
'In Shenmue übernehmt ihr die Rolle von Ryo Hazuki'
Der erste Teil der Saga war noch nicht erschienen, da sprach Yu Suzuki, Vater der bekannten Virtua Fighter Reihe und nun auch Chefprogrammierer bei SEGA-AM2, bereits vom zweiten Teil. Dieses Mal sollte der Spieler nicht nur ein Kapitel der sechzehnteiligen Geschichte durchleben, sondern direkt den zweiten, dritten und vierten Teil der Story erfahren. Gerade nach dem offenen Ende von Shenmue freute sich die Spielergemeinde auf die Fortsetzung. Umso härter empfand man die Schreckensmeldung, zwei Monate nach dem Release von Shenmue und dem dazugehörigen schlecht gelaufenen Weihnachtsgeschäft: SEGA will die Produktion des Dreamcast einstellen und sich als Multiplattformentwickler im Business etablieren. Fragende Gesichter gehörten zur Tagesordnung, besonders wenn das Wort „Shenmue 2“ fiel. Was sollte nun aus der Fortsetzung der beliebten Saga werden? Doch SEGA beruhigte die Gemüter und versicherte seinen Fans, dass das Spiel auf jeden Fall noch für die Dreamcast erscheinen würde.

Ryo macht sich auf der Suche nach dem Mörder nicht immer Freunde...
Im Sommer 2001 wurden die bis dahin treuen Fans von SEGA´s Konsole mit dem blauen Kringel aufs tiefste von SEGA enttäuscht. Zumindest der amerikanische Dreamcast Markt sollte Shenmue 2 nicht mehr zu Gesicht bekommen. Konkurrent Microsoft, der noch im selben Jahr in seinem Heimatland auftrumpfen wollte, hatte sich die Rechte für seine Xbox gesichert. Während sich die europäischen Spieler auf das vier Gigabyte umfassende Spiel im Dezember freuen konnten, fühlten sich viele amerikanische Shenmue-Fans einfach nur unfair behandelt, gerade nach ihrer jahrelangen Treue SEGA´s Dreamcast-Konsole gegenüber. Doch für den, durch die hohen Verluste mit der Dreamcast, stark angeschlagenen Videospielkonzern war dies ein wichtiger Schritt.

'Hier zum Vergleich ein Ausschnitt aus der Dreamcast-Version'
Doch Shenmue 2 wusste die Fans, zumindest die, die es zu Gesicht bekamen, zu begeistern. Auch wenn das Game nicht wie sein Vorgänger ins Englische übersetzt wurde, sonder lediglich mit englischen Untertiteln, dafür aber eingedeutschten Menüs auskommen musste, so war es nochmals umfangreicher geworden, Ladezeiten wurden verkürzt und selbst in Punkto Grafik wusste das Entwicklerteam um Shenmue-Erfinder Yu Suzuki noch etwas mehr aus der Dreamcast herauszukitzeln. Danach wurde es einige Zeit lang still um Shenmue. Screenshots tauchten nur in den seltensten Fällen mal im Internet auf und Trailer gab es höchstens zu Großveranstaltungen wie der E3 oder bei Microsoft Xbox-Messe „X02“. Und selbst diese wussten nicht zu begeistern. Die Grafik war beinahe dieselbe wie auf der mittlerweile doch recht veralteten Dreamcast. Außer ein paar umfangreicheren Lichteffekten konnte man keine Verbesserungen erspähen. War der Titel anfangs noch für Dezember 2002 angekündigt, so verschob sich der Release überraschend doch ins erste Quartal des darauf folgenden Jahres. Diese Terminveränderung schien Shenmue 2 allerdings sehr gut zu bekommen und SEGA-AM2 setzte sich noch mal hin und schraubte an der Grafik herum, für die man im Vorhinein harte Kritik hatte einstecken müssen.

