
Nun kommen wir aber erstmal zum Gameplay. Im Vorgänger konnte man sich mit einem halbwegs versierten Spieler vom Anstoßpunkt durch alle Gegner dribbeln, um den Ball dann mit einem halbwegs ernst gemeinten Schuss am Torwart vorbeizirkeln, der dabei wirkte wie der Amateur-Keeper der dörflichen C-Jugend. Dies wurde nun relativ ausgemerzt. Der Torwart ist zwar nicht perfekt, allerdings hält er nun öfter und auch schwierigere Bälle. Fernschüsse avancieren im neuen PES allerdings oftmals zu Gewehrkugeln, die sich mit Leichtigkeit aus gut und gerne 30 Metern unter die Latte ballern lassen. Aber die Verbesserung des Torwarts erkennen wir trotzdem als Pluspunkt an. Der Ball klebt nun auch nicht am Fuße des eigenen Spielers, man muss langsames und schnelles Laufen variieren, um am Gegner vorbeizukommen, da das runde Leder schnell zu weit vorgelegt wird. Daraus resultiert dann schnell ein Ballverlust. So wird auch das Passspiel wieder ein wenig angekurbelt, welches überlegt sein will, da die Gegner nicht dumm sind und antizipieren, wohin der Ball möglicherweise gespielt werden könnte.

Als unser Team auf der Gamescom die PES 2010-Demo anspielen durften, fiel uns alles aus dem Gesicht. Die Abfrage war grauenhaft. Erst Sekunden nach dem Drücken des Knopfes führte der Spieler die entsprechende Aktion durch - diese Verzögerungen wurden zum Glück entfernt. Das Spiel selbst wurde langsamer gemacht. Habt ihr allerdings mal einen Elfmeter zu schießen, dann gnade euch Gott. Drückt man den Schuss-Knopf nur eine 100ste-Sekunde zu lange, fliegt der Ball mehrere Meter am Ziel vorbei. Wirklich präzise Schüsse sind eher Glückssache, man ist am besten beraten anfangs nur in die Mitte zu zielen.
In Sachen Taktik wurde auch etwas zugelegt. Eine ausgefeilte Auswahl an verschiedenen Möglichkeiten lässt euch euer Spiel variieren, sodass sich die KI nicht auf die Spielzüge einstellen kann. In der Meister-Liga wurden ebenfalls viele Neuerungen hinzugefügt. Endlich darf man Spieler mit echten Währungen vergüten, man kann Talente suchen lassen und das Training individuell anpassen. Im Verlaufe der Meister-Liga bekommt man verschiedene Sponsoren, die pro Sieg eine bestimmte Summe zahlen und außerdem noch einige Boni an bestimmte Bedingungen geknüpft haben, wie den Gewinn der Meisterschaft, zehn Spiele in Folge ohne Niederlage oder Ähnliches. Weiterhin können die Spieler auch unglücklich sein, sei es, weil sie auf der falschen Position eingesetzt werden, oder einfach zu wenig Einsätze bekommen. Dies kann so weit gehen, dass der Spieler sich einen neuen Verein suchen möchte und aufgrund schlechter Stimmung nicht mehr so gut eingesetzt werden kann.

Im Werde zu Legende-Modus kann man sich wie gewohnt einen eigenen Spieler erstellen und mit diesem seine Karriere zum Profi-Fußball durchlaufen. Leider ist dies ziemlich einseitig. Wenn man sich nach ein paar Trainingsspielen in die Mannschaft gekämpft hat, absolviert man für sie einige Spiele und wechselt nach Lust und Laune mal den Verein. Nach und nach kommen zwar größere Vereine und Nationalmannschaft, doch wirkliche Ziele sind nicht vorgegeben. Hier sei einmal der Verweis zur Konkurrenz erlaubt: Der Be-A-Pro-Modus von FIFA macht vor, wie es geht!

Im Online-Modus, bei dem wir leider nur die Beta ausprobieren durften, da die Server bis zum Release des Spiels noch geschlossen sind, bietet sich folgendes Bild: Einige Partien laufen sehr flüssig und gut spielbar, bei anderen ist gar nicht dran zu denken einen ordentlich Spielzug zu Ende zu bringen, da der Lag einfach alles kaputt macht. Aber wir wollen keine voreiligen Schlüsse ziehen, Konami hat sich einiges vorgenommen in Sachen Online. Man soll z.B. Communities mit bis zu 32 Mitgliedern gründen können, die dann intern gegeneinander antreten.
Die Grafik wurde exorbitant verbessert. Die Gesichter der Spieler sind teilweise sehr realistisch und sind dem realen Vorbild schon zum Verwechseln ähnlich. Auch die Effekte des Stadions, die Texturen und die Animationen sind besser geworden und man darf mit Fug und Recht behaupten, dass die Grafik auf einem anständigen Next-Gen-Niveau angekommen ist. Der Sound ist nichtsdestotrotz noch etwas gewöhnungsbedürftig. Die Atmosphäre wird durch sich ständig wiederholende Fan-Loops etwas öde, wobei der Torjubel schon ziemlich fulminant ausfällt (vorausgesetzt die Heimmannschaft trifft). Die Kommentatoren haben ihre Zeit schon lange überschritten, und eingefleischte PES-Fans können ihre Statements auch dieses Jahr im Halbschlaf rezitieren, da nur wenige neue Kommentare dazugekommen sind.
Pro Evolution Soccer 2010 ist sowohl vom Umfang, Gameplay und auch im technischen Bereich besser als der Vorgänger und weiß zu gefallen. Viele Kritikpunkte wurden ausgebessert, einige sind noch immer vorhanden, andere neu dazugekommen. Die Lizenzen sind wie immer ein Schwachpunkt, der jetzt nicht mehr durch den besseren Realismus gegenüber FIFA wettgemacht werden kann. Nichtsdestotrotz lasse ich das Konkurrenzkampf-Beil ruhen und sage in pazifistischer Manier: Dieses Jahr dürfen wir uns über zwei gelungene Fußball-Titel freuen.