WET im Test

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Mit WET präsentiert uns Publisher Bethesda Softworks einen 3D Person-Shooter der etwas anderen Sorte. Ob die ambitionierte Mischung aus John Woo´s Stranglehold und einem 70er Jahre Action-Film aufgeht und tatsächlich Spaß macht erfahrt ihr wie immer in unserem Review…


Auf den ersten Blick erinnert WET frappierend an Kultregisseur Quentin Tarantinos erfolgreiche Kill Bill-Reihe. Eine hübsche Profikillerin die mit Bleispritzen und Samurai-Schwert Jagd auf böse Buben macht und zudem cooler ist als ein Gefrierschrank?! Gestatten - Ruby! Anders als viele Genre-Kollegen erzählt WET keine von diesen 0815-Geschichte über edelmütige Helden die zum Wohle anderer in den Kampf ziehen. Der Grund für Hauptakteurin Ruby Malone alles und jeden in ihrer näheren Umgebung umzulegen liegt auf der Hand, es ist schlicht und ergreifend ihr Job. Als Söldnerin wird sie angeheuert um gefährliche Missionen zu erledigen und Verlorenes auf ganz unbürokratischem Wege wiederzubeschaffen! Dabei macht ihr so leicht niemand etwas vor, sie gehört zu den Besten ihres Fachs und das weiß sie auch ganz genau. Als „Hired Gun“ lebt es sich zwar gefährlich, aber erstens spülen die Aufträge Geld in die meist leeren Kassen und zweitens ist es ja auch nicht so dass die Arbeit keinen Spaß machen würde.

Dummerweise wird Ruby eines schönen Tages von ihrem Auftraggeber über den Tisch gezogen und schafft es gerade so lebendig aus der ganzen Misere heraus zu stolpern. Natürlich ist die junge Dame mehr als angefressen und begibt sich voller Zorn auf einen gnadenlosen Rachefeldzug um den Verantwortlichen auf ihre Art zur Rechenschaft zu ziehen. Dieser ist a) nicht sonderlich begeistert davon dass Ruby noch lebt und b) gefällt es ihm gar nicht dass nun sein eigenes Leben in Gefahr ist. So schickt der Gangsterboss unzählige seiner zugegebenermaßen nicht besonders schlauen Schergen auf den Weg um die wandelnde „Einfrauarmee“ aufzuhalten, die sich zum Pech der feindlichen Übermacht als außerordentlich hartnäckig erweist.



Was die Geschichte angeht orientiert sich WET stark an den beiden bereits erwähnten Kill Bill-Filmen oder dem Actionkracher Shoot em´ Up und bietet viel B-Movie-Flair. Insgesamt ist die Story zwar, man kann es einfach nicht anders ausdrücken – absolut nebensächlich, liefert aber dennoch den entsprechenden Hintergrund um eine Ballerei sondergleichen zu veranstalten und wird uns in nett gemachten Zwischensequenzen präsentiert. Das Spielprinzip ist einfach, wir laufen durch strikt lineare Level und liefern uns Schusswechsel mit unzähligen Bösewichtern. Natürlich ist das nicht alles, Ruby ist mehr als akrobatisch veranlagt was sie auch nur allzu gern unter Beweis stellt. Sie springt elegant über Tische und Feinde hinweg, hangelt wie Kollegin Lara Croft an Simsen, Seilen oder Stangen entlang, rutscht auf den Knien am Boden herum, lässt sich kopfüber an Leitern hinab und beherrscht Wandläufe, Saltos oder Seitwärtsrollen im Schlaf. Das Bewegungsrepertoire ist beachtlich ausgefallen und geht schon nach kurzer Eingewöhnungszeit spielend von der Hand.
Wird während einer akrobatischen Aktion zusätzlich die Schusstaste RT gedrückt schaltet das Spiel in einen Zeitlupenmodus der es uns erlaubt ganze Gegnerhorden während einer einzigen Bewegung auszuschalten. Dies geschieht immer beidhändig und entweder mit unseren beiden Standart-Pistolen die über einen unbegrenzten Munitionsvorrat verfügen oder mit diversen anderen Meinungsverstärkern. So stehen im späteren Spielverlauf zusätzlich zwei Maschinenpistolen, zwei Shotguns oder zwei Armbrüsten die explosive Geschosse abfeuern zur Auswahl, die über das Steuerkreuz ausgewählt werden dürfen. Doch Vorsicht, hier ist die Munition begrenzt und muss innerhalb der Levels aufgesammelt werden – Haushalten ist also angesagt!