'Lens Flare Effekte gehören zu den Verbesserungen bei der Xbox-Version'
Ebenfalls erfreulich war die Meldung, dass die PAL-Variante es der US-Version gleich tun sollte, und mit der DVD „Shenmue – The Movie“ ausgeliefert werden sollte. Diese enthielt sämtliche Zwischensequenzen des ersten Teils zusammengeschnitten zu einem 80minütigen Film, der all die Spieler in die Geschichte einführen sollte, die Shenmue nicht auf der Dreamcast gespielt hatten. Mittlerweile schreiben wir April 2003 und die Xbox-Version von Shenmue 2 steht seit ein paar Wochen in den Händlerregalen. Grund für uns, das Spiel nochmals genau unter die Lupe zu nehmen. Jedes noch so kleine Detail aus der Xbox-Version von Shenmue 2 erfahrt ihr auf den nächsten Seiten…

'Die Straßen in Shenmue 2 wirken alle sehr lebendig...'
Zu einem guten Spiel gehört immer eine fesselnde Geschichte. Im Falle von Shenmue entstand sie direkt aus der Feder von Yu Suzuki: Wir schreiben das Jahr 1986, der Ort ist Yokosuka in Japan. Ryo Hazuki, Sohn des Kampfkünstlers Iwao Hazuki, muss eines Tages mit ansehen, wie sein Vater von einem gewissen Lan Di getötet wird. Dieser ist auf der Suche nach einem Spiegel, dessen Aufenthaltsort er von Iwao, kurz vor dessen Tod, mitgeteilt bekommt. Mit dem Spiegel und seinen zwei Begleitern verschwindet der Unbekannte wieder und überlässt Ryo seinem Schicksal. Dieser entscheidet sich seinen Vater zu rächen und begibt sich deshalb auf die Suche nach Lan Di. Dabei erfährt er, dass es noch einen zweiten Spiegel geben muss, den sein Vater ebenfalls besessen haben muss. Als er den sogenannten Phönix-Spiegel findet, erfährt er, dass dieser in Kombination mit dem Zweiten seinem Besitzer unheimliche Kräfte verleihen soll. Auf der Suche nach Lan Di und dem zweiten Spiegel reist Ryo nun nach Hongkong um dort sein atemberaubendes Abenteuer fortzusetzen. Als das Schiff im Hafen von Hongkong anlegt, hat Ryo nichts weiter, als eine Adresse, die ihm ein Freund aus Yokosuka gegeben hat. Also begibt er sich auf den Weg dorthin um dort Unterstützung zu finden.

'Zeit und Wetterwechsel gehören bei Shenmue 2 zum Alltag...'
Legt man die DVD ins Laufwerk ein, hat man als europäischer Spieler, der Shenmue 2 schon auf der Dreamcast gesehen hat, bereits das erste Déjà-Vu-Erlebnis. Die Trailer, die Logos, das Menü, ja sogar die Ladesequenzen sind gleich geblieben. Lediglich das Hauptmenü besitzt nun einen Punkt mehr, als sein Dreamcast-Vorgänger. Unter „Shotsviewer“ hat man die Möglichkeit bis zu 120 Fotos, die man während dem Spielen von Shenmue 2 aufgenommen hat, abzuspeichern und zu verwalten. Doch dazu später… Nachdem wir in den Optionen noch schnell eingestellt haben, wie und in welcher Kombination wir Sprache und Untertitel haben wollen (die original japanische Sprachausgabe ist nicht auf der DVD), geht es los. Mit einem Klick auf „Neues Spiel“ startet die Einleitungssequenz des Spiels. Darin ist die Einfahrt des Schiffes in den Hafen von Hongkong zu bestaunen. Erst als Ryo die Landungsbrücke heruntergekommen ist, können wir die Steuerung übernehmen.
Wir stehen auf einem Markt und entscheiden uns dazu, erst einmal einen Blick in unser Notizbuch zu werfen, in dem wir im Verlauf des Spiels jede wichtige Information, die wir erhalten, aufzeichnen werden. Hier hat man aus unerklärlichen Gründen einen Rückschritt gemacht. Waren die Tagebucheinträge Ryos auf der Dreamcast noch in Deutsch, so muss man sich in der Xbox-Fassung des Spiels auf sein Englisch verlassen. Allerdings sei an dieser Stelle Entwarnung all jenen gegeben, die nun auf Grund mangelnder Englischkenntnisse gleich in Panik geraten. Shenmue kommt wahrhaftig nicht mit sehr anspruchsvollem Englisch daher. Die Sätze sind sehr einfach gestrickt und sollten für jeden, dessen Schulzeit noch nicht allzu lange her ist, gut verständlich sein. Gleich nach unserem ersten Gespräch mit einem Straßenmusiker im Hafen, fällt uns die, nennen wir sie mal „shenmue-typische“ Sprachausgabe auf. Wie bereits im ersten Teil wirkt sie sehr trocken und gefühllos. Man hat den Eindruck, als hätte man sich da bei SEGA nicht die größte Mühe mit der englischen Sprachausgabe gegeben. Schlecht ist diese nicht, und wer mit der aus dem ersten Teil zufrieden ist, wird auch kein Problem mit ihr haben, etwas ungewöhnlich erscheint sie allerdings schon.

