Kenseiden im Test

Master System

Was ist das „Gegenteil“ zum Ninja? Nein, nicht Piraten, wie das Internet behauptet, sondern Samurai. Zumindest bilden beide Klassen japanischer Kämpfer bzw. ihre populäre Wahrnehmung in vielen Belangen einen Gegensatz. Und da beide mit schöner Regelmäßigkeit in Videospielen auftauchen, gibt es einige nette Treppenwitze in diesem Bereich. So erschien einerseits das Spiel „Last Ninja“ und unabhängig davon später „First Samurai“, und während 1988 ein Ninja in Tecmos vielbeachteten Ninja Gaiden auf dem NES gegen Dämonen kämpfte, trat im selben Jahr auf der Konkurrenzkonsole Master System ein Samurai ebenfalls gegen Wesen der japanischen Mythologie an. Die Rede ist von SEGAs Kenseiden.

kenseiden_18Die Geschichte spielt im Japan des 16. Jahrhunderts. Besagter Samurai hört auf den Namen Hayato, und seine Aufgabe ist, die fünf geheimen Schriftrollen und das Drachenschwert, zurückzuerlangen. Diese wurden von fünf Hexern gestohlen, und wenn Hayato sie nicht aufhält und das Entwendete zurückerlangt, werden die Hexer Japan mit ihrer Armee an bösen Geistern überrollen. Davon abgesehen sind die Schriften und das Schwert auch das Erbe von Hayato, in dessen Adern das Blut des Drachenkönigs fließt. Und so macht Hayato sich auf, sich durch 16 Level zu Schwert und Hexern durchzukämpfen.

Jeder der 16 Level repräsentiert dabei eine Provinz des alten Japans. Zwischen den Spielabschnitten wird eine Karte des Landes eingeblendet, wo Hayato bzw. der Spieler des Öfteren auch entscheiden kann, welche (anliegende) Provinz er als Nächstes besucht. Dabei können bereits absolvierte Level nochmals besucht werden, außerdem müssen nicht alle Stufen absolviert werden, um die Edo-Provinz, den Sitz des Anführers der Hexer, betreten zu können. Jedoch ist der schnellste Weg nicht unbedingt der Beste oder Einfachste, denn auf längeren Wegen gibt es einige Boni und Verstärkungen zu holen.

Prinzipiell geht es in den Levels erstmal nur darum, den Ausgang zu erreichen. Neben einigen Sprungpassagen stehen dem ganze Heerscharen von, meist übernatürlichen, Feinden entgegen, die Hayato erbarmungslos von allen Seiten anfallen. Ähnlich wie bei Ninja Gaiden tauchen alle Feinde leider wieder auf, sobald man den entsprechenden Bildbereich betritt. Im Gegensatz zum hauseigenen Konkurrenten Shinobi hat Hayato jedoch nur sein Schwert, um sich der anstürmenden Horden zu erwehren. Neben normalem Zuschlagen kann man das Schwert anfangs nur aus der Hocke und im Sprung verwenden. Besiegt man jedoch einen der Hexer, erhält man eine Schriftrolle, die einem eine zusätzliche Kampftechnik beibringt, z. B. ein Überkopfschlag im Sprung oder einen Rundumschlag. Davon ab kann man ab und zu Power-Ups zur Erhöhung der eigenen Durchschlagskraft finden, nebst einigen Utensilien für die Defensive.

kenseiden_13Kenseiden verfügt über eine Energieleiste und Hayato kann zum Glück einige Treffer vor seinem Ableben einstecken. Nur ein Sturz vom Dach oder in einen Abgrund bedeutet den sofortigen Tod. Leider verfügt das Spiel über keine Passwörter oder Speicherfunktion, Extraleben gibt es auch nur gelegentlich zu finden oder beim Erreichen einer bestimmten Punktzahl. Obendrein gibt es standardmäßig keine Continue Option, sondern erst nach Finden eines Tagebuchs. Wenn man dieses benutzt, ist man aber erstmal alle in den Trainingsleveln (siehe unten) dazugewonnen Boni wieder los.

Ein besondere Bedeutung besitzen die (überspringbaren) Trainingslevel. Hierbei absolviert man einen mit Fallen gespickten Hindernisparcours in einem Dojo. Diese Level sind die schwersten im Spiel und beim ersten Treffer wird das Training sofort abgebrochen. Schafft man es aber zum Ende, gibt es eine dicke Belohnung wie z. B. eine Vergrößerung der Energieleiste oder ein Item, das einmalig bei einem tödlichen Treffer automatisch die volle Gesundheit zurückbringt.

Grafisch ist Kenseiden über weite Strecken fantastisch. Die Grafiker haben es eindrucksvoll verstanden, dem Spiel eine mystisch-düstere Atmosphäre zu geben. Sowohl mit den gut animierten Gegnern aus dem Geister- und Dämonenreich als auch mit den Schauplätzen wie unheimlichen Höhlen oder verwitterten Häusern. Negativ fällt nur auf, das bei vielen bewegten Objekten auf dem Bildschirm vermehrt Flackern auftritt. Allerdings wird es niemals störend oder spielbeeinträchtigend. Ansonsten wünscht man sich allenfalls ab und zu mehr Hintergrund: Auch wenn es Nacht ist, möchte man doch etwas mehr als rein schwarze Fläche hinter den Bäumen o.ä. sehen. Außerdem finden die Kämpfe gegen die Endgegner vor rein schwarzem Grund statt, was ein unnötiger optischer Einknick ist.

kenseiden_2Die Musik ist in Ordnung und passt gut zum Geschehen, allerdings sind keine herausstechenden Stücke dabei, die man nach dem Abschalten der Konsole noch im Ohr hat. Die Soundeffekte wissen dagegen zu gefallen, gerade das Sirren der aufprallenden Schwertklinge oder das Aufschlagen von Felsen.