Interessant gelöst wurde das Zielsystem in WET, befindet sich das Spiel nämlich in Zeitlupe wird mit einer Waffe automatisch der am Nächsten stehende Gegner anvisiert während wir selbst jederzeit die volle Kontrolle über Ruby´s zweite Schusshand haben. So lässt sich zusätzlich zu dem Feind auf den ohnehin schon gezielt wird nahezu alles im Umkreis von 360° mit der zweiten Kanone zu Kleinholz verarbeiten. Das hört sich in der Theorie möglicherweise etwas seltsam an, funktioniert in der Praxis aber ausgezeichnet und macht noch dazu großen Spaß. Dank Ruby´s Katana kommen auch die Nahkampfattacken nicht zu kurz und können ebenfalls aus einem Sprung oder beherzten „Fußboden-Rutscher“ heraus ausgelöst werden. So kämpfen wir uns in der knapp 9stündigen Kampagne durch 14 unterschiedliche Spielabschnitte in Amerika, Hong Kong und England.

Aufgelockert wird die Schlauchlevel-Schießerei von Arenakämpfen bei denen möglichst viele Gegner in einem bestimmten Gebiet ausgeschaltet und einzelne Türen geschlossen werden müssen um zu verhindern dass die bösen Jungs immer mehr Verstärkung bekommen. Dazu gesellen sich eine Handvoll Railgun-Sequenzen und einige Kletter- und Hüpfpassagen bei denen Ruby Minenfeldern oder brennende Bereiche umgeht und sich anhand von Stangen, Simsen, Leitern, Wandläufen oder Absprüngen ihren Weg nach vorne bahnt. Hier hilft die sogenannte Ruby-Sicht, die beim Ziehen des linken Triggers alle relevanten Positionen anzeigt an denen wir uns akrobatisch betätigen dürfen. Zudem bekommen wir einige atemberaubend inszenierter Quick-Time-Events geboten die zum Beispiel inmitten einer Verfolgungsjagd auf dem Highway zelebriert werden während Ruby lässig von Fahrzeug zu Fahrzeug springt oder sich im späteren Spielverlauf todesmutig aus einem Flugzeug stürzt um im freien Fall herumfliegenden Wrackteilen auszuweichen und doch noch einen rettenden Fallschirm zu ergattern.



Mit Quick-Time-Events geizt WET ganz und gar nicht, nahezu jede außerplanmäßige Aktion und ausnahmslos alle Kämpfe gegen Zwischen- und Endbosse enden im mittlerweile so beliebten „Drück das Knöpfchen“-Spiel. Als letztes und zugleich stilistisch interessantestes Gameplay-Element schaltet WET von Zeit zu Zeit in den sogenannten Rage-Modus bei dem sich der gesamte Bildschirm blutrot färbt und unsere wehrhafte Killerin schwarz, Feinde dagegen hell dargestellt werden. In diesem Modus verursachen Ruby´s Waffen mehr Schaden und sie wütet wie eine Berserkerin durch die gegnerischen Reihen. Ziel ist es ähnlich wie im normalen Spielverlauf in kürzester Zeit und besonders stylish die größtmögliche Anzahl an Gegner über den Jordan zu schicken. Ein gutes Ergebnis wird mit den sogenannten Stilpunkten belohnt, die am Ende der einzelnen Spielabschnitte im Verbesserungsshop gegen neue Fähigkeiten und akrobatische Moves, Waffen-Upgrades oder Verbesserungen wie einen längeren Lebensbalken investiert werden dürfen. Diese kleinen RPG-Elemente wirken motivierend und spornen zu Höchstleistungen an um den Level-Highscore zu knacken.