'Ryo forscht und sucht so gut er kann... Ob er irgendwann wirklich den Tod seines Vaters rächen kann?'
Ebenfalls stellen wir fest, dass uns je nach Blickrichtung die Sonne öfters mal stark blendet. An diesem Punkt tritt die zweite Verbesserung von Shenmue 2 auf der Xbox auf den Plan. Wunderschöne Lichteffekte, gepaart mit einem sehr sauberen und realistischen LensFlare-Effekt, wissen uns einige Sekunden lang zu fesseln. Wir gehen etwas näher an die Rehling um uns das noch etwas genauer anzusehen. Auch dort, bei einem Blick auf das Wasser, kann man eine Veränderung gegenüber dem Dreamcast-Vorgänger feststellen. Zwar befinden sich die Wassereffekte nicht ansatzweise auf dem Niveau eines Morrowind, eine Verbesserung lässt sich allerdings schon entdecken. Etwas enttäuscht sind wir, als wir auf die Umgebungsgeräusche achten. Nur die beiden Frontboxen unseres Dolby Digital Feldes arbeiten. SEGA-AM2 hielt es anscheinend nicht für nötig das Spiel mit 5.1-Surround-Sound zu versehen. Lediglich die Zwischensequenzen ertönen im Raumklangverfahren durch unsere Boxen. Da hätte man sich etwas mehr Einsatz seitens der Entwickler erhofft. Neu ist ebenfalls die Foto-Funktion hinzugekommen. Während des kompletten Spielverlaufs hat man die Möglichkeit durch Druck auf den schwarzen Button des Xbox-Controllers ein Screenshot zu machen, der dann auf der Festplatte der Konsole abgespeichert wird. Ob diese Funktion nun sinnvoll ist, sei nun mal dahingestellt. Um sie allerdings nicht ganz so unnütz erscheinen zu lassen, haben die Entwickler eine Art Liste von Personen angefertigt, die ihr finden und fotografieren müsst. Habt ihr eine dieser Gruppen zusammen, so könnt ihr jeweils auf einen kurzen Comic zurückgreifen. Dabei kommt auch endlich der im zweiten Teil leider gänzlich fehlende Guizang zum Zuge.

Das virtuelle Hongkong wirkt mehr als belebt
Auch wenn Shenmue 2 hier und da Anlass zur Kritik bietet, so sollte man nicht vergessen, was das Spiel zu bieten hat. Eine wahnsinnig realistische Welt, in der man jede der über 1000 einzigartigen Charaktere ansprechen und sich mit ihnen unterhalten kann. Die Möglichkeiten in der Hongkong nachempfundenen 3D-Welt sind schier unendlich. Doch nicht nur Städte gibt es in Shenmue 2 zu besichtigen. Ebenfalls die atemberaubende Waldlandschaft des vierten Kapitels lässt uns die Kinnladen herunterklappen. Shenmue 2 soll, wenn es nach Chefprogrammierer Yu Suzuki geht, weder als Rollenspiel, noch als Action-Adventure betitelt werden. Für ihn stellt die Shenmue-Saga ein völlig neues Genre dar: Free – F.R.E.E. steht für „Full Reactive Eyes Entertainment“. Ein Spiel in dem man frei alles tun und lassen kann, wonach einem ist. Und dies ist Yu Suzuki auf jeden Fall gelungen.

