ja
Verfügbarkeit 2011-09-23
Vermarkter 505 Gamestreet
Wertung 3.9
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neXGam YouTube Channel
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