Obwohl Ruby eine hervorragende Kämpferin ist verträgt auch sie nur eine begrenzte Anzahl an feindlichen Projektilen, ist es dann doch einmal soweit und unser Lebensbalken schrumpft aufs Minimum haben wir genau drei Möglichkeiten! Entweder wir warten bis der Bildschirm rot anläuft und starten von einem der fair gesetzten Checkpoints erneut oder wir versuchen die restlichen Gegner möglichst spektakulär zu erledigen da sich ein Teil unsere Gesundheit bei entsprechend hohen Stilpunkten automatisch regeneriert. Als letzte Möglichkeit warten überall in den Levels verteilte Whiskyflaschen darauf unseren Durst zu stillen und die gesamte Gesundheit wieder herzustellen. Präsentiert wird uns das in einer coolen Animation bei der Ruby mit einem Zug die Flasche leert, sie in die Luft schleudert und – wer hätte das gedacht – die Pistole zieht um die Pulle in tausend Scherben zerspringen zu lassen.



Ist die Kampagne abgeschlossen lädt Ruby´s Zuhause, ein alter Flugzeugfriedhof tief in der texanischen Wüste zur Erkundungstour ein und hält einige Aufgaben für den Spieler bereit. Besonders abwechslungsreich sind diese aber nicht ausgefallen, so geht es eigentlich nur darum unter Zeitdruck Checkpoints abzuklappern, nebenbei mit den verschiedenen Waffen auf Zielscheiben zu schießen und die Bestzeit zu unterbieten. Ansonsten gibt es noch drei weitere Schwierigkeitsgrade und einen Arcade-Modus der nach dem erfolgreichen Abschluss der Kampagne und einem zugegebenermaßen äußerst schwachen Finale freigeschaltet wird. Im sogenannten „Punktezähl“-Modus erleben wir die einzelnen Missionen noch einmal, dieses Mal wie der Name schon sagt aber mit dem Ziel möglichst viele Punkte abzustauben. Für Sammelwütige sind in fast allen Levels Affenspielzeuge versteckt und auf Ruby´s Flugzeugfriedhof warten 25 Skorpione darauf erledigt zu werden. Allerdings ist die Sucherei nicht sonderlich spannend und bekommen tut man, mit Ausnahme eines Gamerscore-Erfolgs, auch nichts dafür. Alles in Allem ist das Abenteuer recht schnell vorbei, einen Online-Koop- oder Mehrspielermodus sucht man vergebens was den Widerspielwert natürlich gegen 0 tendieren lässt.

Anders als zum Beispiel Kollege Hitman gehen wir beim verdienen unseres Lebensunterhalts aber weder subtil vor noch warten wir auf die „passende Gelegenheit“. WET ist eine Baller-Orgie sondergleichen und präsentiert sich dementsprechend auch hart und dreckig. Der Stil des Spiels erinnert stark an die Grindhouse-Filme der 70er Jahre, das Bild flimmert und flackert vor sich hin und ist gespickt mit den bekannten Effekten aus dem Kino. So etwa das krächzende Geräusch das beim Anhalten einer alten Filmrolle entsteht oder die typischen Filmkratzer die ebenfalls von der großen Leinwand bekannt sein sollten. Letztere können im Optionsmenü bei Bedarf sogar ausgeschaltet werden, was aber etwas vom Charme der Schmuddel-Optik zerstört.



Selbst die Ladezeiten zwischen einzelnen Levelbereichen werden anhand von Original 70er-Jahre-Werbespots für Horrofilme, Haushaltswaren oder Snacks versüßt, was hervorragend zur Präsentation des Titels passt. Allerdings lässt es sich kaum leugnen dass die gewollte Flimmeroptik einige Schönheitsfehler kaschiert, die ansonsten wesentlich stärker auffallen würden. So sind bei weitem nicht alle Texturen knackscharf und auch die Mimik, Gestik und Lippensynchronität der Figuren in den unterhaltsamen Zwischensequenzen lässt zuweilen arg zu wünschen übrig. Außerdem sind Rubys Animationen nicht immer so geschmeidig wie sie sein könnten, was vor allem auffällt wenn verschiedene Bewegungsabläufe miteinander verknüpft werden. Dennoch ist der Stil des Spiels einmalig und vermittelt eine hervorragende Atmosphäre. Vor allem bei den spaßigen Rage-Modus-Sequenzen, den Cut-Scenes und den Quick Time Event-Orgien kommen B-Movie-Fans voll auf Ihre Kosten. Leider ist das Gegnerdesign alles andere als vielfältig ausgefallen! Mit Ausnahme einiger Zwischen- und Endbosse kämpfen wir größtenteils gegen zahllose Yakuzas und Gangster aus der Klonfabrik, wobei die KI übrigens nicht weiter der Rede wert ist.