'Nur in den seltensten Fällen macht Ryo mal ein freundliches Gesicht...'
Grafik:
Die Grafik von Shenmue 2 lässt sich nur sehr schwer beurteilen. Als erstes muss einmal festgehalten werden, dass die Engine auf der Xbox wesentlich flüssiger und sauberer läuft. Die hohe Framerate garantiert ein gestochen scharfes Bild. Außerdem wurde die Xbox-Fassung mit einer Art von Fluence-Effekt versehen. Dieser kommt besonders nachts, wenn es dunkel ist und die tausend kleinen Lichter Hongkongs den Bildschirm erhellen, zur Geltung. Das Bild wirkt dadurch feiner und noch einen Tick flüssiger. Daneben hat der Spieler selbst noch die Möglichkeit einen der vier anderen Filter mit einem Druck auf den weißen Button zu aktivieren. Dazu gehört auch die Umstellung auf „Schwarz-Weiß“. Diese Filter machen allerdings nur in Kombination mit der Foto-Funktion Sinn und erfüllen sonst keinen Zweck. Die umfangreichen Texturen wissen wirklich zu überzeugen. Einen gewissen Hang zum Perfektionismus können die Entwickler bei SEGA-AM2 wirklich nicht verbergen. Plakate an Wänden, das Obst auf den Märkten, die Vögel in der Luft, die Blumen am Wegrand… Alles wurde bis ins kleinste Detail ausgearbeitet.

'Wenn ihr von diesem Springbrunnen begeistert seid, müsst ihr erst einmal die Wasserfälle sehen...'
Etwas enttäuscht waren wir beim Anblick mancher Charaktere allerdings schon. Unheimlich schwache Texturen, besonders in den Gesichtern, versetzten uns immer wieder in die gute alte Dreamcast-Zeit zurück. Natürlich kann man nicht einfach mal gerade 1000 Charaktere mit neuen Texturen versehen. Den ein oder anderen hätte man sich aber schon vornehmen können. Die Charaktere, die im Spiel öfters auftreten, sprich Ryo selbst, Joy, Wong, Ren usw. sehen allerdings atemberaubend aus. Hier hat man die Gesichter ganz offensichtlich für die Xbox-Version nochmals überarbeitet und verbessert. Insgesamt betrachtet befindet sich die Grafik von Shenmue 2 auf einem sehr hohen Niveau, auch wenn sie nicht mehr ganz so frisch ist und dadurch mit aktuellen Vorzeigetiteln wie Splinter Cell nicht mehr mithalten kann. Die Engine läuft allerdings jederzeit flüssig und das Wort Slowdown ist ein Fremdwort für Shenmue 2. An solch grandiose und detailverliebte Texturen kommt heutzutage noch lange nicht jedes Spiel ran.