Die Steuerung ist grundsätzlich okay, allerdings erfordert das Erwischen kleiner oder schneller Gegner einiges an Übung und vor allem Präzision. Womit wir beim Spielerischen angekommen sind. Denn um erstmal mit dem Negativen anzufangen: Kenseiden ist, nicht nur (aber auch) wegen des obigen Punktes, mordsschwer. Nicht selten wird man von über sechs Gegnern von mehreren Seiten attackiert und braucht dementsprechend Routine, um alle abzuwehren. Ein, zwei Treffer an sich sind zwar nicht schlimm, das Tückische ist aber, dass man wie in Castlevania oder Ninja Gaiden dabei ein Stück zurückgeworfen wird. Das bringt nicht selten Feinde, die man schon besiegte hat wieder neu auf den Schirm. Und schnell fliegt man wie eine Flipperkugel in einer Wolke von Gegnern umher (wenigstens lässt die fehlende Zeitbegrenzung im Spiel ein bedachteres Vorgehen zu, um dem vorzubeugen). Davon abgesehen wird man auch hier durch den Rückstoß leicht in einen Abgrund geschleudert, gerade wenn man die Erscheinungspunkte der Gegner im jeweiligen Abschnitt nicht kennt.


Was weiterhin störend auffällt und auch zum Schwierigkeitsgrad beiträgt, ist das Fehlen von weiteren Waffen, insbesondere Fernwaffen. Gerade Letztere würden einige Situationen sehr vereinfachen. Ansonsten könnte man höchstens bemäkeln, dass der Schwerpunkt doch arg auf dem Niedermähen von Geistermassen liegt. Neben dem Erkundungs- und Fertigkeitsaspekt gibt es wenig Auflockerung wie eine fortlaufend erzählte Geschichte.


Diese manchmal aufkeimende Monotonie trübt die Motivation aber nicht nachhaltig. Gerade mit zunehmender Übung und den zusätzlichen Techniken kommt einiges an japanischer Schwertkunst- und Samuraistimmung auf. Davon ab lädt der Titel immer wieder zu einer Runde ein, was zu einem guten Teil auch auf die faszinierende Präsentation und die dichte, dunkle Atmosphäre zurückzuführen ist. Die gegebene Nichtlinearität des Spiels trägt auch zum Interesse bei, gerade im Bezug auf mehrfaches Spielen. Abgesehen von der obigen Kritik hat SEGA in allen Punkten mehr als solide Arbeit geleistet.




Sebastian meint:

Sebastian

Auch wenn ich persönlich von Kenseiden sehr angetan bin, würde ich es insgesamt nicht als absoluten Referenztitel auf dem Master System bezeichnen. Dazu hätte es mehr Feinarbeit und weiterer Spielelemente bedurft. Ein wenig mehr Nachsicht gegenüber dem Spieler, was den Schwierigkeitsgrad angeht, hätte auch nicht geschadet. Nichtsdestoweniger ist es ein unterhaltsamer und herausstechender Titel. Fans von Shinobi, First Samurai oder Ninja Gaiden greifen zu; wer an Japan interessiert ist oder einfach die Prunkstücke der Master System Bibliothek schon durch hat, sollte wirklich einen Blick riskieren.

Positiv

  • Grafisch fantastisch
  • Erwerbbare Kampffertigkeiten
  • Non-lineare Levelreihenfolge

Negativ

  • Mordsschwer
  • Monotone Stellen
  • Keine Fernwaffen
Userwertung
9.45 8 Stimmen
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Forum
  • von 108 Sterne:

    Ja, das hat wohl was mit der Hardware zu tun. Man muss halt Zugeständnisse machen, wie auf jedem System. Kenseiden bietet generell ziemlich große Sprites für den Helden und die Standardgegner. Die Bosses sind nochmal deutlich größer und bewegen sich auch frei. Ninja Gaiden hat bspw...

  • von Darkshine:

    Das mit dem schwarzen Hintergrund bei Endgegner Kämpfen ist mir beim Master System häufiger aufgefallen, ist z.B. auch bei R-Type und Alien Syndrome der Fall.

  • von Omnibot2000:

    Guter Test, fasst das Spiel finde ich schön zusammen Putzig fand ich aber Außerdem finden die Kämpfe gegen die Endgegner vor rein schwarzem Grund statt, was ein unnötiger optischer Einknick ist Unnötig war es denke ich nicht, eher ein Zugeständnis an die schwache...

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Kenseiden Daten
Genre Action
Spieleranzahl 1
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz -
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 1988-12-31
Vermarkter SEGA
Wertung 8.2
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