Dafür sind die Schauplätze abwechslungsreich ausgefallen. So geht es auf bunten Marktplätzen, in dunklen Hinterhöfen oder dreckigen Seitenstraßen ebenso zur Sache wie in diversen Wohn- und Lagerhäusern, einer Tiefgarage, einem chinesischen Hafen und einem englischen Schloss. Insgesamt bleibt zu sagen dass WET optisch zwar niemanden aus den Socken hauen wird, dank dem eigenwilligen Stil, einem stimmigen Gesamteindruck und vieler netter Details aber durchaus zu überzeugen weiß.



Soundtechnisch ist Wet hingegen über jeden Zweifel erhaben. Zumindest gilt das für den grandiosen Soundtrack mit dem Entwickler Artifical Mind & Movement hier aufwartet. So werden größtenteils rockige 70er Jahre-Beats serviert die mit einem Hauch Country versehen sind und das Geschehen auf dem Bildschirm nahezu perfekt untermalen. Auch an den Umgebungsgeräuschen und den knackigen Schusswaffen-Sounds gibt es nichts auszusetzen. Geschlampt wurde lediglich bei der deutschen Synchronisation! Mit Ausnahme von Ruby selbst passen die meisten Sprecher nämlich nicht wirklich zu den Charakteren die sie vertonen und sprechen ihre Rollen dementsprechend verhältnismäßig emotionslos. Die Dialoge strotzen zwar nicht unbedingt vor Intelligenz, sind aber meist witziger Natur und unterstreichen erneut den B-Movie Flair des Spiels, das sich glücklicherweise selbst nicht allzu ernst nimmt.

Zu guter Letzt widmen wir uns noch den „Besonderheiten“ der deutschen Version, die aufgrund der ursprünglichen, mitunter drastischen Gewaltdarstellung nur in geschnittener Form erhältlich ist. Wenn Ruby wütend wird rollen die Köpfe im wahrsten Sinne des Wortes! Hierzulande allerdings nicht, es wurden nämliche sämtliche Blut- und Splattereffekte entfernt – außerdem wurde die Ragdollphysik entschärft, es fehlt die Anzeige für den Bodycount und sogar einige „unpassende“ Dialoge und Zwischensequenzen wurden angepasst. Am Gameplay selbst gibt es zwar keinerlei Schnitte, dennoch sind die Kürzungen ärgerlich da einige von ihnen wichtige Stilmittel des Spiels darstellen die in der deutschen Version einfach komplett entfernt wurden.

Harry meint:

Harry

Ruby war mir von Anfang an sympathisch! Selbstbewusst, hübsch und knallhart. Dementsprechend konnte mich WET auch über die gesamt Spielzeit hinweg begeistern. Nüchtern betrachtet bekommen wir zwar nur eine rund neunstündige Baller-Orgie ohne größere Abwechslung geboten, Spaß macht es trotzdem. Und wie! Ruby´s Akrobatikeinlagen sehen klasse aus, der Stil des Spiels vermittelt eine grandiose B-Movie-Atmosphäre und die Schießereien steuern sich herrlich unkompliziert. Dennoch handelt es sich bei WET letzten Endes nur um einen Quicky, der weder mit einer spannenden Geschichte noch mit tiefgründigen Charakteren oder abwechslungsreichem Missionsdesign aufwarten kann. Zudem ist die stylishe Präsentation zwar ansprechend, aber keinesfalls fehlerfrei und auch die fast schon unverschämten Schnitte der deutschen Version geben Anlass zur Kritik. WET ist nichts weiter als ein kurzweiliges Action-Spektakel das wahrscheinlich nicht lang in Erinnerung bleiben wird, beim Spielen aber dennoch gut unterhält. Wer mit keinen größeren Erwartungen an den Titel heran geht wird auch nicht enttäuscht werden!

Positiv

  • Unterhaltsame Schusswechsel
  • Tolle B-Movie-Atmosphäre
  • Stylishe Präsentation

Negativ

  • Wenig Anspruch & Tiefgang
  • Kaum Wiederspielwert
  • Absolut nichts für Grafikfetischisten
Userwertung
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WET Daten
Genre Action
Spieleranzahl 1
Regionalcode PAL
Auflösung / Hertz 50 / 60 Hz
Onlinefunktion -
Verfügbarkeit 18.09.09
Vermarkter -
Wertung 7
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