'Nachts sieht die Welt von Shenmue 2 noch fantastischer aus...'
Sound:
Auch akustisch hat Shenmue 2 nichts von seinem Charme verloren. Von phänomenalen Konzertstücken mit unzähligen Flöten und Geigen bis hin zu fetzigen Rockstücken mit harten E-Gitarren deckt der zweite Teil von Yu Suzukis Saga so ziemlich jedermanns Geschmack ab. Die Musik fließt jederzeit passend in die Spielszenen ein und weiß dadurch eine faszinierende Atmosphäre zu erzeugen. Etwas Anlass zur Kritik bietet die mangelnde Unterstützung von Dolby Digital 5.1. Leider hat man sich nicht die Mühe gemacht das komplette Spiel mit Raumklang zu versehen, sondern man hat sich mit den Zwischensequenzen begnügt. Das gibt etwas Abzug in Punkto Sound. Auch die teilweise echt miserable Qualität der Sprachausgabe führt zu einer niedrigeren Bewertung. Dreht man seine Anlage etwas lauter ist direkt ein Scheppern in den Stimmen zu hören. Anscheinend hat man es hier etwas mit der Komprimierung der Sounddateien übertrieben. Dadurch klingt es manchmal so, als kämen die Stimmen aus einem Onlinestreaming. Auch die Musik bleibt von der starken Komprimierung nicht verschont. Allerdings fällt das hier nicht ganz so stark auf, wie bei der Sprachausgabe. Das selbe Problem hatten bereits beide Shenmue-Titel auf der Dreamcast. Hier war die starke Komprimierung aber noch durch die GDs, die ja jeweils nur ein Gigabyte fassten, zu entschuldigen. Auf der DVD für die Xbox sollte allerdings genügend Platz sein, um die Sounds und Geräusche in ordentlicher Qualität abzuspeichern. Etwas schade, dass man sich hier nicht mehr Mühe gegeben hat. Nach ein paar Stunden beachtet man das aber nicht mehr und es beeinträchtigt nicht im Geringsten das Spielvergnügen.

'Ryo muss sich in der neuen Stadt erst einmal zurecht finden...'
Steuerung:
Die Steuerung wurde eigentlich 1:1 von der Dreamcast auf die Xbox portiert. Was an sich ja auch ganz logisch erscheint, zumal sich die Controller beider Konsolen ja beinahe identisch sind. Je nach persönlichem Ermessen ist entweder der rechte oder der linke Analogstick des Xbox-Pads deaktiviert. Die schwarze Taste dient der Fotofunktion, die weiße schaltet zwischen den verschiedenen Grafikfiltern um. Gehen wir von der typischen Dreamcast-Steuerung auf der Xbox aus, dann bewegt man Ryo mit dem digitalen Steuerkreuz, während der rechte Analogstick zum Umsehen dient. Mit Hilfe des A-Buttons spricht man Personen an, X ist der Aktions-Button und dient andernfalls zum Öffnen des Notizbuches. B dient zum Verlassen von Menüs, während man mit einem Druck auf den Y-Knopf Passanten nach der nächsten Möglichkeit Geld zu verdienen fragt. Mit der linken Schultertaste wechselt man kurzzeitig in eine First-Person-Perspektive. Dies funktioniert aber nur, wenn Ryo steht, da das Spiel ein reiner Third-Person-Titel ist.

'Man sollte sich die Zeit nehmen um einfach mal durch die Straßen Hongkongs zu schlendern...'
Spieler, die bisher immer noch nach einem passenden Grund suchten, sich einen S-Controller anzulegen, haben mit Shenmue 2 einen Vorzeigetitel dafür gefunden. Das katastrophal schwammige Digitalsteuerkreuz des Originalcontrollers bringt einen gerade während den Quick Time Events (QTE) des Öfteren zur Verzweiflung. Auch die völlig druckunempfindlichen Analog-Buttons (A,B,X,Y) erweisen sich in den Kampfsequenzen, derer es in Shenmue 2 im Gegensatz zum Vorgänger wesentlich mehr gibt, als beinahe unzumutbar. Nach einer Minute Buttonsmashing tut einem der Finger weh und man spielt mit dem Gedanken das Pad in die nächstgelegene Zimmerecke zu pfeffern. Der S-Controller löst eigentlich jedes dieser Probleme. Das Steuerkreuz ist wesentlich präziser, die Analogbuttons liegen weiter auseinander und sind wesentlich druckempfindlicher. Man kann Shenmue 2 zwar auch mit dem Originalcontroller durchspielen (wir haben es extra bis zum Ende getestet), mit dem S-Pad sinkt der Frustfaktor allerdings gewaltig und es spielt sich wesentlich angenehmer. Zumal man Ryo ansonsten auch mit dem schwammigen Steuerkreuz des Originalcontrollers steuern muss. Und gerade in platzarmen Gegenden, wie Marktplätzen, stellt sich dies als die reinste Tortur da. Trotzdem bekommt die Steuerung eine hohe Wertung. Mehr ließ sich aus dem nicht auf schnelles Spielgeschehen ausgelegten Originalpad nicht rausholen. Besitzer eines S-Controllers können sich also ruhig 1-2 Punkte zu der Wertung hinzudenken.

'QTEs, wie hier in einem Ausschnitt aus der DC-Version, lockern das Spielgeschehen etwas auf...'
Bei der mitgelieferten DVD handelt es sich um „Shenmue – The Movie“. SEGA-AM2 hat dafür in Zusammenarbeit mit einer japanischen Filmfirma alle Zwischensequenzen des ersten Teils, der für die Dreamcast erschien, zu einem Film zusammengeschnitten. Die Disc befindet sich ebenfalls in der DVD-Hülle des Spiels, bei der es sich nicht um eine Standardhülle handelt. Die von Shenmue 2 ist auf zwei DVDs ausgelegt, die dann übereinander liegen. Also keine Panik, wenn beim ersten Öffnen der Hülle nicht direkt beide DVDs ins Auge fallen. Shenmue – The Movie ist eigentlich eine ganz normale DVD. Außer zwei Trailern zum Film, der ja sogar in ausgewählten Kinos in Japan lief, und einem Menü zur Kapitelauswahl findet sich nichts Besonderes auf der Scheibe. Trotzdem ist dies eine nette Beigabe seitens Microsoft, die den Titel weltweit publishen.

'Yu Suzuki - Der geistige Vater und Schöpfer der Shenmue-Saga'
Shenmue 2 trifft natürlich nicht jedermanns Geschmack. Die meiste Zeit des Spiels verbringt man mit Konversationen. Diese werden durch gelegentliche Quick Time Events aufgelockert, in denen es gilt plötzlich eine bestimmte Tastenkombination in die Buttons zu hämmern. Als Erfinder von Virtua Fighter hat Yu Suzuki es sich nicht nehmen lassen, auch einige Kampfszenen einzubauen. Diese basieren auf einer abgespeckten Version des beliebten Prügelspiels. Ryo lernt während seiner Reise immer wieder neue Attacken, oder kann sogar Anleitungen zu bestimmten Moves in verschiedenen Martial Art Shops erwerben. Doch diese kosten Geld. Geld muss man sich erst verdienen. Geld verdienen kostet Zeit. Zeit vergeht in Shenmue wie im Flug. Ein Tag bei Shenmue spielt sich in einer realen Stunde ab. Es gilt zwar gewisse Termine einzuhalten, aber man sollte es sich deshalb auf gar keinen Fall nehmen lassen, den normalen Handlungsstrang des Spiels zu verlassen und auch mal andere Orte zu besuchen. Es gibt viel zu entdecken! Die Grafik ist natürlich nicht mehr uptodate. Da half auch das Jahr Überarbeitungszeit nicht, die sich das SEGA-AM2 Team genommen hat. Zwar hat sich etwas im Gegensatz zur Dreamcast-Version geändert, mit aktuellen Xbox-Titeln kann Shenmue 2 grafisch dadurch allerdings nicht mithalten. Was den Sound betrifft, so gibt es Lob und Tadel gleichermaßen für das Spiel. Tolle Musik, die so manchen Hobby-Komponisten zu Höhenflügen bewegen sollte, allerdings auch die zu starke Komprimierung der Sounddateien prägen das akustische Erlebnis. Ebenso die nur teilweise vorhandene Dolby Digital Unterstützung sorgen für leichte Abzüge in der Wertung. Shenmue 2 war schon immer ein gutes Spiel und wird auch immer ein gutes Spiel bleiben. Die Möglichkeit sich frei zu bewegen und zu reden mit wem man will, lässt einen gelegentlich wirklich vergessen, dass man sich in einer Anhäufung von Polygonen befindet. Für Hardcore Action Fans, denen selbst Filme wie Speed und die Stirb Langsam Reihe noch zu langweilig sind, sollten die Finger von dem Titel lassen. Allen anderen kann ich Shenmue 2 nur empfehlen. Es ist ein absolutes Meisterwerk!